Mehr Zeit -> weniger Zeit: Die gehetzte Gesellschaft

Ein stetiges Ziel der Menschen ist es ja, sich "das Leben zu erleichtern".

Also Tätigkeiten, die, jedenfalls aus Sicht mancher Menschen, irgendwie langweilig, schwierig, schmutzig, gefährlich, zeitintensiv, teuer oder sonstwie doof sind, zu automatisieren, effizienter zu machen, von Maschinen erledigen zu lassen usw.

Ziel ist es, sich mehr Zeit für andere Dinge zu verschaffen. Mehr Freizeit, mehr Zeit zum Entspannen, für Hobbies oder Familie, einen zeitlichen Vorsprung vor der Konkurrenzfirma, aber auch mehr Geld, da man "unnötige Kosten spart".

Gerade bei der Entwicklung neuer Maschinen, Software und ähnlichen Dingen wird ja gerne mit diesen Argumenten geworben.

Beobachte ich die modernen, westlichen oder auch die asiatischen Gesellschaften, so fällt mir jedoch auf, dass trotz - oder sogar wegen? - der ganzen zunehmenden Effizienz, Software und maschineller Entwicklungen, also der ganzen Tricks, welche den Menschen eigentlich mehr Zeit verschaffen sollen, viele Menschen immer gehetzter wirken.

Man hetzt von einem Termin zum Nächsten, Kunden müssen akquiriert werden, Aufträge erledigt, mit den Freunden abgehangen, Kinder vom Musikunterricht geholt, an Parteiveranstaltungen teilgenommen werden, im Fitnessstudio ein harter Parcour gemacht werden...

Habt ihr diese Entwicklung auch schon beobachtet? Führen die Modernisierungen in Technik und Wirtschaft in Wahrheit zu WENIGER persönlich nutzbarer Zeit und zu MEHR Stress?
Wird Arbeit an sich entwertet?

Was könnte man gegen derartige Entwicklungen unternehmen?

@Kc

Kc schrieb:Beobachte ich die modernen, westlichen oder auch die asiatischen Gesellschaften, so fällt mir jedoch auf, dass trotz - oder sogar wegen? - der ganzen zunehmenden Effizienz, Software und maschineller Entwicklungen, also der ganzen Tricks, welche den Menschen eigentlich mehr Zeit verschaffen sollen, viele Menschen immer gehetzter wirken.

Absolut zutreffend, die Menschen sind heutzutage nur noch gehetzt und müssen ständig irgend etwas klären oder managen statt sich zu entspannen.

Kc schrieb:Man hetzt von einem Termin zum Nächsten, Kunden müssen akquiriert werden, Aufträge erledigt, mit den Freunden abgehangen, Kinder vom Musikunterricht geholt, an Parteiveranstaltungen teilgenommen werden, im Fitnessstudio ein harter Parcour gemacht werden...

Daran ist mMn die ständige Erreichbarkeit durch mobile Telefone/Smartphones schuld. Die Menschen können so nicht mehr entspannen und starren dauernd nervös auf ihr Handy, ob irgend jmd. "super wichtiges" sie gerade kontaktiert.

Kc schrieb:Was könnte man gegen derartige Entwicklungen unternehmen?

Man könnte die akkustischen und vibrierenden Alarm Signale an Handys entfernen/verbieten. So sehen sich die Benutzer nicht gezwungen bei jeder Gelegenheit wenn ihr Handy summt drauf zu schauen. Es würde auch die Geräuschkulisse extrem aufbessern und man würde nicht mehr dauernd beim S-Bahn fahren diese nervenden Samsung Sounds hören !!!

Außerdem wäre es von Vorteil, wenn Außendienstmitarbeiter ihre Betriebshandys nach Ladenschluss ausschalten müssten und so nicht bis Mitternacht irgendwelchen "wichtigen" Geschäften hinterherrennen würden nur um der Provision willen....

