Verschwörungen
Menschen Wissenschaft Politik Mystery Kriminalfälle Spiritualität Verschwörungen Technologie Ufologie Natur Umfragen Unterhaltung
weitere Rubriken
PhilosophieTräumeOrteEsoterikLiteraturAstronomieHelpdeskGruppenGamingFilmeMusikClashVerbesserungenAllmysteryEnglish
Diskussions-Übersichten
BesuchtTeilgenommenAlleNeueGeschlossenLesenswertSchlüsselwörter
Schiebe oft benutzte Tabs in die Navigationsleiste (zurücksetzen).

Der Fall Uwe Barschel

1.616 Beiträge ▪ Schlüsselwörter: Krawatte, Lösungsmittel Auf Dem Badevorleger, Abgerissener Hemdknopfes ▪ Abonnieren: Feed E-Mail

Der Fall Uwe Barschel

03.01.2025 um 21:39
Zitat von MoviesandArtMoviesandArt schrieb:Die Familie Barschel hatte gegen den Autopsiebericht von Püschel geklagt und einen neuen Experten damit beauftragt:
Nun gut. Alter Käse. Der Artikel ist von 2010.
Zitat von MoviesandArtMoviesandArt schrieb:https://www.welt.de/politik/deutschland/article11107132/Das-Gutachten-im-Fall-Barschel.html
Brandenberger, Toxikologe, hat als einziger wissenschaftlicher Experte die Auffassung vertreten, Barschel habe das tödliche Barbiturat als letzte Substanz zu sich genommen. Alle anderen neun (!) Pathologen und Toxikologen waren der Meinung, dies (eine Reihenfolge) könne man nicht bestimmen.

"Außenseitermeinungen" oder unterschiedliche Beurteilungen sind in der Wissenschaft nicht selten. Selbst wenn Brandenberger wissenschaftlich richtig läge und den Nachweis führen könnte: Daraus lässt sich kein Mordkomplott ableiten. Die "rektale" Verabreichung eines Schlafmittels wäre bei den Obduktionen festgestellt worden (Spuren an Annus und Darm). Brandenberger ist kein forensischer Pathologe. Seine kriminalistischen Schlussfolgerungen ("Mord") sind reine Spekulation und lassen sich seinen wissenschaftlichen Argumenten (soweit ich ihnen als Nichttoxikologe folgen kann) eben nicht zwingend entnehmen.

Pöschel und Janssen haben sich erst Jahre nach Brandenberger 2016/17 geäußert und meines Wissens durchaus Urinproben, Mageninhalt usw. gehabt, um eine fundierte toxikologische Untersuchung (durch einen Professor für Toxikologie, der auch bei der Hamburger Autopsie dabei war) durchzuführen.

Auch OStA Wille konnte nichts anderes in seinem offiziellen Einstellungsvermerk feststellen als: 10 Wissenschaftler, 9 der selben Meinung, nur 1 (Brandenberger) anderer Ansicht. Reicht nicht für Mordermittlungen. Deshalb schrieb er dann ein Buch, in dem er seiner von ihm gewünschten "Wahrheit" freien Lauf ließ.


melden

Der Fall Uwe Barschel

07.01.2025 um 10:44
In diesem Zusammenhang ein weiterer Fakt, der nicht in Vergessenheit geraten sollte: Ostrovsky brachte sein Buch im Herbst 1994 heraus und verkaufte darin Brandenbergers Spekulationen vom Frühjahr zum Tathergang nahezu wortgleich als "Informationen eines Mossad-Kollegen". Auf die wiederum verwies Brandenberger in seinem Gutachten von 1997, um seine (durch die Autopsie-Ergebnisse bereits widerlegten) Vorstellungen zu untermauern.
Auf Basis des aktuellen Brandenberger Gutachtens [2] und durch Bezug auf das Buch von Victor Ostrovsky [3] kommt die Welt am Sonntag zu folgenden Schlussfolgerungen:

Mit Brandenbergers Aufsatz liegt nun erstmals eine wissenschaftlich fundierte Bestätigung des umstrittenen Ostrovsky-Berichtes vor. Es gebe auffällige Parallelen zwischen Mossad-Buch und chemischer Untersuchung, so Brandenberger. Ostrovsky beschreibe ein „Szenario, das mit den Analysendaten erstaunlich gut übereinstimmt“. Anders gesagt: Brandenbergers Forschungen belasten den Mossad. Der Wissenschaftler betont dabei, dass er seine Schlüsse (Profi-Mord, Magenschlauch, zeitlich versetzte Verabreichung der Medikamente, zum Schlusseine rektale Zufuhr) bereits gezogen habe, bevor er das Ostrovsky-Buch kannte. Wenn das zutrifft, hätten zwei Quellen unabhängig voneinander Bilder des Tatgeschehens gezeichnet, die sich bis in kleinste Einzelheiten ähneln.
Quelle: http://www.train-und-coach.de/zirkelschluesse-im-todesfall-uwe-barschel.html

Eine falsche Darstellung, die bis in kleinste Einzelheiten einer weiteren falschen Darstellung entspricht. Außer durch Abschreiben läßt sich das wohl kaum erklären.


