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Der Fall Oury Jalloh

528 Beiträge ▪ Schlüsselwörter: Tod, Ungeklärt, Verbrannt ▪ Abonnieren: Feed E-Mail

Der Fall Oury Jalloh

09.12.2017 um 17:22
Zitat von Able_ArcherAble_Archer schrieb:Am 24. April 2017 schrieb Walter Hemberger, Bundesanwalt beim Bundesgerichtshof, an die Generalstaatsanwaltschaft des Landes Sachsen-Anhalt: "Von einer Übernahme des Verfahrens habe ich abgesehen." Belange des Staatsschutzes seien noch nicht in einer Weise berührt, dass ausnahmsweise eine Zuständigkeit der Bundesjustiz für die Strafverfolgung angenommen werden könnte. Das Schreiben endet mit den Worten: "Für eine gelegentliche Übersendung der die Ermittlungen abschließenden Verfügung wäre ich sehr verbunden."
Für so einen Brief müsste der Bundesanwalt eigentlich entlassen werden.

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Der Fall Oury Jalloh

09.12.2017 um 22:22
Zitat von otternaseotternase schrieb:Genaugenommen gab es vier Dinge bei dieser Initiative, die wenig hilfreich waren und möglicherweise eine Aufklärung sogar behindert haben
Vielen Dank für diese Einschätzung. Vor einigen Jahren habe ich mit einem Juristen über den Fall gesprochen, der sich in dieser Sache pro bono engagiert hat. Der Kontakt lief über die Initiative und er fand die Leute dort jetzt auch nicht sehr hilfreich. "Tunnelblick" und "hyperemotional" waren seine Worte.
Zitat von E.A.PoeE.A.Poe schrieb:Für so einen Brief müsste der Bundesanwalt eigentlich entlassen werden.
Warum? Jedenfalls ist der Generalbundesanwalt (GBA) meiner Ansicht nach nicht zuständig. Da die Justiz Ländersache ist, kommt er nur zum Zuge, wenn Terrorismus, Spionage oder politische Delikte im Raum stehen. Wer es genau wissen will, kann in § 142a GVG nachsehen. Insofern sehe ich keine Gründe für eine Übernahme.

Wie dann auf Landesebene weiter verfahren wird, obliegt nicht der Einschätzung des GBA. Der ist kein weisungsbefugter Obergeneralstaatsanwalt, sondern kann eben nur dann tätig werden, wenn er zuständig ist. Hier hat also die Generalstaatsanwaltschaft (GStA) in Naumburg schon selbst entschieden. Vermutlich wollten die GStA Naumburg einstellen (haben das auch an den GBA berichtet), der OStA in Dessau wollte aber nicht. Da musste man ihm die Zuständigkeit entziehen.

Aber warum gerade dann, wenn neues Beweismaterial ins Haus kommt?


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Der Fall Oury Jalloh

09.12.2017 um 23:37
Zitat von otternaseotternase schrieb:Zu DDR-Zeiten soll die Polizeiwache Dessau berühmt-berüchtigt gewesen sein für einige besonders gewaltaffine Volkspolizisten! So sehr, dass sich die Entscheidungsträger genötigt sahen, einzelne VoPos aus dem Dienst zu entfernen oder zumindest in andere Tätigkeiten zu versetzen. Das soll in den 1970ern gewesen sein. Aber bei den älteren Bürgern der Stadt kommt da öfter mal die Vermutung, dass vielleicht ein junger Polizist damals diese Methoden "gelernt" und weitergeführt haben könnte... Ob das denkbar ist, weiss ich nicht, ich weiss nicht, wie im Zuge der Wende der Umbau der Polizei dort ablief, ich gebe hier nur einfach wieder, was ich als Gerücht wiederholt gehört habe...
Das kann ein sehr wichtiger Punkt sein. Es war nach der Wende 1989 und nach der offiziellen Wiederherstellung der deutschen Einheit am 3. Oktober 1990 natürlich nicht so, dass mit einem Schlag alle DDR-Staatsdiener samt NVA-Soldaten aus dem Dienst entlassen wurden. Das ging ja auch gar nicht, woher hätte man die Polizisten, Richter, Staatsanwälte, Soldaten denn hernehmen sollen, um alle alten Kader zu ersetzen.

