Wie war die DDR?

Da es in diesem Faden Linksextremismus - die vergessene Gefahr (Seite 562) (Beitrag von Optimist) OT wäre, kopiere ich es mal hier her:

@Realo

stanmarsh:
Man hätte einfach die Mauer noch höher bauen müssen und allen bösen Einfluss des Westens (Reisefreiheit ist doch Banane ;) abschirmen müssen.

-->Realo:
Du musst deinen Zynismus erst mal an den Text anpassen. Wir diskutierten über das Wirtschaftssystem und nicht über soziokulturelle Angelegenheiten. Diese haben mit Kapitalismus/Sozialismus nichts zu tun sondern sind ein anderer Spielplatz. Die DDR hatte also völlig zurecht Angst, dass ihr die Leute weglaufen, und ohne Leute kann man auch nicht wirtschaften.

Andererseits frage ich mich, warum es in letzter Zeit so viele DDR-Nostaliker gibt. Damals gabs keine Obdachlosen und Penner in der DDR, und Hartz 4 Existenzen auch nicht. Es fühlte sich nicht so ein großer Teil der Bevölkerung ausgeschlossen und überflüssig.

Interessant in diesem Zusammenhang auch der Aspekt, dass die meisten Leute HIER - abzulesen an dem, was in den letzten 18 Monaten gelaufen ist - offenbar Sicherheit höher werten als Freiheit. Haben uns die Ossis mi ihrem Sicherheitswahn angesteckt??

"Haben uns die Ossis mit ihrem Sicherheitswahn angesteckt??"
-->
Was heißt denn Sicherheits-WAHN? In meinen Augen war das ein ganz normales Sicherheits-BEDÜRFNIS.
Hat denn nicht jeder Mensch ein gewisses Sicherheitsbedürfnis, oder zumindest die Mehrzahl?
Die Ostalgie von Manchen rührt sicher MIT daher, dass das Sicherheitsbedürfnis nun nicht mehr so befriedigt werden kann wie damals, denke ich mal.

Seitens der Staatsoberhäupter war das Sicherheitsbedürfnis natürlich zu extrem, das ist schon klar.
Dass jedoch weniger passierte (im Allgemeinen), dass man mit großer Wahrscheinlichkeit Arbeit, Wohnung (sogar sehr billig) und sein Auskommen hatte (gehört ja auch alles zur "Sicherheit"), dass missfiel sicher niemanden, möchte ich mal meinen.

Einzig die Bevormundung, Gängelei, Phrasendrescherei der Politik und Gewalt gegen Andersdenende war natürlich ein großer Nachteil.
Wer sich daran gewöhnt hatte, bzw gelernt hatte dies zu akzeptieren, fühlte sich trotzdem nicht ständig unfrei - so wie ich das mitbekam ...
.... und konnte durchaus auch sein angepasstes Leben genießen - zB. in Form von Natur. Sogar Reisen ins sozialistische Ausland waren ja möglich. Man wars halt gewöhnt, dass man nicht alles konnte und hatte.

"Freiheit" wurde also subjektiv sehr unterschiedlich empfunden.
Diejenigen, welche sich an all das nicht gewöhnen konnten und denen Sicherheit nicht so wichtig war (oder denen gar nicht klar war, dass es "drüben" weniger Sicherheit gab), versuchten halt nach drüben zu kommen.

@m.mayen
@Grymnir
@Warhead
@MATULINE
@Fichtenmoped

Hatte im Nachhinein wegen der Fressalien gelesen.
Also wenn ich von mir und meinem Umfeld ausgehe: Es gab ein paar Dinge - zB Schokolade - die schmeckte "drüben" besser.
Es gab aber auch Vieles, zB. Beutelsuppen, die damals viel besser schmeckten, welche ich jetzt vermisse.

Semmeln, Brot, Butter und Marmelade schmecken mir heute und damals gleichermaßen - verhungern musste also damals niemand ;)

Optimist schrieb:"Freiheit" wurde also subjektiv sehr unterschiedlich empfunden.
Diejenigen, welche sich an all das nicht gewöhnen konnten und denen Sicherheit nicht so wichtig war (oder denen gar nicht klar war, dass es "drüben" weniger Sicherheit gab), versuchten halt nach drüben zu kommen.