1x zitiertmelden

Der Fall Uwe Barschel

07.01.2025 um 18:25
Bleibt beim Thema bitte.


melden

Der Fall Uwe Barschel

07.01.2025 um 20:38
Zitat von geekygeeky schrieb:Eine falsche Darstellung, die bis in kleinste Einzelheiten einer weiteren falschen Darstellung entspricht. Außer durch Abschreiben läßt sich das wohl kaum erklären.
So werden natürlich "Quellen" generiert, wenn man von einander abschreibt und auf einander verweist.

Nur dumm, wenn man wörtlich abschreibt und es so auffliegt.


1x zitiertmelden

Der Fall Uwe Barschel

08.01.2025 um 10:01
Zitat von Cpt.GermanicaCpt.Germanica schrieb:So werden natürlich "Quellen" generiert, wenn man von einander abschreibt und auf einander verweist.
In der Wissenschaft nennt man das "Zitierkartelle", wobei da immerhin noch offen auf die immer gleichen Drei verwiesen wird, die sich gegenseitig als Quelle und Autorität zitieren. Das ist dann bei genauerer Recherche noch identifizierbar.

Hier ist das schon richtige Desinformation - zumindest wenn Brandenberger "bösgläubig" war, also wusste, dass seine Quelle seine eigene Quelle ist. Wobei das m.E. nicht zwingend so ist. Er könnte auch gutgläubig geglaubt haben, damit werde seine These belegt. Er behauptet:
...als Pensionär mit etwas mehr Zeit habe ich jedoch die Bücher zum Fall durchgesehen und bin auch auf den Bericht von Victor Ostrovsky gestoßen: "The other side of the Deception" (Harper Collins, 1994), auf den mich ein Genfer Journalist bereits früher einmal aufmerksam machen wollte. Dort wird detailliert ein Mordszenario an Uwe Barschel durch eine Gruppe von Mossad-Leuten beschrieben.
Im Weiteren freut er sich über die Übereinstimmungen,
Im Unterschied zu anderen Bekenner-Erklärungen oder Vermutungen sind Ostrovskys Angaben über die Verabreichung der Wirkstoffe recht gut vereinbar mit den analytisch-chemischen Daten: Zuerst die Betäubung durch den Wein-Zusatz, dann - nach einer guten Stunde - die Zufuhr einer tödlichen Schlafmitteldosis über einen Magenschlauch, gefolgt durch rektale Eingabe eines Suppositoriums mit einem starkem Sedativ.
bemerkt aber auch Differenzen (klar, weil Ostrovsky kein Toxikologe ist, hat er Brandenberger nur grob folgen können). Aber:
Trotz dieser Differenzen beschreibt Ostrovsky ein Szenario, das mit den Analysendaten erstaunlich gut übereinstimmt [Kein Wunder - O.]. Die chemischen Befunde indizieren einen Mord...
Quelle: https://www.welt.de/politik/deutschland/article11107132/Das-Gutachten-im-Fall-Barschel.html

Ähnlich wie OStA Wille scheint sich Prof. Brandenberger, ein eigentlich anerkannter und seriöser Toxikologe, in seinen eigenen Erkenntnissen und seiner Außenseiterrolle verheddert zu haben. Psychologisch ist das sicher gut erklärbar. Wir irren alle und lassen uns von Irrtümern nicht immer abbringen. Seine oben zitierte Darstellung von 2010, im Alter von 89 Jahren verfasst, ist jedenfalls für mich nicht nachvollziehbar und ähnlich abstrus wie das Lösungsmittel im Lederschuh als angeblicher Mordbeweis.

https://www.allmystery.de/bilder/gg67312-22

SpoilerIm Übrigen würde es mich nicht wundern, wenn der Mossad seine ehemaligen Agenten Bücher mit wirrem Zeugs schreiben lässt - als klassische Desinformation.

Zur Reihenfolge der Medikamente: Die wird Barschel so genommen haben, wie es die Gesellschaft für humanes Sterben auch empfohlen hat. Das tödliche Barbiturat als Letztes, weil es am stärksten wirkte und dadurch die Bewusstlosigkeit eintrat.