Die DDR-Staatdiener, die weniger belastet schienen, wurden nach der Wende übernommen und weiterbeschäftigt. Da waren sehr gute Leute darunter, aber eben auch solche, die, sagen wir mal so, mit rechtsstaatlichen Polizeimethoden nicht eben vertraut und damit ausgebildet waren. Insofern wäre schon interessant, welche Ausbildungsstandards die damals in der Dessauer Polizeiwache Tätigen Beamten hatten.


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09.12.2017 um 23:48
zuvor hatte ich ja schon auf die interessanten Parallelen hinsichtlich des anwesenden Personals in den Fällen Bichtemann und Jalloh hingewiesen, mit jedoch teils etwas fragwürdigen Quellen. Heute nun hat auch der MDR diese Auffälligkeit bestätigt und weitere Details geschildert:

http://www.mdr.de/sachsen-anhalt/dessau/tod-von-mario-bichtemann-in-dessauer-polizeizelle-100.html (Archiv-Version vom 09.12.2017)
Wie der Fall Bichtemann 2007 vor Gericht geschildert wurde:
Nach Aussage des Dienstgruppenleiters wurde die Zelle Fünf, in der Bichtemann bereits die Nacht über gelegen hatte, um 10.00 Uhr von zwei Polizisten kontrolliert. Dort fanden sie den Obdachlosen schnarchend und stark nach Alkohol riechend. Selbst lautes Händeklatschen konnte ihn nicht aufwecken. Bei einem zweiten Kontrollgang um 12.20 Uhr bemerkte einer der Polizisten eine Blutspur am Ohr Bichtemanns. Außerdem lag der Mann nicht mehr auf der Matratze, sondern in Richtung Tür gedreht, was dem Polizisten sonderbar erschien. Er konnte Bichtemann noch immer nicht aufwecken und informierte den Dienstgruppenleiter Andreas S, der wiederum den Dessauer Neurologen Andreas B. anrief.

B. hatte Bichtemann schon am Abend zuvor untersucht, als dieser auf das Revier gebracht worden war. Bei der "Gewahrsamtauglichkeitsprüfung" hatte der Arzt bei Bichtemann keine neurologischen Ausfallerscheinungen festgestellt. "Motorisch zeigte er keine Hinweise auf Verletzungen", sagte der Bereitschaftsarzt am 8. Mai 2007 vor Gericht. In dem Telefongespräch mit Dienstgruppenleiter S. empfiehlt der Arzt, Bichtemann energischer zu wecken.

Doch es gelang nicht mehr, den Obdachlosen aufzuwecken: Bichtemann war mit einem Schädelbasisbruch verstorben. Wie genau sich der Obdachlose die Fraktur zugezogen hatte, ist bis heute ungeklärt.

Drei Jahre nach Bichtemanns Tod ereignete sich in Zelle Fünf des Reviers ein weiterer Todesfall, der allerdings bis heute ein deutlich größeres Medienecho nach sich zieht: Der Asylbewerber Oury Jalloh verbrannte gefesselt auf einer Matratze. Auch die Umstände seines Todes sind noch immer ungeklärt.

Am 7. Januar 2005 und im Jahr 2002 trug der gleiche Beamte die Verantwortung: Dienstgruppenleiter Andreas S. leitete das Geschehen im Dessauer Polizeirevier. Auch der Bereitschaftsarzt Andreas B. war wieder beteiligt: Er hatte Jalloh am Morgen des 7. Januars Blut abgenommen. Der Asylbewerber wurde von den Beamten als alkoholisiert beschrieben.

Die Gemeinsamkeiten, die beide Fälle miteinander teilen, wurden schon vor dem Dessauer Landgericht und dem Magdeburger Landgericht geprüft. Damals gelang es jedoch nicht, eine klare Verbindung der beiden Fälle nachzuweisen.
Die Parallelen gehen aber noch weiter:

Der DGL Andreas S und die stellv. DGLin Beate H hatten übereinstimmend behauptet, noch eine Stunde vor Auffinden der Leiche von Mario Bichtemann diesen über die Audioüberwachungsanlage der Zelle gehört zu haben. Tatsächlich ergab jedoch die gerichtsmedizinische Untersuchung, dass Mario Bichtemann zum Zeitpunkt des Auffindes bereits mindestens drei Stunden tot war!

