Sechs Tote in Rot am See – Tatverdächtiger rief selbst die Polizei

phil77 schrieb:Nichts! Und das habe ich doch ausdrücklich so geschrieben!?

Ach was, und warum schreibst du dann überhaupt was von der Annahme eines Vergiftens, wenn Vergiften nichts mit dem Geschehen zu tun hat?

In diesem Fall wurde nun Anklage erhoben und die Verhandlung soll schon Ende Juni beginnen.
Der nun Angeklagte hat gestanden und sich auch zum Motiv geäußert. So soll er schon jahrelang an eine Ermordung seiner Schwester und seiner Mutter gedacht haben, angeblich wegen Misshandlungen. Seine Mitgliedschaft im Schützenverein diente eben jenem Zweck.
Ein psychiatrisches Gutachten soll nun noch Aufschluss darüber geben, ob er psychisch krank ist.



Focus, 27. April 2020
https://www.focus.de/politik/deutschland/30-schuesse-abgegeben-staatsanwaltschaft-erhebt-anklage-nach-gewalttat-in-rot-am-see_id_11930077.html

Nach den tödlichen Schüssen auf sechs Menschen in Rot am See hat die Staatsanwaltschaft Anklage gegen den mutmaßlichen Täter erhoben. Ihm würden Mord in sechs Fällen und zweifacher versuchter Mord vorgeworfen, teilte die Behörde am Montag in Ellwangen mit.

Der Beschuldigte soll bereits längere Zeit geplant haben, seine Mutter und seine Halbschwester wegen angeblicher Misshandlungen zu töten.
...
Möglicherweise liege eine paranoide Schizophrenie vor.

Danke für die Aktualisierung @jaska.

wegen angeblicher Misshandlungen

Umso tragischer, sollte das eine (bis dahin unvemerkte?) Erkrankung ausgelöst haben. So in die Richtung hieß es ja schon am 30. Januar:

Jetzt gab die Polizei bekannt, dass der Schütze bereits kurz nach der Verhaftung über sein Motiv gesprochen haben soll, wie Bild.de berichtet. Was veranlasste also den Todesschützen dazu seine Familie auszulöschen? Der 26-jährige Tatverdächtige soll der Polizei gegenüber ausgesagt haben, dass seine Eltern ihn vergiften wollten und das schon als Kind.

https://www.echo24.de/region/schwaebisch-hall-rot-am-see-tatverdaechtiger-haft-motiv-mord-13497216.html

@jaska - in dem Focusartikel von heute sind ein paar Fehler. zB war die Beerdigung der Großmutter mütterlicherseits einen Tag später, nicht vorher ! Die Mutter, seine beiden Halbgeschwister und seine zwei Neffen haben nur Halt gemacht auf Fahrt in die Nähe von Dresden.

Warum bringt denn jemand, der sich an zwei Menschen für erlittene Misshandlungen rächen will, nämlich Mutter und Schwester, dann letztendlich sechs Menschen um? Waren die einfach nur, bedingt durch familiäre Umstände, zur falschen Zeit am falschen Ort?

Mich erschreckt am meisten, dass der Beschuldigte für sich selbst keinen anderen Ausweg finden konnte.

Vielleicht war er überzeugt, alle haben sich gegen in verschworen?
Beweis: Alle sitzen eng zusammen, lachen und sind der Ansicht, ich muss unschädlich gemacht werden.
Jetzt sind Alle gegen mich

frauZimt schrieb:Vielleicht war er überzeugt, alle haben sich gegen in verschworen?
Beweis: Alle sitzen eng zusammen, lachen und sind der Ansicht, ich muss unschädlich gemacht werden.
Jetzt sind Alle gegen mich

Der Annahme möchte ich mich nicht anschließen, ging doch der Tat auch eine gewisse Vorbereitung voraus.

Der Beschuldigte war drei Jahre zuvor einem Schützenverein beigetreten. hatte sich einen Waffenschein ausstellen lassen und die Waffe zwei Tage vor der Tat in Nürnberg selbst abgeholt.

Als Motiv gibt er an, von Mutter und Halbschwester misshandelt worden zu sein. Von einer empfundenen Bedrohungssituation in dem Sinne, man wolle ihn unschädlich machen, ist keine Rede.