Ich sehe das genau wie ihr. Mir ist auch schon aufgefallen, dass unsere Gesellschaft ziemlich abgehetzt ist. Ich denke, das ist der Druck der auf uns ausgeübt wird in dem wir irgendwelchen Idealen entsprechen müssen bzw. wollen. Eine Mutter die z.B. zu hause ist, den Haushalt schmeißt wird doch von der Gesellschaft gar nicht mehr so akzeptiert (früher war das normal) heute wird erwartet, dass sie nciht nur den Haushalt schmeiß, die Kinder hütet und versorgt (Sportvereine, Freizeitaktivitäten) sondern arbeitet. Fakt ist dass in der Situation eine Mutter gezwungen ist sich abzuhetzen mit Arbeit und Kinder, weil sie es sich finanziell nicht mehr leisten kann zu Hause zu bleiben.

Auch die ständige Erreichbarkeit spielt hier iene große Rolle. Alle stehen mehr unter Druck, keiner weiß wann der Anruf kommt von dem man von zu Hause weggeholt wird um noch irgendwas Dienstliches zu erledigen oder ähnliches. Ich finde die Diensthandys gehören aus nach Feierabend. Früher ging es doch auch ohne :)

King_Kyuss schrieb:Man könnte die akkustischen und vibrierenden Alarm Signale an Handys entfernen/verbieten. So sehen sich die Benutzer nicht gezwungen bei jeder Gelegenheit wenn ihr Handy summt drauf zu schauen.

Das Handy ist ein Hauptübel.
Wir sind Tag und Nacht, selbst beim kacken, erreichbar.
Wir sind 24 Stunden am Tag offenbar verpflichtet für alle erreichbar zu sein.

Das hab ich mir abgewöhnt.
Offenbar muss man erst mal aus seinem Stressleben herausgerissen werden um zu begreifen das man viel zu schnell gelebt hat.

Ich mach das nicht mehr.
Wenn ich keinen Bock hab ans klingelnde Telefon zu gehen, dann mach ich es nicht.

@Amsivarier
Da gebe ich dir recht. Doch die Gesellschaft reißt uns einfach mit und manchmal merken wir gar nicht unter was für einem Stress und Druck wir stehen. Wenn man da selbst nicht einen Strich zieht ist es irgendwann zu spät

@Kc
Das Ziel war es nie sich mehr Zeit zu verschaffen oder weniger zu arbieten, sich die arbeit zu erleichtern.

Das Ziel ist ->> Gewinn!

@Amsivarier

Amsivarier schrieb:Das hab ich mir abgewöhnt.
Offenbar muss man erst mal aus seinem Stressleben herausgerissen werden um zu begreifen das man viel zu schnell gelebt hat.

Ich praktiziere, dass ja auch. Mein Handy ist in 70% aller Fälle lautlos ohne vibrations summen. Es lebt sich so viel unghetzter und vorallem ist man nicht genervt. Mich nervt es ja tierisch wenn manche Menschen meinen mir jede Kleinigkeit mitteilen zu müssen. Da möchte man mal in Ruhe sich zurück lehnen und das Handy summt als, neeee net mit mir :)

Das Ziel ist ->> Gewinn!

Zeit ist Gewinn.

Ich würde mein momentanes Leben, trotz Krankheit, nicht eintauschen.

Ich habe Zeit...

@Samsaraa

Amsivarier schrieb:Das Ziel ist ->> Gewinn!

Und eben, dass ist der Fehler in der Gesellschaft. Das streben des Menschen sollte nicht daraus bestehen ständig seinen persönlichen Profit zu maximieren. Irgendwann hat man doch genug für ein vernünftiges Leben.

Liegt doch an einem selber, ob er sich zum Zeitsklaven machen lässt.

Jeder kann für sich entscheiden, ob er da mit macht oder nicht. Ich lasse mich von niemanden mehr durch die Gegend hetzen, auch nicht im Job bzw. nur noch in dem Tempo, damit es für mich vertretbar ist.