Im Fall Oury Jalloh behauptete der gleiche DGL Andreas S in einer ersten Vernehmung, er habe bei Erreichen der Zelle Oury Jalloh schreien gehört. Gemäß Gutachten erreichte er die Zelle sieben Minuten nach Ausbruch des Feuers, Oury Jalloh ist jedoch schon kurze Zeit nach Ausbruch des Feuers gestorben, wie sich aus der Menge der Russablagerungen in der Lunge ableiten lässt, er hat nicht kräftig geatmet, also wahrscheinlich zu keinem Zeitpunkt geschrien und er hatte keine erhöhten Stresshormonlevel, auch dies ein sehr starkes Indiz, dass Oury Jalloh nicht geschrien hat. Oury Jalloh war zum Zeitpunkt des Verbrennens entweder bewusstlos (wenn man Fremdverschulden annimmt) oder von Drogen so zugedröhnt, dass er die Gefahr nicht wahrgenommen hat (wenn man von einer versehentlichen Selbstverbrennung ausgeht). Er hat also wahrscheinlich gar nicht, jedenfalls aber unmöglich zu dem Zeitpunkt, zu dem der DGL die Zelle erreichte Geräusche geschrien.

In beiden Fällen hat also der DGL Andreas S falsche, widerlegte Aussagen hinsichtlich des Zeitpunkts des letzten Lebenszeichens der Verstorbenen gemacht.
Ich finde, auch dies ist eine interessante Parallele!


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10.12.2017 um 00:25
Zitat von monstramonstra schrieb:Warum? Jedenfalls ist der Generalbundesanwalt (GBA) meiner Ansicht nach nicht zuständig. Da die Justiz Ländersache ist, kommt er nur zum Zuge, wenn Terrorismus, Spionage oder politische Delikte im Raum stehen. Wer es genau wissen will, kann in § 142a GVG nachsehen. Insofern sehe ich keine Gründe für eine Übernahme.
Sehe ich auch so. Eine Zuständigkeit des Generabundesanwalts ist hier nocht zu erkennen, das ist alles schon allein Sache des Landes Sachsen-Anhalt.
Zitat von monstramonstra schrieb:Vermutlich wollten die GStA Naumburg einstellen (haben das auch an den GBA berichtet), der OStA in Dessau wollte aber nicht. Da musste man ihm die Zuständigkeit entziehen.

Aber warum gerade dann, wenn neues Beweismaterial ins Haus kommt?
Die GenStA Naumburg wollte nicht selbst einstellen, hat vielmehr der Fall an die Staatsanwaltschaft Halle/Saale übertragen (vermutlich um jeden Anschein einer möglichen Verflechtung zwischen dem Polizeirevier Dessau und der Dtaatsanwaltschaft Dessau zu vermeiden und eine in den Fall bisher nicht involvierte Staatsanwaltschaft mit der weiteren Aufklärung der Sache zu beauftragen). Dass nun die Staatsanwaltschaft Halle/Saale die Sache eingestellt hat, hat jetzt das Fass zum Überlaufen gebracht.

Die Nebenklage, also Oury Jallohs Angehörige, erwägen, ein Klageerzwingungsverfahren beim Oberlandesgericht Naumburg zu beantragen, womit die Staatsanwaltschaft Halle/Saale zur Aufhebung ihres Einstellungsbeachlusses und zur Anklageerhebung gezwungen werden soll, der Landtag von Sachsen-Anhalt will Akteneinsicht, Rufe nach dem Rücktritt der Justizministerin werden laut (gut, da werden die üblichen politische Süppchen gekocht).

Da läuft einigen Akteuren derzeit gewaltig was


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Der Fall Oury Jalloh

10.12.2017 um 00:27
aus dem Ruder, wollte ich schreiben, hat aber mit dem Senden nicht geklappt.


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10.12.2017 um 00:41
Zitat von AndanteAndante schrieb:Die GenStA Naumburg wollte nicht selbst einstellen, hat vielmehr der Fall an die Staatsanwaltschaft Halle/Saale übertragen (vermutlich um jeden Anschein einer möglichen Verflechtung zwischen dem Polizeirevier Dessau und der Dtaatsanwaltschaft Dessau zu vermeiden und eine in den Fall bisher nicht involvierte Staatsanwaltschaft mit der weiteren Aufklärung der Sache zu beauftragen). Dass nun die Staatsanwaltschaft Halle/Saale die Sache eingestellt hat, hat jetzt das Fass zum Überlaufen gebracht.

