Kriegserlebnisse von Verwandten im 2ten Weltkrieg
10.06.2010 um 23:23
Meine Oma erzählt mir immer wieder mit Freude das sie Adolf Hitler persönlich mal die Hand geschüttelt hat (-.-). Der ist in unser Dorf gekommen als hier der Westwall (so hieß der glaub ich) fertiggestellt wurde.
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Kriegserlebnisse von Verwandten im 2ten Weltkrieg
11.06.2010 um 10:26
Nicht alle Kriegsverbrechen sind mit Vorsatz begangen worden. Aber sie kommen vor, ebenso wie die sogenannten Kollateralschäden, bei denen unbeteiligte Zivilisten zu Schaden kommen.
Dessen ist sich jeder staatlich lizenzierte Waffenträger hoffentlich bewusst, egal ob Soldat oder Polizist. Es ist eben nicht so, dass man sich wie im (idealisierten) mittelalterlichen Kampf Mann gegen Mann gegenüber steht, oder wie im Wilden Westen, wo überlebt, wer zuerst zieht.
Weiss der Jabo-Pilot wirklich, wen seine Bomben treffen? Weiss der Artillerist sicher, dass die Granaten seiner Batterie nur Soldaten töten. Weiss derjenige, der in einer Gefahrensituation schiesst, ob er wirklich nur einen bewaffneten Feind trifft? Mag sein,aber Zweifel sind nicht mit Sicherheit auszuräumen. Manchmal hat man auch gar keine Zeit, lange nachzudenken, weil man unter Umständen sonst selbst tot ist.
Ich kenne Leute,die in solchen Situationen waren, rückwirkend betrachtet, falsch gehandelt haben und darunter ein Leben lang litten.
Erinnerlich ist mir die Geschichte eines jungen Soldaten, der als Fallschirmjäger in einer besetzten Stadt in Frankreich 1944 auf Streife ging. Es hatte in den Tagen vorher Überfälle der FFI auf deutsche Streifen gegeben, bei denen Partisanen Waffen aus Kinderwagen genommen hatten und Soldaten erschossen. Der deutsche Soldat sah eine Frau, die in einem Kinderwagen hantierte. Aus reiner Angst feuerte er eine Garbe aus seiner MP 40 auf Frau und Kinderwagen ab. Er tötete die Frau und das Baby. Waffen waren keine im Kinderwagen. Er ist über dieses Erlebnis zeitlebens nicht hinweg gekommen.
War er ein Mörder, ein Kriegsverbrecher? Oder hat ihn die Situation dazu gemacht? Wer trägt die Schuld? Er? Die Frau? Seine Vorgesetzten? Die FFI? Deutschland, das Frankreich besetzt hielt? Zwei Menschen tot, einer traumatisiert.
Wie hätten wir in einer vergleichbaren Situation gehandelt? Welche Schuld hätten wir auf uns geladen? Wie gingen wir damit um?
Nein, Soldaten sind nicht pauschal Mörder. Aber ist es ein "Handwerk" wie jedes andere auch? Oder eines mit besonderer Verantwortung und besonderen Risiken?
Darüber sollte man sich im Klaren sein, wenn man sich die Verantwortung dieses Berufes auf die Schultern legt. Es gibt keine klare Linie: Hier Held - da Mörder.Es gibt nur ein weites Feld mit Schattierungen dazwischen.
Der Soldat war übrigens mein Vater.
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Kriegserlebnisse von Verwandten im 2ten Weltkrieg
11.06.2010 um 10:52
Luftwaffe war allgemein sehr gefährlich. Als Pilot bestand immer die Gefahr, abgeschossen zu werden, und als Fallschirmjäger bestand auch die Gefahr, von einer Kugel getroffen zu weden, noch bevor er den Boden erreicht. In Der Luft, ist der Fallschirmjäger am Verwundbarsten.
