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Eine Wende des Strafrechts: Der Fall F. von Möhlmann

677 Beiträge ▪ Schlüsselwörter: Mord, Celle, Strafrecht ▪ Abonnieren: Feed E-Mail

Eine Wende des Strafrechts: Der Fall F. von Möhlmann

01.11.2023 um 16:38
PS:
In der Pressemitteilung ab Abschnitt 61 befasst sich das BVerfG auch mit dem Willen des parlamentarischen Rates und schon daraus ergibt sich das Verfolgungsverbot. Ich denke, ist wird auch durch weitere Artikel dann zusätzlich getragen.

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Eine Wende des Strafrechts: Der Fall F. von Möhlmann

01.11.2023 um 17:19
Zitat von simiesimie schrieb:Eine erfolgreiche Revision mit anschließendem Freispruch bedeutet jedoch auch, dass das erste Gericht nur durch Rechtsfehler zu einer Verurteilung kam.
Es hat ein Rechtsfehler beim ersten Urteil vorgelegen, das ja. Materiell kann aber das erste Gericht richtig gelegen haben. Ist bei dem, was gerade Diskussionspunkt war, allerdings egal. Denn Rechtsfehler des Gerichts kann man der StA nicht anlasten bzw. kann dann nicht automatisch sagen, dass sie zu früh Anklage erhoben hat.
Zitat von cododerdrittecododerdritte schrieb:Sie dient damit zum eine dem Schutz der Bürger, soll aber auch die strafverfolgenden und rechtsprechenden Instanzen entlasten.
Naja, alle Jubeljahre mal im Falle von Mord eine Wiederaufnahme zuungunsten des Freigesprochenen bei Auftauchen starker Beweise würde noch nicht zum Zusammenbruch der Rechtsprechung führen. Aber richtig ist schon, dass Polizei und StA natürlich goldfroh sind über möglichst wenig Ermittlungsarbeit, die sind personalmäßig ja nicht auf Rosen gebettet.
Zitat von cododerdrittecododerdritte schrieb:Die Vorstellung eines Komissars, den ein Fall nicht loslässt und der deshalb immer und immer wieder nachwühlt, mag ja romantisch sein und die Basis für gute Kriminalgeschichten sein, aber es kann doch nicht der Sinn polizeilicher Ermittlungsarbeit sein, sich ewig an einem Fall und hier noch schlimmer, an einem Tatverdächtigen abzuarbeiten.
Es geht bei so einem Fall ja dann weniger um Abarbeiten an Tatverdächtige als um Abarbeiten an einem ungeklärten Verbrechen. Insbesondere wenn es um Mord an einem Kind geht, kann ich mir schon vorstellen, dass das Ermittler nicht so einfach los läßt.

Und wenn jemand, der dann als Tatverdächtiger angeklagt wurde, freigesprochen wird, ist und bleibt die Tat ja weiter ungeklärt. Es muss dann also weiter ermittelt werden, wie der Tathergang nun war und wer ggf. für das Verbrechen verantwortlich ist. Das wäre dann weiter ganz normale Ermittlungsarbeit.


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Eine Wende des Strafrechts: Der Fall F. von Möhlmann

01.11.2023 um 17:38
Endlich ist – zumindest in dieser Angelegenheit – Ruhe im Karton. Wo kämen „wir“ denn da hin, wenn jeder, bei dem ein Urteil nicht nach dessen Gusto ausfällt, gegen altbewährte Grundsätze der Rechtsprechung vorgehen dürfte.


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Eine Wende des Strafrechts: Der Fall F. von Möhlmann

01.11.2023 um 17:57
Zitat von LentoLento schrieb:Bei Punkt 1-3 erfolgen keine Ermittlungen GEGEN den Freigesprochenen, sondern gegen andere Personen..
Das ist falsch. Das BVerfG und, wie ich schon schrieb, auch das OLG Celle sehen es deshalb als grundgesetzkonform an, in den Fällen der Nummern 1 bis 3 Wiederaufnahmen zuungunsten des Freigesprochenen zuzulassen, weil es bei diesen Nummern um schwere Verfahrensmängel des ersten Strafverfahrens gegangen ist. Mit Ermittlungen gegen andere Personen oder wer am Ende für die schweren Verfahrensmängel verantwortlich ist, also Fragen der Art, ob
ohne Wissen des Angeklagten zu seinen Gunsten eine vorsätzliche Falschaussage erfolgt, vorsätzlich eine falscheUrkunde vorgelegt, ein falsches Sachverständigengutachten abgegeben worden ist und/oder ob der Angeklagte das veranlasst hat, hat diese Frage nach schweren Verfahrensmängeln im ersten Strafverfahren nichts zu tun bzw. hat darauf keinen Einfluss.