Die Nebenklage, also Oury Jallohs Angehörige, erwägen, ein Klageerzwingungsverfahren beim Oberlandesgericht Naumburg zu beantragen, womit die Staatsanwaltschaft Halle/Saale zur Aufhebung ihres Einstellungsbeachlusses und zur Anklageerhebung gezwungen werden soll, der Landtag von Sachsen-Anhalt will Akteneinsicht, Rufe nach dem Rücktritt der Justizministerin werden laut (gut, da werden die üblichen politische Süppchen gekocht).
Wenn ich mir eine einschätzung dieser Passagen erlauben darf:

Ich finde es schade, dass Du m.E. sehr wenig Sachbezug in deine Äusserungen einbringst, und Dich meines Empfindens statt dessen auf "Allgemeinplätze" zurückziehst, z.B.

-hat jetzt das Fass zum Überlaufen gebracht.

-gut, da werden die üblichen politische Süppchen gekocht

Neben den von Dir weiters geschilderten verwaltungstechnischen Abläufen kann ich leider keinen sachlichen Bezug erkennen.

Auf die Fakten,

-dass das Verfahren von Halle aus gerade dann eingestellt werden sollte, nach dem Folker Bittmann konkrete Zweifel aufwarf und das Schreiben aus KA einging

-dass die StA Halle versuchte, die Akteneinsicht noch 11/17 zu verweigern

-dass die Freigabe der Akten sowie die Übergabe an den Generalstaatsanwalt Jürgen Konrad erst nach massivem Öffentlichkeitsdruck erfolgte,

gehst Du leider nicht ein.


Schade.


Able_Archer.


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Der Fall Oury Jalloh

10.12.2017 um 01:00
Zitat von Able_ArcherAble_Archer schrieb:Auf die Fakten,

-dass das Verfahren von Halle aus gerade dann eingestellt werden sollte, nach dem Folker Bittmann konkrete Zweifel aufwarf und das Schreiben aus KA einging

-dass die StA Halle versuchte, die Akteneinsicht noch 11/17 zu verweigern

-dass die Freigabe der Akten sowie die Übergabe an den Generalstaatsanwalt Jürgen Konrad erst nach massivem Öffentlichkeitsdruck erfolgte,

gehst Du leider nicht ein.
Tut mir leid, da ich sämtliche Akteninhalte nicht kenne, kann ich mich nicht dazu äußern, warum die Staatsanwaltschaft Halle zu einem bestimmten Zeitpunkt das Verfahren einstellte. Ich begrüße es aber ausdrücklich, dass Staatsanwalt Bittmann aus Dessau (warum eigentlich erst jetzt und nicht schon sehr viel früher?) konkrete Zweifel aufgeworfen hat.

Ich weiß auch nicht, warum die Staatsanwaltschaft Halle wem (?) Akteneinsicht verweigert hat. Dem Landtag?

Davon, dass die GenStA Naumburg unter ihrem Behördenchef Konrad vollständige Kenntnis von allen Akten hat bzw. hätte haben können, und zwar sowohl betreffend alle Ermittlungsakten aus Desau wie aus Halle, setze ich voraus. Anders als Richter sind Staatsanwälte nämlich weisungsabhängig und müssen auf Verlangen ihrem Dienstvorgesetzten alles berichten und vorlegen.


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Der Fall Oury Jalloh

10.12.2017 um 01:05
Zitat von monstramonstra schrieb:Warum? Jedenfalls ist der Generalbundesanwalt (GBA) meiner Ansicht nach nicht zuständig. Da die Justiz Ländersache ist, kommt er nur zum Zuge, wenn Terrorismus, Spionage oder politische Delikte im Raum stehen. Wer es genau wissen will, kann in § 142a GVG nachsehen. Insofern sehe ich keine Gründe für eine Übernahme.
Wenn Polizisten jemanden fesseln und anzünden, ist das eine Gefährdung der inneren Sicherheit. Da gibt es für mich keine Frage.


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Der Fall Oury Jalloh

10.12.2017 um 01:09
Zitat von AndanteAndante schrieb:Tut mir leid, da ich sämtliche Akteninhalte nicht kenne, kann ich mich nicht dazu äußern, warum die Staatsanwaltschaft Halle zu einem bestimmten Zeitpunkt das Verfahren einstellte. Ich begrüße es aber ausdrücklich, dass Staatsanwalt Bittmann aus Dessau (warum eigentlich erst jetzt und nicht schon sehr viel früher?) konkrete Zweifel aufgeworfen hat.
Aufgrund des Vorliegens der Ergebnisse der Brandgutachten aus Herbst 2016.

