Gast65565 schrieb am 08.11.2022:Man bedenke, dass es in Bayern Dörfer gibt, die einmal am Tag von einem Bus angefahren werden. Dagegen ist das Elend in der Metropolregion Hamburg eigentlich noch keines, denn es geht immer noch viel viel schlechter.
Naja, es gibt auch Dörfer in Bayern, da fährt dreimal die Stunde ein Bus und der letzte gegen 23 Uhr. Ich wohne in so einem. Allerdings bin ich tatsächlich der einzige Pendler in diesem Bus, alles andere sind Schulkinder, Jugendliche oder Flüchtlinge aus der Unterkunft im Nachbarkaff.
Das Dorf liegt direkt vor den Stadtgrenzen von München, der Bus ist ein Zubringer zur S-Bahn und diese bringt einen in 15 Minuten in die Innenstadt von München. Der Bus braucht 12 Minuten zur S-Bahnhaltestelle. Man kann also in einer halben Stunde in München (Innenstadt) sein. Zur Zeiten des 9-Euro Ticket fuhren aber auch nicht mehr Leute mit dem Bus als sonst und mit S-Bahn (S4 und S6) geringfügig mehr.
Das ist einfach die Bequemlichkeit der Speckgürtelbewohner. Vor den meisten Haustüren steht ein dicker SUV und ein kleiner Zweitwagen zum schnellen Einkaufen. Besser kann eine ÖPNV-Anbindung nun wirklich nicht sein, aber gegen liebgewonnenen Luxus kommt kein Argument an. Dabei ist man mit dem Auto kaum schneller. Mit dem Auto wäre ich tatsächlich 20 Minuten früher (20 statt 40 Minuten) auf der Arbeit, aber natürlich nur wenn kein Stau ist. Von der Innenstadt will ich gar nicht reden da schlägt die S-Bahn das Auto locker. Die 5 Minuten die ich mehr brauche um von meiner Arbeit(liegt fast genau auf dem Weg in die City) in die Innenstadt weiterzufahren kann kein Auto schlagen, nichtmal bei idealer Verkehrssituation...auf die man in München lange warten kann.
Es ist also eine Mischung aus Bequemlichkeit und dem irrationalen Glauben, das Auto sei immer schneller.
Neulich ist mein Arbeitskollege eine Woche lang S-Bahn gefahren, weil sein Auto in der Werkstatt war. Hat sich immer aufgeregt, das er mal 5 oder sogar 10 Minuten auf die S-Bahn warten musste (ja, die S-Bahn München ist notorisch unpünktlich). Aber wenn er mit dem Auto kommt, liegt er mir immer in den Ohren, das auf dem Autobahnring stau ist und er eine halbe Stunde mehr für den Weg einplanen muss. Auf die Frage, warum er nicht S-Bahn fährt, da komme er ja nur 10 Minuten zu spät, hat er nur sauer gegrummelt. Aber daran sieht man exemplarisch dass die Thematik wenig mit rationalem Denken zu tun hat. Argumente die rational klingen sind oft nur vorgeschoben.
Meine Ex hat ihn Wiesbaden gewohnt, dort gab es einen Bürgerentscheid ob eine neue Straßenbahn gebaut werden soll. Die Einwohner die an der geplanten Straßenbahn gewohnt haben haben dafür gestimmt, aber es gab viele Nimbys in den Vororten, die keine Straßenbahn haben wollten und teilweise unter abstrusen Argumenten, dagegen Stimmung gemacht haben. Angeblich ging es um Umweltschutz, aber im Kern ging es darum, das eine Verschlechterung der Parkplatzsituation befürchtet wurde. Da die Mehrheit unserer Gesellschaft aus solchen Schlingen besteht, wird man leider NIE eine Politik umsetzen können, die unsere Umwelt retten kann.