Aus der bereits verlinkten Pressemitteilung des BVerfG:
Die überkommenen Wiederaufnahmegründe des § 362 Nr. 1-3 StPO sehen eine Wiederaufnahme bei schweren Verfahrensmängeln vor. Sie ermöglichen eine Korrektur einer qualifiziert defizitären Beweisführung.
…..Die Möglichkeit, ein unter schwerwiegenden Mängeln gefundenes Urteil, das die Anforderungen an ein justizförmiges, rechtsgeleitetes Verfahren verfehlt, aufzuheben und das Verfahren zu wiederholen, sichert den Geltungsanspruch des Urteils und damit die rechtsstaatliche Autorität des Strafverfahrens ab.
Zitat von LentoLento schrieb:Der Punkt 4 ist komplett anders gelagert. All das hat schon @Juris019 ausreichend geklärt, Du brauchst hier nicht Deine üblichen gebetsmühlenartigen Wiederholungen anstoßen.
Bei allem Respekt vor @Juris019 erlaube ich mir meine Meinung und brauche deine Maulkörbe nicht.

Ob Nummer 4 „komplett anders gelagert“ ist, ist, wie ich dargelegt habe, eine Frage der Sichtweise. Das BVerfG hat dazu seinen dargelegt, mehr kommend vom Rechtsfrieden aus Richtung der Frage, unter welchen Umständen und bis zu welchem Punkt ein Freigesprochener schutzwürdig, auch vertrauensschutzwürdig, im Sinne von Art. 103 (3) GG sein muss. Das OLG Celle kommt mehr aus der - ebenfalls Verfassungsrang einnehmenden - Ecke materielle Gerechtigkeit und staatlicher Strafanspruch, den es bei Nummer 4 als maßgeblich ansieht und unter diesem Aspekt Nummer 5 halt nicht systemwidrig findet.

Durchgesetzt kraft Amtsautorität hat sich halt das BVerfG. Was aber nicht heißen muss, dass andere Auffassungen komplett daneben sind.


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Eine Wende des Strafrechts: Der Fall F. von Möhlmann

01.11.2023 um 20:03
Zitat von AndanteAndante schrieb:
Zitat von LentoLento schrieb:Bei Punkt 1-3 erfolgen keine Ermittlungen GEGEN den Freigesprochenen, sondern gegen andere Personen.
Das ist falsch. Das BVerfG und, wie ich schon schrieb, auch das OLG Celle sehen es deshalb als grundgesetzkonform an, in den Fällen der Nummern 1 bis 3 Wiederaufnahmen zuungunsten des Freigesprochenen zuzulassen, weil es bei diesen Nummern um schwere Verfahrensmängel des ersten Strafverfahrens gegangen ist. Mit Ermittlungen gegen andere Personen oder wer am Ende für die schweren Verfahrensmängel verantwortlich ist, also Fragen der Art, ob
Ehrlich?

Im Punkt 1 wird die Echtheit einer Urkunde geprüft, das sind keine Ermittlungen gegen den Freigesprochenen in Sachen des Tötungsdelikts.

Im Punkt 2 erfolgen Ermittlungen gegen einen Zeugen oder Gutachter, das sind keine Ermittlungen gegen den Freigesprochenen in Sachen des Tötungsdelikts.

Im Punkt 3 gibt es nur Ermittlungen gegen Richter oder Schöffen, das sind keine Ermittlungen gegen den Freigesprochenen in Sachen des Tötungsdelikts.

Und natürlich erfolgen im Punkt 4 auch keine Ermittlungen GEGEN den Freigesprochenen, das Geständnis hat er nunmal freiwillig abgelegt, ohne dass Ermittlungen erforderlich wurden.

Natürlich können auch bei Punkt 1-3 durchaus Ermittlungen gegen den Freigesprochene erfolgen, die sind dann aber Ermittlungen wegen anderer Straftaten (z.B. Urkundenfälschung, Bestechung etc.). Die tangieren in keiner Weise den Art. 103 Abs. 3 GG.

NUR der Punkt 5 setzt Ermittlungen gegen den Freigesprochene in Sachen des Tötungsdelikts voraus, für den der Freispruch rechtswirksam geworden ist. Und zwar ganz unabhängig davon, ob sich überhaupt Beweise finden lassen.


Wie gesagt, dass sind ganz erhebliche Unterschiede. Wenn Du die nicht sehen kannst oder sehen willst, kann man das nicht ändern, dann ist das Dein Bier. Glücklicherweise hat hier der Großteil des Senats dies genauso gesehen, wie ich es sehe. Die Sichtweise des OLG Celle und der anderen Richter kann aus diesen Gründen eben nicht überzeugen.


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Eine Wende des Strafrechts: Der Fall F. von Möhlmann

02.11.2023 um 01:12
Zitat von LentoLento schrieb:Im Punkt 1 wird die Echtheit einer Urkunde geprüft, das sind keine Ermittlungen gegen den Freigesprochenen in Sachen des Tötungsdelikts.

Im Punkt 2 erfolgen Ermittlungen gegen einen Zeugen oder Gutachter, das sind keine Ermittlungen gegen den Freigesprochenen in Sachen des Tötungsdelikts.

