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7.166 Beiträge ▪ Schlüsselwörter: Bücher, Lesen, Literatur ▪ Abonnieren: Feed E-Mail

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17.07.2022 um 08:40
Memento:

von P.J. Tracy



Manchmal erlöst nur der Tod.
Es muss ja nicht der eigene sein..
Schneemannwettbewerb in Minneapolis. Auch die beiden Detectives Leo Magozzi und Gino Rolseth bauen fleißig mit, als plötzlich ein Kind wie am Spieß zu schreien beginnt. Die Mittagssonne hat einen Schneemann zum Schmelzen gebracht und sein makabres Innen-leben enthüllt – einen toten Polizisten. Als einen Tag später eine zweite Leiche in einem Schneemann in Dundas County entdeckt wird, machen sich die Detectives Leo Magozzi und Gino Rolseth inmitten eines Blizzards auf den Weg nach Norden. Dort, am gefühlten Ende der Welt, entdecken sie mehr, als ihnen lieb ist …

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17.07.2022 um 16:30
Pötzsch, Oliver - Der Spielmann

Dr. Faustus, der eine historische Figur ist, bildet den Erzählhintergrund des Romans. In seiner Jugend gerät der junge Faustus in die Fänge eines mysteriösen schwarzen Mannes, der ihn in die Chiromantik, die Astrologie und ähnliches einweiht. Dem jungen Faustus wird die Sache nach und nach unheimlich, er flieht nach einem erschöpfenden Ritual, das alle noch schlafen läßt. Er schließt sich einer Gauklertruppe an, die nach Italien zieht. Gelingt es ihm wirklich, dem schwarzen Mann, Tonio de Moravia zu entkommen? Das müßt ihr selbst lesen.....


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18.07.2022 um 14:21
David Schmiedel - Du sollst nicht morden

Schmiedel-morden

Diese (gekürzte) Version von Schmiedels Dissertation über die Auswirkungen des Russlandfeldzugs auf den Glauben von Wehrmachtssoldaten bzw. Frontpriestern hinterlässt zwiespältige Eindrücke. Nach einer Einführung in den Quellencorpus (Feldpostbriefe, Tagebücher, Tätigkeits- wie Seelsorgeberichte von Priestern, mündliche wie schriftliche Erinnerungen) und die Haltung der katholischen wie evangelischen Kirche zum NS-Regime wird anhand eines schmalen Textcorupus (insgesamt 52 Personen) versucht, Verallgemeinerungen zu ziehen, was meiner Ansicht nach nicht möglich ist, da der Autor sich letztlich auf das Paraphrasieren und Deuten von Textausschnitten beschränkt.

Nicht akzeptabel und ein Ärgernis ist die Veröffentlichungsqualität. Das Buch strotzt vor Sachfehlern (Datierungen sind zeitweise absurd), Grammatikfehlern (darunter unvollständige Sätze), Rechtschreibfehlern. Da Fehler in Zitaten aus den Quellen nicht gekennzeichnet sind (üblicherweise mit sic!), ist dieses Buch letztlich ein Sachbuch und für die Wissenschaft als vertrauenswürdige Quelle wertlos. Für ein Buch, das in Papierform 50 Euro und als PDF 45 Euro kostet, beschämend. Ob der Autor selbst ein fehlerhaftes Manuskript eingereicht hat oder das Lektorat aus ignoranten Analphabet:innen bestanden hat, ist dabei irrelevant. Für die Wissenschaft und zu so einem Preis hat das Buch fehlerfrei zu sein.

Da das Buch thematisch nach den zehn göttlichen Eigenschaften (groß, ewig, allmächtig, allgegenwärtig, allweise, allwissend, heilig, gerecht, barmherzig, treu) strukturiert ist, ist auch schwerlich ein Überblick zu erhalten, da zwischen den wenigen Autoren, die zitiert werden, immer wieder hin- und hergesprungen wird. Für mich am interessantesten sind die Quellenauszüge, welche Kriegsverbrechen (Plünderung und Zerstörung von Zivilisteneigentum, Behandlung von Kriegsgefangenen, Erschießungen sowie die systematische Ermordung der jüdischen Bevölkerung) dokumentiert sind. Eine komplette Zensur war bei insgesamt etwa 20 Mio Feldpostbriefen täglich bzw. in Tagebucheintragungen nicht möglich. Damit erbringt diese Arbeit auf jeden Fall den Beleg, dass über Kriegsverbrechen auch in der kämpfenden Truppe der Wehrmacht Kenntnis herrschte bzw. diese auch daran beteiligt war.

Die Ausflucht, dass aufgrund eines Befehlsnotstands eine Nichtbeteiligung an Verbrechen das eigene Leben in Gefahr gebracht hätte, lässt Schmiedel nicht gelten. Solche Gesetze hat es nicht gegeben und es ist - auch in anderen wisssenschaftlichen Werken - belegt, dass es Möglichkeiten gab, sich nicht an Morden zu beteiligen. Eine Verhinderung war jedoch kaum möglich. Aber immerhin stellt sich damit auch die Frage nach der eigenen Schuld, für Gläubige durchaus ein Problem, wie Kriegsdokumente mehrfach zeigen.

