Auswirkungen des Lockdowns

Carbine schrieb:So ist es. Wie oft habe ich schon gehört oder gelesen: "Die nächsten zwei Wochen werden entscheidend sein!" oder "der kommende Monat wird der härteste!" etc. blabla - und das eben quasi seit März 2020. ;)

Deswegen würde ich auch den No- und Zero-Covid-Strategien nicht trauen. Meine Befürchtung wäre, dass sich die angeblich harten aber kurzen Maßnahmen am Ende als sehr harter Dauer-Lockdown entpuppen würde, der auch höchstens kurzfristig was bringen würde. Und wenn ich erst einmal ein paar Monate in meiner Wohnung eingesperrt war, dann bin ich emotional degeneriert und wahrscheinlich aus anderen Gründen krank.

Psychisch bin ich sowieso schon etwas "durch den Wind", muss ich sagen, und mit jedem weiteren Monat Lockdown und Pandemie geht es mir schlechter. Zum Glück habe ich momentan einen Therapieplatz bei einem guten Psychotherapeuten ergattern können, der hilft mir ein wenig.

martenot schrieb:Deswegen würde ich auch den No- und Zero-Covid-Strategien nicht trauen. Meine Befürchtung wäre, dass sich die angeblich harten aber kurzen Maßnahmen am Ende als sehr harter Dauer-Lockdown entpuppen würde, der auch höchstens kurzfristig was bringen würde.

Die Zeiten, in denen Lockdown und Kontaktbeschränkungen die gewünschte Wirkung erzielen sind meines Erachtens vorbei. Hauptgrund ist die vorhin von mir erwähnte Corona-Müdigkeit.
Sehe ich auch bei mir: Es dauert nicht mehr lange, dann ist es mir egal, ob ich mich mit Corona infiziere oder nicht.

martenot schrieb:Zum Glück habe ich momentan einen Therapieplatz bei einem guten Psychotherapeuten ergattern können, der hilft mir ein wenig.

Finde ich gut, ich wünsche mir für dich, dass wieder alles gut wird. :)

Carbine schrieb:ich wünsche mir für dich, dass wieder alles gut wird. :)

Das wünsche ich mir für uns alle.... Eigentlich lebe ich momentan weitgehend nur auf eine eventuell mal wieder kommende Zeit nach der Pandemie hin, auch wenn mir das momentan eher wie das irreale Warten auf ein fernes (wahrscheinlich gar nicht existierendes) Paradies erscheint.

martenot schrieb:Eigentlich lebe ich momentan weitgehend nur auf eine eventuell mal wieder kommende Zeit nach der Pandemie hin, auch wenn mir das momentan eher wie das irreale Warten auf ein fernes (wahrscheinlich gar nicht existierendes) Paradies erscheint.

Einfach erstaunlich, was "früher" (haha) allgegenwärtige Dinge oder Handlungen waren, sind heute eher im Bereich "Wunschdenken" anzuordnen. Mir bleiben da nur Memes und schwarzer Humor. Langsam befürchte ich auch, dass Europa bzw. die EU durch die Pandemie zugrunde geht. Wenn es nicht mal bundesweit zu einheitlichen Restriktionen kommen kann, wie soll das dann erst auf EU-Ebene funktionieren? Undenkbar einfach.

Gerade wieder einen Blick auf einen Pressespiegel geworfen. Mindestens ein Drittel der Nachrichten dreht sich um die Pandemie, und es wird wie immer nicht mit Worten gespart, wie "drastisch", "erschreckend", "alarmierend", "eindringliche Warnung", "heftige Prognose", "besorgniserregend"....

Eigentlich pendeln die Nachrichten nur zwischen schlimm, schlimmer, äußerst schlimm und katastrophal.

Meiner Ansicht nach treiben diese inflationär auftretenden Horrornachrichten eher die Pandemie-Müdigkeit an. Irgendwann schaltet man einfach ab, wenn man jeden Tag erneut damit zugeschüttet wird.

Ich weiß nicht, wie andere das empfinden, aber ich würde mich wahrscheinlich viel mehr und viel besser zu den Maßnahmen bereit erklären, wenn auch positive Perspektiven und Fortschritte kommuniziert werden würden, statt ständig überwiegend auf den schlimmen Aspekten der Pandemie herumzureiten.