2x zitiertmelden

Der Fall Uwe Barschel

10.01.2025 um 14:23
Zitat von OriginesOrigines schrieb:Wir irren alle und lassen uns von Irrtümern nicht immer abbringen.
Vielleicht auch garniert mit selektiver Wahrnehmung: Was scheinbar passt wird übernommen, was widerspricht, dem wird kein Gewicht bei gemessen.
Zitat von OriginesOrigines schrieb:Im Übrigen würde es mich nicht wundern, wenn der Mossad seine ehemaligen Agenten Bücher mit wirrem Zeugs schreiben lässt - als klassische Desinformation.
Im Szenario, dass der Mossad damit nichts zu tun hat – was würde ihm diese Desinformation nutzen?

Apropos: Desinformation war das Mittel, das Barschel in den Tagen vor seinem Ableben einsetzte, sowie am Tag selbst (Roloff usw.).


1x zitiertmelden

Der Fall Uwe Barschel

10.01.2025 um 14:50
Zitat von Cpt.GermanicaCpt.Germanica schrieb:Im Szenario, dass der Mossad damit nichts zu tun hat – was würde ihm diese Desinformation nutzen?
Ablenkung. Es geht nicht um Barschel. Bei Desinformation könnte mit der Legende Barschel wird von echten anderen Operationen abgelenkt werden. Konkret hier: Reine Spekulation. "Fantasie-Autor" ist genauso möglich.

Ansonsten hat sich GStA Rex

https://web.archive.org/web/20230330094222/https://www.schleswig-holstein.de/DE/landesregierung/ministerien-behoerden/STA/Info_material/Infos_PDF/Barschel/doku_teil1_rex.pdf?__blob=publicationFile&v=1

nach meiner Erinnerung recht ausführlich mit der Geheimdienst"spur" auseinander gesetzt - und sie auseinander gelegt.


melden

Der Fall Uwe Barschel

13.01.2025 um 01:23
Zitat von OriginesOrigines schrieb am 08.01.2025:Im Übrigen würde es mich nicht wundern, wenn der Mossad seine ehemaligen Agenten Bücher mit wirrem Zeugs schreiben lässt - als klassische Desinformation.
Naja. Ostrovsky ist auch so als Dampfplauderer berüchtigt. Das wirkt eher wie eine Verschwörungstheorie ;-)

Kurze Anmerkung: der Mossad ist nur in absoluten Ausnahmefällen außerhalb des Nahen Ostens tätig. Und so wichtig war der Ministerpräsident von Schleswig-Holstein sicher nicht, um einen solchen darzustellen. Die Fixierung auf den Mossad hat ja ohenhin etwas von - harmlos formuliert - Suche nach einem Sündenbock.


melden

Der Fall Uwe Barschel

09.02.2025 um 18:25
Abend zusammen,

Bin hin und her gerissen zwischen Mord und Selbstmord.Was mich aber immer stutzig gemacht hat war dieses Handtuch dass Uwe Barschel um seine rechte Hand gewickelt hatte.

Vermutlich als Kissen um die „Verweildauer“ in der Wanne bis zum Eintreten des Todes angenehmer zu „gestalten“.

Gibt es hierzu irgendwelche Meinungen bzw.Erklärungen ? Ein vermeintlicher Mörder käme wohl nicht auf die Idee dem Opfer noch ein „Kissen“ in die Wanne zu legen um den Sterbeprozess etwas angenehmer zu gestalten ?


1x zitiertmelden

Der Fall Uwe Barschel

10.02.2025 um 07:21
Zitat von ChiemgauerChiemgauer schrieb:Gibt es hierzu irgendwelche Meinungen bzw.Erklärungen ? Ein vermeintlicher Mörder käme wohl nicht auf die Idee dem Opfer noch ein „Kissen“ in die Wanne zu legen um den Sterbeprozess etwas angenehmer zu gestalten ?
Ein vermeintlicher Mörder käme überhaupt nicht auf die Idee, Barscheln in die Wanne zu legen. Denn was ist Sinn und Zweck der Badewanne?

Die Idee des Suizidenten ist, und das klappt wohl auch oft, dass das Opfer mit Erreichen der Bewusstlosigkeit und dem Erschlaffen des Körpers in die Wanne rutscht. Und der Kopf unter Wasser taucht und das Opfer ertrinkt. Bewusstlosigkeit ist wohl oft Ursache für tödliche Badewannenunfälle. Die Wanne dient also der "Absicherung" der Vergiftung mit Medikamenten. So auch empfohlen von einschlägigen Suizid-"Empfehlungen".

Und das Handtuch sollte vermutlich den Kopf sanfter "betten", der sonst auf dem harten Wannenrand gelegen hätte. Als sich Barschel in die Wanne legte, dürfte er schon sehr unter dem Einfluss der Medikamente gestanden haben, sehr benommen gewesen sein. Er hat sich das Handtusch wohl einfach gegriffen, um sich irgendwie halbwegs bequem in die Wanne legen zu können, bevor er einschlief (wie ein Kopfkissen).