Und wurden, wenn sie Pech hatten, erschossen.

Lieber kann ich nun Tag und Nacht die Wohnungstür nicht mehr offen stehen lassen und bin dafür aber nicht eingesperrt in dem damaligen System.

Immer wenn ich von jemandem höre/lese, es wäre doch damals nicht so schlimm gewesen. Dem würde ich am liebsten eine Zeitreise schenken und sagen: "So nun bleibste jetzt in der DDR und in 3 Jahren komm ich dich wieder abholen."

@Bone02943

Bone02943 schrieb:Lieber kann ich nun Tag und Nacht die Wohnungstür nicht mehr offen stehen lassen und bin dafür aber nicht eingesperrt in dem damaligen System.

siehst du, deshalb schrieb ich "subjektiv" - ist halt alles Wahrnehmungssache. :)
Für mich wäre es das Schlimmste, wenn bei mir ungefragt jemand "reinspazieren" würde.

Natürlich wünsche ich mir auch kein totalitäres System, keine Diktatur. Mir wäre ein gesundes Mittelmaß an Freiheit und Sicherheit am Liebsten :)

Bone02943 schrieb:Immer wenn ich von jemandem höre/lese, es wäre doch damals nicht so schlimm gewesen. Dem würde ich am liebsten eine Zeitreise schenken und sagen: "So nun bleibste jetzt in der DDR und in 3 Jahren komm ich dich wieder abholen."

warum so verbittert?
Du empfindest es alles als viel schlimmer als ich (subjektive Wahrnehmung, sh oben) weil du mehr Freiheit wolltest. Was mich betrifft, ich wollte/brauchte diese Freiheit nicht unbedingt. Dass ich sie jetzt habe, nehme ich als Bonus gerne mit.

Bone02943 schrieb:Dem würde ich am liebsten eine Zeitreise schenken und sagen: "So nun bleibste jetzt in der DDR

ich war jahrelang in der DDR und hatte dennoch - auf meine Weise - mein Leben genießen können. Du nun halt offensichtlich nicht (übrigens gabs sogar zu DDR-Zeiten in Leipzig und Chemnitz Schwulentreffs unter dem Dach der Kirche, wusstest du das? ;) )

Die Mietpreise von damals könnte man wieder einführen. 4 Zimmer Wohnung 240€, nett.

Optimist schrieb:warum so verbittert?

Ich bin nicht verbittert, doch haben fast alle Menschen eine falsche Sicht auf ihre Vergangenheit. Was man sich behält und an was man denkt das sind zu meist nur die positiven Dinge. Kaum jemand denkt an das negative zurück. Ich würde wetten das fast Jeder, der an die schöne Ostalgie denkt, das ganze anders betrachten würde, wenn man diese Person mal für ein paar Monate oder Jahre zurück in die DDR schicken würde.

Die Freiheit, die wir jetzt haben, ist für viele selbstverständlich geworden und da denke ich, wissen viele eben gar nicht mehr wie beengt es damals in der DDR wirklich war.
Schon allein das man aufpassen musste, mit wem man sich über bestimmte Dinge unterhält und nie wissen konnte, ist das ein IM oder direkt von der Stasi.

Optimist schrieb:ich war jahrelang in der DDR und hatte dennoch - auf meine Weise - mein Leben genießen können.

Und würdest du das jetzt noch genießen können, mit dem Blick auf das Leben was du heute kennst? Könntest du auf alles verzichten was dir die Wende gebracht hat?

Optimist schrieb:Du nun halt offensichtlich nicht (übrigens gabs sogar zu DDR-Zeiten in Leipzig und Chemnitz Schwulentreffs unter dem Dach der Kirche, wusstest du das? ;) )

Nein, aber die Kirche war halt ein guter Rückzugsort wo der Staat eben nciht mal eben alles verbieten konnte. Aber auch da gab es die ganze Überwachung der Stasi. Heute kann ich zu Schwulentreffs nach Tel-Aviv. In der DDR völlig unmöglig.