So ein Beispiel aus dem Polenfeldzug, verfasst vom Diplomatensohn Hartmut von Hentig:
Man war Besatzungsmacht, war in einem Gewaltsam unterworfenen Land, in dem wir obendrein zum Marodieren angehalten wurden. |...| Nun, ich habe erlebt, wie meine Einheit ein polnisches Dorf geplündert und dann angezündet hat. So etwas bleibt nicht ohne Eindruck, vor allem dann nicht, wenn man selbst nicht mitgemacht hat.
Dennoch gab es Gruppendruck, wie Hentig notierte:
Alle haben es gespürt: Der Hentig macht nicht mit! ... Untauglich, einsam, verachtet - dieses Rolle war weit entfernt von der Bewährung, die ich suchte.
Über den Russlandfeldzug sind oft sehr explizite Dokumente überliefert.
Die Sowjets sollen zahlreich Ukrainer umgebracht haben, wie 1919! Darum wird jeder gefangene Funktionär erschossen. (Leutnant Heinz Reisig, Feldpostbrief, 29. Juni 1941)
Gestern abend haben wir gesessen und gesprochen - über Dinge um derentwillen man sich schämen muß, Deutscher zu sein. Was man hier so erfährt, wie dem auswählten‹ Volk mitgespielt wird. Das hat nichts mehr mit Antisemitismus zu tun, das ist Unmenschlichkeit, wie man sie im XX. Jahrhundert, dem "aufgeklärten, modernen Zeitalter", nicht mehr für möglich halten sollte. (Leutnant Eugen Apel, Feldpostbrief, 24. März 1942)
Die bei den Absatzbewegungen erforderlichen Zerstörungen der kriegswichtigen Betriebe und Nahrungsreserven nehmen zur Zeit einen Umfang an, der zu den schwersten Bedenken Anlass gibt. Wenn vor den Augen der Zivilbevölkerung die Wohnstätten angezündet werden, wenn Hühner, Schweine, Kälber und Kühe zu
Hunderten an den Wegen und auf den Wiesen liegen, ganz zu schweigen von den Ausschreitungen, die zwangsläufig nebenher gehen, dann fragen sich viele besonnene Offiziere und Männern, ob der moralische Schaden, den dadurch unsere Soldaten und unser Volk nehmen, nicht doch grösser sei als der kriegerische Gewinn, der dabei erzielt wird. (Divisionspfarrer Mehring, Seelsorgebericht, 1. Oktober 1943)
Die Leichen, die man früher regellos auf einen Haufen warf, werden bereits, so gut es geht, aussortiert und über das halbe Tausend erschossener Juden hat man schon Kalk gefahren. Was im einzelnen noch hier geschah, -davon zu schreiben, ist nicht der rechte Ort. (Hans Ahrens, Feldpostbrief, 21. März 1942)
Wir sahen, wie die Juden arbeiten mußten, Kohlen abladen mit den Händen, eine Schaufel dürfen sie nicht in die Hand nehmen, man bearbeitete sie mit Gewehrkolben ganz unbarmherzig. Jeden Morgen müssen sie 10 Schritte laufen; wer das noch kann, ist arbeitsfähig; wer es nicht kann, wird erschossen. Sie drängen sich förmlich zur Arbeit, weil sie sonst geholt werden. Vor kurzem seien 60 000 Tuden nach Lublin verschickt, und in der Gaskammer umgebracht worden. (Pfarrer Wilhelm Schwermer, Tagebucheintrag, 24. Dezember 1942)
»In Witebsk wurden 5000 bis 6000 Juden erschossen. Gefangene, die einen anderen Russen beerdigen sollten, zogen ihm die Kleider aus, und schnitten sich ein Stück von ihm ab, zerkleinerten es, kochten und assen es!(Divisionspfarrer Steppich, Kriegstagebuch, 18. Oktober 1941)
Welche Schicksale spielen sich aber mit den vielen Tausenden von Gefangenen ab: Sie fallen erschöpft auf der Strasse um. Man hört das Schreien und Schiessen. Und wenn einer auf der Strasse liegt, dann raufen sich die Umstehenden um seine Schuhe und Kleider! Der Mensch wird zum Tier. Auf der Autobahn werden 30 000 Gefangenen vorbei geführt. Es ist ein Zug des Elends. Viele können nicht mehr marschieren. Sie behaupten, seit 6 Tagen nichts mehr gegessen zu haben. Sie schreien. Wer die Reihe verlässt, wird erschossen. Durch die Nacht klingt das unheimliche Marschieren, Jammern und Schießen. (Divisionspfarrer Steppich, Kriegstagebuch, 19. Oktober 1941)
Von 40 000 Juden in Wilna sollen nur noch 6000 am Leben bleiben! Wie furchtbar ist das. Man schämt sich
für solches Tun deutscher Menschen. Das Essen will nicht mehr schmecken. Die Juden werden jeweils im Ghetto abgeholt: Männer, Frauen und Kinder. Sie werden von litauischer Miliz unter deutscher Polizeiaufsicht rausgeführt, müssen sich die Gräber schaufeln, werden wütend geschlagen und dann erschossen. Die nächste Reihe muss erst die Toten in die Löcher legen und zuschaufeln, dann werden sie selbst umgebracht! (Divisionspfarrer Steppich, Kriegstagebuch, 27. Oktober 1941)



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19.07.2022 um 12:48
One Small Mistake (Dandy Smith)
Derzeit kostenlos über Prime Reading


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https://www.goodreads.com/book/show/58657769-one-small-mistake

Elodie ist 28 Jahre alt und wollte immer schon Schriftstellerin werden. Sie hatte aber nie den Mut dazu, weil ihre Eltern besondere Erwartungen an ihre Kinder haben und ihre eigenen Wünsche stark auf diese projizieren.

Erst durch den Tod ihres Lebensgefährten Noah, der immer an ihr Talent geglaubt und sie darin bestärkt hatte, ihrem Traum zu folgen, findet sie den Mut, ihre Karriere im Marketing aufzugeben und ein Buch zu schreiben. Leider findet sich kein Verleger dafür, jeder bescheinigt Elodie großes Talent, jedoch würden sich Liebesgeschichten derzeit schlecht verkaufen. Der Renner sei derzeit True Crime.

Elodie macht den Fehler, ihre beste Freundin im Glauben zu lassen, sie habe einen Verleger gefunden, weil sie sich immer im Schatten ihrer älteren Schwester wähnt und denkt, ihre Eltern würden diese mehr lieben, weil sie das perfekte Leben hat. Die Freundin erzählt das brühwarm weiter und Elodie befindet sich in einer ganz dummen Situation. Ihr bester Freund Jack macht ihr einen verrückten Vorschlag.

Also wird ein Plan geboren, der sehr schief geht.

Das Buch war spannend, aber die Handlung vorhersehbar. Die großen Enthüllungen vom Ende hatte ich schon vor der Hälfte erraten.

Was ich fast interessanter fand, waren die Gedanken, die sich immer wieder in die Geschichte schlichen: wie viel Eltern anrichten können bei ihren Kindern. Sei es nun, weil sie überzogene Erwartungen an ihre Kinder haben oder weil sie ein Kind bevorzugen. Der Druck, der auf Frauen lastet, entweder Karriere zu machen oder Kinder zu bekommen. Garniert mit Aussagen, die garantiert schon jede Frau einmal gehört hat:

"Wann ist es denn soweit?"
"Du bist Hausfrau, du hast doch eh nichts zu tun! Bekomm wenigstens ein Kind!"
"Du hast keine Kinder, du weißt gar nicht, wie das ist."
"Du bist müde? Warte erst einmal, bis du ein Baby hast! Erst dann weißt du, was müde sein bedeutet!"
"Bevor man Kinder hat, weiß man gar nicht, was Liebe ist. Keine Liebe ist wie Mutterliebe""
"Du solltest dich ranhalten, dir biologische Uhr tickt! Immerhin bist du schon 30!"
...

Andere Frauen sind anscheinend die härtesten Kritikerinnen von Frauen und das geht aus der Nebenhandlung deutlich hervor. Anscheinend neigen gerade Frauen dazu, anderen Frauen ihren Lebensentwurf überstülpen zu wollen, weil sie diesen für den einzig wahren halten.