Wir wissen nicht, wie er sich die Tat damals vorgestellt hat. Vielleicht hatte er ursprünglich vor, sich an diesen zwei Familienmitgliedern zu rächen - oder sich vor ihnen zu schützen (wenn er in dem Wahn lebte, sie wollen ihn umbringen).

Später könnte der Wahn dahingehend stärker geworden sein, dass er weitere Familienmitglieder eingewoben hat. Das ist bei Wahnvorstellungen nicht ungewöhnlich. Das Misstrauen wächst und trifft irgendwann auch die Menschen, die sich ganz besonders gekümmert und gesorgt haben. Da reicht ein missgedeuteter Blick und der vom Wahn Befallene ist nicht mehr von seiner fixen Idee abzubringen. Ud hier gab es ein Treffen, in dem man sicher eng zusammen saß.

Auch muss ein Mensch der unter Wahnvorstellungen leidet nicht vollkommen verblödet sein. Er kann durchaus planen und man kann auch normale Gespräche mit ihm führen. Nur wenn man die Themen berührt, die vom Wahn betroffen sind, spürt man, dass da was nicht stimmt.

Das ist ein Riesenthema. Ich wollte nur generell schreiben, dass mich die Angriffe auf die übrigen Familienmitglieder nicht wundern, auch wenn sich seine Wut ursprünglich nur gegen zwei Menschen gerichtet hat...
Die ihm ganz sicher nichts getan haben.

@frauZimt

Wollen wir uns nicht einfach auf das beschränken, was wir wissen bzw. was der Angeklagte selbst zu seiner Motivation sagt und nicht irgendwelchen Spekulationen über mögliche Wahngedanken nachgehen, die jeglicher Substanz entbehren?

Ob eine paranoide Schizophrenie vorliegt, bleibt einem psychiatrischen Gutachten vorbehalten. Ebenso wird dem noch nachgegangen werden, ob an den Anschuldigungen gegen Mutter und Schwester etwas dran ist.

@emz
Ich habe mich auf Stomas Link und Zitat bezogen, gestern um 21:31.
Du hast darauf geantwortet, dass du dich fragst, warum jemand, der 2 Personen rächen will, 6 Personen umbringt.

frauZimt schrieb:Ich habe mich auf Stomas Link und Zitat bezogen, gestern um 21:31.
Du hast darauf geantwortet, dass du dich fragst, warum jemand, der 2 Personen rächen will, 6 Personen umbringt.

Da schau nochmal genau. Ich hatte auf diesen Beitrag definitiv nicht geantwortet. Ich hatte ihn noch nicht mal gelesen. Ansonsten hätte ich angemerkt, dass es nur zu Verwirrungen führt, überholte Vermutungen aus dem Februar bezüglich einer Vergiftung durch die Familie anzuführen.

Da zitiere ich mal aus genau dem gleichen Artikel:

Update vom 28. April:
Der mutmaßliche Täter soll seit längerer Zeit geplant haben, seine Mutter und die Halbschwester wegen angeblicher Misshandlung zu töten.

Obgleich ich eigentlich kein sonderlicher Freund nachfolgendes Blattes bin, möchte ich hieraus zitieren, weil es eine kurze und umfassende Aussage ist:

https://www.bild.de/regional/muenchen/muenchen-aktuell/adrian-s-toetete-familie-sechsfach-killer-von-rot-am-see-des-mordes-angeklagt-70307318.bild.html

Laut Staatsanwaltschaft Ellwangen habe Adrian S. die Bluttat lange geplant. Seine
Mutter und Halbschwester habe er wegen angeblicher Misshandlung töten wollen.
Er sei in einen Schützenverein eingetreten, um die Tatwaffe (Pistole, Kaliber neun
Millimeter) legal kaufen zu können.

https://www.wa.de/deutschland-welt/sechsfachmord-rot-am-see-baden-wuerttemberg-familie-motiv-taeter-staatsanwaltschaft-gewalt-details-zr-13720400.html

Der erste Verhandlungstag ist terminiert.

Der Prozess soll nach Gerichtsangaben am 29. Juni beginnen. Hierfür wird laut Staatsanwaltschaft auch ein psychiatrisches Gutachten in Auftrag gegeben. Möglicherweise liege eine paranoide Schizophrenie vor.