@Bone02943

Bone02943 schrieb:Die Freiheit, die wir jetzt haben, ist für viele selbstverständlich geworden und da denke ich, wissen viele eben gar nicht mehr wie beengt es damals in der DDR wirklich war.
Schon allein das man aufpassen musste, mit wem man sich über bestimmte Dinge unterhält und nie wissen konnte, ist das ein IM oder direkt von der Stasi.

Klar, man musste höllisch aufpassen. Aber ich hab halt über Politik nur mit den vertrautesten Personen gesprochen und da lief das ganz gut für mich.

Optimist schrieb:
ich war jahrelang in der DDR und hatte dennoch - auf meine Weise - mein Leben genießen können.

-->
Und würdest du das jetzt noch genießen können, mit dem Blick auf das Leben was du heute kennst? Könntest du auf alles verzichten was dir die Wende gebracht hat?

Wenn ich ganz ehrlich bin, das Einzige was ich vermissen würde, wäre die Technik, da hinkte ja die DDR 10 Jahre hinterher.
Reisen hab ich nicht vermisst, Bananen konnte man sich in der Tschechai holen und Apfelsinen gabs die aus Kuba - schmeckten mir ganz gut :)

Optimist schrieb:
Du nun halt offensichtlich nicht (übrigens gabs sogar zu DDR-Zeiten in Leipzig und Chemnitz Schwulentreffs unter dem Dach der Kirche, wusstest du das? ;) )

->
Nein, aber die Kirche war halt ein guter Rückzugsort wo der Staat eben nciht mal eben alles verbieten konnte. Aber auch da gab es die ganze Überwachung der Stasi.

Das ist richtig.
Ich selbst habe meine Überwacherin ausfindig gemacht und ihr verziehen.
Sie konnte über mich eh nur bla bla schreiben, weil ich ja nichts preisgegeben hatte, wie ich wirklich denke.

Optimist schrieb:meine Überwacherin

Schienen wohl ganz schön paranoid gewesen zu sein, die Genossen. Jedem sein Üerwacher, jeder seine Üerwacherin.
Hast du auch jemanden überwachen müssen? Oder waren das Professionelle?

@Realo

Realo schrieb:Schienen wohl ganz schön paranoid gewesen zu sein, die Genossen.

natürlich waren die das. Hatte mich aber nicht gestört. Man wusste ja - wenn man in dieses System reingeboren worden war - wo der Hase langläuft und hat sich halt nach der Decke gestreckt.
Dafür konnte man öffentlich über seinen Chef schimpfen, was jetzt mit Rauswurf geahndet werden könnte

Realo schrieb:Hast du auch jemanden überwachen müssen? Oder waren das Professionelle?

keine Ahnung, ob du diese Frage jetzt ernst meinst. Aber wenn ich gegen das System an sich war - und niemanden meine ehrliche Meinung sagte bis auf ganz Vertrauten (wie ich oben schrieb) ...
... dann werde ich wohl sicherlich Andere nicht verpfiffen haben bzw. mich zu sowas bereit erklärt haben.

Zu solchen Schandtaten wurden meist solche "verpflichtet" ("freiwilliger Muss"), die in höhere Positionen aufsteigen wollten usw. - halt eine Art Erpressung.
Es waren also nicht alle IM von Grund auf schlechte Menschen, nur Manche vielleicht, welche das für Geld machten.

@Knack
Die Kino und Theaterpreise auch...20 Pfennig fürs Kino,zwei Mark für Volksbühne und Brechtensemble oder Deutsches Theater,vorher noch rasch den Buchladen vor Ort geplündert...wir haben den Ostberlinern ihre ganzen Reclamproduktionen weggekauft...und alles andere auch,teure Literatur zum Discounterpreis für dekadente Salonbolschewisten aus dem Westen

Warhead schrieb:wir haben den Ostberlinern ihre ganzen Reclamproduktionen weggekauft...und alles andere auch,teure Literatur zum Discounterpreis für dekadente Salonbolschewisten aus dem Westen

Daher der Spruch "wir hatten ja nichts"

Wir hatten ja WIRKLICH nichts -.-

@Knack
Aber gerne! Natürlich bekommst Du die damaligen Verdienstmöglichkeiten...
Das wären ca. 1.100,-M je Monat.