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20.07.2022 um 12:08
Das Ferienhaus - Und du denkst, du bist sicher:



von C.M. Ewan

Als Tom Sullivan nachts um zwei ein Fenster zerbrechen hört, werden seine schlimmsten Albträume Wirklichkeit: Jemand ist ins Haus eingedrungen und trachtet ihm und seiner Familie nach dem Leben. Sein Feriendomizil mitten im schottischen Nirgendwo, das eigentlich für ein paar Wochen zu einem beschaulichen Urlaubsort werden sollte, bietet keinen Ausweg. Eine atemberaubende Verfolgungsjagd beginnt, während der sich Tom mehr als einmal fragt, ob er denen, die ihm am nächsten sind, wirklich vertrauen kann. Seine Ehefrau Rachel beispielsweise scheint irgendetwas vor ihm zu verbergen ...

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21.07.2022 um 15:13
Primo Levi - Das periodische System

Levi-periodisch

Dieser Erzählband des italienischen Chemikers jüdischer Herkunft Primo Levi enthält 21, meist autobiographische Erzählungen, die nach chemischen Elementen benannt sind. Im Fokus liegt dabei sein Lebensweg als Chemiker. 2006 wählte die Royal Institution of Great Britain dieses Werk zum besten Wissenschaftsbuch aller Zeiten.

Levi ist 1919 in Turin geboren und erzählt in der ersten Geschichte (Argon) über die Herkunft der piemontesischen Juden aus Spanien, von wo sie Ende des 15. Jahrhunderts fliehen mussten, und über zum Teil sehr skurrile Ahnen. Das Chemiestudium beendete er mit Auszeichnung, obwohl Juden bereits verboten war, einen Bildungsgrad zu erlangen. Die Turiner Universität stempelte "Jude" auf das Zertifikat. Während des Studiums freundet er sich mit einem wilden Bergsteiger namens Sandro an, unternahm Touren und sie schlossen sich einer antifaschistischen Widerstandsgruppe an. Sandro wurde auf offener Straße erschossen.

Dieses Bild zeigt Levi 1941 bei einer seiner Radtouren:

levi-bike-1941Original anzeigen (0,2 MB)
Bild: Bianca Guidetti Serra, coll. Ian Thomson, online auf journals.openedition.org

Diese beiden Bilder zeigen Sandro Delmastro am Berg:

Sandro-Delmastro-Monte-Thabor
Bild: borborigmi.org

Sandro-Delmastro-Ago-delle-Sengie-Gran-p
Bild: borborigmi.org

Über Sandro schreibt Levi:
Sandro - das war Sandro Delmastro, der erste, der vom Piemontesischen Militärkommando der Aktionspartei fiel. Nach einigen äußerst spannungsgeladenen Monaten wurde er im April 1944 von den Faschisten gefangengenommen, er gab aber nicht auf und versuchte, aus dem Liktorenhaus von Cunco zu fliehen. Eine Maschinengewehrsalve traf ihn ins Genick, abgefeuert von einem scheußlichen kindlichen Henker, einem jener unglücklichen fünfzehnjährigen Schergen, die die Republik von Salô in den Besserungsanstalten gedungen hatte. Lange blieb sein Leichnam mitten auf der Straße liegen, da die Faschisten den Einwohnern verboten hatten, ihn zu beerdigen.
Als exzellenter Destillierer und Analytiker wird er 1941 - auch entgegen der italienischen "Judengesetze" - in der Asbestmine Balangero (Wikipedia) bei Turin angeheuert, wo er aus dem Abraum Nickel herausholen soll, da der Weltmarktpreis sehr hoch ist. Die Arbeitsbedingungen in dieser Mine sind mehr oder weniger höllisch. 1942 wird Levi von einem Schweizer Pharmakonzern abgeworben, in dessen Mailänder Dependence er an der Entwicklung eines oralen Diabetesmittel auf Pflanzen- bzw. Mineralbasis arbeiten soll.

Die Besetzung Norditaliens durch die deutsche Wehrmacht und die Bildung des Marionettenstaats Italienische Sozialrepublik (Republik von Salo) änderte alles. 1944 wurde Levi nach Auschwitz deportiert, überlebte als Chemiker die Selektion und wurde im Buna-Werk von Auschwitz-Monowitz eingesetzt. Im Kapitel Cer beschreibt er, wie er dieses Mineral aus dem Werk geschmuggelt und gegen Brotrationen weiterverkauft hat. Ihm dürften diese zusätzlichen Brotrationen das Leben gerettet haben. Ebenso wie Scharlach: Aufgrund dieser Krankheit wurde er nicht auf die Todesmärsche in Richtung Alpenraum geschickt und konnte bis zur Befreiung überleben. Sein Kumpane hatte nicht dasselbe Glück, er starb auf einem der Märsche.

Im vorletzten Kapitel Vanadium kommt Levi wieder auf die Zeit in Auschwitz-Monowitz zurück. In einem Streit mit einer deutschen Chemiefirma, die Grundstoffe zur Lackproduktion liefert, wegen fehlerhafter Chargen findet er heraus, dass der mit ihm korrespondierende Lothar Müller sein Aufseher in Auschwitz-Monowitz war, der ihm auch manche Gefälligkeiten zukommen ließ (zum Beispiel Lederschuhe). Er schreibt ihn privat an, ist aber über Formulierungen entsetzt, mit denen sich Müller reinwaschen will. Vor einem möglichen Treffen in Italien verstirbt Müller.

Ziemlich verbittert schreibt Levi:
In seinem ersten Brief hatte er von »Bewältigung der Vergangenheit« gesprochen: ich erfuhr später, daß dies eine stereotype Redewendung im heutigen Deutschland ist, ein Euphemismus, der gemeinhin als »Freisprechung vom Faschismus« begriffen wird; aber die in dem Ausdruck enthaltene Wurzel »walt« erscheint auch in anderen Worten, wie Gewaltherrschaft, Gewaltanwendung. Vergewaltigung, und ich glaube, würde man den Begriff mit
»Verdrehung der Vergangenheit« oder »Vergewaltigung der Vergangenheit« umschreiben, ginge man nicht weit an seiner tieferen Bedeutung vorbei.
[...]
Ich gab zu, daß nicht jeder als Held geboren wird und daß eine Welt, in der alle so wie er wären, das heißt ehrlich und wehrlos, durchaus erträglich, jedoch eine irreale Welt wäre. In der wirklichen Welt gibt es Wehrhafte, sie bauen Auschwitz, und die Ehrlichen und Wehrlosen ebnen ihnen den Weg; deshalb muß sich jeder Deutsche, ja jeder Mensch für Auschwitz verantworten, und nach Auschwitz ist Wehrlosigkeit nicht mehr zulässig.
Mit diesem Kapitel sind wir bei der Frage von Dichtung und Wahrheit. Lothar Müller ist ein Pseudonym für Ferdinand Meyer, dem Chefchemiker von IG Farben in Auschwitz-Monowitz. Mit ihm stand Levi wirklich im Briefwechsel (siehe Enzo Traverso in einem Artikel des Wiener Wiesenthal-Instituts). Eingefädelt hatte diesen Kontakt eine interessante Korrespondenzfreundschaft mit der Chemikerin Hety Schmitt-Maaß (Info auf der Seite des Stadtteilmuseums WI-Klarenthal), deren geschiedener Ehemann bei IG Farben als Chemiker arbeitete. Einen interessanten Artikel schrieb der Levi-Biograph Ian Thomson 2007 im britischen Guardian.