Im Privatleben ist erst recht jeder für sein " timing " selber zuständig. Wenn aber alles gleich und sofort gelebt und erlebt werden muss...so what? Dann muss ich mir halt den Hintern aufreißen um mir alles leisten zu können, um auf jeder Hochzeit zu tanzen. Dann sind Beschwerden an die " Gesellschaft " an der falschen Adresse.

Jederzeit erreichbar sein? Nö. Trotz, Smartphone nicht. Wenn ich da keinen Bock drauf habe, schalte ich das aus. ;)

Denke auch, die technologische Entwicklung sollte uns Menschen das Leben erleicherten, uns Arbeit abnehmen.
Das Gegenteil ist der Fall, durch die ständige Erreichbarkeit hat man mehr Stress als vorher.
Zeit zu haben ist doch der größte Luxus den man haben kann. Dennoch haben wir- wie vor 50 Jahren eingeführt- immer noch ne 40- Stunden -Woche.
Fortschritt sieht für mich anders aus.

@King_Kyuss
Aber man hat vielleicht noch nicht das neue IPhone, in dem man seine Freudne beeindurckt und neidisch macht.

Oder das neue Auto, Urlaub, besseres, größeres Haus u.s.w.

Kc schrieb:Habt ihr diese Entwicklung auch schon beobachtet? Führen die Modernisierungen in Technik und Wirtschaft in Wahrheit zu WENIGER persönlich nutzbarer Zeit und zu MEHR Stress?
Wird Arbeit an sich entwertet?

Was könnte man gegen derartige Entwicklungen unternehmen?

Indem man seine eigenen Anteile an diesem Irrsinn reflektirt und sich wenn notwendig, da raus nimmt. Die Gesellschaft kann nur in bedingtem Maß geändert werden und ist, was Veränderung betrifft, schwerfällig.
Das eigene Leben, kann jeder selber steuern.

Ständige Erreichbarkeit ist oft ein Zustand, der nur der Selbstbestätigung dient um die besonder Wichtigkeit der eigenen Person heraus zu stellen.

@Amsivarier

Amsivarier schrieb:Das Handy ist ein Hauptübel.
Wir sind Tag und Nacht, selbst beim kacken, erreichbar.
Wir sind 24 Stunden am Tag offenbar verpflichtet für alle erreichbar zu sein.

Ob Handy oder Smartphone - man ist ja nicht verpflichtet
zu reagieren, also sofort dahin zu hetzen, wenn es klingelt.

Ich habe mein Smartphone an einem bestimmten Platz auf
meinem Schreibtisch, und da bleibt es auch stehen, auch wenn
ich in die Küche gehe, oder ins Bad.

Wenn es dann klingelt hetze ich nicht dahin, um ranzugehen.

Wenn es wichtig war, wird derjenige schon noch einmal anrufen,
oder aber, ich rufe zurück, wenn ich wieder frei bin. Man hat ja
die Nummer in der Liste.

"Am Mann", bzw. "an der Frau" habe ich das Teil nur, wenn ich
unterwegs bin.

@nodoc

Im Grunde hast du natürlich Recht, dass es die eigene Sache ist, wieviel "Speed" man investiert, wieviel Erreichbarkeit und wo man überall dran beteiligt ist.

Bedenken muss man aber auch, dass es ja auch einen gesellschaftlichen Sog gibt für das, was man tut.

Es sorgt mindestens für Irritationen, wenn man da nicht mitzieht bei dauernder Erreichbarkeit.
Habe ich bei mir gesehen, als ich mal meinen Eltern gesagt hab:"Manchmal gehe ich auch einfach nicht ans Handy, wenn jemand anruft, keine Lust dazu." - "Ja, tatsächlich? Ähm, okay...?"

Oder bei meinem Kollegen auf der Arbeit, der im Prinzip Filialleiter ist, der "große Chef" wollte auch dessen Privathandynummer haben, damit er ihn immer anrufen kann "wenn mal irgendwas wichtiges ist".
Da hat mein Kollege auch gesagt, nein, ist nicht, wenn er frei hat, hat er frei, dann muss der Anruf eben warten oder der Chef soll sich an mich wenden, wenn ich arbeite.
Hat auch für Irritationen gesorgt.

