Sind Nationalismus und Patriotismus noch zeitgemäß?

DerThorag schrieb:Trachten bsw. finde ich nicht ästhetisch. Muss ich ja auch nicht.

Trachten gehören auch nicht unweigerlich zu Bayern bzw. der bayrischen Kultur dazu, auch wenn dieses Image im Zusammenhang mit dem Oktoberfest gefördert wird. Aber abgesehen vom Oktoberfest (wo im übrigen die meisten Trachtenträger nicht aus Bayern kommen) sieht man Trachten fast ausschließlich im Zusammenhang mit entsprechenden Vereinen oder einzelnen Festen. Ich selbst (obwohl ich gebürtiger Bayer bin) habe noch nie eine Tracht besessen, und ich glaube, die meisten meiner Bekannten auch nicht.

@martenot
Ja, schon klar. Es ging ja auch darum, das ich trotz Heimatverbundenheit andere Orte und Kulturen auch wertschätzen kann.

Ich würde mich eher fragen ob sie jemals zeitgemäß waren...

Abahatschi schrieb:Zur Frage: ja, natürlich ist es das.

Modern bzw. altmodisch, zeitgemäß oder nicht, all das sind in meinen Augen keine Kategorien, die sich von Vernunft oder Ratio ableiten.

Es ist ja auch einfach von Deutschland, Schweiz oder Österreich aus sich über Nationalismus und Patriotismus zu echauffieren etc.
Man sollte damit mal zu den Ukrainern gehen wo sie gerade gegen einen Besatzer zu kämpfen haben und ihnen vorwerfen sich an Nationalismus und Patriotismus festzuklammern und sogar eine Azov Brigade zu haben und, dass sie das gegen Liberalismus und Internationalismus ersetzen sollen.

Die sind doch ein Paradebeispiel dafür warum Nationalismus und Patriotismus gar nicht mal so übel sein müssen, gerade wenn man es mit einem Tyrannen aus dem russischen Ogerreich zu tun hat.

@Infidel

Na ja wir Deutschen würden auch nicht tatenlos dabei zusehen wie Putin der Kriegsverbrecher oder andere Tyrannen Deutschland angreifen bzw. überfallen würden.

Wir hätten nur den Vorteil Nato-Mitgliedsstaat zu sein.

Ps.
Und ebenso wäre denke ich der Widerstand in unserer deutschen Gesellschaft groß, sollte es jemand wagen und das Vierte Reich ausrufen zu wollen .

rhapsody3004 schrieb:Na ja wir Deutschen würden auch nicht tatenlos dabei zusehen wie Putin der Kriegsverbrecher oder andere Tyrannen Deutschland angreifen bzw. überfallen würden.

Wir hätten nur den Vorteil Nato-Mitgliedsstaat zu sein.

Ps.
Und ebenso wäre denke ich der Widerstand in unserer deutschen Gesellschaft groß, sollte es jemand wagen und das Vierte Reich ausrufen zu wollen .

Klar, aber grundsätzlich sind nationaler eingestellte Leute ein etwas anderes Kalliber als irgendwelche Liberale. Ich kann mir die Letzteren teilweise gar nicht mehr anhören mit der ein oder anderen aus meiner Perspektive Naivität. In der Ukraine zeigt es sich durchaus deutlich die Einstellung von Nationalisten wie jene von Azov. Hat halt auch die Schattenseite, dass die Radikaleren auch bereiter sind Verbrechen zu begehen, trotzdem wurden die dort zu Eliteeinheiten gekürt.

Ich hab da mal eine Frage. Und zwar ...

Wenn man die Europäische Union auf der Weltkugel betrachtet, dann ist die ja von einer Grenze umgeben, sie besteht aus zig ,,Nationen" und hat sich zu einer ganz großen Nation vereint und heißt jetzt "EU".

Mitglieder unterschiedlicher Nationalität haben eine große Union gegründet so wie einst die USA oder ehemals die UdSSR.

Im Prinzip sind wir doch trotzdem iwi Nationalisten oder? Ich meine, von Offenheit in Bezug auf Grenzen kann man doch nun wirklich nicht sprechen oder? Ja, sicher, was Offenheit in Fragen Wirtschaft und die überschwengliche Reisefreiheit und Wahlmöglichkeit eines Lebens außerhalb seiner EU betrifft, schon, aber letzten Endes ist die EU-Grenze ja trotzdem sichtlich abgesteckt, was bedeutet, dass es indirekt den Nationalismus nur mit anderem Namen ja noch gibt oder? Oder ist eine Nationen übergreifende Union gar keine Nation mehr?

Do-X schrieb:Oder ist eine Nationen übergreifende Union gar keine Nation mehr?

Nationalismus ist eine Ideologie, die eine Identifizierung und Solidarisierung aller Mitglieder einer Nation anstrebt und letztere in einem souveränen Staat verbinden will. Nationalismen werden (zunächst) von Nationalbewegungen getragen und in Nationalstaaten auch durch das jeweilige Staatswesen reproduziert. Je nach Entstehungsgeschichte des jeweiligen Nationalismus ist die durch ihn beförderte Identität der Nation unterschiedlich ausgefüllt. Unterscheidungsmarker können Staatsangehörigkeit, kulturelle, ethnische, religiöse und/oder Abstammungsmerkmale umfassen.