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Kriegserlebnisse von Verwandten im 2ten Weltkrieg
11.06.2010 um 12:54
Es ist nicht so, das mein Opa immer nur unglücklich war zu dieser Zeit. Auch wenn Krieg war. Bis zu seinem Tod hatte er fast jede Nacht Alpträume davon. Allerdings sagte er mir, dass es die Leute damals auf der anderen Seite besser hatten als heute vom Lebensstil her. Er sagte, das es noch mehr Zusammenhalt gab. Den Unterschied von früher zu heute hatte er mir erklärt. Da sie arm waren hatten sie nichts. Jeder half jedem so gut er konnte und Nachbarn kannten sich und Freunde liessen einem nie im Stich. Heutzutage ist es so, das man Freunde suchen kann. Viele wollen nichts mehr von dir wissen wenn du z.b. keine Arbeit hast. Hinzu kommt, das zig Leute immer besser sein wollen als andere. Der eine hat z.b. ein bestimmtes Auto und der andere versucht was besseres zu haben. Wir haben eine materialistische Gesellschaft und da damals jeder in die gleichen Fußstapfen treten musste und jeder ähnliche Erfahrungen gemacht hatte, konnten die Leute besser mitfühlen und andere in ihren Notlagen besser verstehen. So hatten sie einen guten Zusammenhalt. Mein Opa schimpfte durch die Blumen "öffentlich" über die Nazis und Hitler und hat dabei sein Leben riskiert. Er wollte damit so gut wie es ging sich von den Nazis ausschließen, hat sie verarscht und sich lustig über sie gemacht. Warum ihm nichts passierte dadurch konnte er selber nicht beantworten aber ihm war durchaus bewusst was passieren kann. Als unsere Stadt bombadiert wurde ging sein Freund in einen anderen Keller als er. Mein Opa hatte Glück aber sein Kumpel starb. 2 mal war mein Opa in Gefangenschaft. Einmal in Virginia und die andere Stelle weiss ich nicht mehr. In einem Gefängnis waren viele Schwarze. Obwohl er ein Gefangener von ihnen war, lernten sie sich zu mögen. Sie mochten ihn und er mochte sie. Er kam gut mit Menschen dunkler Hautfarben klar. Jedenfalls lag unsere Stadt, wie natürlich zig andere auch, unter Trümmern. Eine Frau wurde von den Trümmern getroffen, fiel vom Trümmerberg und verletzte sich. Sie rief um Hilfe. Als die Flieger weg waren kam ein Mann ihr zu Hilfe. Er fasste sie an den Händen und zog sie den Trümmerberg hinauf um mit ihr auf der anderen Seite wieder runterzusteigen. Gerade hatte er sie an der Hand und schon ging der Alarm wieder los und vor lauter Schreck die Flieger würden wieder zurückkommen, ließ er sie fallen und sie starb aber es war ein Fehlalarm. Während der Bombadierung entdeckte ein deutscher Soldat ein Klavier draußen. Er setzte sich an das Klavier und spielte ein schönes Lied das von Frieden herrschte auf dem Klavier während der Bombadierung. Als er das Lied spielte, hörten sie auf zu schießen und flogen einfach nur umher. Als es zu Ende war schossen sie weiter. Das Kind was meine Oma vor dem Angriff noch kennenlernte starb auch und beide hatten viele Freunde verloren. Mein Opa hasste Feuerwerk. Immer wenn er am Sylvester Feuerwerk hörte, erinnerte es ihn an diese Zeit. Er hasste Sylvester und wollte nie was davon wissen. Man muß aber auch dazusagen, dass sie trotz der Kriegszeit auch sehr lustige Erlebnisse hatten aber da das hier nicht in den Thread gehört, werde ich es unterlassen davon zu erzählen.
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Kriegserlebnisse von Verwandten im 2ten Weltkrieg
11.06.2010 um 14:42
Mein Vater war Jahrgang 1909, hat also beide Weltkriege mitgemacht. Er war Musiker (Pianist, später Komponist) und war für zwei Dienstzeiten bei der Wehrmacht (das habe ich erst lange nach seinem Tod irgendwelchen Rentenunterlagen entnommen). In der ersten war er Funker. Das war wohl ein Job der gerne an Musiker vergeben wurde, weil ein gewissen Taktgefühl beim Morsen wohl durchaus hilfreich ist. Sein Glück als Funker war jedenfalls, dass er eben nicht an vorderster Front gekämpft hat (bzw. wenn, er im sicheren Unterstand war).
Seine zweite Dienstzeit hat er dann als Fahrlehrer verbracht. (Auch ich habe von ihm mit 12 das Fahren gelernt (aber das ist eine gaaaaanz andere Geschichte)) Erst kurz vor Schluss musste er selber raus und Munition/Verpflegung/etcpp durch die Gegend fahren. Er ist dann in Niendorf in Schleswig Holstein in englische Gefangenschaft geraten. Sein Glück war, dass er als Musiker der Dresdner Staatskapelle häufiger mit internationalen Künstlern zu tun hatte und wohl auch selber eine zeitlang eine englische Freundin hatte. Jedenfalls sprach er fließend Englisch, weshalb er nach kürzester Zeit zwar immer noch im Gefangenenlager war, aber dort eine Sonderposition als Dolmetscher hatte. Alles in allem ist es ihm wohl recht gut ergangen. Mein Vater gehörte auch zu denen, die kein Freund von Sylvester waren, weil er auch sagte, dass er genug "Feuerwerk" für den Rest seines Lebens gehabt hätte.