Nun ist Barschel nicht ertrunken.

Sondern war noch stundenlang im Koma, rutschte aber - wohl einfach zufällig - nicht in die Wanne. Vielleicht war seine Körperhaltung oder gar das Handtuch dafür Mitursache, ich weiß es nicht. Das war vermutlich nicht mehr rekonstruierbar (3-D-Modelle und KI gab es 1987 noch nicht). Ich weiß nur: Irgendwelche bösen Menschen, die ihn töten wollten, die hätten ihn nicht im Koma in der Wanne liegen lassen, mit dem Handtuch und der Kopfhaltung als evtl. "Stabilisator", mit dem Risiko einer Rettung nach einigen Stunden. Die hätten ihn an den Füßen gepackt, ein bisschen gezogen und Barschels Körper wäre in die Wanne gerutscht. Der Kopf unter Wasser. Aus.


1x zitiertmelden

Der Fall Uwe Barschel

10.02.2025 um 14:02
Zitat von OriginesOrigines schrieb:Die hätten ihn an den Füßen gepackt, ein bisschen gezogen und Barschels Körper wäre in die Wanne gerutscht. Der Kopf unter Wasser. Aus.
Vermutlich hätten sie ihn auch flugs entkleidet um die Diskussion, ob jemand mit Selbstmordabsichten angezogen in die Badewanne steigt (ja, ist zu beobachten, wird wohl aus Scham gemacht, hatten wir weiter oben schon) zu unterbinden.


1x zitiertmelden

Der Fall Uwe Barschel

10.02.2025 um 14:44
Zitat von Cpt.GermanicaCpt.Germanica schrieb:Vermutlich hätten sie ihn auch flugs entkleidet um die Diskussion, ob jemand mit Selbstmordabsichten angezogen in die Badewanne steigt (ja, ist zu beobachten, wird wohl aus Scham gemacht, hatten wir weiter oben schon) zu unterbinden.
Ich bin kein Psychiater, der sich mit Suizid konkret oder wissenschaftlich auseinander gesetzt hat. Aber mit etwas Empathie für einen Menschen, der am Ende seines Lebens und vor dem Scherbenhaufen seiner Existenz steht (klassischer Bilanzsuizid):

Es war alles da, was er brauchte: Die Medikamente, Alkohol, das Alleinsein, die Einsamkeit. Wobei ich mir die Einsamkeit ziemlich schlimm vorstelle:

Alleine im Zimmer eines großen, edlen Hotels. Mehr oder minder anonym, unbeachtet, "Do Not Disturb"-Schild an der Türe. Er wird vielleicht nochmals mit sich gerungen haben, noch mal alles abgewogen. Doch vor dem Untersuchungsausschuss aussagen? Gegrillt werden, genüsslich seziert werden, auch von den eigenen (ehemaligen) Parteifreunden? Die Schande für die Familie?

Anzug, Hemd und Krawatte hat er jahrzehntelang getragen, immer, wahrscheinlich auch oft zu Hause, ihm dürfte gar nicht bewusst geworden sein, dass er die Krawatte noch trug. Er versuchte auch nicht, seinen Suizid als Mord zu inszenieren, sonst hätte er nicht diese recht eindeutige Art des Suizids gewählt. Nur den geheimnisumwitterten R., der seine Unschuld hätte beweisen können, den erfand er.

Irgendwann nahm er die Medikamente, das dürfte eine Zeit gedauert haben. Die Wirkung der ersten Präparate dürfte nach 15 bis 30 Minuten eingesetzt habe, er hat (soweit ich weiß), nichts zu Abend gegessen. Und der Alkohol. Gut, er war 10mg Lorazepam am Tag gewöhnt, da dürfte die Toleranz gegenüber Benzodiazepinen schon ganz schön stark gewesen sein. Ich habe keine Quelle, wie viel er nun genommen hat, aber irgendwann wird er sie Wirkung gespürt haben: Benommenheit, Müdigkeit, Gleichgültigkeit, irgendwann auch physiologisch: Gleichgewichtsprobleme, Schwindel. Er wird geschwankt haben, sich irgendwo festhalten.

In dem Zustand lässt er die Wanne volllaufen. Warum nicht vorher? Warum sollte er? Die Wanne ist Mittel zum Zweck.

Nicht Wellness. Da legt er sich erst rein, wenn die Arbeit getan ist und wenn er vom Schlaf nicht mehr weit weg ist. Das Wasser wird warm gewesen sein, sicher keine 37 Grad, ein bisschen darunter. Auf dem Weg zur Wanne wurde ihm klar, dass er sich zwar in Kleidung in die Wanne legen würde (denke, das war von Anfang an so geplant, ein bisschen wie Eva Braun im Bunker "Ich will a schöne Leich' sein"). Aber nicht mit Schuhen. Die könnten evtl. auch ein In-die-Wanne-Rutschen verhindern. Derer entledigte er sich also noch, schon ziemlich benommen. Deshalb lagen sie im Hotelzimmer herum. In diesem Zustand nestelt er vielleicht noch an seinem Hemd herum, vielleicht doch die Krawatte aus? Irgendwie ist da ein Hemdknopf abgerissen.