Im Punkt 3 gibt es nur Ermittlungen gegen Richter oder Schöffen, das sind keine Ermittlungen gegen den Freigesprochenen in Sachen des Tötungsdelikts.
@Lento
Also über Selbstverständlichkeiten sollten wir uns hier nicht streiten müssen. Die Überschrift des § 362 der StPO heißt
§ 362
Wiederaufnahme zuungunsten des Verurteilten
Quelle: https://dejure.org/gesetze/StPO/362.html

Zuungunsten des Verurteilten! Alles klar?


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02.11.2023 um 06:17
Wie verhält es sich denn mit der Schmerzensgeldklage des Vaters gegen Ismet H? Das war zwar verjährt aber das zivilgericht hat H. als den Mörder bezeichnet. Wie kann sowas denn sein?


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02.11.2023 um 08:14
@Sherlock_H

So ganz werde ich aus Deinem letzten Beitrag nicht schlau, natürlich geht es hier um die Wiederaufnahme zu Ungunsten eines Freigesprochene. Aber mit den Selbstverständlichkeiten hast Du durchaus Recht.


Es handelt sich wirklich um Selbstverständlichkeiten. Bei den Punkten 1-4 ist es natürlich vollkommen selbstverständlich, dass zur Erlangung dieser Wiederaufnahmegründe keine Ermittlungen gegen den Freigesprochenen in Sachen des freigesprochenen Delikts erfolgt.

Aber bei dem Punkt 5 ist nun aber in der Regel eine Umgehung des Ermittlungsverbots gegen den Freigesprochenen erst erforderlich. Und genau darauf zielen die 6 Richter auch bei ihrer Entscheidung ab.


Dahingehend erkennen die Richter, welche der Sache nicht zugestimmt haben laut ihrer Stellungnahme im Abschnitt 3 das Ermittlungsverbot auch durchaus an. Offenbar war das eben doch Inhalt der Diskussionen des damaligen parlamentarischen Rates, daran rütteln die beiden Richter auch nicht im Geringsten.

Nun unterscheidet sich der Punkt 5 genau durch diese Selbstverständlichkeit, in der Regel sind erst Ermittlungen GEGEN den Freigesprochenen notwendig, ehe überhaut neue Beweismittel vorliegen. Auch im Fall Möhlmann ist dagegen verstoßen worden.

Und dieses genaugenommen selbstverständliche Problem der Beweiserlangung, wird von den beiden Richtern mit keinem Wort thematisiert, obgleich genau darin ein erheblicher Unterschied zum Punkt 5 besteht. Natürlich haben diese Ermittlungen Verletzungen auch andere grundrechtlich garantierten Rechte des Freigesprochen zur Folge. Hier steht den Ermittlungen eben nicht nur der Art. 103 Abs. 3 GG entgegen.


Weder der Gesetzgeber noch die beiden Richter noch das OLG Celle haben sich damit auseinandergesetzt. Ich denke, wäre das vom Gesetzgeber wirklich in ausreichender Weise erfolgt, hätte es nie die Gesetzesänderung gegeben. Sicher, es gibt die Stellungnahme der SPD zu diesem Punkt, aber sie scheint hier sich nicht ausreichend die Quellen bzgl. dem Inhalt des damaligen parlamentarischen Rates angesehen. Dieser Sichtweise der SPD schließen sich nicht mal die beiden Richter an, welche das Urteil nicht tragen wollen, die Historie des Artikels scheint dann doch eindeutig zu sein.

Die Stellungnahmen der beiden Richter als auch im OLG Beschluss fehlte eben ausreichende eine notwendige Beschäftigung mit dem Offensichtlichen. Eigentlich erstaunlich.


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02.11.2023 um 09:16
Zitat von LentoLento schrieb:Aber bei dem Punkt 5 ist nun aber in der Regel eine Umgehung des Ermittlungsverbots gegen den Freigesprochenen erst erforderlich.
Ein neuerlicher dringender Tatverdacht gegen einen bereits rechtskräftig Freigesprochenen kann sich auch aus allgemeinen Ermittlungen ergeben, etwa wenn das Tatwerkzeug gefunden wird und die daran anhaftenden Spuren automatisiert gegen Datenbanken abgeglichen werden, in denen auch Merkmale des Freigesprochenen enthalten sind (etwa wegen anderer schwerer Straftaten).


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Eine Wende des Strafrechts: Der Fall F. von Möhlmann

02.11.2023 um 09:19
Zitat von LentoLento schrieb:natürlich geht es hier um die Wiederaufnahme zu Ungunsten eines Freigesprochene.
Zitat von LentoLento schrieb:Bei Punkt 1-3 erfolgen keine Ermittlungen GEGEN den Freigesprochenen, sondern gegen andere Personen.
@Lento
Wiederaufnahme zuungunsten eines Freigesprochenen heißt natürlich, dass gegen diesen ermittelt bzw. verhandelt wird. Damit sollte jetzt aber auch alles gesagt sein.


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Eine Wende des Strafrechts: Der Fall F. von Möhlmann

02.11.2023 um 09:50
Zitat von Sherlock_HSherlock_H schrieb:Wiederaufnahme zuungunsten eines Freigesprochenen heißt natürlich, dass gegen diesen ermittelt bzw. verhandelt wird. Damit sollte jetzt aber auch alles gesagt sein.
Ihr redet offenbar aneinander vorbei.

