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7.168 Beiträge ▪ Schlüsselwörter: Bücher, Lesen, Literatur ▪ Abonnieren: Feed E-Mail

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14.03.2024 um 16:57
Der Gorilla mit dem bösen Blick (Wastl 49)

Wastl-49

Im kleinen Königreich Barunga läuft ein Gorilla in indischer Kleidung herum und hypnotisiert Generäle wie auch Ricki von den herbeigerufenen Goldmasken, die wie versteinert unbeweglich werden. Professor Barabas findet heraus, dass es sehr zutrauliche Gorillas mit hypnotischen Fähigkeiten in Bengalen gibt, womit man auf die Spur eines ehemaligen englischen Generals Schlodderknie kommt, der vor längerer Zeit unehrenhaft entlassen wurde, da er für einen Spion gehalten wurde, und nach Indien gegangen ist. Wastl setzt mit einer Gegenhypnose (und das mit seinen geschlossenen Augen!) den Gorilla außer Kraft. Schließlich findet man Schlodderknie in einer alten Mühle, von der aus er noch mit einem Maschinengewehr Wastl beschießt, nur hat er gegen diesen keine Chance. Schlodderknie erzählt von der Ungerechtigkeit, für die er sich rächen will. Die Intriganten General Potzblitz und Oberst Zackzack werden vom König degradiert und Schlodderknie wird zum Oberbefehlshaber ernannt.

Wie oft in Wastlheften, gibt es auch in diesem grenzwertige Bezeichnungen. Diesmal betrifft es die Krokodile im Zoo, in deren Becken Wastl fällt: sie sind "Handtaschenanwärter".


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15.03.2024 um 21:12
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Beschreibung:
Unter strengster Geheimhaltung begann 1939 im Rahmen des nationalsozialistischen ‚Euthanasie‘-Programms die Erfassung und Begutachtung aller Psychiatriepatienten und parallel dazu die von körperlich und geistig behinderten Kindern, die in sogenannte ‚Kinderfachabteilungen‘ eingewiesen wurden. Während man den Angehörigen vortäuschte, den Kindern würde die modernste und bestmögliche medizinische Betreuung zuteil, wurden tatsächlich dort die meisten von ihnen ermordet. In Waldniel bei Mönchengladbach wurde im Jahr 1941 eine solche Abteilung eingerichtet, die mit einer Kapazität von ca. 200 Betten zu den großen Einrichtungen dieser Art zählte. In der Zeit ihres Bestehens sind hier insgesamt 99 Kinder gestorben. Das Buch wertet erstmals die noch vorhandenen Unterlagen dieser Abteilung umfassend aus. Nicht nur Prozess- und Personalakten, auch Krankenakten wurden in die Analyse einbezogen. Darüber hinaus hat der Autor Zeitzeugen ausfindig gemacht und befragt, die zum Teil einzigartiges Quellenmaterial aus Familienbesitz beisteuerten. Die hier jetzt vorgelegte überarbeitete Neuauflage kann nun u.a. auch die 2018 eröffnete neue Gedenkstätte in Waldniel mit berücksichtigen, die nicht zuletzt infolge des durch dieses Buch verstärkten öffentlichen Interesses entstanden ist.
Quelle: Buchrücken

Ziemlich harter Stoff für mich. Ich hab lange überlegt es zu kaufen, die Einrichtung in Waldniel bzw die heutigen Ruinen und die Gedenkstätte sind nur nicht ganz ne halbe Stunde entfernt von mir. Von daher hat es für mich auch starken Heimatbezug. Ich bin gerade erst beim dritten Kapitel und kann es absolut empfehlen, auch wenn ich selber es zwischendurch weglegen muss.


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17.03.2024 um 12:00
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Was ist was - Wilde Blumen
von 1965
(für Kinder) - gute Zeichnungen und Texte


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17.03.2024 um 12:25
@parabol
Davon hatte ich als Kind unzählig viele


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17.03.2024 um 14:45
Zitat von thunderhawkthunderhawk schrieb:Davon hatte ich als Kind unzählig viele
ich habe die erst jetzt für mich entdeckt, am besten sind die ganz alten Ausgaben


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17.03.2024 um 21:18
@parabol

Ich habe die geliebt :) Alle in der Dorfbücherei verfügbaren ausgelesen.
Und mag den Stil auch heute noch um Kindern etwas zu zeigen und zu erklären.


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18.03.2024 um 05:43
@Raspelbeere
@parabol

Der große Favorit die Dinosaurier
Keine Ahnung warum ich glaub jedes Kind mag Dinos obwohl mann sich bei den Namen die Zunge dreimal verknoten muss


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19.03.2024 um 08:44
Der Meister und Margarita

Demon Copperhead


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20.03.2024 um 23:45
Zitat von RaspelbeereRaspelbeere schrieb am 17.03.2024:Ich habe die geliebt :) Alle in der Dorfbücherei verfügbaren ausgelesen.
Zitat von thunderhawkthunderhawk schrieb:Der große Favorit die Dinosaurier
Von den Was ist was Büchern, die ich kenne, finde ich die alte Ausgabe von "Unsere Erde" am besten.


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23.03.2024 um 15:54
Fünf Ringe: Die Kunst des Samurai-Schwertweges - Miyamoto Musashi


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Nicht nur über Samurai-Philosophie sondern über japanisches Denken allgemein

Wikipedia: Miyamoto Musashi


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23.03.2024 um 17:57
Yang Jisheng - Grabstein

Grabstein

Yang Jisheng ist Historiker und nach seinem Berufsleben als Journalist bei der chinesischen Nachrichtenagentur Neues China widmet er seine Recherchen der großen Hungersnot während des Großen Sprungs nach vorn von 1958 bis 1962, bei der auch sein Vater verhungert ist. Aufgrund seiner beruflichen Tätigkeit hatte Yang Zugang in Archive, was es ihm ermöglichte, eine detaillierte Darstellung von Unfassbarem zu geben. 2012 erschien die deutsche Übersetzung dieses Standardwerks über diese Epoche der chinesischen Geschichte. Yang sieht in diesem Werk die Grabsteinaufschrift für die Jahrzehnte lang verschwiegenen Opfer, ein Denkmal, das über sein Leben hinaus in den Bibliotheken der Welt stehen wird. Das Original erschien 2007 in Hongkong, in China selbst ist das Buch verboten. Yang lebt in Hongkong, erhielt 2016 keine Ausreisegenehmigung in die USA, um eine Auszeichnung der Harvard-Universität entgegennehmen zu können.