Quelle: Wikipedia.
Zitat von AndanteAndante schrieb:Ich weiß auch nicht, warum die Staatsanwaltschaft Halle wem (?) Akteneinsicht verweigert hat. Dem Landtag?
Habe ich bereits hier gepostet. Warum dies geschah, weiss -öffentlich- anscheinend keiner so genau.

Zitat:

"Landesjustizministerin Anne-Marie Keding (CDU) habe das Kabinett in Magdeburg über die Akteneinsicht informiert, sagte Regierungssprecher Matthias Schuppe.

Das Parlament hatte vor knapp zwei Wochen die Akteneinsicht zu den Ermittlungen gefordert. Keding hatte jedoch gesagt, ein Beschluss des Landtags reiche nicht, es brauche das Votum des Rechtsausschusses. Das ist laut Schuppe nun doch nicht mehr notwendig."

Zitatende.

Quelle:

http://www.spiegel.de/panorama/justiz/oury-jalloh-landtag-von-sachsen-anhalt-erhaelt-einsicht-in-ermittlungsakten-a-1181894.html

Dies wurde am 5.12.2017 veröffentlicht, und am 7.12.2017 wurde nach der Rücktrittsforderung der Justizminsterin ad-hoc entschieden, nochmals über das weitere Vorgehen zu entscheiden.


Ich finde diese Fakten wichtig und könnte mir ohne diese keine Meinung bilden.


Able_Archer.


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Der Fall Oury Jalloh

10.12.2017 um 01:11
Zitat von E.A.PoeE.A.Poe schrieb:Wenn Polizisten jemanden fesseln und anzünden, ist das eine Gefährdung der inneren Sicherheit. Da gibt es für mich keine Frage.
wie kommst Du darauf, das dem "juristisch" so sein koennte, auch wenn es natuerlich so ist?


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Der Fall Oury Jalloh

10.12.2017 um 01:29
@Able_Archer

Ich denke, unglücklicherweise vermengen sich hier verschiedene Sachen, die leider von der eigentlichen Ursachenforschung an Oury Jallohs Tod ablenken.

Jedes Bundesland der BRD hat ein Gesetz über parlamentarische Untersuchungsausschüsse. Darin ist genau geregelt, aber natürlich wegen unseres Föderalismus für jedes Bundesland verschieden , wann ein parlamentarischer Untersuchungsausschuss Anspruch auf Vorlage von Akten welcher Behörden hat.

Das betreffende Gesetz des Landes Sachsen-Anhalt kann jeder im Netz nachlsesen. Da steht dann, wann das Justizministerium unter welchen Umständen welche staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsakten einem parlamentarischen Untersuchungsausschuss zukommen lassen muss. Darüber scheinen sich im Fall Jalloh gerade die Leute trotz des insoweit eindeutigen Gesetzeswortlauts zu streiten.

Der Aufklärung des Falles hilft das aber leider nicht weiter. Hier geht es um mehr um Politik.....


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Der Fall Oury Jalloh

10.12.2017 um 01:34
@Andante

Aus der stringenten Einhaltung der Verfahrensregeln ergehen dann folgende Sachverhalte:

"Landesjustizministerin Anne-Marie Keding (CDU) habe das Kabinett in Magdeburg über die Akteneinsicht informiert, sagte Regierungssprecher Matthias Schuppe.

Das Parlament hatte vor knapp zwei Wochen die Akteneinsicht zu den Ermittlungen gefordert. Keding hatte jedoch gesagt, ein Beschluss des Landtags reiche nicht, es brauche das Votum des Rechtsausschusses. Das ist laut Schuppe nun doch nicht mehr notwendig."

Dies kann ich so leider nicht nachvollziehen.

Falls Du dich für das Schicksal Oury Jallohs und die bisher bekannten Fakten interessierst, kannst Du ja gerne weiter oben im Thread nachlesen.

Die am Thread beteiligten TN haben viele Informationen zusammengetragen.


Able_Archer.


