Sorry, bisschen ne Textwand. Es ginge sicherlich weitaus kürzer aber die Themen die mich bewegen lassen mich dazu neigen, lieber eher auszuholen.
Berryl schrieb:Doch.
Und wenn man sich nur im Hintergrund beim Kat Schutz engagiert.
Das ginge schon alles.
Ich hatte dich kontextuell im Kern so verstanden, dass du schon die Truppe und idealerweise "Frontlinie" oder dahinführende ggf. unter Risiko stehende Logistikkette meinst. Und das wäre halt in Summe etwas utopisch.
Berryl schrieb:Ne, interessant ist vorallem die Meinung derer die es tatsächlich betrifft.
Und da schaut es mau aus, den Beleg habe ich erbracht und diese Haltung respektiere ich.
Gesellschaftliches Problem - teils nachvollziehbar (wenn man mit anderen Faktoren wie Wirtschaftslage und unklarer Lebensperspektive zu kämpfen hat, salopp gesagt andere Sorgen hat und teilweise auch eine Art Entfremdung zum abstrakten Gemeinwesen und gemeinschaftlicher Identität stattfindet), teils halt dann... wie formuliere ich das?
Nun, ich möchte es sehr pathosgeladen und abgedroschen formulieren bzw. es anhand einer gängigen Formulierung ableiten: "Freedom doesn't come for free". Das klingt erst mal abgedroschen (für manche) beinhaltet aber viel Wahrheit oder eine Quintessenz: Das was man sich teils historisch mühseelig erkämpft hat, muss immer wieder im Sinne wehrhafter Demokratie verteidigt werden, wenn es von innen und halt eben auch von außen herausgefordert werden sollte. Wenn nachfolgende Generationen im Schnitt immer weniger Bock haben notfalls auch aktiv dafür einzutreten - nicht alle individuell, aber am Ende in Summe genug Menschen - dann haben wir perspektivisch ein Problem.
Dann zerfrisst uns auf Dauer ein Gift, teils auch von außen gestreut, von innen heraus weil ein abstrakter gemeinsamer "Kitt" immer mehr verloren geht und soziale Kohäerenz eher schwindet. Oder alternativ oder zusätzlich kommt eine Bedrohung von außen.
Ich kann einem bzw. nicht jedem Individuum was eine andere Meinung oder Haltung zu diesen Themen hat wie ich nicht zwingend kritisieren - aber einen Trend der ins Negative geht.
Für mich - vielleicht bin ich da zu idealistisch veranlagt auch wenn ich meine ganz eigenen individuellen Sorgen habe - hat das irgendwie was von "Ich will mich nicht mehr wehren wenn ich bedroht werde und anderen ggf. nicht mehr helfen" - ein Aufgeben. Eine Abkehr vom Rest. Und das riskiert, wenn man es weiterspinnt, abstrakt die Rechtsordnung von der man bei allen gesellschaftlichen Problemen noch meist eher profitiert. Oder stumpfer: Wer sich nicht wehrt wird im worst-case zum Spielball anderer. Ganz akut. Wir haben historisch gesehen, wie das für eine Gesellschaft unter feindlicher Besatzung enden kann. Jetzt ist es zumindest zeitnah unwahrscheinlich, dass russische Truppen weite Teile Deutschlands besetzen.
Aber wir sind in einem Bündnis und müssen es daher weiter denken: Das kann sehr wohl unsere Verbündeten ostwärts betreffen. Jetzt kann man sagen als Bürger der eh nicht zwingend motiviert ist: "Ist noch weniger mein Problem" - die gleichen Verbündeten wären aber auch für uns da, im worst-case.
Um meinen Wortsalat etwas kürzer zusammenzufassen sehe ich halt das Konzept "Wehrhafte Demokratie" gefährdet, wenn im Zweifel immer weniger Menschen aktiv dafür eintreten wollen, auch unter persönlichen Risiken. Das gilt nach innen (steigender Extremismus und schwindende Resilienz bzw. dass Leute lokal teils weggemobbt werden und einknicken und 'Raum genommen wird') wie nach außen (Abschreckung/Wehrfähigkeit externen Bedrohungen ggü.).
Wenn man mit der eigenen Gesellschaft eher abgeschlossen hat, woanders lebt oder meint, dass es wg. dem Lebensalter eh egal sein kann ... ja, dann ist das leicht das alles eher abzutun. Ich habe aber nicht insoweit mit alledem abgeschlossen. Und sollte es soweit kommen würde ich mich auch entsprechend einbringen bzw. mache es schon partiell - mit jedwedem Risiko (ehe es wieder heißt Wasser predigen aber Wein saufen). Bock hat am Ende (bis auf ein paar Verwirrte) niemand auf das worst-case Szenario. Aber dann muss am Ende jemand da sein der sich für andere einbringt. Bzw. es müssen am Ende genug Leute dafür bereit sein.