Yang strukturiert sein Buch, indem er zunächst für die am meisten betroffenen Regionen (Xinyang, Henan, Gensu, Sichuan, Anhui) die in den Archiven vorhandenen Berichte auswertet und durch Zeitzeugeninterviews ergänzt. Die Schilderungen des Hungers, dem zum Teil bis zu 70 Prozent eines Produktionsteams zum Opfer fielen, sind an der Grenze des Erträglichen. Es liegen Berichte über Kannibalismus vor (Leichen wurden ausgegraben und gekocht, Familienmitglieder und sogar Kinder wurden ermordet und gegessen). Diejenigen, die sich beklagt haben, wurden zum Teil als Gegner der Revolution und Lügner gebrandmarkt, unter Folter zur Selbstkritik gezwungen, eine Prozedur, die viele nicht überlebten oder zu Invaliden machte. Aus dem Dorf Jianwang in Henan liegen folgende Informationen zu Folterungen vor:
Zur Volkskommune mit ihren Vereinen, den Produktionsbrigaden, den Produktionsgruppen und den Kadern gehörten 1510 Personen, davon haben 628 körperliche Gewalt angewandt, das macht 45,1 Prozent sämtlicher Kader, geschlagen wurden 3528 Personen (davon waren 231 selbst Kader), dabei zu Tode geprügelt wurden 558 Personen, 636 Personen starben an den Folgen der Misshandlungen, verkrüppelt wurden 141 Personen, in den Tod getrieben 14 Personen, verjagt 34 Personen.
Neben dem Einsatz von Faustschlägen, Fußtritten, Kälte und Hunger wurden die Menschen extrem grausamen Strafen ausgesetzt wie unter anderem den Kopf unter Wasser drücken, Haare ausreißen, Ohren abschneiden, die Handflächen mit Zahnstochern aus Bambus durchbohren, mit Kiefernnadeln Zähne putzen, als Fackeln verbrannt werden, glühende Asche in den Mund stopfen, Brustwarzen abbrennen, Schamhaar ausreißen, in die Vagina fahren und lebendig begraben. - »Berichte an Qu Zhipu«, Li Li, 28. November 1960
Bei der »Himmelslaterne« wird der Körper des Gefangenen vollkommen in Plastik gehüllt, mit Petroleum besprüht, auf den Kopf gestellt und angezündet.
Aus Gansu sind folgende Strafen in den Archiven berichtet: Einritzen von Schriftzeichen ins Gesicht, Ausreißen der Haare, Ausreißen des Bartes, Abschneiden der Ohren, Abhacken der Finger, Gießen von kochendem Wasser über den Kopf.

Eine der Strafen ist, dass während der Hungersnot auch noch Essen entzogen wurde. Dabei galt das Prinzip "Wer nicht arbeitet, soll auch nicht essen!" auch für Kranke. Aus verschiedenen Volkskommunen in Sichuan ist überliefert:
Dem Kommunemitglied Zhu Haiging, der wegen der Wassersucht nicht zur Arbeit gehen konnte, wurde über zwei Monate hinweg immer wieder das Essen entzogen - im ersten Monat bekam er am Tag nur 150 Gramm Nahrung, im zweiten Monat nur noch 100 Gramm, in den letzten fünf Tagen gab man ihm schließlich gar nichts mehr. Zhu ist langsam verhungert.
Das Kommunemitglied Feng Yinshan hatte eine siebenköpfige Familie, vier konnten wegen der Wassersucht nicht zur Arbeit gehen, woraufhin an die gesamte Familie kein Essen mehr ausgegeben wurde, mit dem Resultat, dass die gesamte Familie ausstarb.
Yang Simin, ein über 50 Jahre altes weibliches Mitglied des 14. Verwaltungsbezirks der Volkskommune Gaofeng, wurde von den Kadern verdächtigt, ein Huhn gestohlen zu haben. Sie wurde ausgepeitscht und am darauffolgenden Tag auf freien Fuß gesetzt. Auf dem Weg nach Hause brach sie ohnmächtig zusammen, woraufhin der Parteizellensekretär des Bezirks Befehl gab, sie zu begraben, doch als es soweit war, hat sie noch gestöhnt - sie wurde dennoch begraben, bei lebendigem Leib.
Aus der Provinz Anhui ist die Bestrafung eines Kindes überliefert:
Der Leiter des Produktionsteams Zhaoqiao hat einen kleinen Jungen geschnappt, wie er unreifes Getreide stibitzte, und dem Kind mit dem Messer vier Finger abgeschnitten.
Die Erinnerung an Kannibalismus ist über Jahrzehnte in den Gehirnen derjenigen eingebrannt, die ihn erlebten. So berichtet Yu Dehong (von 1959 bis 1960 Sekretär beim Gebietskommissar von Xinyang) dem Verfasser während seiner Recherchen:
Das Getreide war im staatlichen Ankauf verschwunden, die Herbsternte war gerade vorbei, die Bauern hatten nichts zu essen. In einem Dorf an der Westseite von Fanghu gab es eine Familie Yang: Wenn da ein Erwachsener starb, wurde er nicht hinausgetragen. Es waren nur noch zwischen drei und acht Jahre alte Kinder übrig, die ein paar Monate überlebten, weil sie das Fleisch der Erwachsenen gegessen haben. Später dann hat man in diesem Haus einen großen Haufen Menschenknochen weggeschafft. Die Kinder sagten, die Fersen und Handflächen eines Menschen schmecken am besten.
Die Behörden waren über die Hungertoten informiert:
Wie viele Menschen waren nun in Xinyang ums Leben gekommen? Das Gebietskomitee von Xinyang sprach in einem Bericht an das Provinzkomitee von über 380000 Menschen. [Anmerkung des Verfassers: Die Lokalchroniken sprechen von 483000 Personen].
Die Ursache der Hungersnot lag für Yang in der Reorganisierung der Eigentumsstruktur ab Dezember 1953, dem Wahn der beschleunigten Entwicklung (Großer Sprung), der Einführung der Volksküchen. Während zunächst Produktionsgenossenschaften gegründet wurden und Einzelbauern ein privates Stück Land hatten, wurde mit der Zusammenfassung in riesige Volkskommunen das Eigentum dem Staat überführt.

Die Kader der Volkskommunen setzten die Arbeitskräfte nach ihrem Gutdünken ein, sie hatten keine freie Entscheidung mehr, was sie arbeiten und welche Produkte sie herstellen. So wurden während des Großen Sprungs Unmengen an Bauern zur Herstellung von Stahl an die Hochöfen gezwungen oder zu Arbeiten an Großbaustellen - meist Wasserbauarbeiten wie Dämme - abgeordnet. Diese Leute fehlten hinten und vorne in der Landwirtschaft, vor allem da weder Industrie noch Landwirtschaft mechanisiert war.

Mit den Volkskommunen wurde auch die Sozialstruktur zertrümmert. Es wurden nicht nur Familienbande zerschnitten (Familie als Ausdruck einer kapitalistischen Produktionweise), in Einzelhaushalten wurde mit der Einführung der Volksküchen das Kochen verboten. Die Menschen mussten täglich in den Volksküchen essen, die jedoch bis zu zwanzig Kilometer vom Wohnort entfernt waren. Wer erwischt wurde, zuhause zu kochen oder Lebensmittel vorrätig zu haben, wurde streng bestraft.

