Friedhöfe bei Nacht
19.01.2009 um 18:52
Nun auch wenn ich nicht solche schönen Bilder beifügen kann, will ich einer meiner Geschichten mitsamt dem Prolog hier hinterlassen:
o wie grässlich ich mich gerade fühle, wie ein Glas, das gleich zerbricht und dessen Scherben scheußliche Geräusche von sich geben, wenn sie zu Boden fallen. Sehr subjektiv scheint mir mein Blick im Moment, jedoch spiegeln sich in ihm meine Gefühle wieder, die wohl einer Mischung aus erzwungener Schweigsamkeit und der unschönen Erkenntnis, dass man fast niemandem, nicht einmal einem guten Freund, trauen darf, ähneln mögen in diesen finsteren Tagen. Was heute geschehen ist, hat mir den Rest gegeben und meine Skeptik, der Zweifel der fast sämtliche Gedanken sinnlos beansprucht, gewährt mir keinen Frieden, was durch die Stille, in die ich wahrscheinlich rede, noch schlimmer gestaltet. Zu gerne würde ich darüber sprechen, zu gerne würde ich wieder vom Beisein eines wunderbaren Menschens kosten, der vermutlich durch fremde Gefilde zieht und sich ihren Herausforderungen stellt, jedoch vermag ich nicht zu sagen, ob Hermes die Güte besitzt, meine Botschaft zu jener Person zu tragen und diesen sehnlichen kleinen und dennoch gewaltig wirkenden Wunsch zu erfüllen. So will ich dem hurtigen Wanderer dennoch eine Nachricht auftragen, welche hoffentlich zum Ort ihrer Bestimmung gelangt und erbetene Winde in die Segel des Willens bläst:
Zitternd stehe ich in der Kälte, lausche durch die grausame Ruhe, die bisweilen nur das Heulen der Sirenen durchdrang, ob nicht ein erflehter und erträumter Laut zu mir fände, der mein erlischendes Licht wieder entflammen und den niedergeschmolzenen Wachs der Kerze außgießen würde. Frierend versuche ich standhaft zu bleiben, hauche meinen winzigen Atem gegen die Schatten, welche mich umkreisen, doch sogleich überfällt mich die Verzweiflung, widerfährt mir die Vision, im Schneetreiben vor einer Herberge auf meiner langen Reise zu versinken und einen unwürdigen Tod zu sterben, ohne je meine Fackel auf den Gipfeln der Berge geschwenkt und ohne je das große Feuer entfacht zu haben, welches es vermocht hätte, uns alle zu wärmen, ehe unsere kämpferischen Seelen im Eis der Vergangenheit als ein spöttisch belächeltes Andenken für die düsteren Herrscher verendet worden wären. Mein Kopf neigt sich dem Grund zu, noch einmal hämmere ich mit fröstelnden Händen gegen die Pforte, deren Hüter mich aus erretten und aus dem Reich des zweifelhaften Überlebens der tugendhaften Strebsamkeit befreien könnten. Anscheinend beglückt es den Herrn des Hauses, den ich um seine Gastfreundschaft, seinen lodernden Kamin und seine aufmunternden Worte bitte, vor den höflich apellierenden gutherzigen Menschen abweisend die Tür zu verschließen und sie trotz edler Absichten ihrem Elend zu überlassen, ohne ihnen einen einzigen Vers zu schenken und ihnen selbst die erste Silbe zu verwehren. Zwar lähmt die Witterung meine Erinnerung und mein Sinnen, jedoch flüstert mein Gedächtnis, all das gliche dem Verhältnis zwischen Wilhelm II. und seiner Mutter, der Kaiserin Victoria, welche er trotz ihrer Bemühungen als liebevolle und pflichtbewusste Mutter verachtete wegen ihrer Fehler und schließlich nach der Thronbesteigung im Regen vor seinem Palast stehen ließ wie eine Aussätzige. Gewiss war seine Erziehung nicht perfekt verlaufen, gewiss hatte sie an manchen Punkte falsch gehandelt, doch soll das die Begründung für einen Bann und völlige Ignoranz ihrer Person sein, soll das den Dank für ihre Hingabe, ihre Anstrengungen und ihre Strapazen sein, sollte man ihr all das auf diese Art vergüten und jemanden keines Gesprächs mehr für würdig halten, bloß weil der andere das tat, was sie als das Beste glaubte? O mein Herz ächzt unter den Lasten der seelischen Leiden und des Unverständnis ob der Wege des Besitzers des Hauses, vor dem ich stehe, und ich weiß nicht, worauf der klügste Ratschlag zeigt, in dem was zu tun, zu meinen und zu überlegen ist, vielleicht aus dem Grund, dass sogar ihn die Ratlosigkeit des Mangels der Kenntnis plagt. Hat es ihn in die Berge verschlagen, wo er mit Tieren ringt oder fristet er seine Tage am Schreibtisch versunken in eine fesselnde Arbeit; genießt er auf einer Lichtung zwischen den Bäumen die Entspannung oder schöpft er aus dem Strom der Ideen und aus den Brunnen des Wissens; ist er zu fernen Märkten gereist, um Geschäfte zu machene, oder verweilt er im Bett als Sklave der Krankheit, wartend auf die freiheitsspndende Genesung? Was gebietet mir mein Geist als Antwort, wenn ich frage, ob die Geduld unter Schmerzen oder der zähe Marsch in den Frühling, der unermesslich weit entfernt scheint, die richtige Entscheidung sei? Wie prächtig haben sich deine Bilder in meinem Innern erhalten, guter Freund, vor dessen Anwesen ich nun zähneklappernd auf und ab schlendere, damit mich der Tod meiner Ziel nicht gar zu rach beraubt, wie sehr vermisse ich deinen Großmut, deine Fantasie, deine Geschichten und deine verständigen Augen in dieser furchtbaren Nacht, in der sich keine Dämmerung nähern mag. Wohin ist sie verschwunden unsere unersetzliche Bande, wer nagt an ihr, und welche Steine beschweren sie, wann werden wir wieder ihr Leuchten schauen, wann wird ihre Wirkung uns aufs Neue zu einer Oase in der Wüste führen und uns Erholung von unseren Mühen verschaffen? Herbeisehne ich die Stunde, in der du das Tor öffnen wirst und mir dein bloßes Erscheinen schon das heilsame Elixier reicht, welches mir deine Wörter einflößen würden, auf dass ich all Pein vergäße und eine erneut kraft gewinnende Stimme dir Lob, Inspiration und Unterhaltung sänge. Mein Schiff irrt durch die Nebelschwaden, der Kapitän sucht auf dem Achterdeck den Horizont nach einer Insel ab, die er Zuflucht taufen könnte inmitten der stürmischen See - willst du der Leuchtturm sein, der die Odysee beendet und dessen Lampe die strahlende Glückseligkeit des Steuermanns erweckt?
Das © Copyright für den obigen Text liegt bei mir.