@xyfan72xyfan72 schrieb:Was hast Du den für ARGUMENTE gegen ihre Schuld?
Das ist eine in einem rechtsstaatlichen Strafprozess völlig untaugliche Fragestellung.
Die Frage ist immer: Was hast Du für Argumente gegen ihre Unschuld?, von der nämlich prinzipiell und sogar im Zweifel auszugehen ist.
Um mich selbst aus einer PN zu zitieren:
Ich bin mir auch relativ sicher, dass - falls HS verurteilt wird - der Richter (nach allem was ich bisher so von ihm mitbelommen habe) sein Urteil nicht darauf stützen wird, ob sie hinsichtlich des Alibis oder sonstiger Umstände gelogen hat, sondern auf andere Indizien. Wenn er sie verurteilt, wird er das auf das Tatmotiv, das schlechte Verhältnis der HS zu ihrer Schwiegermutter, die eventuell drohende Enterbung oder Einstellung der Unterstützung, die Äußerungen der HS vor der Tat zum Thema Auftragsmörder etc., die Geschichte mit dem Leihauto usw. stützen. Dann wird er feststellen, dass dieser Indizienkette nicht durch ein Alibi der Boden entzogen wird. Die Lüge hinsichtlich des Alibis wird da insofern keine Erwähnung finden, warum auch, die gefährdet nur das Urteil im Revisionsverfahren. Dabei ist festzuhalten, dass viele der oben genannten Punkte davon abhängen, ob der Richter die entsprechenden Zeugen überhaupt für glaubwürdig hält.
Wenn er sie freispricht, wird er voraussichtlich viele der oben genannten Punkte nicht als erwiesen ansehen, insbesondere von scherzhaften Äußerungen ausgehen und bestimmte Belastungszeugen als weniger glaubwürdig einstufen (obwohl das für einen Freispruch noch nichtmal zwingend wäre). Er wird auf die Lücken in der Darstellung verweisen: fehlende DNA am Tatort, fehlende Tatwaffe, keine klare Selbstbelastung in den abgehörten Gesprächen, keine Hinweise darauf, dass HS überhaupt etwas von der Enterbung wusste, dass die Enterbung an sich angesichts der Erbmasse wohl sowieso kein Problem dargestellt hätte (selbst wenn man eine Anrechnung der bisherigen Zuwendungen auf den Pflichtteil animmt), keine Hinweise darauf, dass HS den BMW reparierte und dieser ja ohne Reparatur an sich nach Aussage des Werkstattleiters fahruntüchtig war bzw. diese lange Fahrt dann entsprechende Spuren hinterlassen hätte, usw. Auch hier würde mE weder Alibi noch Lüge darüber großartig thematisiert werden.
Die Frage, ob sie verurteilt wird, wird nicht von ihren Lügen abhängen, sondern allein von der subjektiven Einschätzung des Richters hinsichtlich der Zeugen und ob die sich daraus ergebenden akkumulierten Belastungsmomente insgesamt ausreichend sind, um eine Tat der HS anzunehmen. Ein Alibi ist immer ein Auschließungsgrund, aber eben kein Alleinstellungsmerkmal eines Täters. Und eine Lüge über dasselbe eben auch nicht.
Hier nochmal das Urteil zum Nachlesen:
http://www.hrr-strafrecht.de/hrr/2/95/2-137-95.php