Mit den Volkskommunen wurde auch die Versorgungsstruktur geändert. Der freie Bauernmarkt wurde abgeschafft, die Volkskommunen erhielten Abgabe- und Rückkaufquoten. Das Getreide musste nach Abgabequote dem Staat geliefert werden, der wiederum mittels Rückkaufquote die Lebensmittelversorgung stellen sollte. Die Abgabenquoten wurden nach geschätzten Ernteerträgen festgelegt, und die wurden ab 1958 mit dem Großen Sprung viel zu hoch angegeben. Praktisch alle Volkskommunen meldeten viel zu hohe Fantasiezahlen für ihre Erträge, um oben gut dazustehen. Noch dazu wurden Spitzenertragsfelder gemeldet, auf denen Getreide mehrerer Felder gestapelt wurden (reine Lügenfelder). Gefordert wurde auch viel zu enge Aussaat (das Getreide verrottete) und Tiefpflügen (ruinierte den Boden). Da die festgelegten Abgabequoten eingehalten werden mussten, wurde auch Saatgut und Selbstverpflegungsgetreide abgeliefert, in den Häusern wurde nach Nahrungsmittel gesucht, und wenn jemand welche zuhause hatte, wurden sie requiriert und die Familien als Revolutionsfeinde gebrandmarkt.

Als die Volksküchen 1958 eingeführt wurden, erhielten sie einen Lebensmittelvorrat, der viel schneller aufgebraucht war, als er hätte halten sollen. So kam es, dass 1959 Volksküchen kein Essen mehr hatten. Manche konnten drei Monate kein Essen zur Verfügung stellen. Gleichzeitig war private Versorgung verboten, die Familien waren ausgeplündert. Abermilliionen von Menschen hatten nichts mehr zu essen. Sie aßen Hunde und Ratten, als die aus waren Gras und Baumrinden, schließlich einander. Gleichzeitig waren die staatlichen Lager für Export, Städte und Kader voll. Geholfen wurde nicht. Manche Volkskommunen schafften die Volksküchen ab, erlaubten private Versorgung und sogar Selbstversorgungsfelder, also kleine private Anbauflächen. Mit diesen Maßnahmen konnten Menschenleben gerettet werden. Wer sie jedoch einführte, war immer in Gefahr, als Rechtsabweichler verfolgt, eingesperrt, in ein Lager gesteckt oder hingerichtet zu werden.

Politisch wurde dieser verrückte Weg mit der Konferenz von Lushan 1958 noch gefördert, bei der Mao General Peng Duhae niedermachte, weil er es wagte, in einem persönlich an Mao gerichteten Brief diesen über die schreckliche Lage aufgrund von falscher Politik hinzuweisen. Der Kampf gegen Rechtsabweichler wurde verstärkt. Laut Mao habe nur ein Finger ein Problem (also 10 Prozent), neun Fingern ginge es prächtig. Die Drei Banner müssen hochgehalten werden (Aufbau von Industrie und Landwirtschaft, Volkskommunen, Volksküchen). Regionale Kader wagten es nicht, gegen diese Direktive zu handeln, auch wenn es einer Unmenge von Menschen das Leben kostete. Für die Katastrophenprovinz Xinyang sagte Mao:
dass Grundbesitzer, Reiche, Konterrevolutionäre und üble Elemente, die die Führungsmacht an sich gerissen und ihr Unwesen getrieben hätten. Die Lage in zwei Dritteln des Gebiets sei ausgezeichnet, in einem Drittel sei sie miserabel.
Die Schuld wurde Leuten zugewiesen, die es gar nicht mehr gab. Also wurden diese gebrandmarkt, welche vom Weg des Kommunismus abweichen und Genossenschaften wie Einzelbauern wieder Land geben wollten, damit die Produktion wieder einigermaßen eigenverantwortlich vonstatten gehen könne. So zum Beispiel sollte der alte Revolutionär Lu Xianwen erschossen werden, weil er den Weg der Volkskommunen kritisierte, 1993 schrieb er in seinen Erinnerungen:
Da die Partei immer wieder die Volkskommunen als goldene Brücken und den Kommunismus als Paradies propagiert hatte, wollten die Massen, ermutigt von den leeren Phrasen der Propaganda, auf der Stelle ein kommunistisches Leben führen. Die Kontrolle über Produktion und Leben in den Volkskommunen lag in den Händen der Kader, sie setzten die Planwirtschaft ins Werk um. Die Massen hatten keine Kontrolle über die Produktion oder ihr Leben, weshalb sie sich auch nicht darum kümmerten, ob, was sie produzierten, gut war oder schlecht, sie waren vollständig von der Parteiorganisation abhängig, es gab auch keinerlei Hintertüren mehr für das Überleben. Das Getreide wurde auf der Stelle direkt für
die staatlichen Speicher zwangseingekauft, den Massen blieb nichts. Sie hatten gerade die Ernte eingebracht und sie hungerten. Aber sie glaubten fest daran, dass die Kommunistische Partei niemanden verhungern lassen würde, und hofften, dass die übergeordneten Behörden das Getreide zurückschicken würden. Aber das Getreide ging und kam nicht wieder!
Deshalb kann man in gewissem Sinn sagen, dass die Organisationsform der Volkskommunen die gesellschaftliche Ursache für die Ereignisse von Xinyang ist.
Als in Sichuan nicht mehr übersehen werden konnte, dass Massen von Menschen verhungerten (insgesamt waren es etwa 10 Millionen), wurde einfach einer Wurmkrankheit die Schuld zugeschrieben. In der Provinz Anhui wurde ein Arzt namens Wang Shanliang verhaftet, weil er es wagte zu sagen, gegen die Wassersucht gäbe es ein wirksames Medikament: Nahrung.

Dabei hat die parteiinterne Publikation der Planungskommission Wirtschaftsnachrichten bereits in Nummer 9/1959 den wahren Grund für die Hungersnot formuliert:
Eine Arbeitsgruppe des Provinzkomitees von Anhui hat letztlich über die beklagte Nahrungsmittelsituation im Kreis
Tongcheng eine Untersuchung durchgeführt. Das Material dieser Untersuchung zeigt, dass das sogenannte Nahrungsmittelproblem in den ländlichen Gebieten nicht ein Problem des Mangels an Getreide, sondern der zu hohen staatlichen Ankaufquoten, also ein ideologisches Problem ist.
Mao reagiert am 28. Februar 1959 auf diese Information und verschärfte noch die linke Position, dass der Weg der Volkskommunen (also der Ankaufswirtschaft) noch verstärkt gegangen werden muss:
Das grundlegende System von Brigadeeigentum und in Teilen von Kommuneeigentum [...] muss nach einigen Jahren [...] über den Haufen gestoßen werden und zu einem grundlegenden System des Kommuneeigentums und in Teilen von Brigadeeigentum werden.
Ganz konnte die Wahrheit nicht verschleiert werden, aber die Schuld wurde nach unten abgeschoben, die Menschen hungerten, da die kleinen Kader Feste feierten (was sie auch taten, aber das allein war nicht der Grund, warum Millionen verhungerten). So Zeng Qingmei, Sekretär des Ständigen Ausschusses der Provinzkomitees und des Kontrollkomitees Anhui, zuständig für die Parteidisziplin:
1960 hat das Gebietskomitee eine Menge Arbeitskräfte für den Bau eines Hotels abgezogen. Während des Mondfestes im Herbst verhungerten die Menschen auf der Straße, aber die Gebiets- und Kreiskomiteesekretäre haben bei ihren Treffen große Saufgelage gegeben, außer an Sonntagen Partys veranstaltet, jemanden zum Tanzen gesucht und Nachtbankette ausgerichtet.
Auch das Zentralkomitee der KPCh inklusive Mao ließ sich Villen errichten.