Man darf nicht denken, dass er nach diesen Mengen an Medikamenten noch klar im Kopf war. "Durchgangsstadium" nannten das die Hamburger Pathologen. Er war noch insoweit klar, dass er sein Vorhaben durchzog, aber für Details, die später als "Mordbeweise" dienten, hatte er sicher keinen Kopf mehr. Das Handtuch war vermutlich auch nicht geplant, sondern spontan mit in die Wanne genommen, vielleicht sogar erst, als er sich das erste Mal hinein gelegt und gemerkt hat, dass das in seiner Benommenheit ohne Kopfauflage extrem unbequem war.

Barschel war 43 Jahre alt. Er hatte Familie, Frau, Kinder. Er war Dr. Dr. Bis 1987 Shooting-Star der CDU. Vielleicht einmal Kanzler. Er hatte einen Flugzeugabsturz als Einziger überlebt. Und andere, wie vielleicht Helmut Kohl oder Franz Josef Strauß, die hätten eine solche Affäre, einen solchen Rücktritt ausgehalten. Die wären nach zwei Jahren wieder da gewesen. Aber Barschel war nicht eine solche Rossnatur. Der Mann war nicht nur krankhaft ehrgeizig, sondern auch extrem verletzbar. Er hatte nicht die dicke Haut, die nötig gewesen wäre, durch so eine Niederlage hindurchzureiten. Aber auf die Droge Politik, Macht, Bedeutung und Aufmerksamkeit konnte er nicht verzichten. Vielleicht sah er seine Familie in Gefahr. Er war ein armer Mensch, der an seiner Situation verzweifelte.

Ein Opfer seiner selbst, aber auch der Politik, der Medien, die ihm auch dort nachstellten. Ihn schließlich - pietätlos genug - zum Gespött der Republik tot in der Wanne ablichteten und den Tatort durcheinander brachten. Nicht wenige der Vorwürfe gegen ihn erwiesen sich später als unzutreffend, und nicht nur er, sondern auch Engholm hatte gelolgen, aber was blieb, das war ehrenrührig genug. Das Drama in diesem Hotelzimmer zeigt nicht zuletzt auch die große Hilflosigkeit.


melden

Der Fall Uwe Barschel

10.02.2025 um 15:40
PS: Hier noch ein Beitrag mit den Tabletten, die Barschel genommen hat.

Beitrag von monstra (Seite 57)

Tödlich war vorrangig das Barbiturat.


melden

Der Fall Uwe Barschel

04.08.2025 um 14:32
Ich denke man muss mit der richtigen Hypothese in den ganzen Komplex "Reise nach Genf" einsteigen. Die Mordthese steht und fällt mit der ganzen Reiseplanung und einem vermeintlichen Zusammentreffen mit dem mysteriösen Ro(h)loff.
Meiner Auffassung nach, die ich nicht immer vertreten habe, aber nach Abwägung aller bekannter Quellen dazu mittlerweile vertrete ist die, dass es Robert Ro(h)loff nie gegeben hat. Er war eine Erfindung von UB, um seinem Umfeld einen plausiblen Reisegrund zu liefern. Wieso denke ich das?
1. Woher hätte R.R. die Telefonnummer in Gran Canaria haben sollen?
2. Ein Anruf einer Person, die R.R. gewesen sein könnte, ist nicht nachweisbar
3. UB liess zunächst einen Flug über Zürich eruieren, erst als dieser nicht möglich war, nannte er Madrid oder Genf als zusätzliche Ziele
4. Es ist nicht erkennbar, wie ein kurzfristig verändertes Reiseziel dem Informanten R.R. hätte mitgeteilt werden können
5. Die Ankunft in Genf lässt zw. dem Verlassen des Flughafens und dem gesicherten Eintreffen im Hotel circa 60 Minuten vergehen; dies ist zu wenig Zeit für eine ausführlicheres Treffen (UB spricht von 20 Min.) mit R.R., bei gleichzeitiger erhöhtem Logistikaufwand.
6. Es gibt weitere Widersprüche in UBs Aufzeichnungen, die die Existenz R.R. als unrealistisch erscheinen lassen