Zurück zur Chronologie. Die Nachkriegsjahre waren schwierig für Levi. Zunächst arbeitete er in einer Turiner Lackfabrik, ein Versuch als Selbständiger scheiterte, nach dem Wiedereinstieg in die Fabrikswelt arbeitet er sich bis zum Technischen Direktor hoch. Die einzelnen Kapitel sind nie jammernd geschrieben (die Zustände sind oft himmelschreiend), sondern auf ihre trockene Art und Weise zum Teil hochamüsant und geben einen tiefen Einblick in die Wirtschaftswelt Italiens und Europas der Nachkriegszeit.

Abgeschlossen wird der Erzählband mit dem Kapitel Kohlenstoff. In ihm preist er dieses Element als das Grundlegende für das Leben auf Erden. Den Kohlenstoffzyklus beschreibt er anhand eines Atoms: 1840 aus einem Kalkstein freigesetzt, durchläuft es mehrfach den Prozess der Photosynthese, bis es zuletzt während des Schreibprozesses im Gehirn von Primo Levi landet.

Anfang der 70er Jahre war zwar die Gefahr der Verbrennung fossilen Kohlenstoffs noch nicht so in Diskussion wie heute, aber dennoch ist eine Passage nachdenkenswert. Wenn der Mensch es der Natur gleichtäte und Kohlenstoff aus der Luft gewänne, wäre er gottgleich. Alle Probleme des Hungers wären gelöst. Warum gibt es keine Bestrebungen in diese Richtung, obwohl zumindest in Theorie die technisches Voraussetzungen gegeben wären? Levi begründet es mit Bequemlichkeit.
Der Mensch hat, bewußt oder unbewußt, bisher noch nicht versucht, auf diesem Gebiet mit der Natur zu wetteifern, das heißt, er hat sich nicht bemüht, dem Kohlendioxyd der Luft den Kohlenstoff zu entziehen, den er benötigt, um sich zu nähren, zu kleiden, zu wärmen und zur Befriedigung der hundert anderen raffinierteren Bedürfnisse des modernen Lebens. Er hat es nicht getan, weil er es nicht brauchte: er hat bisher riesige Reserven organisch aufgeschlossenen oder zumindest reduzierten Kohlenstoffs gefunden und findet sie noch (aber wieviel Jahrzehnte wohl noch?).
Zwei Kapitel, die nach der Episode im Turiner Asbestbergwerk angesiedelt sind, sind rein fiktiv und parabelhaft. Das eine nennt sich Blei und handelt von einem germanischen (mittelalterlichen) Bleisucher, der sein Paradies in Sardinien sucht und findet (Parabel auf den deutschen Imperalismus?). Das andere heißt Quecksilber, spielt auf der einsamen Insel Trostlosigkeit im Südatlantik, nachgestaltet der real existierenden Insel Tristan da Cunha (Wikipedia). Auf ihr lebt ein Korporal Abrahams alleine mit seiner Frau, besucht wird er einmal jährlich von einem Walfängerschiff, das eines Tages zwei Holländer auf die Insel bringt, zwei Italiener überleben eine Schiffsunglück und siedeln sich ebenso an. Vier Männer und eine Frau. Nach einem Vulkanausbruch wird in einer Höhle massenhaft Quecksilber entdeckt, damit werden über den Kapitän des Walfängers vier Frauen gekauft, und die Paare werden gemischt. Abrahams nimmt eine neue Frau, die wiederum sich mit einem Holländer liiert, den sie liebt.


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25.07.2022 um 12:39
CYMERA 20220725 123835Original anzeigen (2,2 MB)

6ter Teil *.*
Los geht's :lv:


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25.07.2022 um 15:17
Momentan ist 'Radetzkymarsch' von Joseph Roth die bevorzugte Literatur.

In dem Buch geht um die Familie Trotta und deren Vertreter dreier Generationen die den Niedergang Österreichs Ungarns und der Monarchie inform des greisen Kaisers Franz Joseph begleiten und erleben.
Hat der Großvater noch den jungen Kaiser heroisch in Solferino das Leben gerettet und dann dafür gesorgt dass seine Heldentat, die ihm Position und Adel bracht, vergessen wurde.
So stirbt der Enkel ganz profan als er für seine Soldaten Wasser holen wollte im ersten Weltkrieg.
Und zwei Jahre später dessen Vater, am gleichen Tage wie Franz Joseph.


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27.07.2022 um 02:16
Der Aufbau des Römischen Reiches (Fischer Weltgeschichte Bd. 7)

FischerWG-7

Dieser 1966 unter der Leitung des französischen Althistorikers Pierre Grimal erschiene Band ist nach dem faszinierenden sechsten Band ein Setback bezüglich Zugänglichkeit. Strukturierungen finden eher im Kopf der Autoren statt. Inhaltlich spannt der Band die Geschichte Roms vom Ende des Zweiten Punischen Krieges bis zum Tod des Kaisers Augustus im Jahr 14 n. Chr. und widmet gesonderte Kapitel den Hispaniern, Kelten, Germanen, Skythen, Dakern und Parthern.

Ausgangspunkt ist die Schlacht bei Zama 202 v. Chr., nach der Hannibal geflohen ist. Karthago ist ausgeschaltet, Rom die einzige Macht im Okzident. Innerhalb Roms ist der Streit zwischen den alten Adeligen (Patriziern) und dem Rest (Plebejern) mal beigelegt, die sozialen Trennschichten verlaufen nun nach den Reichtumslinien, eine neue Schicht der Ritter (miles) wird einflussreich. Politisch schwankt die Republik zwischen Demokratie und Oligarchenherrschaft. Aber noch sind die Ämter zeitlich befristet und mit einem Mindestalter versehen. Kulturell wird der Einfluss des Hellenismus größer, als sich Rom stärker nach Osten wendet, was aber auch Widerstand hervorruft. Berühmt für seinen lateinischen "Nationalismus" ist Cato, der selbst in Griechenland sich weigert, griechisch zu sprechen.