Heute hat nun der Prozess am Landgericht Ellwangen begonnen.
Der Angeklagte ist geständig, erklärt die Tat u.a. mit missbräuchlichen (Be-)Handlungen seiner Mutter gegen ihn.

Der Focus berichtet:


Focus, 29. Juni 2020
https://www.focus.de/panorama/welt/27-jaehriger-soll-familie-erschossen-haben-ein-halbes-jahr-nach-der-bluttat-von-rot-am-see-beginnt-heute-der-prozess_id_12152290.html

Zum Verhältnis zu seiner Mutter sagte er am Montag: „Sie hat mich auch damals schon misshandelt, auch wenn ich das als Kind nicht verstanden habe.“ Er sei bis zum Ende der Grundschule Bettnässer gewesen und habe bis zum Alter von etwa neun oder zehn Jahren Windeln getragen, gab der 27-Jährige an. Die Mutter habe ihn wegen seines Geschlechts verspottet. Die Mutter habe sich zudem gewünscht, dass er ein Mädchen sei und habe ihm weibliche Hormone verabreicht.

Zum Verhältnis zum Vater berichtet swr wie folgt:


Quelle: https://www.swr.de/swraktuell/baden-wuerttemberg/heilbronn/rot-am-see-prozess-100.html (Archiv-Version vom 29.06.2020)

Zitat "Die Angst vor einer Vergiftung habe sein Leben geprägt. Er habe auch versucht, seinem Vater von den Misshandlungen der Mutter zu erzählen - dieser habe das nur niedergebügelt. Seinen Vater habe er verachtet, da er seiner Mutter hörig gewesen sei. Der Angeklagte selbst schildert, wie er immer in seinem Zimmer gelebt habe und nie mit dem Vater, bei dem er lebte, zusammen gegessen habe - aus Angst vor Gift."

und weiter (als Ergänzung zu jaskas Beitrag):

Zitat: "Laut Anklage war der mutmaßliche Schütze im Jahr 2017 zum Vater gezogen, er habe keinen Kontakt zur Mutter gehabt. "

Laut Artikel wird der psychiatrische Gutachter kommende Woche erwartet. Ein Urteil könnte schon am 10. Juli fallen.

Es macht mich fassungslos, in welcher Gedankenwelt der Angeklagte all die Jahre gefangen war.
Gab es für ihn keinen anderen Weg, sich zu befreien?

Ich hoffe, ein seriöses Medium wird das psychiatrische Gutachten ausführlich beleuchten.

emz schrieb:Gab es für ihn keinen anderen Weg, sich zu befreien?

@emz
So wie er es darstellt, nicht.
Wenn es so war, wie er es darstellt, war das eine in sich geschlossene Welt, ohne einen sichtbaren Ausweg.

Hier noch ein ausführlicher Bericht über das Geständnis vor Gericht, das entscheiden muss, ob Schuldfähigkeit gegeben ist oder nicht:

https://www.spiegel.de/panorama/justiz/rot-am-see-prozessauftakt-das-gestaendnis-von-adrian-s-a-dc3dbcee-328e-4e14-9d1f-0582f1e1c76c

Unerwähnt bleibt die Tatwaffe. Der Täter war - wieder einmal - Sportschütze. Hier erwarb er die Waffe kurz vor der Tat nicht für den Sport, sondern von vornherein nur, um damit zu töten. Als er sie hatte, konnte ihn nichts mehr aufhalten.

schachse schrieb am 28.01.2020:Er hat die Waffe im Jahr 2019 ordnungsgemäß als Sportwaffen beantragt, genehmigt bekommen und sich dafür die entsprechende Waffenbesitzkarte mit gültigem Voreintrag ausstellen lassen. Damit hat er nun in den letzten Tagen vor der Tat die entsprechende Waffe legal erworben (zum Verständnis, ein behördlicher Voreintrag ist 12 Monate gültig) und hätte nun diese innerhalb von zwei Wochen in seine Waffenbesitzkarte eintragen lassen müssen.