Kurzum: es ist fernliegend, dass es R.R. gegeben hat, auch deswegen, weil der kommunikative Aufwand, ein Treffen in Genf, dass ja eigentlich erst in Zürich hätte stattfinden sollen, entsprechend kurzfristig zu organisieren. Was dabei oft übersehen wird: die beschriebenen logistischen und kommunikativen Aufwände, die es bedurft hätte, ein Treffen mit R.R. zu organisieren, hätte es auch bedurft, um jedwedes anderes Meeting mit wem auch immer zu organisieren. So irrt der OStA HW in meinen Augen, wenn er sagt, R.R. sei eine von UB vorgeschobenen Legende, um einem ganz anderen Reisegrund nach Genf nachzugehen. Der erste Teil seiner Analyse ist zutreffen, R.R. ist eine von UB ausgedachte Figur, aber der zweite Teil, die Schlussfolgerung, dann müsse es folglich ein Treffen mit irgendwem anders gegeben haben, für die die ausgedachte Figur R.R. Tarnlegende war, ist falsch. Denn in dem gleichen Maße wie die Organisation eines Treffens mit R.R. nahezu zeitlich und logistisch unmöglich erscheint, gilt dies auch für ein potentiell anders Treffen mit einer Gruppe von anderen Personen oder auch einer Einzelperson. Wie hätten diese kontaktiert werden können, dass die Reise nun nach Genf und nicht nach Zürich erfolgt?


1x zitiertmelden

Der Fall Uwe Barschel

04.08.2025 um 17:17
Zitat von EdgarHEdgarH schrieb:es ist fernliegend, dass es R.R. gegeben hat,
Richtig. Aus den von Dir genannten Gründen ist das auch die herrschende Meinung seriöser Analysen.

Weitere Gründe:

1. Bekanntlich waren in Genf auch Reporter hinter Barschel her. Irgendwoher hatten sie einen Tipp bekommen, Barschel wolle nach Genf reisen. Sie lauerten ihm am Flughafen auf und schossen bei seiner Ankunft um 15.20 Uhr das letzte Foto des lebenden Barschel. Dort in Airportnähe will Barschel R. R. getroffen haben. Die Reporter haben davon freilich nichts bemerkt.

2. Als Barschel erfuhr, dass sich sein Flug nach Zürich nicht realisieren ließe, sagte er sinngemäß zu der Dame, die ihm die Flugbuchungen besorgte: Das sei nicht weiter schlimm, sein Gesprächspartner komme überall hin.

3. Barschel flog über Genf nach Hamburg (via Frankfurt a.M.), weil er in Kiel vor dem Untersuchungsausschuss aussagen sollte. Er hatte von Can Canaria aus angekündigt, mit großen Neuigkeiten auspacken zu wollen. Im Hotelzimmer Nr. 317 fanden die "Stern"-Reporter zwar Barschels feinsäuberliche Notizen über sein angebliches Treffen mit R. R., aber kein Beweismaterial, kein Dokument und keine persönlichen Aufzeichnungen, die ihn inhaltlich entlasten könnten. Fraglich ist dabei, welche Informationen das auch gewesen sein könnten. So kam zwar später heraus, dass Engholm früher als ursprünglich angegeben von Pfeifer erfahren hatte. Es gab die "Schubladenaffäre" und nicht jede Behauptung Pfeifers ließ sich nachweisen. Die Barschel am meisten belastenden Umstände - sein Wissen über Pfeifers Machenschaften und die Vertuschungsversuche nach dem Bekanntwerden des Skandals - hätte er nicht aus der Welt räumen können. Eine Rehabilitation war völlig illusorisch.

Interessant ist so mancher Blick in die Archive:

Der "Spiegel" von 1988, pro Suizid: https://www.spiegel.de/politik/tot-in-die-wanne-hineingelegt-a-9bf92541-0002-0001-0000-000013530677

Der "Stern" von 2007 mit einer Waffendeal-Story: https://www.stern.de/politik/geschichte/uwe-barschel-deal-mit-todesfolge-3267522.html

Ohne tiefere Befassung mit der Materie ist es nur schwer möglich, sich hier eine eigene Meinung zu bilden. Die Mordthesen zu dekonstruieren ist nicht leicht, zumal sie alle darauf aufbauen, dass die genauen Todesumstände nicht 100%ig geklärt sind.

Freilich trifft dieses Delta an Nichtwissen auf alle Suizide ohne Abschiedsbrief oder -nachricht zu. Das sollen rund. 60% der Suizidfälle sein, rund 6.000 pro Jahr in Deutschland. Der Tote unter der S-Bahn könnte stattdessen gestoßen worden sein, der Sprung vom Hochhaus aufgrund eines versehentlichen Stolperns und der Kopfschuss beim Reinigen der Waffe. Der einzige Unterschied: Diese Alltags-Suizide betreffen keine skandalumwitterten Politiker, interessieren keine Zeitung und durchlaufen eine Routinekontrolle.