Die Politik Roms gegenüber den eroberten Gebieten blieb über Jahrhunderte gleich: Diese waren als foedus an Rom gebunden, blieben jedoch mehr oder weniger autonom. Als Gegenleistung für den römischen "Schutz" mussten sie Steuern, Tribut, Truppenkontingente, Naturalien abliefern. Römische Beamte griffen nur im "Notfall" ein, seit 149 v. Chr. ein Prätor, der einer Provinz als eine Art Statthalter vorstand. Italien veränderte sich im ersten Jahrundert vor Christus, da immer mehr Staatsland an Großgrundbesitzer mit Sklaven als Arbeiter verpachtet wurden, da vor allem Süditalien für kleine und mittlere Landwirtschaften auch wegen der Konkurrenz des Handels mit dem Osten bzw. im Mittelmeer unrentabel wurde, vor allem da sich die hellenistischen Reiche und Königtümer gegenseitig aufrieben, bis in Delos eine freie Handelsdrehscheibe entstehen konnte. Rom griff aktiv im Osten ein und vernichtete Korinth als Zentrum einer antirömischen Koalition im selben Jahr wie Korinth (146 v. Chr.).

In Richtung Norden wurde die Po-Grenze gegenüber den Galliern abgesichert, Städte wie Rimini, Modena, Parma und Cremona wurden gegründet. Nach der Zerstörung Korinths wurden Africa nach Spanien (197 v. Chr.) die dritte Provinz außerhalb der Apenninenhalbinsel. Der Widerstand der Keltiberer wurde brutalst niedergeschlagen, 133 v. Chr. ihre Hauptstadt Numantia dem Erdboden gleichgemacht.

Nach diesen Eroberungen verfiel Rom in eine gut hundertjährige politische Krise, welche der ungleichen Verteilung der Reichtümer zugeschrieben wird. Das republikanische Ideal war, dass Lasten und Vorteile staatlichen Handelns auf alle verteilt werden, nun aber wurden wenige reich und viele verloren ihre Lebensgrundlage. Bauern wurden enteignet, Ländereien wurden auf Großgrundbesitz (Latifundien) durch billige Sklaven bewirtschaftet. Öffentliches Land (ager publicus) wurde wie Forste, Fischereien, Jagdgebiete, Salzminen an Steuerpächter verpachtet, so auch Warenzölle. Immer mehr Einnahmen flossen in die Hände von Oligarchen. Zusätzlich war der Fernhandel äußerst lukrativ und mit der Drehscheibe Delos frei. Eine kleine Schicht konnte sich mit Luxusgütern eindecken. Dessen Vergnügungssucht und Zügellosigkeit wurde immer wieder angeprangert.

Zwei Brüder aus der Nobilität wollten dieser Entwicklung Einhalt gebieten, weil sie durch diese Wirtschaftspraxis auch die Sicherheit Roms gefährdet sahen, da der Republik die freien Bürger und somit die wehrhaften Männer abhanden kamen. Tiberius Gracchus setzte als Tribun ein Reformgesetz durch, das unrechtmäßig angeeignetes Staatsland enteignete und an Landlose verteilte. Durchgeführt werden sollte dies durch ein Gremium von drei Personen. Kritiker sahen darin eine Diktatur mit dem Ziel, sich selbst zu bereichern. Auch die Italiker sahen sich übergangen. Tiberius und 300 Anhänger wurden 133 v. Chr. erschlagen. Sein Bruder Gaius wollte die Reform fortsetzen, scheiterte beim Versuch der Einbindung der Italiker am Protest der städtischen Mittellosen und wurde 121 v. Chr. in den Selbstmord getrieben. Etwa 3000 seiner Anhänger wurden ermordet. Rom rieb sich am Zwist zwischen Besitzenden und Besitzlosen auf. Gewinner waren diejenigen, die eine imperialistische Politik vertraten: ein Teil der Senatoren und die oligarchischen Ritter.

Derjenige, der die ersten mitlitärischen Schritte setzte, war Gaius Marius. Für seinen Feldzug gegen den numidischen König Jugurtha nahm er hauptsächlich mittellose Legionäre in seine Armee auf, die von ihm und seinem militärischen Erfolg abhängig waren und sich nicht mehr als Verteidiger Roms sahen. Mit seiner Armee vernichtete er die Kimbern und Teutonen auf ihrem Zug durch Gallia Narbonensis und vertrieb zwei Konsuln in Rom, die sich gegen ihn gestellt haben.

Im Bundesgenossenkrieg (91 bis 89 v. Chr.) versuchten italische Völker noch einmal die Unabhängigkeit zu erlangen, wurden jedoch militärisch geschlagen. Die Völker an der Seite der Römer sowie diejenigen, welche die Waffen niederlegten, erhielten das römische Bürgerrecht.

Nicht gekittet wurde die soziale Kluft zwischen der alten Nobilität, die sich um die Partei der Optimaten scharte, und der neuen Nobilität, die sich um die Partei der Popularen zusammenfand und das mittellose Volk als Katalysator nutzte. Nicht gekittet war auch der persönliche Konflikt zwischen den Feldherrn Gaius Marius sowie Sulla, Marius ein Popularer, Sulla ein Optimat, beide mit ihnen ergebenen Legionären. Zweimal marschierte Sulla auf Rom, schließlich errichtet er eine grausame Diktatur mit Denunziantentum und Proskriptionslisten für Hinzurichtende. Senat und Ämter weitete er aus, womit er die Oligarchen beschnitt, und er erließ zum ersten Mal in Rom so etwas wie ein Strafrecht, ein Recht, das bisher den Familienoberhäuptern vorbehalten war.

Auch wenn Sulla abtrat und den Lebensabend auf seinem Landgut verbrachte, war eines klar: Im Römischen Reich herrschen nun diejenigen, welche die größten Armeen um sich scharen konnten, und es war immer ein Zweikampf (unterstützt von den großen Fraktionen im Senat). Nach Marius gegen Sulla war es Pompeius gegen Caesar. Pompeius vernichtete die Piraten des Mittelmeers sowie die Bedrohung von Mithridates, dem König von Pontos. Der dritte im Bunde, der reiche Crassus, zerschlug den Sklavenaufstand von Spartacus. Caesar eroberte in mehreren Terrorfeldzügen ganz Gallien. Der Showdown nach der Eroberung Roms durch Caesar fand im heutigen Albanien statt. Caesar siegte, Pompeius floh nach Ägypten und wurde dort vier Jahre vor Caesar ermordet. Einen anschließenden Aufstand in Ägypten zerschlug Caesar und ging ein Verhältnis mit Königin Cleopatra ein. In Rom leitete Caesar Reformen in die Wege (berühmt ist die Kalenderreform) und wurde 44 v. Chr. ermordet,

Der Adoptivsohn Caesars, Octavian, schwor Rache und zog sie auch durch. Auch hier verbündete er sich mit einem späteren Widersacher, Antonius, sowie einem dritten, Lepidus. Dieses Triumvirat war kein Geheimbund mehr, sondern von den Tribunen ein zugesagtes fünfjähriges Imperium, also militärischer Oberbefehl. Die Caesarmörder Crassus und Brutus wurden bei Philippi in Makedonien geschlagen und begingen Selbstmord. Letztlich war damit aber auch die Republik zu Ende. Die drei Triumvirn teilten sich das Römische Reich auf, Octavian behielt sich Italien und erhielt schließlich den Westen. Antonius erhielt den Osten, Lepidus Africa (das er als Pontifex Maximus nicht bereisen konnte, da er in dieser Funktion Italien nicht verlassen durfte). Antonius heiratete schließlich Kleopatra, und aufgrund der Verschwörungstheorie, er wolle das Römische Reich in ein Königtum umwandeln, forderte ihn Octavian heraus und besiegte ihn in der Seeschlacht von Actium 31 v. Chr. Ein Jahr danach zog Pompeius in Alexandria ein und Ägypten wurde römische Provinz. Antonius und später Kleopatra wählten den Freitod. Bereits vor dem Feldzug hatten die italienischen Städte nach der Befriedung des Westbalkan Octavian bereits einen Treueeid geleistet.