Es geht zunächst darum, wie eine Wiederaufnahme betrieben wird. In dieser Phase könnte ein Ermittlungsverbot gelten und missachtet werden.

Anschließend wird gegebenenfalls eine Wiederaufnahme bei Gericht beantragt.

Sofern die Wiederaufnahme als zulässig erachtet und angenommen wird, gilt im Anschluss -logisch zwingend- kein solches Ermittlungsverbot mehr.


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02.11.2023 um 09:56
Zitat von LichtgestähltLichtgestählt schrieb:Ein neuerlicher dringender Tatverdacht gegen einen bereits rechtskräftig Freigesprochenen kann sich auch aus allgemeinen Ermittlungen ergeben, etwa wenn das Tatwerkzeug gefunden wird und die daran anhaftenden Spuren automatisiert gegen Datenbanken abgeglichen werden, in denen auch Merkmale des Freigesprochenen enthalten sind (etwa wegen anderer schwerer Straftaten).
Ja, über dieses Argument kann man diskutieren, aber das war im Fall Möhlmann gar nicht der Fall. Mindestens das LG & OLG Celle hätte sich daher mit diesem Ermittlungsverbot befassen müssen und die U-Haft ablehnen müssen.

Das gleiche gilt auch für die beiden Richter. Sie hätten dann eher sich mit diesen scheinbaren Ausnahmen befassen müssen, wo möglicherweise doch nicht gegen das Ermittlungsverbot verstoßen wurde. Dann hätte es sein können, dass sie die anderen 6 Richter für diese ganz besonderen Ausnahmefälle überzeugt hätten. Das ist jedoch nicht erfolgt. Wahrscheinlich auch nicht ganz ohne Grund.

Denn so eine „automatische“ Abfrage fällt auch nicht mal so vom Himmel, die stößt natürlich auch ein Mensch an und derjenige ist auch definitiv mit dem fall auch befasst.

Und ehrlich gesagt, mir kann niemand weiß machen, dass bei dieser Datenbankabfrage der Mensch, der diese in Auftrag erteilt (Ermittler/StA), nicht auch den Hintergedanken hat, ob es nicht doch der Freigesprochen war. Er müsste – um eben diesem Vorwurf nicht ausgesetzt zu sein – dann die Datenbankabfrage entsprechend so formulieren, dass der Freigesprochen nicht im Ergebnis auftauchen darf. Das ist aus IT-Sicht (ich bin ITler) nicht das geringste Problem, das sind Standardfunktionen von Datenbanken.

Der Fall Möhlmann zeigt ganz deutlich, wie bereit in der Realität Ermittler/StA zum Griff zu den Früchten des verbotenen Baums bereit sind. Und dass sich das LG und OLG-Gericht nicht mit diesem verfassungsmäßigen Hemmnis befasst hat, ist genauso bemerkenswert. Ich denke, das BVerfG hat nun die Früchte noch weitaus höher gehängt. Ich denke, damit ist nun Ruhe. Die Ermittler/StA werden sich in Zukunft deutlich mehr vorsehen, dass sie nicht diese sogenannte „Unerträglichkeit“ selber schaffen.


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Eine Wende des Strafrechts: Der Fall F. von Möhlmann

02.11.2023 um 11:04
Zitat von LentoLento schrieb:Und ehrlich gesagt, mir kann niemand weiß machen, dass bei dieser Datenbankabfrage der Mensch, der diese in Auftrag erteilt (Ermittler/StA), nicht auch den Hintergedanken hat, ob es nicht doch der Freigesprochen war.
Und? Er hätte doch gleichzeitig gewusst, dass er nach damaliger Rechtslage mit einem Treffer gar nichts weiter hätte anfangen können. Es gab ja den rechtskräftigen Freispruch, und er hätte nicht damit rechnen können, dass sich die Rechtslage, gar rückwirkend, irgendwann mal ändern können. Irgendwelche bösen Ermittlungsabsichten gegen den Freigesprochenen wären unter diesem Aspekt sowieso für die Katz gewesen.

Sieh die Sache mal mehr aus dem Aspekt der Tataufklärung: Da hatte man einen bisher unaufgeklärten Mord und unbekannte DNA-Spur, die möglicherweise zum wahren Täter führte, den man ja weiter suchte. Und nun gab es die neuen technischen Möglichkeiten der DNA-Analyse auch aus wenig bzw. beschädigtem Material. Also nächster Schritt zur Tataufklärung: Analyse der gefundenen DNA mittels der neuen Technik und danach Datenbankabfrage. Hier war anscheinend eine Datenbankabfrage negativ, aber nicht alle DNAen sind bekanntlich in einer Datenbank erfasst.