Der zweite Teil des Buchs handelt die Politik des Zentralkomitees, des Politbüros und Maos ab. In diesem wird anhand von protokollarischen Aufzeichnungen nicht nur gezeigt, wie die Politik der Drei Banner Ursache der Hungersnot wurde, sondern wie Mao Kritik an diesem Weg abkanzelte und jegliche Entscheidung weg von den Volkskommunen und dem Staatskommunismus als rechten Weg brandmarkte. Dennoch setzte sich kurzfristig ab 1962 die pragmatische Fraktion von Zhou Enlai, Chen Yun, Li Xiannian und Bo Yibo durch. Familien wurden wieder die kleinste Produktionseinheit, die Hungersnot konnte abgewendet werden. Dieser Erfolg wiederum war einer der Ursachen, die Mao zur Politik der Kulturrevolution ab 1966 trieb. Er wollte mit seinen vermeintlichen Gegnern abrechnen.

Yang stellt sich auch die Frage, wie es überhaupt zu dieser Politik kommen konnte, die nach seiner Schätzung etwa 36 Millionen Menschen das Leben kostete. Er sieht die Ursache in der Staats- und Parteistruktur.
In einem Staat, in dem eine Partei allein herrscht, gibt es nur einen Ausweg, wenn die eigene Meinung mit der der Führung nicht übereinstimmt: Man muss die eigenen Ansichten aufgeben und der Führung gehorchen. Wenn sich der Führer und andere Führungspersönlichkeiten in der Öffentlichkeit bekämpfen, dann führt das zu einer »Spaltung der Partei«, ein unverzeihliches Verbrechen.
Auf einer Rede bei der Tagung des Zentralkomitees im Mai 1958 warnte Mao diejenigen, welche die Generallinie der Partei (Errichtung der Volkskommunen und des Staatseigentums) kritisierten mit diesen Worten:
Wenn die Partei gespalten wird, dann wird es Chaos geben. [...] Man muss vor allem die Gesamtlage berücksichtigen, wer die Gesamtlage nicht berücksichtigt, der wird auf die Nase fallen. [...] Man darf nicht die Spaltung riskieren, die Spaltung zu riskieren wäre ein Fehler.
Nur sehr wenige werden es wagen, über die wahren Ausmaße der Katastrophe oder gar deren Ursachen zu berichten. Im Kreis Tongwei der Provinz Guizhou war 1960 bereits ein Drittel der Bevölkerung verhungert und das Provinzkomitee berichtet Folgendes nach Beijing:
Die Volkskommunen sind ein wahrer Segen, die Kantinen haben das Ihre getan, es schmeckt und jeder wird satt, es steigt und steigt der Elan. Gut geführten Kantinen haben die Kommunemitglieder ihre Privatparzellen übergeben, weil es ihnen gelungen ist, das Ernährungsproblem zu lösen. Wo die Kantinen gut geführt werden, haben die Kommunemitglieder ein warmes großes Zuhause, und nach und nach konzentriert sich alles um diese Kantinen herum, immer mehr kleine Anwesen bilden einen relativ großen Siedlungskomplex, was die Bedingung schafft für den Aufbau von Neugemeinden.
Noch im Dezember 1960 streicht das Zentralkomitee die Bedeutung der Volkskantinen (das sind die, die nicht mehr beliefert werden konnten) für den Klassenkampf hervor:
Kantinen sind gegenwärtig der Ort, an dem der Klassenkampf in den ländlichen Gebieten am schärfsten ausgetragen wird.
An einer Stelle bezeichnet Yang die hohen Kader als "Wahnsinnige". Bei solchen Aussagen lässt sich erahnen, wie er zu dieser Wertung kommt. Aber er steht damit nicht allein. Deng Xiaoping 1978:
Der Große Sprung nach vorn war aus dem fiebernden Hirn Mao Zedongs entsprungen? Ja waren wir denn nicht alle wie von Sinnen? Keiner hat widersprochen, Liu Shaogi nicht, Zhou Enlai nicht, ich nicht, und Genosse Zhen Yun hat geschwiegen.
Im statistischen Teil präsentiert Yang die Ankauf- und Rückkaufquoten, die tatsächliche landwirtschaftliche Produktion, sodass sich die Probleme nachvollziehen lassen und sich immer wieder die Frage stellt, warum wurde Politik auf Basis von irrwitzigen Produktionszahlen ("Legende von den Rekordernten") sowie irrwitzigen ideologischen Fantasien betrieben?

Es ist nachzuweisen, dass die Produktion sank und die Ankaufquoten stiegen. Städte wie Tianjin, Beijing und Shanghai wurden ab Anfang 1961 ausschließlich mit importiertem Getreide versorgt, obwohl die Devisen knapp waren. Dort durfte aus politischen Gründen und solchen des internationalen Rufs niemand verhungern. Es wird wohl importiert worden sein, weil die Knappheit bekannt war. Die Landbevölkerung ließ man verhungern. Und um die Getreideimporte zu finanzieren, wurden Schweine, Öl und Eier in rauen Mengen exportiert, was wiederum alles von den Bauern geplündert war.

Am 14. November 1960 unterbreitete das Zentralkomitee (!) einen "Vorschlag zu einer Herstellung von Nahrungsersatzmitteln im großen Stil". Nahrungsersatzmittel waren: Eichelmehl, Maiswurzelmehl, Weizenwurzelmehl, künstlicher Fleischextrakt aus Hefepilzen, verschiedene Algenarten, Insekten. Nicht wenige Menschen starben an Vergiftungen durch Nahrungsersatzmittel.

Aber warum gab es keinen Widerspruch? Auch hier sieht Yang das Problem in der politischen Struktur.
In der »Versammlungspolitik« werden die Ansichten der obersten Führungspersonen auf Versammlungen durchgesetzt und abweichende Meinungen werden ausgegrenzt. Als China noch ein Kaiserreich war, hat nur der Kaiser seine eigene Meinung vertreten. Wenn er jemanden disziplinieren wollte und sich irrte, konnten Fürsprecher ein gutes Wort einlegen. Unter den Bedingungen der »Versammlungspolitik« haben so viele mit den Wölfen geheult, dass eine »Diktatur der Mehrheit« entstand, in der es nicht einmal mehr eine Fürsprache geben durfte.
Auf der Konferenz von Lushan führt Mao selbst den von der Partei hochgehaltenen Begriff der "Demokratie" ad absurdum:
Anfang der Lushan-Konferenz verlangten sie Demokratie, als hätten wir jetzt keine Demokratie, als hätten wir keine freie Meinungsäußerung, als stünden alle unter einem solchen Druck, dass sie nicht wagten, den Mund aufzumachen [...] Erst später wurde klar, dass sie die Generallinie angreifen wollten, dass sie die Generallinie zerstören wollten. Sie wollten Redefreiheit, Redefreiheit für die Zerstörung der Generallinie, Redefreiheit für eine Kritik der Generallinie.
Und in der Lyrikzeitung Shikan schrieb Mao am 1. September 1959:
Eine kleine Gruppe von Opportunisten im Land mit einem Schild ›Kommunismus‹ um den Hals haben ein paar Lappalien aufgebauscht und unter diesem Banner einen Angriff auf die Generallinie, den Großen Sprung nach vorn und die Volkskommunen gestartet.
Wenn Millionen Menschen verhungern, ist das für Mao also eine "Lappalie". Diejenigen, welche die Wahrheit berichten, sind für Mao in diesem Text "Saukerle". 1957 wurden Intellektuelle zum Schweigen gebracht, 1958 auf der Konferenz von Lushan die hohen Parteifunktionäre und nun die Basiskader in den Provinzen. Wer von den Hungersnöten berichtet, ist ein "Saukerl".