Octavian war nun durchgehend Konsul in Rom und im Januar 27 v. Chr. legte er seine (immer wieder verlängerte) imperiale Macht als Triumvir zurück, wird aber im Handumdrehen als Imperator mit allen Provinzen mit wesentlicher Armeebesatzung betraut und erhält den Titel eines Erhabenen (Augustus). Dies führte schließlich zur Teilung des Staates in senatorische und kaiserliche Provinzen mit jeweils eigenen Staatskassen. Als erster war er ab 23 v. Chr. auch Imperator (militärischer Oberbefehlshaber) in Rom, was ihm die prätorianische Garde ermöglichte. Kernstück der Macht war seine tribunizische Gewalt auf Lebenszeit, der sich vier Jahre später auch die konsularische Gewalt hinzugesellte. Auch wenn er sich als Erster unter Gleichen (Prinzeps) sah, war er nun mehr oder weniger Alleinherrscher in Rom. Rom wurde zum Kaiserreich.

Die Abschnitte über die Hispanier, Kelten, Germanen, Skythen, Daker und Parther sind interessant, aber verharren in der meist vorgeschichtlichen, also archäologisch relevanten Welt und verlieren sich in oft archäologisch interessante Einzelheiten oder Episoden, die (noch) keine welthistorischen Auswirkungen hatten. Über diese Völker gibt es Veröffentlichungen, die auf breiterem Raum verfasst zugänglicher geschrieben sind.

Der römische Teil jedoch ist zum Teil spannend geschrieben, mit vielen Details, wie auch meine umfassenden Aufzeichnungen zeigen.


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27.07.2022 um 08:46
29 Seconds von T.M. Logan

36217426. SY475

https://www.goodreads.com/book/show/36217426-29-seconds

Sarah ist eine junge Akademikerin, die sich wie viele Menschen in diesem Beruf von befristetem Vertrag zu befristetem Vertrag hangelt. Dieses Jahr, so hofft sie, würde sie nun endlich einen unbefristeten Vertrag bekommen. Dafür lohnt es sich sogar, die ständigen sexuellen Belästigungen durch ihren Vorgesetzten, einem bekannten Professor mit eigener TV-Show zu ertragen.

Eines Tages verhindert Sarah die Entführung eines kleinen Mädchens und riskiert dabei ihr Leben. Sie meldet den Vorfall der Polizei, aber mysteriöserweise findet diese keinen Hinweis, dass diese versuchte Entführung jemals stattgefunden habe.

Dann wird Sarah plötzlich selbst entführt und erhält vom Vater des Mädchens ein einzigartiges Angebot als Dank: Sie kann einen Menschen verschwinden lassen. Es gibt drei Bedingungen: sie darf niemandem jemals davon erzählen, es gibt kein Zurück, wenn sie das Angebot annimmt und sie hat 72 Stunden lang Zeit, um einen Namen zu übermitteln. Niemand wird sie damit in Verbindung bringen können. Wird die das Angebot annehmen?

Ein sehr spannendes Buch mit einer interessanten Gewissensfrage: Kann man damit leben, den Tod eines Menschen in Auftrag gegeben zu haben? Hätte man selbst dann Gewissensbisse, wenn dieser Mensch ein absolutes Ekel ist, das nicht einmal vor Vergewaltigung zurückschrecken würde?

Ich wurde von den Wendungen in der Geschichte jedenfalls positiv überrascht und habe das Ende nicht erraten können. Das hat mir sehr gut gefallen.


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28.07.2022 um 09:41
Thomas Glavinic - Der Kameramörder

Glavinic-Kameramoerder

Diese 2001 erschienene, durchaus verstörende Kriminalnovelle des österreichischen Autors Thomas Glavinic zeichnet sich durch ihre sehr strenge Komposition und emotionslose Sprache aus, deren Sinn sich erst mit dem letzten Satz erschließt. Sie spielt zu den Osterfeiertagen eines unbestimmten Jahres (90er Jahre müssen es sein) auf dem Gelände eines Bauernhofs in der Weststeiermark, wo zwei befreundete Ehepaare im Alter von etwa 30 Jahren das Osterwochenende gemeinsam verbringen. Das eine lebt dort seit einiger Zeit, das andere ist aus Oberösterreich zu Besuch.

Während ihres Aufenthalts geschieht in einem Nachbarort ein spektakulärer Mord. Drei Kinder (Buben im Alter von 7 bis 9) werden von einem Mann als Geisel genommen, zwei werden unter Androhung schrecklicher Folter der ganzen Familie dazu getrieben, von hohen Bäumen in den Tod zu springen. Sie werden dabei gefilmt, dem dritten wird die Flucht ermöglicht. An einer Autobahnraststätte wird das Filmmaterial gefunden und einem deutschen Privatsender übergeben.

Die vier in ihrem Haus verfolgen via Fernsehen die Ereignisse, ein deutscher Privatsender veröffentlicht Szenen aus dem Video, darunter die beiden Sprünge sowie die Leichen der Jungen, vor allem die beiden Männer verfolgen die Ereignisse mit großem Interesse bei Wein und Snacks am Fernsehschirm. Bei einem Ausflug in den Tatort am Ostersonntag wird geschildert, wie diese kleine Siedlung von Fernsehteams belagert ist und unter der Bevölkerung eine Rachestimmung vorherrscht. Ein junger Mann wird verhaftet, aber wieder freigelassen, da er ein stichhaltiges Alibi hat: Er war auf einer mehrtägigen Zechtour. Zurück im Haus verfolgen die vier im Fernsehen, wie ein Polizeiring sich ihrem Haus nähert, Panik steigt vor allem bei den beiden Frauen auf, da der Mörder sich offensichtlich in ihrer Nähe befinden muss. Am Fernsehschirm wird verfolgt, wie ihr Haus umstellt wird, der Ehemann aus Oberösterreich wird wegen zweifachen Mords verhaftet. "Ich leugne nicht." - Der letzte Satz.