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Der Fall Oury Jalloh

10.12.2017 um 01:43
Danke, mich interessiert auch weit mehr die Wahrheit als all das, was Justizministerium etc. verlauten lassen lassen. Ich bilde mir auch nicht ein, dass ein parlamentarischer Untersuchungsausschuss herausfinden kann (und will und muss), wie es zu Oury Jallohs Tod gekommen ist. Das ist vielmehr Sache der zuständigen Strafverfolgungsbehörde, und ich hoffe sehr, dass die Staatsanwaltschaft Halle durch das Oberlandesgericht Naumburg gezwungen werden wird, ihren Einstellungsbeschluss aufzuheben und, unter Einbeziehung der neuen Erkenntnisse von Ob rstaatsanwalt Bittmann, weiter zu ermitteln.


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Der Fall Oury Jalloh

10.12.2017 um 01:50
@Andante

Nun ja, nach aktueller Lage wurde Generalstaatsanwalt Jürgen Konrad (StA Naumburg) von der Justizministerin angewiesen, den weiteren Verlauf des Verfahrens zu prüfen.

Und wenn ich mir die von Dir m.E. zu recht in den Vordergrund zu stellende sachbezogene Faktenlage so ansehe, dann sehe ich in diesem Fall noch reichlich Aufklärungsbedarf.

Aber wie gesagt, findest Du grösstenteils hier im Thread oder korrespondierenden Links.


Able_Archer.


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10.12.2017 um 07:20
Zitat von AndanteAndante schrieb:Die GenStA Naumburg wollte nicht selbst einstellen, hat vielmehr der Fall an die Staatsanwaltschaft Halle/Saale übertragen (vermutlich um jeden Anschein einer möglichen Verflechtung zwischen dem Polizeirevier Dessau und der Dtaatsanwaltschaft Dessau zu vermeiden und eine in den Fall bisher nicht involvierte Staatsanwaltschaft mit der weiteren Aufklärung der Sache zu beauftragen).
Die StA Dessau ermittelte seit 2005, ohne dass eine - ich sage mal untechnisch - "Befangenheit" besorgt wurde. Sie führte die Anklage in allen bisherigen Gerichtsverfahren. Und erst, als die Ermittlungen die bisherigen Annahmen (Selbstentzündung durch das Opfer) nach Überzeugung des dortigen OStA in Frage stellt, will man plötzlich eine "Verquickung" befürchten? Und dann stellt die neue StA Halle nach kürzester Zeit (die Dessauer StA hatte über zwei Jahre ermittelt) nach Aktenlage ein?

Das wirft Fragen auf. Warum und unter welchen Voraussetzungen der Landtag Sachsen-Anhalt Akteneinsicht erhalten kann, weiß ich nicht. Es muss dazu keinen Untersuchungsausschuss geben (gibt es meines Wissens auch nicht). Wenn die Verfassung solche Rechte der Volksvertretung vorsieht (was gut möglich wäre), dann kann man nur noch formal dagegen argumentieren. Das hat die Landesregierung getan, dann aber offensichtlich eingelenkt (aus politischen Gründen).

Der GBA ist nicht für alle Fälle der inneren Sicherheit zuständig, sondern nur für solche mit bundesweiter (länderüberschreitender) Bedeutung. Eine Anzeige dort dürfte an die zuständige Landes-StA (Dessau) abgegeben worden sein.

Der Fall ist jetzt auf der politischen Ebene und natürlich spielen auch politische Fragen eine Rolle. Wahrheitsaufklärung ist da immer nur ein Nebeneffekt, aber eben auch unvermeidlich.

Aus Berlin weiß ich, dass nach der Wende 6.000 ehemalige DDR-Polizisten in den Staatsdienst übernommen wurden. Sie hatten in Ostdeutschland oftmals keinen leichten Stand, da ihre Autorität (erst DDR-Repräsentant, dann BRD-Repräsentant) gewaltig gelitten hat. Wie viele Augen man wegen Stasi-Verquickungen und SED-Mitgliedschaften zugedrückt hat? Wie sich die militärische DDR-Ausbildung auf das Menschenbild ausgewirkt hat?