Letztlich ist der Knackpunkt die Prominenz: Weil der Mensch in Genf sich öffentlich inszeniert hat, wusste, wie man sich inszeniert, hat er wohl auch seinen Tod inszeniert. Und für all diejenigen ein Türchen offengelassen, für die sein Tod eine Katastrophe ist: Seine Familie. R. R. diente Barschels posthumen Entlastung, als Projektionsfläche für seine moralische Integrität. Ohne R. R. wäre sein Suizid ein Schuldeingeständnis gewesen. Mit R. R. blieb Barschel sauber, kurz vor seiner strahlenden Rückkehr aufs politische Parkett dahingemeuchelt von Stasi, Mossad, CIA, BND, Mullahs, dem Apartheit-Regime oder der CDU.


1x zitiertmelden

Der Fall Uwe Barschel

04.08.2025 um 18:10
Zitat von OriginesOrigines schrieb:Ohne tiefere Befassung mit der Materie ist es nur schwer möglich, sich hier eine eigene Meinung zu bilden. Die Mordthesen zu dekonstruieren ist nicht leicht, zumal sie alle darauf aufbauen, dass die genauen Todesumstände nicht 100%ig geklärt sind.
Die Mordthese steht und fällt mit einem konkreten Reisegrund nach Genf. Dabei muss beides zusammenpassen, also die Lokation und der Grund. Eine konkrete Person kann ich nicht zufällig an einem Ort treffen, will sagen: die Existenz von R.R. ist zwingend dafür, ihn auch treffen zu können. Der Ort "Genf" dafür ist ebenso zwingend vorher festzulegen. Beides muss also gewährleistet sein, die konkrete Existenz der Person sowie ein vorher festgelegter Ort, sonst ist ein Treffen nicht möglich. Das klingt natürlich selbstverständlich, ist es aber gerade in dem Fall offenbar nicht für alle Beteiligten in den Ermittlungen oder aber auch in der öffentlichen Berichterstattung.

Ich versuche es mal einfach:

1. Wenn R.R. nicht existiert, worauf alle Indizien stark hindeuten, dann ist der Ort hinfällig, wenn ich ihn treffen will, weil ich ihn logischerweise nicht treffen kann.
2. Wenn R.R. existieren würde, kann ich ihn auch nicht treffen, wenn der Treffpunkt vorher nicht festgelegt wurde.

Damit ist klar, dass R.R., selbst wenn er existiert hat, unmöglich von UB getroffen worden sein kann, wenn der Ort zufällig gewählt wurde.

Alles was danach folgt, die ominöse Auffindesituation, das Fehlen von Gegenständen, die Ermittlungspannen etc., ist zwar für sich genommen alles bemerkenswert, aber irrelevant hinsichtlich der Frage ob Mord ja oder nein. Denn wenn UB ohne die konkrete Treffabsicht zufällig nach Genf gereist ist, bleiben zumindest in meiner Vorstellungswelt nicht mehr viele Möglichkeiten übrig, weshalb er dies dann getan haben sollte.


1x zitiertmelden

Der Fall Uwe Barschel

04.08.2025 um 20:14
Zitat von EdgarHEdgarH schrieb:1. Wenn R.R. nicht existiert, worauf alle Indizien stark hindeuten, dann ist der Ort hinfällig, wenn ich ihn treffen will, weil ich ihn logischerweise nicht treffen kann.
2. Wenn R.R. existieren würde, kann ich ihn auch nicht treffen, wenn der Treffpunkt vorher nicht festgelegt wurde.
Jetzt wird ja fast schon philosophisch.

Es gibt aber noch weitere Möglichkeiten, so dass Deine Annahmen ausgehebelt werden:

R. R. existiert und kann nach Zürich oder Genf kommen. Er erfährt dies - wie auch immer (die "Stern"-Reporter wussten ja auch, dass Barschel in Genf am Flughafen ankommen würde) - und trifft Barschel in Genf.

R. R. existiert, trifft in Genf Barschel, das Treffen erfüllt nicht Barschels Erwartungen und er begeht Suizid.

R. R. existiert, trifft in Genf Barschel, das Treffen erfüllt Barschels Erwartungen oder erfüllt sie nicht. Barschel wird von bösen Mächten unabhängig von seinem Treffen mit R. R. ermordet.

R. R. existiert nicht, aber Barschel trifft in Genf eine andere Person, die ihm die Medikamente überreicht, mit denen er Suizid begeht. Diese Person war in der Lage, nach Zürich oder Genf zu reisen und erfuhr (s.o.), dass das Treffen in Genf statt findet.

R. R. existiert nicht. Böse Mächte erfahren, dass Barschel nach Genf reist und ermorden ihn dort.


melden

Der Fall Uwe Barschel

04.08.2025 um 22:12
@Origines
Natürlich ist das theoretisch alles möglich, aber die Frage ist, wie wahrscheinlich ist das. Die Widersprüche in UBs eigenen Aufzeichnungen und die komplexe Logistik- es wäre ja auch Madrid möglich gewesen als Treffpunkt- macht ein Treffen UBs mit wem auch immer in Genf nahezu unmöglich.