In anderen Branchen und Bereichen ist das sicherlich noch mehr der Fall, da wird es negativ gesehen, wenn nicht um 11:00 Uhr abends der Mitarbeiter noch erreichbar ist.

Ich glaube auch, dass die ganzen technischen '"Errungenschaften" dafür sorgen, dass der Mensch viel weniger Freizeit hat. Aber das wird sich auch nie wieder ändern. Eher wird es noch schlimmer.

Wie hat die Menschheit es damals nur ohne Handy ausgehalten?
Das frage ich mich jeden Morgen in der Straßenbahn.
Man sieht nur gesenkte Köpfe - jeder daddelt an seinem Gerät rum oder aber telefoniert in unerträglicher Lautstärke.
Nein - nicht mit mir. Ich hatte noch nie ein Handy und lebe trotzdem noch.
Ich habe daheim ein Festnetzanschluss und mein Telefon hat sogar noch ein Kabel.
Es steht im Wohnzimmer und wird nur dort benutzt. Nicht im Schlafzimmer, nicht in der Küche, auf dem Balkon oder Klo.
Im Büro habe ich auch ein Telefon - das wird dienstlich benutzt und nach Feierabend bleibt es dort.
Ich hasse es auch, wenn ich mich mit Freunden treffe und als erstes wird das Handy auf den Tisch gelegt. Immer mit einem Auge drauf geachtet und jedes persönliche Gespräch sofort unterbrochen, wenn das Ding loslegt. "....ich muss nur mal kurz..."
Es kam schon vor, dass ich einfach aufgestanden und gegangen bin.

Ich mache diese ganzen Sachen nicht mit. Deshalb genieße ich meine Freizeit.
Ich lese auch noch richtige Bücher. Am liebsten bin ich in der Natur, wo kein Lärm ist.

Mir würde es nie in den Sinn kommen, im Urlaub für mein Büro erreichbar zu sein.

Im Fernsehen sah ich mal eine Sendung, das wurde den Leuten für eine gewisse Zeit das Handy abgenommen und sie sollten sich so durch eine fremde Stadt bewegen. Die litten ja richtig an Entzug und waren kaum in der Lage, von A nach B zu kommen.
Ich überlasse doch mein Leben nicht einem Gerät.

Kc schrieb:In anderen Branchen und Bereichen ist das sicherlich noch mehr der Fall, da wird es negativ gesehen, wenn nicht um 11:00 Uhr abends der Mitarbeiter noch erreichbar ist.

Als ich noch selbständig war, dachte ich auch das es ein guter Service ist, wenn meine Hauptkunden meine Privatnummer haben.
Ein Riesenfehler.
Samstagabend um 23:00 rief einer an und erbat einen Termin für Montag.... :shot:

@Amsivarier

Gelesen habe ich dazu mal in einem Artikel den Spruch:

"Die Welt dreht sich auch ohne Sie weiter."

Ist ja nicht so, dass jeder Staatschef ist oder Befehlshaber über Atomsprengköpfe oder was weiss ich, so dass er immer da sein müsste.

@Kc

Als frischer Selbständiger denkt man allerdings das man nun der Mittelpunkt der Weltgeschichte ist. ;)
Wie gesagt, ein Riesenfehler.

Hab es dann mit den Jahren gelernt das man die Gratwanderung zwischen rar sein und präsent sein erreichen muss.
Ist wie in der Ehe.
Wenn man 24/7 um den anderen herumschwänzelt, wird es scheitern.

Jeder braucht Freiräume.

@Samsaraa

Samsaraa schrieb:Aber man hat vielleicht noch nicht das neue IPhone, in dem man seine Freudne beeindurckt und neidisch macht.

Oder das neue Auto, Urlaub, besseres, größeres Haus u.s.w.

Alles Status-Symbole auf die ich persönlich (gott sei dank) nicht sonderlich viel Wert lege :)

mein Iphone z.B habe ich 2010 gebraucht gekauft und läuft noch immer... :)