Der Text ist ein Gedächtnisprotokoll des Mörders, der bis zum letzten Satz unbekannt bleibt, auch wenn der erste Satz bereits einen Hinweis enthält: "Ich wurde gebeten, alles aufzuschreiben". Eigentümlich fällt nur die distanziert protokollarische Schreibweise auf, welche brutalste Gewalt neben detaillierteste Erinnerungen an das verbrachte Wochenende (inklusive Ergebnisse von Federball- oder Tischtennistischen oder die Anzahl von Wespen am Esstisch) stellt.
Einige Stunden lang streift der Unhold mit seinen Opfern durch Wald und Wiesen, fragt und filmt die weinenden Kinder. Er befiehlt dem 7jährigen, auf den höchsten Baum der Umgebung zu klettern. Dabei darf ihm der geschicktere 8jährige helfen. Durch die Unterstützung des großen Bruders schafft es der Kleine, die Höhe von 10-12 m zu erreichen. Der Größere muß wieder hinabklettern. Nun befiehlt der Mann, immer die Kamera am Auge, dem Kleinen hinunterzuspringen. Meine Lebensgefährtin rief aus, das kann doch nicht wahr sein. Heinrich antwortete, es sei wahr, im Teletext würden die Ereignisse auf 8 Seiten genau geschildert. Meine Lebensgefährtin bat ihn, in seinem Bericht fortzufahren. Heinrich erzählte, der Mann habe gedroht, im Fall einer Sprungverweigerung die ganze Familie auszurotten, angefangen hier mit den beiden Geschwistern. Als sich das Kind lange sträubt, verstärkt der Mann seinen Druck und versichert ihm im Gegenzug, ihm wird nichts geschehen, er verspricht es, er wird ihn auffangen. So ist der Kleine schließlich gesprungen und folgerichtig gestorben. Auch dabei ist gefilmt worden.
Die Sprache eines Psychopathen, wie sich am Ende herausstellt.

Bei Erscheinen des Buchs ist vor allem der Aspekt der Fernsehmedien und des Publikums diskutiert worden, die Glavinic auch aufgreift. Die Fernsehsender befänden sich im "Quotenkampf", dem Publikum wird eine Mitschuld am Sensationalismus gegeben. Die beiden Ehepaare erscheinen bis zum letzten Satz als pseudo-medienkritische Intellektuelle, die sich dem Bann des Geschehens und dem Tätervideo, das auch aufgezeichnet wird, nicht entziehen können. Es ist das Publikum, das Journalisten dazu treibt, in ein Krankenhaus einzudringen und die Mutter zu fotografieren, die mit einem Nervenzusammenbruch eingeliefert worden ist (eine eindeutige Referenz an Bölls Katharina Blum). Es ist das Publikum, das Fernsehsender dazu treibt, das Video zu veröffentlichen.

Die Frage nach dem filmenden Täter ist weniger gestellt worden. Warum filmt er? Warum sorgt er dafür, dass das Filmmaterial gefunden wird? Kann er davon ausgehen, dass eine Kopie in die Medien gelangt und gezeigt wird? Die Antwort auf die letzte Frage kann nicht aus dem Text erschlossen werden.

Nur: Glavinic schrieb seinen Text vor den Internetplattformen, die beschriebene Welt ist eine ohne Internet, ohne Handys (nur mit Festnetztelefon), aber mit Privatfernsehsendern. Dennoch weist er in eine nicht weit entfernte Zukunft, in der Täter ihre Botschaften und Filme selbst veröffentlichen können: Breiviks Manifest, Köpfungsvideos des IS, Brenton Tarrant in Christchurch.

Wie diesen ist es dem Täter hier anscheinend egal, dass er gefasst wird. Schlüssel ist sein Auto, das er verwendet hat und vom geflohenen Kind beschrieben werden konnte. Nicht eindeutig geht hervor, ob die verzerrte Stimme des Täters auf dem Video von ihm selbst verzerrt wurde (dann stellt sich die Frage: wann und wie?) oder vom Sender.

Trotz mancher kompositorischer Unklarheiten (die Tat wird durchgeführt, als seine Frau einen Alkoholrausch in einem Hotel bei Graz ausschläft, nur: Wie wird geplant? Wie kommt er an die Kinder? Wie wählt er einen Ort ohne weitere Menschen?) ist die Stärke der Novelle: Es ist das Psychogramm eines wohl wahnsinnigen Täters, der über seine Tat schreibt, als ob er sie als Unbeteiligter im Fernsehen beobachten würde. Und über weite Strecken gelingt es Glavinic, eine Spannung aufzubauen, die eines Stephen King würdig ist.


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28.07.2022 um 11:28
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31.07.2022 um 00:15
Marie von Ebner-Eschenbach - Das Gemeindekind

Gemeindekind

Dieser 1887 erschienene und vermutlich bekannteste Roman der österreichischen Schriftstellerin Marie von Ebner-Eschenbach spielt in dem fiktiven Dorf Soleschau im Südosten Mährens (damals Teil der österreichischen Reichshälfte der Donaumonarchie) in den Jahren von 1860 bis 1870. Hauptcharakter ist ein gewisser Pavel Holub. Seine Eltern werden des Raubmords an einem Pfarrer in Kunovic (den Ort gibt es) verurteilt. Der trunksüchtige Vater wird hingerichtet, die Mutter zu 10 Jahren Zuchthaus verurteilt.

Der dreizehnjährige Pavel und seine zehnjährige Schwester Milada, die bereits in ihrer Familie in einer Ziegelfabrik arbeiten mussten, werden von der Gemeinde Soleschau aufgenommen. Niemand will jedoch die verwahrlosten Kinder von Raubmördern. Die dominierende alte Gräfin schafft es, dass Milada in das Kloster aufgenommen wird, wo sie sich sehr zur Freude der Klosterfrauen entwickelt, nach zehn Jahren jedoch an Entkräftung stirbt. Pavel wird der Hirtenfamilie von Virgil (Alkoholiker wie sein Vater) und dessen Frau Virgilova (Kurpfuscherin) zwangszugewiesen. Und wieder wird Pavel zur Arbeit in die Ziegelei geschickt, das Geld wird ihm abgenommen. Eine Hassliebe entsteht zur schönen, aber boshaften Tochter Vinska. Aufgrund der miserablen Lage und unter Aufhussung von Vinska beginnt er zu stehlen, und als er dem sterbenskranken Bürgermeister einen Kamillenextrakt von Virgilova bringt und er stirbt, wird er des Mordes angeklagt, aber freigesprochen.

Danach versucht Pavel, diesem Elend zu entrinnen. Nachdem ihn das Kloster als Knecht nicht genommen hat, nimmt ihn der Dorflehrer Habrecht als Hausgehilfe auf. Diesem haftet der Ruf an, ein Hexenmeister zu sein. In seiner Jugend ist er nach einem Zusammenbruch scheintot bereits im Sarg gelegen, als er wiedererwacht ist. Habrecht schreibt es einer unnatürlichen, von falschem Ehrgeiz getriebenen Doppelbelastung zu, am Tag war er Lehrer, in der Nacht studierte er für einen Universitätsabschluss und eine Universitätskarriere.