Guten Morgen zusammen,

ich arbeite und wohne im selben Ort. Habe einen Arbeitsweg von 2 Min. Ich bin Single und ich habe mich seit einem Jahr nicht aus dem Umkreis von max. 15 km entfernt. Ich weiß, dass es Luxusprobleme sind und ich bin froh, dass ich meine Arbeit und Wohnung noch besitze. Ich muss aber sagen, dass es seit dem Jahreswechsel ordentlich an der Stimmung und Psyche nagt. Hätte ich nicht zwei Tiere zuhause würde ich durchdrehen. Man sieht seit Monaten immer nur dasselbe. Was ich zunehmend auch in meinem engsten Kreis bemerke ist, dass die Menschen die Nase voll haben. Jeder ist gereizt und die Toleranzgrenze bei Stress ist sehr gesunken. Bis Ende 2020 hatte ich keine großen Probleme, ich habe die erste Jahreshälfte sogar genossen, endlich mal abschalten... keine Verpflichtungen, keine Termine...
Aber so langsam zehrt es sehr an einem. In unserer Arbeit sind viele ältere Alleinstehende, um ein paar macht man sich schon Sorgen. Vereinzelt sind diese Menschen richtig zusammengefallen. Ich sehe es auch bei meiner Großmutter. Seit mein Opa vor 10 Jahren verstorben ist reist sie mit ihrer Witwenclique um die Welt. Nun sitzt sie seit einem Jahr daheim. Wie sie innerhalb dieser Zeit ohne menschliche Kontakte abgebaut hat ist sehr schockierend. Es ist eine allgemeine Unruhe und ein großes Misstrauen in der Bevölkerung und das spürt man sehr deutlich. Geht zum Einkaufen und schaut euch die Menschen an, ich persönlich merke eine Veränderung in der allgemeinen Stimmung und ich denke nicht, dass ich mir das einbilde. Die Langzeitfolgen aufgrund Corona, z.B. Depressionen oder Suchtkranke, die nun wieder zurück fallen, weil sie ihre Hobbys und Ablenkung nicht mehr ausüben können, werden viel zu wenig bedacht. Die Maßnahmen stehen für mich nicht mehr im Verhältnis zu diesen Langzeit-Kranken durch den Lockdown, was wir erst in ein paar Jahren merken werden....

chococookie schrieb:In unserer Arbeit sind viele ältere Alleinstehende, um ein paar macht man sich schon Sorgen.

Ich bin zwar noch am Beginn der Phase als "Älterer", aber da ich wegen einer Fernbeziehung allein lebe, nagt die Einsamkeit auch stark an mir. Bei mir ist auch das Problem, dass meine Stadtwohnung nicht besonders groß ist. Sie war nie für längere Aufenthalte gedacht, da ich die Wochenenden und Urlaube immer in der Partnerschaft woanders verbracht hatte. Seit der Pandemie bin ich gezwungen, mich viel zu oft und zu lange in meiner kleinen Wohnung aufzuhalten. Dort fällt mir die Decke auf den Kopf, und ich fühle mich oft sehr einsam und isoliert.

Käme ein echter sehr harter Lockdown mit Ausgangssperre, würde ich da wahrscheinlich auf die Dauer durchdrehen - vor allem, wenn die Maßnahmen immer wieder verlängert werden würden. Das wäre dann kein großer Unterschied mehr zu einer Haftstrafe.

martenot schrieb:Ich weiß nicht, wie andere das empfinden, aber ich würde mich wahrscheinlich viel mehr und viel besser zu den Maßnahmen bereit erklären, wenn auch positive Perspektiven und Fortschritte kommuniziert werden würden, statt ständig überwiegend auf den schlimmen Aspekten der Pandemie herumzureiten.

Selbstverständlich. Ich beobachte aber zunehmend, dass die Presse nicht wirklich in diesem Interesse berichtet. So ist es auch für die Mehrheit fraglich, ob es auch wirklich Fortschritte oder generell positive Nachrichten gibt. So freu ich mich immer wieder, wenn ich auf ntv zwischen den ganzen "düsteren, katastrophalen Corona-Prognosen" mal den Wochen-Wettercheck finde.

chococookie schrieb:ich persönlich merke eine Veränderung in der allgemeinen Stimmung und ich denke nicht, dass ich mir das einbilde.

