http://www.connection.de/index.php/magazintexte/16-spirit/969-rgurul-befasst-sich-mit-den-schattenseiten-von-osho-und-der-sannyasbewegung (Archiv-Version vom 27.07.2013)Unter dem Vielen was der Film hergibt, möchte ich zwei Punkte herausgreifen. Der erste ist Hughs Antwort auf die Frage, was schief lief. Für ihn war das der Punkt, wo Osho selbst (Hugh nennt ihn Rajneesh, um sich von seiner Zeit als Jünger zu distanzieren) von sich sagt, er sei der Messias, auf den Amerika gewartet hat – oder durchblicken ließ oder andere von sich sagen ließ, sein Weg sei nicht irgendein spiritueller Weg, sondern der spirituelle Weg, der richtige, der einzig wahrhaft tief gehende. Ab hier beginnt für Hugh die Verirrung, der Größenwahn, der Verrat an dem, was in »Poona I«, in Rajneeshs erster indischer Phase noch so leuchtete und Hugh so faszinierte, dass er nach seinem Rausschmiss durch Sheela (nachdem er auf der Ranch milde Kritik geäußert hatte) sogar einen Selbstmordversuch unternahm. Krass abstoßend war für Hugh auch, als er seinen in Indien noch so souverän wirkenden, quasi übernatürlich strahlenden Meister in Oregon die Droge Lachgas nahm sah. Auch wenn für mich das Wissen um die Schwächen von Osho nicht zum Abschied führte oder gar zu einer großen Lebenskrise (ich war damals Sannyasin und wusste von den Lachgas-Exzessen und einiges auch von Sheelas toughem Regime), möchte ich Hughs Analyse im Wesentlichen zustimmen.
Sorgloser Umgang mit Fakten
Der zweite Punkt ist Oshos unwahrhaftiger, disloyaler Umgang mit Sheela. Am krassesten ist für mich die Stelle, wo er ihr (neben vielem anderen) die Ermordung ihres ersten Ehemanns Marc Silverman unterstellt, um damit selbst dem Gefängnis zu entgehen. Dazu passend Oshos Behauptung, an der Eskalation der Androhung von Gewalt (zu realer Gewalt kam es zum Glück kaum) auf der und um die Ranch in Oregon (Osho selbst nannte Sheelas dortiges Regime später »Faschismus«) sei Sheelas Machttrip schuld. In Wirklichkeit hat er selbst die Anweisungen gegeben und Sheela immer wieder angestachelt, noch härter gegen die Opposition aus dem umliegenden Oregon vorzugehen. Ich habe Sheela nach ihrem Gefängnisaufenthalt zu diesem Thema selbst befragt und glaube ihr, zumal ich Oshos unbekümmerten Umgang mit Fakten von anderen Stellen her schon kannte: Osho vertrat eine Ebene von Wahrheit, in der Fakten keine so große Rolle mehr spielen – an diesem Punkt leider zum Schaden von Sheela.
Ich weiß natürlich, was gläubige Schüler von Osho (und anderen spirituellen Meistern) dazu sagen: Der Meister darf das. Er steht über den Fakten. Er ist nicht zur Loyalität verpflichtet, auch seinen Schülern gegenüber nicht. Wenn er sich Rolls Royces zulegt und teure Uhren oder Sheela gegenüber das Vertrauen bricht, dann sind das Provokationen des Meisters, um den/die Schüler dazu zu bringen, von Vorurteilen abzurücken (z.B. die Idee, ein spiritueller Meister dürfe nicht reich sein) und damit sie auf eigenen Füßen stehen. Ich meine jedoch, dass das Ausreden sind, die dieses Verhalten beschönigen. Das darf so gesagt werden, trotz Oshos Meisterschaft, es sollte vielleicht auch so gesagt werden, und es schmälert die Verdienste dieses großen, erleuchteten Mystikers und spirituellen Meisters nicht, die er in anderer Hinsicht hat: die von ihm entwickelten Meditationen und Therapien, die grandiose Zusammenfassung und Präsentation transkultureller Mystik, sein fördernder Umgang mit tausenden von Menschen (ich bin einer von ihnen), deren Leben ohne ihn so viel weniger Glanz, Liebe und Tiefe gehabt hätte.