Quelle:Wikipedia: Nationalismus

Nach der Definition würde ich sagen, die Europäische Union ist keine Nation, sondern ein Verbund von Nationalstaaten (Nationen).
Und Nationalismus ist sowieso ein schwieriges Wort, weil Nationalismus andere Nationen abwertet.

Patriotismus wird häufig vom Nationalismus und dem Chauvinismus abgegrenzt, insofern Patrioten sich mit dem eigenen Volk und Land identifizieren würden, ohne dieses über andere zu stellen und andere Völker ausdrücklich abzuwerten.

Quelle: Wikipedia: Patriotismus

Meine Frage wäre: Gibt es einen europäischen Patriotismus?

stereotyp schrieb:Meine Frage wäre: Gibt es einen europäischen Patriotismus?

Also wenn du mich fragst, bei mir begrenzt der sich nur auf die Koordinaten meines Bundeslandes. Aber nur noch so la la..

Do-X schrieb:bei mir begrenzt der sich nur auf die Koordinaten meines Bundeslandes.

Was dann Lokalpatriotismus wäre. Ein Patriotismus, auf den sich vielleicht noch viele einigen könnten, wäre ein Verfassungspatriotismus. Unser Grundgesetz ist schon echt gut.

Gerade Precht gehört. Man könne stolz auf den Staat sein, wenn man etwas für den Staat gemacht habe. Je mehr man in eine Sache investiert, desto wichtiger wird sie einem. Nur mal so zum Nachdenken...

stereotyp schrieb:Gerade Precht gehört. Man könne stolz auf den Staat sein, wenn man etwas für den Staat gemacht habe. Je mehr man in eine Sache investiert, desto wichtiger wird sie einem. Nur mal so zum Nachdenken...

Sehe ich anders. Stolz ist für mich ein Begriff, der eine "persönliche innere Verfassung" beschreibt, einen Zustand, ein Gefühl.
Etwa wie Trauer, Glückseligkeit, Verärgerung, Hoffnungslosigkeit etc.
Insofern unterliegt die Verwendung des Begriffes keiner zwingenden Logik die von außen geteilt oder bestätigt werden muß.
Zwei Leute können sich objektiv betrachtet in einer vergleichbaren Situation befinden, dennoch kann einer hoffnungsvoll sein, der andere hoffnungslos. Es gibt sicher - je nach Person- eine Verbindung zum rationalen Gedankengut, oder was man dafür halten mag, aber letztlich sind Gefühlsempfindungen nicht streng daran gebunden. Jemand kann und darf also Stolz empfinden, auf was immer er Lust hat, muß es aber nicht.

Tripane schrieb:Jemand kann und darf also Stolz empfinden, auf was immer er Lust hat, muß es aber nicht.

Wenn man Stolz als ein allgemeines Gefühl von großer Zufriedenheit über irgendwas oder irgendwen bezeichnet, dann trifft das natürlich zu.

stereotyp schrieb:Und Nationalismus ist sowieso ein schwieriges Wort, weil Nationalismus andere Nationen abwertet.

Nicht unbedingt. Nationalismus hat bekanntlich viele Facetten.

stereotyp schrieb:Man könne stolz auf den Staat sein

Leider sind die Leute ja nicht Stolz auf den Staat, sondern auf irgendeine schwurbelige und ziemlich exklusive "Schicksalsgemeinschaft". Das deutsche Nationalverständnis folgt nicht dem Konzept der Willensnation, was natürlich wünschenswerter wäre.

martenot schrieb:Wenn man Stolz als ein allgemeines Gefühl von großer Zufriedenheit über irgendwas oder irgendwen bezeichnet, dann trifft das natürlich zu.

Ein Synonym für "Zufriedenheit" ist "Stolz" meines Erachtens nicht, auch wenn es Überschneidungen gibt. Stolz geht einher mit einem Gefühl, das ich mal un etwa als "erfolgsgekrönte Genugtuung" nach einem Kampf, einer harten Anstrengung oder Entbehrung umschreiben würde. Diese kann, muß aber nicht nicht, persönlich vollbracht worden sein, aber auch von Menschen oder Gruppen, mit denen man eine Verbundenheit fühlt.

stereotyp schrieb:Gerade Precht gehört. Man könne stolz auf den Staat sein, wenn man etwas für den Staat gemacht habe.

Mit dem "für den Staat gemacht haben" ist das immer so eine Sache. Es kommt darauf an, was man für den Staat gemacht hat. Dazu frage man, falls zur Hand, einen ehemaligen Stasi-Mitarbeiter oder eine IM, falls noch irgendwo aufzutreiben auch gern Angehörige vom KZ-Wachpersonal. Die haben alle was "für den Staat gemacht".

Doors schrieb:Die haben alle was "für den Staat gemacht".

Ich denke, wer dem Kommunismus verbunden war oder dem Nationalsozialismus, oder jetzt den Ethnopluralismus wertschätzt, den kann man nicht damit gleichsetzen, etwas mit für den Staat gemacht zu haben.
Eher ganz das Gegenteil.

eckhart schrieb:Eher ganz das Gegenteil.

Subjektiv waren die TäterInnen wohl schon der Meinung "etwas für den Staat gemacht" zu haben. Objektiv und im Rückblick betrachtet, war ihr Wirken allerdings eher zerstörerisch - für Menschen und den Staat, denn bekanntlich existieren sowohl das Deutsche Reich als auch die DDR nicht mehr. Wobei ich diese beiden Staatsformen keinesfalls gleichsetzten will - das hiesse, den Faschismus und seine Verbrechen verharmlosen.