Das bildest du dir garantiert nicht ein. Merk ich selber, auch an mir. Gereizte Blicke überall. Erst letztens wurde ich von einem Senior angepflaumt, ich solle doch einparken lernen (musste schief in eine Parklücke, weil der neben mir schon schief drin stand. Der war aber weg, als ich vom Zahnarzt wieder zum Auto kam).

chococookie schrieb:Die Langzeitfolgen aufgrund Corona, z.B. Depressionen oder Suchtkranke,

Nicht nur das. An mir und Bekannten merke ich selbst, dass nun viel eher gewisse alkoholische Getränke über die Lippen gehen. Mittlerweile bin ich bei Wein, Bier zieht nicht mehr so. :)

martenot schrieb:Käme ein echter sehr harter Lockdown mit Ausgangssperre, würde ich da wahrscheinlich auf die Dauer durchdrehen - vor allem, wenn die Maßnahmen immer wieder verlängert werden würden. Das wäre dann kein großer Unterschied mehr zu einer Haftstrafe.

Ich bin zwar eigentlich ein pflichtbewusster Bürger, aber spätestens da würde ich auf Auflagen sprichwörtlich sch....en. Und ich denke, da wäre ich nicht der Einzige.

Carbine schrieb:Mittlerweile bin ich bei Wein, Bier zieht nicht mehr so. :)

Wein ist auch mein Trostspender. Er hilft mir, mich zumindest am Abend für ein paar Stunden etwas besser zu fühlen. Ich habe schon zu Bekannten gesagt: wenn die Pandemie vorbei ist, kann ich mich gleich in einer Entzugsklinik anmelden...

Uns geht es ähnlich. Ich habe zwar Aufgaben durch die Kinder, aber es ist unvorstellbar belastend. Ständig dieses hin und her. Keine Perspektive. Alles zu. Unsere Gegend ist schon komplett erkundet - 50 mal. Die Spiele sind immer die gleichen und die Bilder ändern sich nicht.

Dann denkt man es geht bergauf. Die Impfung ist da - Juhu! Und dann? Oh... die Zahlen steigen wieder. Und nun? Willkommen 3. Welle!

Es nagt und zerrt an den Nerven. Mangelnde Möglichkeit an Beschäftigung. Ständig der gleiche Ablauf. Jeden Tag. Es zermürbt mich langsam. Ich gehöre nicht zu den Verschwörungstheoretikern oder Querdenkern und werde mich auch nicht anschließen, aber auch ich frage mich mittlerweile oft: Wozu? Wozu diese und jene Maßnahme? Ist das überhaupt noch alles im Verhältnis?

Die ständig schlechten Nachrichten - wie bereits angesprochen - lassen uns jede Hoffnung auf eine baldige Rückkehr in ein normales Leben schrumpfen.

Ich fühle mich unfassbar erschöpft und am Ende. Ich will nicht mehr. Mir fehlt einfach alles und der aktuelle Alltag scheint einen zu erdrücken.

tragic_truth schrieb:Ständig der gleiche Ablauf. Jeden Tag.

Da bekommt man das Gefühl, wie sich eine Haftstrafe anfühlt. Ich gebe zu, wenn man so manch Urteile hört, denk ich mir beispielsweise "Was? Nur 3 Jahre? Das ist doch nix!". Mir war einfach nicht bewusst, wie stark diese Belastung des eingeschränkten, sich immer wiederholenden "Alltags" auf die Psyche schlagen kann. Aber es tut erschreckenderweise gut, dass man dabei nicht alleine ist, im übertragenen Sinne.

martenot schrieb:Deswegen würde ich auch den No- und Zero-Covid-Strategien nicht trauen. Meine Befürchtung wäre, dass sich die angeblich harten aber kurzen Maßnahmen am Ende als sehr harter Dauer-Lockdown entpuppen würde, der auch höchstens kurzfristig was bringen würde. Und wenn ich erst einmal ein paar Monate in meiner Wohnung eingesperrt war, dann bin ich emotional degeneriert und wahrscheinlich aus anderen Gründen krank.

Jedem der bei halbwegs klarem Verstand ist, ist klar, dass auch diese Strategien nichts bringen würden. Klar, erstmal würden, bei entsprechend strikten Maßnahmen, die Zahlen innerhalb von 3-4 Wochen sehr stark sinken. Vorausgesetzt, keine Mutante hat etwas dagegen.

Machst du dann auf, geht das ganze Spiel dennoch wieder von vorne los. Es dauert nur ein wenig länger, bis unsere fantastischen Gesundheitsämter die Kontakte nicht mehr nachverfolgen können und alles wieder dicht ist.