Mit diesem Hintergrund getrauten sich die Kader in den Provinzen nicht die echten Zahlen der Toten nach Beijing zu senden. Gepaart noch in der Hoffnung, dass bei Nennung niedrigerer Todeszahlen mehr Lebensmittelzuteilungen genehmigt würden und die Lebenden die Ration der Toten mit erhalten.

Zwei Jahre später sagte Mao heuchlerisch, als ob nicht er selbst die Jagd nach denen angestachelt hätte, welche die reale Lage schilderten:
Es sind gute Leute, Leute, die die Wahrheit gesagt haben, als Rechtsopportunisten ausgerichtet worden, ja sogar als Konterevolutionäre.
Und wie ambivalent Mao seine Ziele in der Partei formulierte, belegt folgendes Zitat aus einer parteiinternen Mitteilung vom 29. April 1959:
Wir müssen sagen, wie viel wir ernten, wir dürfen keine Lügen dulden, die mit der Wirklichkeit nichts zu tun haben. [...] Wenn die Wirklichkeit mich Lügen straft, und doch relativ hohe Ziele erreicht werden und mich wie einen Konservativen dastehen lassen, dann sei dem Himmel Dank und alle Ehre.
Yang schließt daraus, dass Mao mit seinem insgeheimen Ziel der Lüge Tür und Tor geöffnet hat. Die Kader wollten es dem Großen Steuermann recht machen.

Im November 1960 war es dann wohl auch dem Zentralkomitee zu heikel und es beschloss in einem Dringlichkeitspapier zwölf Punkte zur Linderung der Not:

  • Drei-Stufen-Eigentumssystem (also weg von einheitlichen Volkskommunen)
  • Fehler der Politik der Gleichheit und Umverteilung müssen korrigiert werden
  • Das Eigentumssystem der Produktionsteams (also der Kollektive) muss gestärkt werden
  • Das Teileigentumssystem der kleinen Produktionsgruppen muss beibehalten werden
  • Privatparzellen und häuslicher Nebenerwerb werden erlaubt
  • Senkung der Abgabequoten
  • Arbeitslohn wird wieder eingeführt (vorher nur Verteilung von Sachmitteln)
  • Einsparung von Arbeitskräften in der Industrie (Abschaffung der Zwangsarbeit für Bauern)
  • Bereitstellung von Nahrungsmitteln für Gemeinschaftsküchen
  • Wiederherstellung von Märkten in ländlichen Gebieten
  • Verbindung von Arbeit und Freizeit muss beachtet werden (es gab unfassbar lange Arbeitsschichten)
  • Neuausrichtung der Arbeitsweise und Volkskommunen


Diese Maßnahmen griffen sofort. Parteimitglieder und Kader durften nicht auf den neu entstandenen freien Märkten einkaufen, aber deren Versorgung war zumeist nicht so gering, dass sie an Hunger litten. Aber es gab auch Widerstand von den Kadern. In einigen Gebieten wurden zu wenig Privatparzellen freigegeben, die Provinz Sichuan weigerte sich überhaupt, diese Richtlinien umzusetzen (Sichuan hatte mit 10 Mio Hungertoten eine sehr hohe Opferzahl). Dieser Weg wurde als Wiederherstellung des Kapitalismus angeprangert.

Aber auch die Einsparung von Arbeitskräften hatte eine weitere Auswirkung: In den Städten wurde die Zahl der Bewohner reduziert, indem sie in ihre Heimatregionen zwangsdeportiert wurden. Laut einem Bericht des Zentralkomitees vom 31. Juli 1963 betraf die Abwanderung aus den Städten 28 Millionen Menschen. Viele von ihnen waren in ihren Heimatgemeinden nicht willkommen und fanden auch keine Arbeit. Aber Mao jubelte: "Unsere Leute sind gut! Wohin man die Millionen ruft, dorthin kommen sie, wohin man sie schickt, dorthin gehen sie."

Jahrzehnte wurden die wahren Zahlen der Hungersnot verschwiegen, doch Statistik kann nicht lügen. Die Bevölkerungspyramide der Volkszählung von 1982 spricht Bände. Man beachte den Einbruch bei den etwa 20-Jährigen.

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Folgende Übersicht zeigt die Zahl der nicht natürlichen Todesfälle, wie sie aus allen Provinzen an das Zentralamt geliefert wurde. Einheit ist in 10.000.

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Dies ergibt 20,98 Millionen Tote, die nicht eines natürlichen Todes gestorben sind. Yang setzt sich mit allen chinesischen wie nicht chinesischen Berechnungen der Opferzahlen der Hungerkatastrophe von 1958 bis 1962 auseinander, die von etwa 15 Millionen bis über 50 Millionen reichen. In einer ausführlich begründeten Schätzung geht Yang von etwa 36 Millionen Hungertoten für die Zeit des Großen Sprungs aus und folgt damit dem chinesischen Statistiker Wang Weizhi.

Als wesentliche Ursache dieser Hungersnot sieht Yang, selbst ab 1964 Mitglied der KPCh und von den Ereignissen 1989 ernüchtert, im Herrschaftssystem, einer Mischung aus Demokratischem Zentralismus und Stalinismus, sowie einem absolut herrschenden Despoten Mao, der sich bei seinen Entscheidungen nicht um die Verfassung kümmert und sich mehr und mehr als Nachfolger der chinesischen Kaiser sieht sowie immer mehr den brutalen, despotischen Seiten des ersten Kaisers der Qin-Dynastie Qin Shihuangdi Positives abgewinnt.

Es ist diese Despotie, welche ein System gebiert, in dem jeder Täter und Opfer zugleich sein kann. Nach oben unterwürfig, nach unten herrscherisch.
In einem demokratischen System gibt es einen normalen Mechanismus für den Wechsel des Führungspersonals, aber in einer Despotie sind die obersten Führungspersonen umgeben von Speichelleckerei und Intrigen, ihr Wechsel geht immer mit Brutalitäten und Blutvergießen einher.
Dass Yang die systemimmanenten Ursachen ausschlaggebender für die Hungersnot waren als das Verhalten von Menschen, legt er überzeugend dar:
Ein System, das keine Mechanismen zur Fehlerkorrektur hat, ist äußerst gefährlich; die besten Mechanismen zur Fehlerkorrektur hat die Demokratie. Was Fehler und Fehlerkorrektur angeht, so ist das System ein weit wichtigerer Faktor als das Führungspersonal. Wenn gute Leute ein schlechtes System führen, können sie dessen Schaden begrenzen, aber ihre Wirkungsmöglichkeiten sind begrenzt. Während der großen Hungersnot waren die verschiedenen Provinzen aufgrund der unterschiedlichen Eignung ihres Führungspersonals unterschiedlich schwer betroffen, aber dennoch sind Millionen verhungert. Wenn andererseits schlechte Leute ein gutes System führen, werden sie zwar auch Schaden anrichten, aber dieser Schaden kann schnell entdeckt und korrigiert werden. Und sie werden sehr schnell ihre Macht verlieren.



