Diarmuid schrieb:Danke für die Erklärung. Bin sehr interessiert an dem Thema, verfolge dazu auch Veröffentlichungen von Auitisten aus erster Hand, Bücher etc. Was mir dabei bislang auffiel: Kontaktfreude war da nie eine Thema. Aber wenn du es so beschreibst, glaub ich dir natürlich.
Autismus ist nicht gleich Schüchternheit/ Zurückhaltung, kann aber in vielen Fällen dazu führen (bis hin zu sog. Sozialphobie).
Der Unterschied ist hier oft:
Als älteres Kind, Erwachsener... hat man oft schon die ein oder andere negative Erfahrung gemacht - angefangen davon, man würde "falsch grüßen", "nicht am Gesicht erkannt", "komisch gucken" bis hin zu Mobbing. Man beginnt ggf. bei anfänglicher Kontaktfreude Menschen mehr zu meiden.
Dann haben Kontakte oft auch etwas mit reizüberflutenden Situationen zu tun (vom lauten Spielplatz bis für Erwachsene die laute Kneipe). Auch so kann es dazu führen, dass man auf den ersten Blick schlichtweg Kontakte meidet - man eigentlch aber schon gerne z.B. eine kleine Anzahl von Bekannten, Freunden hätte.
(Kenne das teils auch von mir: Habe z.B. als kleines Kind, trotz zurückhaltendem Charakter, schon noch gerne Gleichaltrigen und Erwachsenen wie Nachbarn Dinge gezeigt die ich spannend fand, Menschen neugierig etwas gefragt- nach dem Motto "schau mal was ich für einen Stein gefunden habe", "du was hast du denn da für eine Narbe?"
Irgendwann habe ich dann gemerkt dass Erwachsene öfter sagen dass ich falsch grüßen würde, Leute nicht erkannt hätte, dass das die Nachbarin aber nicht interessiert, dass man das nicht sagt... und es dann sicherheitshalber sein gelassen. (Ein neurotypisches Kind hätte evl. einfacher unterscheiden und weiterhin kontaktfreudiger sein können, z.B. bemerken dass die Nachbarin ein Gespräch über Schlangen eklig findet, sich für die Narbe schämt, aber z.B. ein Gespräch über ihre Blumen oder über eine Brosche gemocht hätte.)
Kann mich auch noch daran erinnern dass ich mich auf die Schule freute mit der Vermutung, da würde ich Freunde finden und jetzt sind die ja alle groß und ruhig und nett und nicht mehr wie im Kindergarten. Stellte sich aber auch ganz anders heraus, es funktionierte nicht Freunde über Spezialinteressen zu finden (heuzutage weiß ich warum) und die Zeugniseinträge fielen aus wie "die zurückhaltende Schülerin hat es auch dieses Jahr nicht geschafft Freundschaften zu knüpfen" oder richtig negativ.
Später ging es mir so, dass sehr wohl Kontaktinteresse meinerseits da war, aber typische Situationen für junge Erwachsene einfach sensorisch zu überfordernd waren, von lauten Pausenräumen über "Weggehmöglichkeiten", Gruppenausflügen & Co. - sodass ich z.B. trotz Wunsch nach zwischenmenschlichem Anschluss im Studium still meine Pausenmahlzeit im angrenzenden Botanischen Garten (Eintritt frei) aß und alles rund um Erstie-Tour, Parties wie auch das "Zusammensitzen" (Café) nach dem Seminar mied.))
Ich kann mir somit sehr gut vorstellen, dass ein autistisches Kleinkind (noch) kontaktfreudig ist und die Kontaktaufnahme nur etwas unbeholfen (was in dem Alter andere dann, wenn es nicht sehr extrem ausfällt wie Ablecken, noch als "niedlich" gesehen wird) wirkt.
Rick_Blaine schrieb:Die Antwort hängt davon ab, "wer" die Sache beurteilt. Juristisch spricht man von "Kindesentzug, oder noch genauer, vom "Entzug Minderjähriger." "Entführung" ist gar kein juristischer Begriff, umgangsprachlich sprechen aber wohl viele Leute von "Entführung"
Im englischsprachigen Raum ist das wieder anders. Da gibt es den juristischen Tatbestand der "Entführung" oft. Umgangsprachlich und bei der Polizei wird in solchen von Dir beschriebenen Fällen dann von "parental abduction" gesprochen, was sich eben wieder von gängigen Begriffen wie "kidnapping" unterscheidet.
Danke!