Wir stehen potentiell vor einer sehr akuten Bedrohung und müssen gesellschaftlich tough(er) sein, sind es aber augenscheinlich nicht genug. Das wird vielleicht erst den Konflikt heraufbeschwören - im schlimmsten Fall. Weil russische Propaganda, derer auch am Ende im worst case deren politische Führung aufsitzen könnte, uns als zu schwach betrachten und demnach militärische Eskalation ein wertiges Mittel der Wahl sein könnte - nicht muss, aber dann eher könnte als wenn wir abschreckender aufgestellt werden.
Thema Abschreckung:
"Gayropa" sind wir teilweise im abfälligen Sinne ggü. russischen Imperialisten.
"Es ist ja hier eine sehr innenpolitische Diskussion gegen die mögliche Wehrpflicht usw. Ich würde mal zwei außenpolitische Aspekte in diese Diskussion, in dieses Gespräch bringen. Der erste, die sozusagen russische Sicht. Natürlich ist das das gefundene Fressen für die russische Propaganda. Es bestätigt das Narrativ, die Europäer sind Weicheier, Drückeberger, sie sind auf ihren Komfort...an ihren Komfort gewöhnt, sie werden nicht kämpfen.
'Deswegen werdet ihr, heldenhaften russischen Soldaten, es auch leicht haben mit denen.' Ich versuche mal so einen propagandistischen Erzählsatz hinzuspinnen. [...] Weil dieses 'Gayropa', dieses 'schwule Europa', da ist ja ein sehr populäres Narrativ in Russland, die werden ihre Kinder und ihre Frauen nicht verteidigen wollen und sie werden sich unterwerfen - also diese Kapitulationsstimmung.
Ich würde das als Kapitulationsstimmung bezeichnen, die ja nicht nur bei Ihnen vorhanden ist ... einige Umfragen zeigen, es gab einige bekannte Persönlichkeiten in Deutschland die sich so in diese Richtung geäußert haben. Also kämpfen nicht oder können wir gleich aufgeben hat ja keinen Sinn. Das wird natürlich in Russland registriert und das bestätigt das eigene Narrativ, also mit Europa werden wir schon fertig."
(Den Rest tippe ich jetzt nicht ab, kann man sich anhören wenn man den zweiten Punkt usw. hören will)
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Andrey Gurkov bei Lanz
Quelle/Zeitstempel ab 21:12 fortfolgende :

Wehrhaftes Deutschland: Lieber besetzt als tot? | Markus Lanz vom 23. Juli 2025
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(Das Video greift auch die Debatte die wir hier führen auf und ist ggf. wertig/interessant für manche)
Also zusammenfassend das Problem/Risiko was ich sehe: Zu hoher fehlender Wehrwille/Wehrfähigkeit, auch nach außen signalisiert und in Summe auch über die deutsche Gesellschaft hinaus, kann uns ggf. erst in die Misere bringen. So wie sich "bullies", Mobber, die weichen Ziele präferiert aussuchen. Und Russland verhält sich dahingehend ziemlich wie ein "bully".
Sollte es soweit eskalieren - was ich nicht hoffe - müssen halt die Leute die nicht diesbezüglich helfen wollen obwohl sie ggf. könnten halt auf gepackten Koffern sitzen. Und sich schon mal überlegen, wie/wo sie ihr Leben in einem anderen Land, potentiell gar einem was von den sozialen Standards die sie gewohnt sind nochmal markant abweichen könnte, neu gestalten wollen. Oder sie unterwerfen sich halt. Auch wenn das wie gesagt für Deutschland in Summe unwahrscheinlich scheint (man weiß allerdings nicht was mal in 20 oder 50 Jahren ist) aber mal für die hypothetische Debatte wenn unser ganzes Land kippen und fremdbesetzt wäre: Ob die neue Rechtsordnung dann für die meisten Menschen (die nicht 5. Kolonne oder komplett apathtisch sind) dann zwingend besser als die alte Wäre, kann bei autokratischen Besatzern eher in Frage gestellt werden. Wenn man meint schon Probleme in der Lebensplanung usw. zu haben würde es dann wohl nicht zwingend besser werden, ausser man duckt sich halt weg oder wird zum Kollaborateur, I guess.
Auch wenn uns so was erst mal nicht betreffen könnte, wäre das aber sehr wohl für Teile des Baltikums denkbar. Die Ukraine hätte es bei kompletter Kapitulation auch gesellschaftlich böse erwischt, mit kaum zimperlichen politischen und teils kulturellen Säuberungen usw.