Unbekannter_2 schrieb:Uns fehlen wichtige Informationen, die die Ermittler nicht veröffentlicht haben.
Das macht alles so schwammig...
- Warum wurde Weber entlastet?
- Wer war noch im Gebäude, Anruf bei XY?
- Welche Eingangsmöglichkeiten außer der Haupttür gab es?
- Wer hatte überhaupt ein Motiv für die Tat und welches ist das?
- Stolz wird als eher unauffällig, aber gewissenhaft und zuvorkommend beschrieben. Welchen Grund könnte es geben, ihn zu ermorden? Und das so brutal!
- Waffenkammer, Geheiminformationen etc. Scheiden wohl aus.
- Verwechslung ist unwahrscheinlich.
- Private Gründe ausgerechnet in einer Kaserne ausgetragen?
- Dienstlich eher. Aber hätte dann nicht der Täter einen Zugang zum Gebäude gehabt, der völlig erklärlich gewesen wäre. Er hätte nicht flüchten müssen.
- Wurde das Kasernengelände inklusive Mülltonnen etc. Durchkämmt auf der Suche nach blutverschmierter Kleidung, Tatwaffe, etc.? Davon ist doch wohl im Jahre 1989 auszugehen. Da reicht eine Hundestaffel und die sollte in Köln damals verfügbar gewesen sein...
Was war das genaue Ergebnis ?
Da Du Dir schon die Arbeit gemacht hast, alle offenen Fragen so schön zusammenzustellen, will ich das mal dazu nutzen, meine eigenen Ideen zum Fall darzustellen. Vorher aber noch eine allgemeine Anmerkung: Ich glaube, wir sollten die Tatsache, dass die Polizei in diesem Fall nur relativ wenige Informationen herausgegeben hat, nicht überbewerten. Die Polizei ist ja nicht dazu da, und TrueCrime-Fans beim Rätseln zu helfen, sondern will mit iher Öffentlichkeitsarbeit vor allem eines erreichen - eventuelle Zeugen und Mitwisser ansprechen. Und wenn eine Information nicht zur Gewinnung von Zeugen geeignet ist oder sie sogar erschwert, dann gibt es für die Polizei keinen Grund, sie an die Öffentlichkeit zu bringen. Darüber hinaus kann es in Einzelfällen schwierig sein, Informationen herauszugeben, ohne dabei auch das berühmte "Täterwissen" preiszugeben. Auch das kann ein Grund für die Zurückhaltung der Polizei in diesem Fall sein.
Aber jetzt zu den von Dir zusammengestellten Fragen:
Warum wurde "Weber" von der Polizei entlastet? Ein wirklich handfester Entlastungsgrund wäre wohl nur ein Alibi. Und ich persönlich halte es für durchaus möglich, dass "Weber" eines hatte: entweder von seiner Freundin oder von irgendwelchen Trinkkumpanen, mit denen er die Nacht außerhalb der Kaserne verbracht hat. Dass der Öffentlichkeit nichts über so ein Alibi gesagt würde, ist klar, weil damit - neben den schon oben genannten Gründen - Webers Persönlichkeitsrechte verletzt werden würden. Es geht niemanden etwas an, was er wo und mit wem außerhalb der Kaserne gemacht hat. (Und es wussten damals ja viele Leute, wie "Weber" wirklich heißt).
Nächste Frage: Was ist mit dem Anruf bei xy, der von einer dritten Person im Gebäude berichtet? Ich messe diesem Anruf inzwischen kaum noch Bedeutung bei. Die allermeisten Anrufe während oder nach der Sendung stellen sich ja später als falsch oder irrelevant heraus. Nur ein Bruchteil aller Anrufe hlft der Polizei in irgendeiner Weise weiter. Ich kann mich natürlich täuschen, aber ich glaube, dass wir inzwischen mehr über den Fall gehört hätten, wenn der Anruf tatsächlich hilfreich gewesen wäre und z.B. zu neuen Vernehmungen geführt hätte.