Dieses No Covid Ding (über Zero Covid verliere ich lieber erst gar kein Wort. Da geht es mir im Kern um einen Systemwechsel) funktioniert auf einer Insel, ohne nennenswerte Industrie.
Hier würden die Menschen nach 4 Wochen Lockdown wieder in eine Realität ohne Test- und Impfkonzepte, dafür aber mit offenen Grenzen und wenn nur für Waren-/ Güterverkehr, entlassen werden.

V8Turbo schrieb:Machst du dann auf, geht das ganze Spiel dennoch wieder von vorne los.

Das ist einer der Hauptpunkte, die ich bei den ganzen strengen Maßnahmen nicht verstehe: früher oder später muss man sie beenden bzw. wieder zurückfahren, und dann geht alles wieder von vorne los. Die ganzen Lockdowns (und seien sie noch so streng) bringen nur solange einen Erfolg, solange sie aktiv sind. Aber bei jeder Lockerung (selbst wenn diese erst nach vielen Monaten kommt) rutscht man wieder zurück in den vorherigen Zustand.

Ich denke, früher oder später müssten andere Strategien kommen, die irgendwie nachhaltigere Effekte haben. Die Frage ist nur, wie sie aussehen könnten (abgesehen von den Impfungen).

martenot schrieb:Die Frage ist nur, wie sie aussehen könnten

Ich hoffe immer noch auf Medikamente, also Virustatika. Ich bezweifle langsam, ob man mit Impfungen langfristig aus der Lage herauskommt. Gerade die Sache mit AstraZeneca hat das ohnehin nicht so große Vertrauen in die Impfstoffe doch arg beschädigt, wie ich meine.

Gerade lese ich wieder Forderungen nach einem neuen "totalen Shutdown". Keine Ahnung, wie sich ein totaler Shutdown von anderen Shutdowns unterscheidet, und welche strengen, oder megastrengen Maßnahmen sich dahinter verbergen könnten.

Ich glaube, ich sollte schon mal ein paar Kisten Wein besorgen.... anders halte ich den neuen Super-Mega-totalen-Shutdown nicht mehr aus....

martenot schrieb:Gerade lese ich wieder Forderungen nach einem neuen "totalen Shutdown". Keine Ahnung, wie sich ein totaler Shutdown von anderen Shutdowns unterscheidet, und welche strengen, oder megastrengen Maßnahmen sich dahinter verbergen könnten.

Ich glaube, ich sollte schon mal ein paar Kisten Wein besorgen.... anders halte ich den neuen Super-Mega-totalen-Shutdown nicht mehr aus....

Man könnte alle nicht systemrelevanten Arbeitsstätten schließen. Sprich sämtliche Industrie, welche keine medizinischen Dinge, bzw. Dinge die aktuell benötigt werden herstellt. Und alles andere "unnötige" auch.

Damit würde man auch endlich mit dem rumgeeiere aufhören und angeschlagenen Firmen den Rest geben. Ach nee. Dann würde ja wieder Olaf mit seiner Bazooka kommen.

martenot schrieb:Mindestens ein Drittel der Nachrichten dreht sich um die Pandemie, und es wird wie immer nicht mit Worten gespart, wie "drastisch", "erschreckend", "alarmierend", "eindringliche Warnung", "heftige Prognose", "besorgniserregend"....

Ach ja, ein anderer beliebter Begriff ist das "düstere Bild", das uns erneut bevorsteht, und "schwierige Wochen". Ich weiß nicht, wie viele düstere Bilder und schwierige Wochen uns bereits verkündet worden sind, denen natürlich weiterhin schwierige Wochen folgen werden. Eigentlich könnte man auch gleich von einem "schwierigen düsteren weiteren Leben" sprechen. Am besten, wir geben unseren Lebensmut gleich auf, der ist sowieso nicht mehr gefragt. Das Leben ist düster und wird immer düsterer....

V8Turbo schrieb:und angeschlagenen Firmen den Rest geben.

Nicht nur angeschlagenen Firmen, sondern auch vielen psychisch angeschlagenen Menschen.... Allmählich hört es sich an wie "Gebt auf, vergrabt euch zuhause, und bleibt dort bis zum Rest Eures Lebens".

martenot schrieb:Nicht nur angeschlagenen Firmen, sondern auch vielen psychisch angeschlagenen Menschen....

Kollateralschäden. Genau wie eine zerstörte Wirtschaft. Aber wir haben dann ein paar tausend Menschen gerettet. Ist doch super.