Was also tun, um den Besitzer der unbekannten DNA festzustellen und damit einen Ansatz für weitere Ermitllungen zu haben und nicht fortwährend weiter im Nebel zu stochern? Genau: im nächsten Schritt lässt man die immer noch unbekannte gefundene DNA mit der von Personen abgleichen, die in den Akten schon mal als mögliche Verdächtige vorgekommen sind. Und da kam es dann im Fall Möhlmann zum Treffer. Natürlich konnte man zum damaligen Zeitpunkt und kann auch künftig aus dem Treffer nichts machen, aber man wusste damals nun jedenfalls, dass man, was den DNA-Fund betrifft, nicht weiter unter Personal- und Kostenaufwand nach einem anderen Besitzer suchen musste. Das war damals aber auch alles.

Was du offenbar forderst, nämlich den Stillstand jeglicher weiteren Tataufklärung nach einem Freispruch, weil dabei möglicherweise doch mal was Belastendes gegen den Freigesprochenen rauskommen könnte, ist absurd.

Nimm als Beispiel mal den Fall, dass irgendwann nach einem Freispruch überraschend Bildmaterial aus einer Überwachungskamera auftaucht. Darauf ist der Tathergang zu sehen, das Opfer und auch der mutmaßliche Täter. Die Bilder sind aber so unscharf, dass man den Täter nicht erkennen kann. Da es um die weitere Tataufklärung geht, lässt die Polizei von Spezialisten mit neuesten Bildbearbeitungsmethoden die Bilder so „scharf“ machen, dass man nun sowohl Opfer wie Täter erkennen kann. Und siehe da, nun ist auf den Bildern der Freigesprochene zu sehen. Machen daraus können die Ermittler nun rechtlich nichts, aber sie sind pflichtgemäß dem neuen Beweis (Bildmaterial) nachgegangen.

Hättest du bei diesem Beispielsfall auch gesagt, dass die Polizei nach auftauchen des Films aus der Überwachungskamera von vornherein keine weitere Tataufklärung hätte betreiben und den Film gar nicht erst nicht zum Bearbeiten hätte geben dürfen, weil darauf ganz ganz vielleicht der Freigesprochene hätte erscheinen können?? Und, wenn darauf nicht der Freigesprochene erschienen wäre, sondern jemand anders, diesen anderen dann nicht hätte aufspüren sollen bzw. können?

So ein vollständiges umfassendes Ermittlungsverbot bzw. komplettes Verbot der weiteren Tataufklärung lässt sich wohl kaum aus Art. 103 (3) GG ableiten und würde letztlich auch das Legalitätsprinzip ad absurdum führen. Zudem liefe es auf quasi „erzwungene“ Strafvereitelung im Amt hinaus, was den noch frei herumlaufenden wahren Täter betrifft.


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Eine Wende des Strafrechts: Der Fall F. von Möhlmann

02.11.2023 um 11:06
Zitat von LentoLento schrieb:Ja, über dieses Argument kann man diskutieren, aber das war im Fall Möhlmann gar nicht der Fall. Mindestens das LG & OLG Celle hätte sich daher mit diesem Ermittlungsverbot befassen müssen und die U-Haft ablehnen müssen.

Das gleiche gilt auch für die beiden Richter. Sie hätten dann eher sich mit diesen scheinbaren Ausnahmen befassen müssen, wo möglicherweise doch nicht gegen das Ermittlungsverbot verstoßen wurde. Dann hätte es sein können, dass sie die anderen 6 Richter für diese ganz besonderen Ausnahmefälle überzeugt hätten. Das ist jedoch nicht erfolgt. Wahrscheinlich auch nicht ganz ohne Grund.

Denn so eine „automatische“ Abfrage fällt auch nicht mal so vom Himmel, die stößt natürlich auch ein Mensch an und derjenige ist auch definitiv mit dem fall auch befasst.

Und ehrlich gesagt, mir kann niemand weiß machen, dass bei dieser Datenbankabfrage der Mensch, der diese in Auftrag erteilt (Ermittler/StA), nicht auch den Hintergedanken hat, ob es nicht doch der Freigesprochen war. Er müsste – um eben diesem Vorwurf nicht ausgesetzt zu sein – dann die Datenbankabfrage entsprechend so formulieren, dass der Freigesprochen nicht im Ergebnis auftauchen darf. Das ist aus IT-Sicht (ich bin ITler) nicht das geringste Problem, das sind Standardfunktionen von Datenbanken.

Der Fall Möhlmann zeigt ganz deutlich, wie bereit in der Realität Ermittler/StA zum Griff zu den Früchten des verbotenen Baums bereit sind. Und dass sich das LG und OLG-Gericht nicht mit diesem verfassungsmäßigen Hemmnis befasst hat, ist genauso bemerkenswert. Ich denke, das BVerfG hat nun die Früchte noch weitaus höher gehängt. Ich denke, damit ist nun Ruhe. Die Ermittler/StA werden sich in Zukunft deutlich mehr vorsehen, dass sie nicht diese sogenannte „Unerträglichkeit“ selber schaffen.
Aber ganz so ist es ja nicht gewesen, das DNA-Profil des Verdächtigen war ja im Zuge der Erkennungsdienstlichen Maßnahmen vorhanden, dass dann im Zuge der weiteren Untersuchungen so etwas abgeglichen wird ist doch normal? Selbst wenn keine Grundlage für eine weitere Verurteilung/Anklage vorhanden ist sollte es doch im Interesse aller sein zu wissen, ob ein Täter noch zu suchen/ermitteln ist.