Es gab, wenn man so will zwei Spätfolgen des Krieges für meinen Vater: zum einen war er Zeit seines restlichen Lebens Fördermitglied beim DRK. Selbst als Anfang der 80er einige Spendenskandale ans Licht kamen, war er nicht davon abzubringen, weil er sagte: ich habe gesehen, was die Jungs im Krieg geleistet haben, und ich habe gelobt, wenn ich hier heil rauskomme, werde ich deren Arbeit nach Kräften unterstützen. Und das zweite war, dass er eher nur das Fleisch und das Gemüse gegessen hat, als sich seine Pellkartoffeln selbst zu schälen. Auch hier war er der Meinung, dass er für den Rest seines Lebens genug Kartoffeln gepellt hätte.
Meine Mutter (Jahrgang 1936) hat die Bombenangriffe auf Berlin als kleines Mädchen miterlebt. Und ich werde nie vergessen, wie panisch sie wurde wenn die Sirene unserer Freiwilligen Feuerwehr (Anfang der 70er gab es noch keine Piepser) ging. Sie hat nicht viel aus der Zeit erzählt, lediglich eines ist mir in Erinnerung geblieben. Anfangs wurde ja noch versucht das Alltagsleben aufrecht zu erhalten. Als an einem Tag nach einem der Bombenangriffe eine Klassenkameradin in der Schule fehlte, wurde der Aufruf ihres Namens von einer anderen Klassenkameradin mit einem lapidaren: "Volltreffer" quittiert. (Die wenigsten Bunker/Luftschutzkeller waren wirklich bombensicher ausgelegt. Und ist eine Bombe wirklich direkt in ein Haus gefallen (hat eben voll getroffen), dann wurde das Haus auch bis in den Keller zerstört. Überlebt hat das im Normalfall niemand.)
Und natürlich hat sie das Thema Russen in Berlin auch hautnah miterlebt. Sie selber war zwar zu jung, aber ihre Mutter hatte genau das richtige Alter. Ihr Vater war im Krieg gefallen und ihre Mutter war der Meinung: sie tun es sowieso, dann muss ich dabei ja nicht leiden und hat sich mehr oder weniger jedem hingegeben. (Was ihr aber wohl auch nicht immer was genutzt hat. Die Jungs konnten mächtig roh werden. Und sie saß/lag in der Ecke und hat das alles miterlebt.)
Später hat sie dann noch als Kind die Blockade mitgemacht und konnte sich gut dran erinnern, wie sie als Kinder die 1 1/2 Stunden von Mariendorf nach Tempelhof gelaufen sind, in der Hoffnung einen der kleinen Fallschirme zu fangen (was ihnen wohl selten genug gelungen ist). Aber das ist ja dann schon nicht mehr 2. WK.
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Kriegserlebnisse von Verwandten im 2ten Weltkrieg
11.06.2010 um 14:52
Ah, und da das hier ja auch schon Thema war: vor ca. 12 Jahren habe ich einen alten Herren kennengelernt, der mir dann irgendwann erzählte, dass er im 2. WK bei der Waffen-SS gewesen sei. Als ich nachfragte, erklärte er mir, dass er, 16jährig, als Flakhelfer eingezogen wurde. Und er war in Penemünde (dem Testgebiet der V1 / V2) stationiert. Und dort war nun einmal die Waffen-SS. Er hatte sogar noch die Tätowierung mit seiner Dienstnummer am Unterarm. Da er durch die Nummer ja ohne Probleme als Mitglied der Waffen-SS zu identifizieren war, hatte er es nach dem Krieg wohl nicht so leicht. Weniger der Allierten wegen, sondern hauptsächlich wegen der eigenen Landleute, die nicht unterscheiden konnten/mochten.
Und dann noch zum Thema Traumatisierung: der Vater eines Klassenkameraden von mir hat den Kessel von Stalingrad überlebt. Nachdem er bis in die 50er in russischer Kriegsgefangenschaft war, hat er sein Trauma nur noch mit Alkohol im Zaum halten können...
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Kriegserlebnisse von Verwandten im 2ten Weltkrieg
11.06.2010 um 15:36
das ist ein sehr bewegender thread.
ich komme nicht aus deutschland und finde es ganz speziel das hier solche dinge geschildert werden.
als "nicht aus D kommender" hat man ja immer so ein bild vom grausamen wehrmachts-ss-soldaten der in den krieg gezogen ist wegen des krieges willen (überspitzt gesagt)
und ihr erzählt hier von euren grossvätern die alle mehr oder weniger normale menschen waren, ihre ängste hatten, zum teil sicher auch verblendet waren, aber im grossen und ganzen einfach normale junge männer gewesen sind die von einem regime missbraucht wurden.
ist berührend das zu lesen.....
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