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23.03.2024 um 20:03
Rasante Schneckenjagd (Wastl 50)

Wastl-50Original anzeigen (0,3 MB)

In diesem Band wird ein heutzutage besonders aktuelles Thema angesprochen: Wem gehört Kunst? Die Goldmasken sind mit Professor Barabas bei einem Wissenschaftskongress in Japan und werden Zeuge, wie zwei mafiös aussehende Zwillinge Bronze-Schnecken aus einer Vitrine stehlen. Auch einem Freund eines japanischen Goldmaskenmitglieds wurden bereits solche Schnecken gestohlen. Nach einigen Abenteuern stellt sich heraus, dass diese Bronze-Schnecken Haarlocken einer Statue von Buddha Zen-te des Ranko-Tempels sind. Diese fehlen nun auf der Statue und der Tempelhüter Soto hat sich zum Ziel gesetzt, die Bronze-Schnecken zu finden und die Statue zu vervollständigen, denn nur so könne das alte Reich der Samurai wiedererstehen. Durch den Gedichtvortrag eines schwebenden alten Mannes (Geists), der sich als Mondseher und Dichter Zen-tes ausgibt, wird Soto von seinem Wahn befreit. Professor Barabas setzt sich mit den Eigentümern der Bronze-Schnecken in Verbindung und alle willigen ein, dass diese auf den Kopf der Statue gehören. Der Tempel sei der wirkliche Besitzer.

Damit ist die Frage beantwortet, wem Kunst eigentlich gehört, und dass Gesamtkunstwerke nicht in Einzelteilen verkauft werden sollen, wie legal das auch immer ist.


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24.03.2024 um 22:56
Tex Rubinowitz - Rumgurken

Rumgurken

Tex Rubinowitz ist ein in Wien lebender deutscher Schriftsteller, Musiker und Künstler. Als gut 50-Jähriger veröffentlichte er 2012 eine Art Reisebuch, bei dem er eigentlich immer sich selbst zum Thema hat. Egal, ob er als Mann um die 30 mit 17-jährigen Schülerinnen zu einem Filmfestival nach Finnland reist, um sie dann mit Max Goldt und Wiglaf Droste allein zurückzulassen, oder ob er als 50-Jähriger mit einer etwa 20-Jährigen skurrilen Sex am Strand von Ostende hat, mit deren schwangeren Mutter er im Ostende-Express bereits zwanzig Jahre zuvor Sex hatte. Wir erfahren auch, dass er in Zug- und Flugzeugtoiletten sich gerne einen runterholt. Ansonsten gibt es viel Name-Dropping, mit welchen Künstler:innen oder Journalist:innen er wo sich getroffen hat, dass er den Eurovision-Song-Contest mag, mehrfach in Klagenfurt beim Wettlesen des Bachmannpreises war, wo er aber anscheinend nicht gelesen hat, dass er als junger Mann in Porto sturzbesoffen vor einem schwulen brasilianischen Zahnarzt geflohen ist, der ihm mit einem Chirurgenbesteck eine Fußverletzung operieren wollte, dass er in Budapest von einem Deutschen einen geblasen bekommen hat, der am nächsten Tag sich wegen einer unheilbaren Krankheit von der Kettenbrücke in die Donau stürzen wollte. Mit einer Ampel war er in Bhutan, das er wegen des Despotismus zurecht heftig kritisiert. Auch erfahren wir, dass er Kommunismus überhaupt nicht mag und Blixa Bargeld auch nicht.

Zu Beginn offenbart Rubinowitz, dass er bis auf ein paar Ausnahmen in der Jugend nie gearbeitet hat. Wovon er eigentlich lebt, erfahren wir nicht. Einige Reisen dürften journalistische Auftragstouren gewesen sein (mit einem Zeit-Redakteur beim ESC in Baku, als Aserbaidschan ihn gewonnen hat). Und auf der Art Basel wollte er mal ein Kunstwerk von Jean-Michel Basquiat erstehen und hat seine Mutter um 17.000 Mark angeschnorrt, aber nicht erhalten. Einige Jahre später wurde es von jemand anderen um mehrere Millionen Euro weiterverkauft. An anderer Stelle erfahren wir, dass er 1,60 Euro pro verkauftem Buch erhält. Im Gegensatz dazu sein Freund DJ Hell: Er bekam für eine halbe Stunde Privatshow bei Hugh Heffner anscheinend 50.000 USD.

Zweimal moniert er bei der österreichischen Aktionskünstlergruppe Gelitin (berühmt für den Balkon am WTC etwa ein Jahr vor den Anschlägen), dass sie sich isländische Billigarbeiter mieten, die ihre Kunstinstallationen bauen.

Nicht unbedingt ein Renner, dieses Buch, man erhält viel unnützes Wissen über Rubinowitz, jedoch erfährt man sehr wenig über seine bereisten Gebiete (außer dass er gerne skurrile Speisen mag und es gibt viel Infos über Kneipen).


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25.03.2024 um 10:22
Zitat von .lucy..lucy. schrieb am 23.10.2023:So weit der Fluss uns träg von Shelley Read ·

Ich hab schon lange kein so wundervolles Buch mehr gelesen.
Ein unbeschreiblich schönes Buch. Eines der schönsten Bücher, die ich je gelesen habe.
Nachdem ich den Beitrag hier von dir gelesen hatte, ist das Buch auch auf meiner Wunschliste gelandet. Am Wochenende zur Leipziger Buchmesse habe ich es dann mitgenommen. Bisher habe ich ca. 1/3 geschafft und ich kann es kaum beiseite legen.


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25.03.2024 um 11:25
"Der Unbesiegbare" von Lem.

Dirac-Emittoren!


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26.03.2024 um 10:58
Heute hat meine Bekannte mir ein Buch gebracht, das sie vor Kurzem gelesen hatte.

Der Titel lautet: Julie auf dem Besenstiel

Es ist eine Autobiographie von jemandem, der im falschen Körper geboren wurde.