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02.11.2023 um 11:07
Zitat von AndanteAndante schrieb:Und? Er hätte doch gleichzeitig gewusst, dass er nach damaliger Rechtslage mit einem Treffer gar nichts weiter hätte anfangen können. Es gab ja den rechtskräftigen Freispruch, und er hätte nicht damit rechnen können, dass sich die Rechtslage, gar rückwirkend, irgendwann mal ändern können. Irgendwelche bösen Ermittlungsabsichten gegen den Freigesprochenen wären unter diesem Aspekt sowieso für die Katz gewesen.

Sieh die Sache mal mehr aus dem Aspekt der Tataufklärung: Da hatte man einen bisher unaufgeklärten Mord und unbekannte DNA-Spur, die möglicherweise zum wahren Täter führte, den man ja weiter suchte. Und nun gab es die neuen technischen Möglichkeiten der DNA-Analyse auch aus wenig bzw. beschädigtem Material. Also nächster Schritt zur Tataufklärung: Analyse der gefundenen DNA mittels der neuen Technik und danach Datenbankabfrage. Hier war anscheinend eine Datenbankabfrage negativ, aber nicht alle DNAen sind bekanntlich in einer Datenbank erfasst.

Was also tun, um den Besitzer der unbekannten DNA festzustellen und damit einen Ansatz für weitere Ermitllungen zu haben und nicht fortwährend weiter im Nebel zu stochern? Genau: im nächsten Schritt lässt man die immer noch unbekannte gefundene DNA mit der von Personen abgleichen, die in den Akten schon mal als mögliche Verdächtige vorgekommen sind. Und da kam es dann im Fall Möhlmann zum Treffer. Natürlich konnte man zum damaligen Zeitpunkt und kann auch künftig aus dem Treffer nichts machen, aber man wusste damals nun jedenfalls, dass man, was den DNA-Fund betrifft, nicht weiter unter Personal- und Kostenaufwand nach einem anderen Besitzer suchen musste. Das war damals aber auch alles.

Was du offenbar forderst, nämlich den Stillstand jeglicher weiteren Tataufklärung nach einem Freispruch, weil dabei möglicherweise doch mal was Belastendes gegen den Freigesprochenen rauskommen könnte, ist absurd.

Nimm als Beispiel mal den Fall, dass irgendwann nach einem Freispruch überraschend Bildmaterial aus einer Überwachungskamera auftaucht. Darauf ist der Tathergang zu sehen, das Opfer und auch der mutmaßliche Täter. Die Bilder sind aber so unscharf, dass man den Täter nicht erkennen kann. Da es um die weitere Tataufklärung geht, lässt die Polizei von Spezialisten mit neuesten Bildbearbeitungsmethoden die Bilder so „scharf“ machen, dass man nun sowohl Opfer wie Täter erkennen kann. Und siehe da, nun ist auf den Bildern der Freigesprochene zu sehen. Machen daraus können die Ermittler nun rechtlich nichts, aber sie sind pflichtgemäß dem neuen Beweis (Bildmaterial) nachgegangen.

Hättest du bei diesem Beispielsfall auch gesagt, dass die Polizei nach auftauchen des Films aus der Überwachungskamera von vornherein keine weitere Tataufklärung hätte betreiben und den Film gar nicht erst nicht zum Bearbeiten hätte geben dürfen, weil darauf ganz ganz vielleicht der Freigesprochene hätte erscheinen können?? Und, wenn darauf nicht der Freigesprochene erschienen wäre, sondern jemand anders, diesen anderen dann nicht hätte aufspüren sollen bzw. können?

So ein vollständiges umfassendes Ermittlungsverbot bzw. komplettes Verbot der weiteren Tataufklärung lässt sich wohl kaum aus Art. 103 (3) GG ableiten und würde letztlich das Legalitätsprinzip ad absurdum führen. Zudem liefe es auf quasi „erzwungene“ Strafvereitelung im Amt hinaus, was den noch frei herumlaufenden wahren Täter betrifft.
Meine Rede, hätte das nicht besser wiedergeben können, bin da zu 1000% bei dir.


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02.11.2023 um 11:15
Zitat von mjk-17mjk-17 schrieb:Meine Rede, hätte das nicht besser wiedergeben können, bin da zu 1000% bei dir.
Ja, mir kommt in der Debatte auch der Aspekt der weiteren Verbrechensaufklärung zu kurz. Als wenn die Ermittlungsbehörden nur auf die - rechtlich gar nicht mehr mögliche und daher unsinnige - Überführung des Freigesprochenen fixiert wären und nicht auf das, was ihre eigentliche Aufgabe ist.

Klar mögen damals im Fall Möhlmann, als die gefundene DNA irgendwann Ismet K. zugeordnet werden konnte, gedacht haben „Also doch!“. Sie werden aber auch gedacht haben „Müssen wir nicht weitersuchen, wem die DNA gehört, wir wissen es jetzt“.