1x zitiertmelden

Der Fall Uwe Barschel

05.08.2025 um 06:24
Zitat von EdgarHEdgarH schrieb:Natürlich ist das theoretisch alles möglich, aber die Frage ist, wie wahrscheinlich ist das.
Das ist korrekt. Am wahrscheinlichsten ist noch ein "Dealer" oder "Sterbehelfer", der Barschel die Medikamente besorgt hat. Madrid hat er vielleicht deswegen nicht in Erwägung gezogen, weil sein "Date" nicht dorthin hätte kommen können. Zwischen Zürich und Genf liegen dagegen nur rund 300 km, so viel Disposition war vielleicht ohne Probleme möglich.

Warum ein Helfer für die Medikamente?

Barschel hatte noch auf Gran Canaria wohl ziemlich verzweifelt einen Apotheker um Lorazepam ("Tavor") angebettelt und es ausgehändigt bekommen.

In seinem in Genf eingenommenen Cocktail waren jeweils in hohen Dosen neben Lorazepam auch Diazepam ("Valium") und Lormetazepam ("Noctamid") enthalten. Hätte er diese Medikamente schon auf Gran Canaria gehabt, hätte er statt Tavor auch Valium nehmen können. Daher meine These: Er hat sie erst in Genf erhalten. Zudem waren eingenommene Medikamente nicht mehr in Deutschland oder der Schweiz im Handel und eine Packung stammt wohl aus der DDR. Zweifelhaft, dass Barschel all das - und das schwer zu bekommende tödliche Barbiturat - über die Jahre gesammelt und auf seiner Reise mit sich herum schleppte.

Aber möglich ist es. Die Geschichte bedarf nicht zwingend eines Helfers.

Wäre der Tote in der Wanne kein von Reportern gehetzter skandalumwitterter hochrangiger Politiker gewesen, wäre das Ergebnis völlig klar: Ein Suizidgeschehen. Die Herkunft der Medikamente oder eine fehlende leere Weinflasche wären ebenso kein Rätsel wie die Stunden zwischen dem Einchecken im Hotel und dem Tod in der Nacht. Es wäre einfach so. Nur weil die Person prominent ist, meinen Manche, jede Sekunde und jedes leere Glas müssten geklärt sein. Man würde angesichts fehlender Anhaltspunkte für Fremdeinwirkung "mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit" von Suizid ausgehen.

Zumal jedes Mordszenario nicht nur an den Haaren herbeigezogen wäre, sich die auf dem Markt befindlichen Spekulationen gegenseitig "beißen", sondern auch - nach über 35 Jahren - kein Hauch eines Hinweises auf den oder die angeblichen Täter aufgetaucht ist. Und daran scheitern ja immer die Verschwörungstheorien: Es muss so viele Tatbeteiligte geben, es müssen Bürokratien beteiligt gewesen sein, dass irgendwann irgendwo ein belastbares Indiz auftaucht.

Ist es nicht. Und R. R., so wie Barschel ihn für seine Nachwelt konstruiert hat, ist eine Fiktion. Richtig.


1x zitiertmelden

Der Fall Uwe Barschel

05.08.2025 um 10:43
Zitat von OriginesOrigines schrieb:Aber möglich ist es. Die Geschichte bedarf nicht zwingend eines Helfers.
Absolut, es wäre denkbar, dass ein Helfer vor Ort war. Aber ich möchte eines zu bedenken geben:

Wäre nicht, wenn ein Helfer oder anderer Dritter (Mörder) anwesend gewesen wäre, der Tatort nicht in dem Chaos hinterlassen worden? Für mich spricht der chaotische Zustand des Tatorts ja gerade eher nicht für die Anwesenheit Dritter.

Ich will das erklären:
mir erscheint es unwahrscheinlich, dass ein Mörder, der den Mord wie einen Selbstmord aussehen lassen will,

1. die Medikamentenpackungen entsorgt
2. die viel schwerer zu entsorgende Weinflasche mitnimmt
3. das kleine Wiskeyfläschchen vor Ort lässt
4. die Notizen UBs, die ein Fremdverschulden nahe legen könnten, bleiben vor Ort
5. die Unordnung der Schuhe belässt
6. den sedierte UB nicht unter Wasser zieht

Für einen Helfer sprechen die Punkte nicht alle gleichermaßen stark, die Anwesenheit eines Helfers wäre mit der Situation eher in Einklang zu bringen. Lediglich 2.) und 3.) könnte hier fragwürdiger erscheinen.


1x zitiertmelden