Pavel spart jeden Gulden, den er verdient, da er beim Lehrer Kost und Logis erhält, und kauft schließlich überteuert ein kleines Grundstück in einer ehemaligen Sandgrube am Rand des Dorfes, wo er sich ein Lehmziegelhaus baut. Richtig integriert wird er nicht, aber einen gewissen Respekt kann er im Dorf aufbauen, auch wenn es immer wieder zu Streitigkeiten kommt, da Pavel durchaus stur und jähzornig sein kann. Aber er rettet auch dem Sohn des verstorbenen Bürgermeisters, der Vinska geheiratet hat, bei einem Unfall das Leben und überlässt einem Freund die hübsche Slava, die er selbst auch liebt. Von der Baronin erhält er nach dem Tod seiner Schwester ein kleines, nicht sehr fruchtbares Feld, auf dem er Korn anbaut und Kirschbäume pflanzt. Der Roman endet mit der Rückkehr seiner Mutter, die er in sein Haus aufnimmt, auch wenn ihn keine Liebe mit ihr verbindet. Eine mögliche Beziehung mit der verwitweten Vinska (ihr Mann ist an den Langzeitfolgen des Unfalls verstorben) kommt nicht zustande.

Eine Idylle ist diese Dorfgemeinschaft nicht. Ganz im Gegenteil. Ihre Bewohner zeichnen sich durch Egoismus, Schadenfreude und Boshaftigkeit aus. Aus dem Elend kann sich nur durch strebsamen, sturen Fleiß herausgearbeitet werden, aber trotzdem braucht es solidarische Helfer, damit dies gelingt. Für Pavel sind diese der Lehrer und zum Teil die Baronin, die ein wenig der hartherzigen Gemeinde mit ihren Räten entgegenwirkt und nach ihrem Tod über den Eingang ihres Mausoleums einen Erdhaufen geschüttet haben möchte, um von der Außenwelt abgeriegelt zu sein. Der Lehrer selbst geht weg, um dem Hexervorurteil zu entgehen, doch in der neuen Gemeinde ist er wegen seines deutschen Namens ein noch größerer Außenseiter. Der tschechische Nationalismus wird als Narrheit gebrandmarkt, "tierischer Patriotismus mit blindem Zug zum Einheimischen" bedeute "blinden Haß gegen das Fremde". Am Ende ist Habrecht Anhänger einer ethischen Bewegung, die Moral zur Religion erhebt. Diese ist ihm von einem in den USA lebenden Freund zugetragen worden. Habrecht steigt in den Zug nach Wien und hat eine Ausreise in die USA zum Ziel.

Auch wenn Moralverfall, Egoismus, Boshaftigkeit als durch die Armut und Lebenssituation bedingt gesehen werden, geht Ebner-Eschenbach einen anderen Weg als die Naturalisten wie Hauptmann. Weder das Milieu noch die Abstammung führen Pavel in ein unausweichliches Scheitern. Aus eigener Kraft und mit Hilfe von sozial mitfühlenden Menschen sowie Freunden, die er sich durch seinen Fleiß erworben hat, ist er am Ende mit seinen etwa 23 Jahren legaler und schuldenfreier Besitzer eines kleinen Grundstücks mit Haus und eines kleinen Felds, kann sich selbst erhalten und durch Tagelohnarbeiten (er ist wegen seiner Stärke und seines Fleißes sehr gefragt) ein Zubrot verdienen. Der Leserschaft bleibt überlassen, wie sie sich das zukünftige Leben Pavels vorstellt.

Der Roman wurde in zwei Teilen in der Berliner Literatur- und Wissenschaftzeitschrift Deutsche Rundschau veröffentlicht und war auf Anhieb ein Erfolg.


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31.07.2022 um 10:53
Gestern ausgelesen. War spannend und ok. Teil 1 fand ich aber irgendwie besser. Überlege noch ob ich die Reihe nun weiterlesen möchte.
Man hätte noch 100 Seiten mehr schreiben können, so hinterließ es irgendwie den Eindruck, als hätte Arno Strobel nur noch 3 Tage Zeit gehabt das Buch zum Ende zu bringen. Etwas schade.
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Und gestern angefangen und etwas mehr als die Hälfte bisher gelesen:

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CYMERA 20220731 104705Original anzeigen (1,6 MB)

Bis jetzt irre spannend und ich bin froh das ich Teil 3 und 4 auch noch hier habe *.* die werden dann nahtlos nach dem hier folgen.


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31.07.2022 um 11:16
CNOriginal anzeigen (3,5 MB)

Bin eben durch mit diesem schmalen Buch: Erzählungen rund ums Gedenken, Erinnern, Zeitfluss. Vergänglichkeit, eingefrorene Momente. Heimsuchung, Zurückgebliebene.


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01.08.2022 um 10:53
20220801 103028Original anzeigen (3,6 MB)
Mein zweiter Versuch an Lovecraft.
Der erste war Berge des Wahnsinns, damit konnte ich überhaupt nichts anfangen, obwohl ich mittlerweile glaube dass ich mich zu dem damaligen Zeitpunkt einfach nur nicht runterfahren und auf seine Erzählweise einlassen konnte. Jetzt genieße ich es richtig.


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01.08.2022 um 18:36
CYMERA 20220801 182631Original anzeigen (2,0 MB)

....Weiter gehts.
Klappentext poste ich jetzt mal nicht, spoilert zu sehr, für alle, die die Reihe noch lesen möchten.


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Nesca ehemaliges Mitglied

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02.08.2022 um 09:14
M03866124775-large

»Das geschriebene Wort wird immer bleiben, weil es Dinge gibt, die auf keine Art besser ausgedrückt werden können.«

Mit »Der Buchspazierer« präsentiert der renommierte Autor Carsten Henn eine gefühlvolle Geschichte darüber, was Menschen verbindet und Bücher so wunderbar macht.

Es sind besondere Kunden, denen der Buchhändler Carl Christian Kollhoff ihre bestellten Bücher nach Hause bringt, abends nach Geschäftsschluss, auf seinem Spaziergang durch die pittoresken Gassen der Stadt. Denn diese Menschen sind für ihn fast wie Freunde, und er ist ihre wichtigste Verbindung zur Welt. Als Kollhoff überraschend seine Anstellung verliert, bedarf es der Macht der Bücher und eines neunjährigen Mädchens, damit sie alle, auch Kollhoff selbst, den Mut finden, aufeinander zuzugehen …

Dieses Buch streichelt die Seele ... :lv:


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02.08.2022 um 11:44
CYMERA 20220802 114250Original anzeigen (1,5 MB)

....next. :lv:
Zitat von StreuselchenStreuselchen schrieb:Klappentext poste ich jetzt mal nicht, spoilert zu sehr, für alle, die die Reihe noch lesen möchten.



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