Warhead schrieb:wir haben den Ostberlinern ihre ganzen Reclamproduktionen weggekauft...und alles andere auch,teure Literatur zum Discounterpreis für dekadente Salonbolschewisten aus dem Westen

Das Kapital I gabs damals für 10 Mark (hieß glaub ich Dietz Verlag, hab so ein Exemplar hier irgendwo rumliegen) in echt Kunstleder gebunden. :D - Heute gibts das umsonst zum Download im Internet. So ändern sich die Zeiten.

@Knack

Knack schrieb:Die Mietpreise von damals könnte man wieder einführen. 4 Zimmer Wohnung 240€, nett.

Für 40 Qm ca. 25 Mark :)

@Fichtenmoped

Die Mietpreise von damals könnte man wieder einführen. 4 Zimmer Wohnung 240€, nett

-->
Aber gerne! Natürlich bekommst Du die damaligen Verdienstmöglichkeiten...
Das wären ca. 1.100,-M je Monat.

Das was sehr viele HEUTIGE Ossis verdienen ;) ... Manche sogar noch weniger - bei 40 Stunden die Woche.

@Optimist
In Berlin gabs schon den Sonntagsclub,den Schwulenbrunch zum Wochenausklang in nem besetzten Haus am Senefelder Platz,und die Besenkammer war schon damals ne Institution.
Ich hab mal im Neuen Deutschlandhaus gearbeitet,hab da Inline mit aufgebaut.
Da wunderte sich einer das immer ältere Herren in dem weitläufigen Gebüschriegel verschwinden...nagut,ich nach Feierabend rein da...unterm Gebüschdach die Spuren sehr bewegten Geschlechtslebens,richtige Höhlen sind da entstanden,bergeweise Taschentücher und Kondome...ja so sieht ne Cruisingzone aus.
Am nächsten Tag leuchtete mir auch der Grund ein,schräg grgenüber war ein Toilettenhäuschen,das hatten die Arschgeigen stillgelegt und den alten Herren damit ihren sozialen Treffpunkt genommen...aber die schlichen da immer noch um die alte Bude

Es gibt nur wenig was ich aus der Zeit vermisse, ich finde es eher schade das die Kinder heute die Bücher und Filme mit denen ich aufgewachsen bin, nicht mehr kennenlernen.

Das Kino fehlt mir wirklich, 35 Pfennig pro Vorstellung und ältere Filme wurden ab und zu wiederholt. Ich kam jeden Tag auf dem Schulweg am Kino vorbei und wußte immer was lief. Ich ging in jeden Film der meine Altersfreigabe hatte, manchmal 3,4 mal in der Woche

@Streuselchen
Doch totalsubventionierte Kultur,Kino,Theater,Oper,Staatsorchester,Gewandhaus,Museen...Gastro war scheisse und schmeckte fast überall gleich mies und lustlos zusammengestümpert

@Warhead

Aus der du mir meine Billig Barbie weggekauft hast in deinem Sparwahn ^^
Das Gastrogewerbe hat sich hier im Berliner Osten leider absolut nicht verbessert, liegt vllt aber auch daran, dass immernoch die selben Köche tätig sind.

@Warhead

Warhead schrieb:In Berlin gabs schon den Sonntagsclub,den Schwulenbrunch zum Wochenausklang in nem besetzten Haus am Senefelder Platz,und die Besenkammer war schon damals ne Institution.

Es gab auch einige Schwulen- und Lesben-Diskutheken in Berlin mit großem Anteil Westmusik.
Da konnte man die buntesten und schillerndsten Vögel bewundern, nicht nur unter den Schwulen, auch Heten gingen da gerne hin :)

Da sag noch einer zu Ossis Zeiten gabs keine Freiheiten :)