Stadtbekannte Hartz IV Empfänger
10.11.2012 um 00:01
Wenn mir jemand ins Gesicht sagen würde, er hätte keine Lust zu arbeiten und müsste es auch nicht, weil der Staat ja für ihn sorgt, dann würde ich mich über so einen Typen ärgern, es ist asozial.
Aber kaum jemand wird einem das sagen, man weiss also in den seltensten Fällen, warum jemand arbeitslos ist, und dann sollte man es unterlassen, diese Menschen zu mobben, denn es kann wirklich jedem passieren. Es gibt zwar immer wieder Leute die meinen, ihnen würde sowas nie passieren, oder sie würden immer was finden, aber die halte ich für Träumer. Es gibt Situationen, eigene Krankheiten, Krankheiten oder Pflegefälle in der Familie usw. und dann kann das ganz schnell gehen.
Dieses Mobben entsteht durch Dummheit, ich war selber mal daran beteiligt. Ein Kollege von mir hatte den Ruf zu trinken. Sah auch alles danach aus und wir anderen haben uns über ihn lustig gemacht, gelästert usw. Weil man sich als Kollege erstmal ärgert, wenn der eine den gleichen Lohn bekommt, aber dafür nichts leistet und wir seine Arbeit mitmachen mussten. Dass der Kollege aber nicht faul und Säufer war, haben wir später erfahren. Er hatte einen Suizidversuch begangen und war danach lange stationär in Behandlung. Er war kein Faulenzer, er war einfach schwer psychisch krank, ausgebrannt durch einen früheren Job mit enormen Druck. Ok, sein Fehler war sicher auch, nicht ehrlich damit umzugehen, sondern dass er versuchte es zu verbergen.
Wie das ist, habe ich später selber mal am eigenen Leib erfahren, ich wurde krank und konnte für längere Zeit nicht arbeiten. Man liest heute soviel von Burn-Out durch den Job, es gibt ganze Talkshows zu dem Thema und wenn ein Promi wie Torwart Enke wegen Depressionen Selbstmord begeht, dann ist die Betroffenheit gross, dann fühlt ein ganzes Stadion mit und trauert. Aber das ist nach kurzer Zeit vergessen. In der Realität ist das eine Krankheit, die man einem nicht ansieht und wer das nicht wirklich selber an sich oder einem Familienmitglied oder im Freundeskreis erlebt hat, wird das auch nie wirklich verstehen. Und weil man es einem nicht ansieht, es gibt keinen Gipsarm, keine Narben, man hinkt nicht, wird man schnell als Weichei und Faulenzer abgestempelt.
Und gerade in einer Zeit, wo viele trotz Vollzeitjob finanziell nicht über die Runden kommen und aufstocken müssen bzw. einen Zweitjob brauchen, kocht die Stimmung dann ganz schnell hoch. Warum arbeite ich mich für einen Hungerlohn ab während der Faulenzer sein Geld fürs Nichtstun bekommt? Da treten die, die wenig haben auf die, die noch weniger haben. Nach unten treten ist einfacher als nach oben zu treten, denn der Arbeitslose kann am wenigsten dafür, dass der Niedriglohnsektor, Zeitarbeitsfirmen und endlose unbezahlte Praktika boomen.
Die Medien fördern dies. Ist von Langzeitarbeitslosen die Rede, werden überwiegend Familien mit vielen Kindern vorgeführt, der Wohnzimmertisch voller Bierflaschen und mit überquellendem Aschenbecher. Wirkunsvoll auch Berichte von RTL, wenn sie einen Reporter vor die ARGE stellen, der versuchsweise Arbeitslosen einen Job als Spargelstecher anbietet, um dann triumphierend zu berichten, dass keiner den Job angenommen hätte. Also wollen die alle nicht arbeiten (mal ganz davon abgesehen, dass 8 Stunden Spargelstechen wirklich keiner machen kann, der 8 Stunden Bürostuhl gewohnt oder körperlich nicht fit ist). Selbst Sendungen, die einen fairen Eindruck machen wollen, z.B. Hart aber Fair, bringen zu solchen Themen immer einen Vorzeige-Hartzler, z.B. eine Mutter die neben Hartz noch 3 Putzstellen hat, ihre Kinder perfekt versorgt, und von den Bezügen sogar noch für einen Kurzurlaub sparen kann. Und die Zuschauer fragen sich, wenn die das kann, warum kann der Rest der Arbeitslosen das nicht? Ergo müssen die faul sein.
Ob die Faulenzer aber wirklich faul sind, oder ob es ernste Gründe für die lange Arbeitslosigkeit gibt, dass weiss man fast nie