Das war es dann aber auch mit diesem neuen Ermittlungsansatz der unbekannten DNA. Gemacht haben die Ermittler gemäß der geltenden Rechtslage dann bekanntlich nichts daraus.Gemacht hat daraus, öffentlich und per Petition und Kontakt zur Politik, erst Vater Möhlmann, zunächst auch mit Erfolg.


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02.11.2023 um 11:25
Zitat von AndanteAndante schrieb:Ja, mir kommt in der Debatte auch der Aspekt der weiteren Verbrechensaufklärung zu kurz. Als wenn die Ermittlungsbehörden nur auf die - rechtlich gar nicht mehr mögliche und daher unsinnige - Überführung des Freigesprochenen fixiert wären und nicht auf das, was ihre eigentliche Aufgabe ist.

Klar mögen damals im Fall Möhlmann, als die gefundene DNA irgendwann Ismet K. zugeordnet werden konnte, gedacht haben „Also doch!“. Sie werden aber auch gedacht haben „Müssen wir nicht weitersuchen, wem die DNA gehört, wir wissen es jetzt“.

Das war es dann aber auch mit diesem neuen Ermittlungsansatz der unbekannten DNA. Gemacht haben die Ermittler gemäß der geltenden Rechtslage dann bekanntlich nichts daraus.Gemacht hat daraus, öffentlich und per Petition und Kontakt zur Politik, erst Vater Möhlmann, zunächst auch mit Erfolg.
Der ganze Ansatz ist auch mehr als sinnvoll, die Begrenzung auf schwerste Straftaten unter ganz engen rechtlichen Vorrausetzungen. Die Entscheidung vom BGH ist hier in meinen Augen ein ganz falsches Zeichen. Was machen wir denn jetzt als Rechtsstaat? Mit Anklagen am besten noch warten, in der Hoffnung, dass sich aufgrund von technischen Fortschritt neue Ermittlungsansätze ergeben?


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02.11.2023 um 11:40
Zitat von mjk-17mjk-17 schrieb:Was machen wir denn jetzt als Rechtsstaat? Mit Anklagen am besten noch warten, in der Hoffnung, dass sich aufgrund von technischen Fortschritt neue Ermittlungsansätze ergeben?
Mord verjährt ja nicht. Man stellt entweder, wenn es für eine Anklage nicht reicht, die Ermittlungen halt vorläufig ein und nimmt sie, sofern neues Beweismaterial auftaucht, dann wieder auf.

Oder man klagt, wenn man meint, genug Beweismaterial zu haben, halt an. Kommt es dann zum rechtskräftigen Freispruch, war es das halt, und man sucht weiter nach dem Täter. Ich denke,so blöd und fanatisch, dass er mit dem Kopf gegen die Wand rennt nicht die Tat aufklären, sondern weiter den Freigesprochenen drankriegen will, ist angesichts der geltenden Rechtslage kein Staatsanwalt.
Zitat von mjk-17mjk-17 schrieb:Der ganze Ansatz ist auch mehr als sinnvoll, die Begrenzung auf schwerste Straftaten unter ganz engen rechtlichen Vorrausetzungen. Die Entscheidung vom BGH ist hier in meinen Augen ein ganz falsches Zeichen.
Man hätte mit guten Gründen hier mE auch eine andere Entscheidung treffen können. Das Ganze war ja eine Abwägungssache zwischen verschiedenen Grundrechten und grundrechtsgleichen Gütern, wie das BVerfG in seiner Gliederung zur mündlichen Verhandlung

https://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Downloads/DE/Verhandlungsgliederungen/Wiederaufnahme_zuungunsten_des_Freigesprochenen_mv.html

klar gemacht hat. Der Abwägungsprozess ist nun bei den gesetzlich hier zur Entscheidung berufenen Richtern so ausgefallen, wie er ausgefallen ist. Der Senat hat das in der Pressemitteilung noch mal deutlich gemacht, indem er mehrfach sinngemäß von „unserer Auffassung“, „wir sind der Ansicht, dass..“ spricht. Und dass ist jetzt nun mal von allen zu akzeptieren. Ganz gewiss haben sich alle Richter ihre Entscheidung nicht leicht gemacht.


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02.11.2023 um 12:40
Ich möchte auf einen Aspekt der Entscheidung des BVerfG aufmerksam machen, der bisher hier noch nicht diskutiert wurde. Dazu nochmal der 1. Leitsatz zur Entscheidung:
Das grundrechtsgleiche Recht des Art. 103 Abs. 3 GG enthält kein bloßes Mehrfachbestrafungsverbot, sondern ein Mehrfachverfolgungsverbot, das Verurteilte wie Freigesprochene gleichermaßen schützt.
Quelle: BVerfG, Urteil des Zweiten Senats vom 31. Oktober 2023, https://www.bverfg.de/e/rs20231031_2bvr090022.html

Das BVerfG postuliert in seiner unendlichen Weisheit also ein Mehrfachverfolgungsverbot, und das ist in meinen Augen absurd. Warum?