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10.12.2017 um 11:15
@monstra
SED-Mitgliedschaft war jedenfalls kein Negativkriterium, da für VoPos der DDR ein faktischer Zwang zur Parteizugehörigkeit bestand.
Polizisten mussten damals erstmal nur einen Fragebogen ausfüllen, die Selbstauskunft wurde dann später geprüft, das hat sich hingezogen, noch 2007 wurden Polizisten entlassen, weil Belastendes gefunden wurde.
Hier ein interessanter Artikel zu diesen Selbstauskünften:
http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-13503242.html

Es lässt sich da nicht ausschließen, dass da auch einige durchgerutscht sind, die besser nicht übernommen worden wären...


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10.12.2017 um 11:40
Was ich nicht verstehe ist, warum in dem Fall so viel vertuscht wird. Wer hat ein Interesse daran?
Es ist keine hochrangige Persönlichkeit in den Fall verwickelt, die die Autorität hätte, eine nachhaltige Vertuschung durchzuführen. Wer hat ein Interesse daran, einfache, zur Gewalt neigende Polizisten zu schützen? Das ist mir unklar.


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Der Fall Oury Jalloh

10.12.2017 um 14:55
Ich denke, das auf manchen Polizeirevieren immer noch so ist, dass Frauen wenig zu sagen haben. Deswegen wahrscheinlich auch die unterschiedlichen Aussagen der Zeugen Beate H.

Vielleicht geht es auch garnicht um rassistische Übergriffe seitens der Polizei sondern um Macht zu demonstrieren.

Der Fall bzw die Fälle sind mehr als merkwürdig und es wurde definitiv zuviel vertuscht. Ob man nach sovielen Jahren ein endgültiges Ergebnis herbeiziehen kann, schwer zu sagen.


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Der Fall Oury Jalloh

10.12.2017 um 17:18
Zitat von E.A.PoeE.A.Poe schrieb:Was ich nicht verstehe ist, warum in dem Fall so viel vertuscht wird. Wer hat ein Interesse daran?
Es ist keine hochrangige Persönlichkeit in den Fall verwickelt, die die Autorität hätte, eine nachhaltige Vertuschung durchzuführen. Wer hat ein Interesse daran, einfache, zur Gewalt neigende Polizisten zu schützen? Das ist mir unklar.
So verwunderlich ist das nicht. Strafjustiz und Polizei sind in vielerlei Hinsicht voneinander abhängig und fühlen sich auch gemeinsam als Garanten für Recht und Ordnung. Ein Staatsanwalt, der von der Polizei ausgebremst wird, der dann Karriere knicken. Es kann auch gut politische Linie sein, nach Möglichkeit keinen Amtsmissbrauch in der Polizei zu verfolgen, um deren Autorität und Ansehen nicht zu beschädigen.

Dann ist immer wieder ein Korps-Geist innerhalb der Polizei festzustellen. Es gibt unausgesprochene Ehrenkodizes und Sanktionen gegen die, die Kollegen "anpissen". Je stärker die Polizei in der Defensive ist, umso stärker wird diese Omerta.

Bei Polizeigewalt ist zudem - so kenne ich es zumindest aus Bayern bei Demonstrationen - die Regel klar: Wer Polizisten wegen Gewalt anzeigt, bekommt eine Anzeige wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte. Zwei völlig identische Aussagen der Polizisten führen zur Verurteilung, das Verfahren wegen Körperverletzung im Amt wird regelmäßig eingestellt. Irgendwo gibt es sicher eine heimliche Statistik, wie viele Anzeigen und wie viele Verurteilungen es gibt. Aber alleine die Lektüre einer Lokalzeitung reichte früher schon als Abschreckung. Selbst heute im Zeitalter von Handy-Videos gibt es noch immer Fälle, in denen solches Beweismaterial ignoriert wird, verschwindet oder Polizisten vor Gericht klar gelogen haben.

Es gibt auch - das sei nur am Rande erwähnt - genügend Bürger, die Polizisten ohne jede Grundlage anzeigen. Oder gleich im Dutzend auf die Beamten losgehen, denen nur die Flucht bleibt. Das scheint in Großstädten immer häufiger zu passieren. Auch da ist die Gefahr groß, dass frustrierte Polizisten, sich als Prügelknaben empfindend, in einem unbeobachteten Moment absoluter Macht ausflippen.

Die spezifisch ostdeutsche Situation wurde schon erwähnt, das Wahlverhalten und die Einstellung zu Staat und Gesellschaft sind bekannt. Ich provoziere mal und sage: Der Rechtsstaat ist dort zwar angekommen, aber nicht besonders beliebt.


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