Nächste Frage: Wer hatte überhaupt ein Motiv für die Tat bzw. wer sah für sich einen Grund, den harmlosen Normalo N.S. umzubrigen. Ich fürchte, da weiß die Polizei ganz genauso viel bzw. wenig wie wir. Ich glaube nicht, dass die Polizei in dieser Hinsicht irgendetwas zurückhält. Es kommen im Prinzip beinahe alle Motive in Frage, die man bei Tötungsdelikten so antrifft: Eifersucht, Rache, Verdeckungsabsicht, Mordlust etc. Nur Habgier scheidet hier wohl aus. Ich persönlich glaube an ein Motiv aus dem Bereich Liebe - Sex - Eifersucht, aber das ist nur ein Gefühl; konkrete Indizien kann ich dafür nicht nennen.
Nächste Frage: Was ist mit der Waffenkammer? Sehe ich so wie Du: Spielt keine Rolle.
Was ist mit Verwechslung? Stimme ich Dir auch zu - sehr, sehr unwahrscheinlich. (Es gibt überhaupt in der Kriminalgeschichte nur ganz, ganz wenige Fälle, in denen aus Versehen der Falsche getötet wurde. Das Motiv stammt eher aus Kriminalromanen oder Jura-Klausuren).
Nächste Frage: Ein privates Motiv wird ausgerechnet in einer Kaserne "ausgelebt"? Ja, das ist wohl die ganz große Frage dieses Falles. Kommt jemand, der noch nie in einer Kaserne war, und N.S. nur aus dem zivilen Leben kannte, überhaupt auf die Idee, so einen Mordplan in einer Kaserne umzusetzen? Und - vor allem - traut er sich? Ich kann mir das kaum vorstellen. Andererseits waren seinerzeit Millionen junger Männer bei der Bundeswehr (entweder aktuell oder früher) und kannten die Sicherheitsmaßnahmen und Gebäudestrukturen in Kasernen. Auch wenn der Täter drei Jahre vor dem Mord gedient hatte, und vielleicht auch in einer anderen Kaserne, fühlte er sich vielleicht trotzdem sicher genug in jener Umgebung. Aber da ist jetzt wirklich viel Spekulation im Spiel - zumal wir ja auch gar nicht wissen, ob irgendetwas an dem Tötungsdelikt geplant war, oder man es mit einer spontanen Eskalation zu tun hat.
Nächste Frage: Wurde das gesamte Kasernengelände durchsucht (ob mit Hunden oder ohne)? Ja, auch das wissen wir nicht, aber hier würde ich denken, dass das ziemlich sicher gemacht wurde. Warum sollte man es nicht machen? Allerdings ist bei solchen Suchen natürlich immer die Frage, wie intensiv sie betrieben wird, mit wieviel Personal und wie lange. Eine Kaserne, auch wenn es eine eher kleinere ist, bietet schon viele Verstecke ...
Insgesamt ist der Fall Norbert Stolz einer der merkwürdigsten Fälle hier im Forum: Die Polizei kriegt auf dem Silbertablett einen Tatverdächtigen serviert - Schütze Weber -, aber entlastet diesen Tatverdächtigen schnell, kommt dann aber nicht den kleinsten Schritt weiter. Es ist nicht einmal klar, ob es sich um einen lange geplanten Mord oder eine Kurzschlusshandlung handelt. Sicherheit und Disziplin in der Kaserne sind unter aller Sau, aber man weiß nicht einmal, ob das die Tat ermöglicht oder erleichtert hat. Das Opfer wird uns als - nahezu stereotypisch - nett, hilfsbereit und zuverlässig präsentiert, verdient aber in den Augen eines (wie auch immer gestörten) Mitmenschen den Tod. Der Tatort erscheint den meisten Foristen hier als Ort mit hohem Entdeckungsrisiko für den Täter, der Täter aber sieht das anscheinend anders; vielleicht, weil er das System und das Gebäude kennt, vielleicht, weil er sich überschätzt, vielleicht, weil die Wut alles überlagert. In jedem Fall hat er sehr viel Glück gehabt. Kann der Täter noch gefasst werden? Ich persönlich habe da wenig Hoffnung, weil ich auch nicht glaube, dass es Mitwisser gibt. Ich habe das Bild von einem "einsamen Wolf" im Kopf, wenn ich an den Täter denke. Aber auch das ist natürlich nur ein Gefühl ...