Strafverfolgung (um die es hier geht) wird durch die Strafverfolgungsbehörden ausgeübt, also durch die Staatsanwaltschaften und die Polizeibehörden. Ein Mehrfachverfolgungsverbot kann also nur heißen, dass die Strafverfolgungsbehörde kein neues Verfahren in gleicher Sachen gegen jemand, gegen den schon einmal ermittelt wurde, einleiten kann.

Es würde also gar nicht darauf ankommen, ob jemand in einem Gerichtsverfahren freigesprochen wurde, sondern es würde schon genügen, dass ein Ermittlungsverfahren gegen jemand eingestellt wurde, damit gegen diesen nicht wieder ermittelt werden kann. Diese Problematik hat natürlich auch das BVerfG gesehen und zieht ganz schnell - bildlich gesprochen - ein Kaninchen aus dem Zylinder, nämlich den Satz "... das Verurteilte wie Freigesprochene gleichermaßen schützt." (Siehe Zitat oben). Das BVerfG beschränkt das Mehrfachverfolgungsverbot also auf Freigesprochene und Verurteilte, um die Folgen seiner - meiner Meinung nach - eigenen Fehlinterpretation des Art. 103 Abs. 3 GG zu begrenzen.

Nichts davon, also weder das Mehrfachverfolgungsverbot noch die Beschränkung auf Verurteilte wie Freigesprochene, steht aber im Art. 103 Abs. 3 GG!


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02.11.2023 um 13:02
Zitat von AndanteAndante schrieb:Sieh die Sache mal mehr aus dem Aspekt der Tataufklärung: Da hatte man einen bisher unaufgeklärten Mord und unbekannte DNA-Spur, die möglicherweise zum wahren Täter führte, den man ja weiter suchte. Und nun gab es die neuen technischen Möglichkeiten der DNA-Analyse auch aus wenig bzw. beschädigtem Material. Also nächster Schritt zur Tataufklärung: Analyse der gefundenen DNA mittels der neuen Technik und danach Datenbankabfrage. Hier war anscheinend eine Datenbankabfrage negativ, aber nicht alle DNAen sind bekanntlich in einer Datenbank erfasst.

Was also tun, um den Besitzer der unbekannten DNA festzustellen und damit einen Ansatz für weitere Ermitllungen zu haben und nicht fortwährend weiter im Nebel zu stochern? Genau: im nächsten Schritt lässt man die immer noch unbekannte gefundene DNA mit der von Personen abgleichen, die in den Akten schon mal als mögliche Verdächtige vorgekommen sind. Und da kam es dann im Fall Möhlmann zum Treffer. Natürlich konnte man zum damaligen Zeitpunkt und kann auch künftig aus dem Treffer nichts machen, aber man wusste damals nun jedenfalls, dass man, was den DNA-Fund betrifft, nicht weiter unter Personal- und Kostenaufwand nach einem anderen Besitzer suchen musste. Das war damals aber auch alles.
Eins muss man hier ganz klargestellt werden, der "möglcihe Verdächtige" ist ein freigesprochener Mann und für ihn gilt nunmal das Ermittlungsverbot.

Trotzdem, Du zeigst es sehr genau auf, wie verlockend der Griff zu den verbotenen Früchten sind. Rein theoretisch kann man es verstehen, aber es ist und bleibt nun mal verfassungswidrig.

Würde ein Dieb so wie Du vor Gericht argumentieren, dann würde er in die Gefahr laufen, dass die Strafe nicht mehr zur Bewährung ausgesprochen wird, denn jeder Richter würde bei einem solchem Vortrag klar erkennen, die Wiederholungsgefahr ist sehr hoch. Solche Begründungen sind ganz klar kontraproduktiv füpr ein mildes Urteil.


Im vorliegdnen Fall hat man nicht nur zu den verbotenen Früchten gegriffen sondern zusätzlich diese Sache publik gemacht. Der Staat (bzw. seine Handelneden) hat diesen „unerträglichen“ Zustand bewirkt, der - falls das vom Freigesprochen ausgeht –durch Punkt 4 § 362 StPO sanktioniert wird. Genaugenommen müsste für diese Handlungsweise der Staat, genaugenommen dessen Handelnden in irgendeiner Form sanktioniert werden.

Statt solche Sanktionen einzuleiten, haben die Politiker haben nun versucht das alles auf den Kopf zu stellen und sind vom BVerfG nun deutlich abgewatscht worden. Deutlicher kann es eigentlich nicht sein, denn selbst das Rückwirkungsverbot wollte der Gesetzgeber aushebeln.

Das BVerfG hat nun ganz deutliche Worte gesprochen, ich hoffe dass diese illegale Greifen nach den verbotenen Früchten nun seltener wird. Ganz wird man es nicht vermeiden können, weil – wie Du es ebenfalls schilderst – der gesetzeswidrige Griff ist einfach zu verlockend. Genau das meinte ich auch mit dem letzten Absatz meines vorherigen Beitrages, die Verlockung ist sehr groß. Gerade weil die so groß ist, sollte man überlegen diesen illegalen Griff strafrechttlich verfolgen.das wäre eigentlich schon eine Überlegung Wert.


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