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26.03.2024 um 11:51
Ich lese gerade das Buch Shogun 957 Seiten


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29.03.2024 um 00:35
Franz Werfel - Das Lied von Bernadette

Werfel-Bernadette

Der Prager Jude Franz Werfel ist 1940 im französischen Exil, als die deutsche Wehrmacht Frankreich überfällt und er im Fluchtchaos bei den Pyrenäen feststeckt. Unterbringungsmöglichkeit findet er in Lourdes, und er gelobt, einen Roman über Bernadette Soubirous zu schreiben, falls er es lebend in die USA schafft. Er schafft es und nur nach fünf Monaten wird 1941 Werfels erfolgreichster Roman veröffentlicht. Gewidmet ist er seiner Stieftochter Manon Gropius, die 1935 an Kinderlähmung verstorben ist. Am Ende seiner Vorrede betont Werfel seine tiefe, über die Religionsgemeinschaften hinausgehende Religiosität:
Schon in den Tagen, da ich meine ersten Verse schrieb, hatte ich mir zugeschworen, immer und überall durch meine Schriften zu verherrlichen das göttliche Geheimnis und die menschliche Heiligkeit - des Zeitalters ungeachtet, das sich mit Spott, Ingrimm und Gleichgültigkeit abkehrt von diesen letzten Werten unseres Lebens.
Dennoch ist dieser Roman viel mehr als eine rührselige Heiligengeschichte. Tief führt Werfel uns in eine arme Landgemeinde am Rande der Pyrenäen, während andere Gemeinden aufgrund von Heilwasserfunden wirtschaftlich aufblühen und sogar - wie Biarritz - zum Urlaubsort Napoleon III. werden.
Die Ärmsten sind vielleicht noch ärmer als überall anders in Frankreich. Sie leben am Lande in baufälligen Keuschen. Sie schlafen im Stall mit ihren Tieren. Sie bekommen nur selten ein Zwanzig-Sous-Stück in die Hand. Die Gedanken der Männer kreisen um nichts anderes als um dieses Zwanzig-Sous-Stück. Die Gedanken der Frauen kreisen um den täglichen Milloc, das ersehnte Stück Butter oder Schmalz, den roten oder weißen Fetzen Flanell für ein neues Capulet.
Bernadettes Vater ist ein dem Trunk ergebener Tagelöhner. Er war Müller, doch der Bach seiner Mühle ist ausgetrocknet. Ihre Mutter arbeitet als Wäscherin. Sie leben in einem ehemaligen Gefängnis zur Miete. Die 14-jährige Bernadette ist die schlechteste Schülerin und hat vom katholischen Glauben keinerlei Ahnung, als bei einem Weg mit Geschwistern und Schulfreudinnen ihr in einer Grotte eine weiße Dame (etwa 16- bis 17-jährig) erscheint, die niemand sonst sieht. Fünfzehn Tage lang verspricht sie zu kommen. Die Grotte Massabielle ist ein mieser Ort. Dort werden Schweine gehütet und das Hospital verbrennt bei dieser Höhle die Abfälle.

Doch die Schilderungen und die Trance von Bernadette, wenn sie die Dame sieht, spricht die Bewohnerinnen und Bewohner an. Hunderte folgen ihr täglich zur Grotte. Staatsmacht und Kirche sind in Aufruhr, versuchen mit Verboten die Besuche einzudämmen. Erfolglos. Bernadette kann weder Blasphemie noch Betrügerei nachgewiesen werden.
Die Leute reden immer wieder von der Allerseligsten Jungfrau. Wer aber die Dame auch immer sei, für Bernadette ist sie vor allem die Dame
Sie nimmt kein Geld, ein Lockvogel, der ihre Familie erfolglos zum Verkauf einer Segnung verführen will, wird schließlich von Bewohnern verprügelt. Als der Dechant von Lourdes ein Wunder von der Dame verlangt, pilgern fünftausend Menschen zur Grotte. Das Wunder (ein Aufblühen einer Rose Ende Februar) geschieht nicht, aber Bernadette wird in eine Ecke der Grotte geschickt, um dort zu graben, sich zu waschen und zu trinken. Dort gibt es aber kein Wasser, sie gräbt, schmiert sich feuchten Sand ins Gesicht und frisst ihn. Doch: Es war nicht Grundwasser, das den Sand befeuchtet hat, Handwerkern gelingt es in der darauffolgenden Nacht, genau an dieser Stelle eine Quelle freizulegen, die täglich 122.000 Liter Wasser liefern wird.

Bernadette wird zur Berühmtheit, und Werfel beschreibt sie in einer Weise, die bis zum heutigen Tag Gültigkeit hat:
Sie ist ein Star, so wie jeder Herrscher, Eroberer, Held, Entdecker, Künstler ein Star wird, wenn er ins Blitzlicht des Erfolges gerät. Dieser Erfolg macht ihn automatisch zum Schauspieler seiner selbst, das heißt seiner Lebensrolle, weshalb der Fachausdruck »Star« zutreffend ist. Wer verliert nicht seine unbewußte Natürlichkeit, wenn er von hunderttausend Augen angestarrt wird?
Bernadette verliert sie nicht. Ihre Unschuld, was den Erfolg anbetrifft, ist freilich so erstaunlich groß, daß die Bewahrung der Natürlichkeit keinerlei Verdienst vorstellt. Wenn die Menschen sie nicht begreifen, so begreift auch sie die Menschen nicht. Was haben all diese Tausende davon, ihre Gemeinschaft mit der Dame zu belauern? Wenn niemand käme, wär's doch viel besser. Der Dechant, der Staatsanwalt, der Polizeikommissär würden sie dann in Ruhe lassen. All diese Nachläuferei bringt ihr doch nur Verdruß und Qual.
Bürgermeister Lacadé träumt von Reichtum, lässt das Wasser chemisch analysieren, doch es ist nur normales Trinkwasser. Die Heilwasserträume scheinen zu platzen.
Der Staat hat versagt. Die Kirche hat versagt. Beide sind zusammengeklappt vor den Zwanzigtausend, vor der »Volksbewegung«, die da sehr unvermutet ihnen über den Hals gekommen ist. Staat und Kirche fürchten jedes eigene Willensbegehren, das in den widerspenstigen Massen lauert. Der tiefste Beweggrund beider so gefährdeter Institutionen ist die Angst vor dem Eigenwillen der Masse. Der Beweggrund aber, der Lacadé antreibt, ist der aufrichtigste und mächtigste Beweggrund dieses Zeitalters, das gute Geschäft.
Bernadette wird verhört. Von der Polizei, vom Staatsanwalt, vom Bischof, von Ärzten, von Psychiatern. Ergebnislos. Bernadette kann weder eingesperrt noch in ein Irrenhaus verfrachtet werden. Der Bericht einer Ärztekommission:
»Die junge Bernadette Soubirous«, heißt es da, »ist, bis auf ein angeborenes Asthma, vollständig gesund. Sie leidet niemals an Kopfschmerzen, noch auch an andern nervösen Störungen. Appetit und Schlaf sind ausgezeichnet. Eine pathologische Veranlagung dürfte kaum vorhanden sein. Das Mädchen ist von Natur aus für alle Eindrücke äußerst empfänglich. Es handelt sich vermutlich um eine Hypersensitive, die leicht das Opfer von Einbildungen, ja von Halluzinationen werden kann. Möglicherweise gaukelt ihr ein Lichtstrahl in der Felsnische die Erscheinungen vor. Hyper-sensitive neigen oft zu Übertreibung derartiger Erlebnisse, die sich in schwereren Fällen bis zur Pseudologia phantastica versteigen kann. Es liegt aber kein Grund vor, letztere bei der jungen Soubirous anzunehmen. Die Unterzeichneten sind der Ansicht, daß bei diesem Mädchen sogenannte ekstatische Zustände nicht ausgeschlossen sein mögen, ein psychisches Leiden, dem Somnambulismus ähnlich, das bisher wenig erforscht ist, aber keinerlei Gefahr für die Kranke bedeutet...«
Doch dann geschieht das Unglaubliche: Mit dem Wasser wird ein krankes Auge eines Arbeiters geheilt und das von Lähmungsanfällen heimgesuchte Kind der Nachbarin wird nach einem Bad im Grottenwasser gesund. Die Nachricht verbreitet sich wie Lauffeuer, immer mehr Menschen pilgern zur Quelle, heimlich werden Pläne geschmiedet, aus Lourdes einen Wallfahrtsort zu machen. Die Dame habe laut Bernadette ja zu "Prozessionen" und einer "Kapelle" aufgefordert.