Laut seiner Aussage hatte er schon vor Jahren geplant seine Mutter und seine Familie töten. Warum ist es möglich, für jemanden, der offenbar so paranoid geworden ist und der sich eine Waffe besorgen möchte, in einen Schützenverein zu gehen und eine Waffe zu bekommen? Hanau lässt grüßen, dort war nur das Opferprofil etwas anders.

emz schrieb:Es macht mich fassungslos, in welcher Gedankenwelt der Angeklagte all die Jahre gefangen war.
Gab es für ihn keinen anderen Weg, sich zu befreien?

Ich hoffe, ein seriöses Medium wird das psychiatrische Gutachten ausführlich beleuchten.

Mir ist klar, dass das keine Schuld der Behörden ist. Und Schützenvereine dienen nicht der psychiatrischen Exploration. Aber ich habe mir vor einigen Tagen selbst ein Formular für einen Antrag auf Erteilung einer Waffenbesitzkarte heruntergeladen. Drei Kreuze, Unterschrift des Vorsitzenden, das war es. Wenn der Täter nicht vorbestraft und kein Extremist ist, steht der Glock 17 mit 15 Schuss nichts mehr im Wege.

30 Schüsse hat der Täter abgegeben. 6 Tote. Mein Gott.

Ergänzend, um die Dramatik aufzuzeigen, es war sein Onkel, der ihn in den Schützenverein einführte.

emz schrieb am 28.01.2020:„Fassungslos stehen wir, die Vorstandschaft des Schützenverein Beimbach und unsere Mitglieder vor den Ereignissen in Rot am See. Unser Vereinsmitglied Adrian hat seine Familie getötet. Er war seit drei Jahren Mitglied in unserem Verein. Wir haben ihn zusammen mit seinem Onkel kennengelernt, der ihn lange zum Training gefahren und wieder abgeholt hat. Adrian hatte sich als zurückhaltender Mensch gezeigt, der pflichtbewusst seinen Aufgaben nachkam, hilfsbereit und freundlich war.

Ich möchte es keinesfalls als Vorwurf an die Familie verstanden wissen. Offensichtlich war sein Umfeld hilflos, und niemand hat umrissen, welche Gefahr von ihm ausgeht.

https://dejure.org/gesetze/StGB/20.html

§ 20 - Schuldunfähigkeit wegen seelischer Störungen

Ohne Schuld handelt, wer bei Begehung der Tat wegen einer krankhaften seelischen Störung, wegen einer tiefgreifenden Bewußtseinsstörung oder wegen Schwachsinns oder einer schweren anderen seelischen Abartigkeit unfähig ist, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln.

emz schrieb:Offensichtlich war sein Umfeld hilflos, und niemand hat umrissen, welche Gefahr von ihm ausgeht.

Wie soll man auch? Man sieht den Leuten immer nur vor die Stirn und nicht dahinter...

Letztendlich war die angeblich durchlittene "Gewalt", die Schikane durch die Familie ja auch nur die Sichtweise des Täters, seine empfundene Wahrheit.
Die Wahrnehmung der Opfer war vielleicht eine ganz andere, nur die kann man leider nicht mehr befragen.

Kleiner Erklärungsversuch:
Mein Kind1 (inzwischen 20) hat von jeher beklagt, dass andere Kinder sie nicht mögen und gemein zu ihr sind und nichts mit ihr zu tun haben wollen.
Wenn ich dann fragte, was genau passiert war, hat sie Dinge erzählt, in denen ich keine "Gemeinheit" oder Mobbing erkennen konnte.
Wenn ich dann Lehrer und Erzieher fragte, bekam ich zur Antwort, dass mein Kind sich selbst von den anderen abschottet und auf Distanz geht, während es immer wieder Kinder gab, die sich mit meinem gerne befreundet hätten.
So - wer hat jetzt recht, wer unrecht?

Übertragen auf diesen Fall gab es hier sicher Sanktionen durch die Eltern (nennt man etwas altertümlich auch Erziehung), und manche Kinder sind einfacher im Umgang als andere. Also kann man die Kinder auch nicht gleich behandeln.
Aber das den Eltern zum Vorwurf zu machen und als Begründung für solch eine Tat her zu nehmen?
Da bräuchte der Täter dringend einen Realitätscheck...