Für Werfel ist dieser Andrang ein stummer Aufschrei des armen Volkes, das nichts von Deismus oder Atheismus wissen will. Es will den Eingriff der Himmelsmächte in ihr Leben zu ihrem Nutzen.
Ein durch erwiesene, aber unerklärbare Heilungen dokumentiertes Wunder bedeutet einen so gewaltigen Einbruch in den offiziellen Deismus und inoffiziellen Nihilismus des Zeitalters, daß sowohl die Sicherheit des Unglaubens als auch die Unsicherheit des Glaubens ins Wanken gerät.
Bernadette geht zu den Schwestern von Nevers, einem Orden, der sich der Krankenbetreuung wie der Schulbildung verschrieben hat. Sie selbst wird 1871 verwundete Soldaten betreuen. Lourdes selbst blüht auf. Immer mehr Heilungen werden trotz strenger Prüfung von der Kirche akzeptiert, der Pilgerstrom wird immer größer, Lourdes wird ein Pilgerzentrum. Hotels werden gebaut, der Andenkenhandel - auch mit Bildern von Bernadette - gedeiht. Bei der Grotte wird eine Marienstatue errichtet, die laut Bernadette, welche die Figuren sieht, keinerlei Ähnlichkeit mit der Dame aufweist. Ein Kirchenbau wird in Planung gegeben.

Bernadette selbst ist schwerkrank. Sie leidet an Knochentuberkulose, die sich an einem riesigen Geschwür an einem Knie äußert. Eine Therapie mit dem Wasser aus der Grotte lehnt sie laut Werfel ab, "weil die Quelle nicht für mich da ist". Sie stirbt mit 35 Jahren im Jahr 1879.

Die letzten Kapitel widmet Werfel den Nachwirkungen. So reist der lange in Lourdes gelebt habende atheistische Schriftsteller Hyazinthe de Lafite zur Grotte, als er mit Kehlkopfkrebs erkrankt ist. Er findet zurück zum Glauben. Ob er geheilt wird, weiß man nicht. Aber was er sieht, berührt ihn zutiefst.
Menschen mit zerstörten Lungen, denen der Blutschaum von den Lippen gewischt werden muß, Menschen mit verkrebsten Eingeweiden, die den Kot nicht halten können. Lafite möchte schnell diesen Kreisen entkommen. Doch der unerbittliche Dozous lenkt ihn in ein Seitenzimmerchen. Dort sitzt in einer Art von verstellbar hochgeschraubtem Lehnstuhl ein etwa elfjähriger Knabe mit einem Blick in den Augen, den Lafite nicht vergessen wird. Die formlosen Beine des Knaben zeigen von den Hüften abwärts bis zu den Fußsohlen alle Sorten von Rot, die es gibt, vom hellen Lachsrot zum lackartig tiefen Rötlichbraun. Aus offenen Gangränen rinnt Blut und Eiter.
Und er resümiert:
es sind durchaus nicht nur die einfältig Frommen, die in Lourdes das Heil suchen, es sind nicht einmal nur Katholiken, die zu uns kommen, sondern auch Protestanten und Juden. Es sind die Verzweifelten, die keinen andern Ausweg mehr haben als diesen
Beendet wird der Roman mit der Heiligsprechung im Jahr 1933. Bernadette, deren Leichnam mumifiziert ist, ist für ihn die Verkörperung eines menschlichen Geistes, der aktuell von den politischen Handlungsträgern zerstört wird. In einem Interview nach Veröffentlichung des Romans sagt Werfel:
Im Jahre 1922 schon wurde in Deutschland von mir ein Stück gespielt, viele hundert Male, das den Nazitypus in seiner nackten Furchtbarkeit zeigte. War jetzt der Tag der Abrechnung gekommen? Eingeweihte wollten meinen Namen auf den Auslieferungslisten gesehen haben. Gab es noch eine irdische Macht, die mir helfen konnte? - Da wandte ich mich an jene mütterliche Kraft des Weltalls, die sich in dem armen Leben der kleinen Bernadette Soubirous und in den Geschichten Lourdes' so heilbringend offenbart hatte. Dieses arme Leben und diese sonderbaren Geschichten, schon hatten sie mich gefangen und eingesponnen.
Ich bin fest überzeugt davon, daß ich ein höchst aktuelles Buch geschrieben habe, obwohl seine Handlung schon im Jahre 1933 abschließt. Ich habe mit vollem Bewußtsein ein aktuelles Buch geschrieben, ein Kampf-Buch dieses Krieges.
Niemand versteht diesen Krieg, sofern er wähnt, es werde vor allem um die Macht von Nationen gestritten, um ihren ›Lebensraum‹, um ökonomische und soziale Formen. Nicht ein materielles, sondern ein geistiges Prinzip steht in diesem Krieg auf dem Spiel. Noch sind die Fronten verworren und die Entwicklung nicht abzusehen. Auf der einen Seite kämpft
der radikale Nihilismus, der im Menschen nicht mehr Gottes Ebenbild sieht, sondern eine amoralische Maschine in einer völlig sinnlosen Welt. Auf der andern, auf unserer Seite kämpft die metaphysische, die religiöse Konzeption des Lebens, die Überzeugung, daß dieser Kosmos vom Geiste geschaffen ist und geistiger Sinn daher jedes Atom durchströmt.
›Das Lied von Bernadette‹ ist ein jubelnder Hymnus auf diesen geistigen Sinn der Welt.



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31.03.2024 um 13:19
Zitat von NarrenschifferNarrenschiffer schrieb am 23.03.2024:Die Ursache der Hungersnot lag für Yang in der Reorganisierung der Eigentumsstruktur ab Dezember 1953, dem Wahn der beschleunigten Entwicklung (Großer Sprung), der Einführung der Volksküchen.
Mao war ja Stalinist, (nach dem Tod von Stalin und der Entstalinisierung in der Sowjetunion sah sich Mao als der einzig wahre Stalinist und Kommunist) und die große Hungersnot in China weist starke Parallelen zur Entwicklung in der Sowjetunion auf - Anfang der 30er Jahre gabs die großen Hungersnöte in der Sowjetunion mit Millionen toter Bauern, das Jahr 1937 war in der SU der Höhepunkt der Verfolgung der Intellektuellen.
Eine ähnliche Timeline gab es in es in China, Anfang der 60er die große Hungersnot der Bauern, Ende der 60er Jahre war dann die Kulturrevolution in China, mit Verfolgung der Intellektuellen und der Bürokraten.

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Gottfried-August-BC3BCrgerMC3BCnchhausen
Gottfried August Bürger - Münchhausen - Reclam

wirkt aus heutiger Sicht sehr dynamisch und sehr modern


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01.04.2024 um 01:54
John R. Searle - Wie wir die soziale Welt machen

Searle-Soziale Welt

2012 ist dieses Alterswerk eines der einflussreichsten Sprachwissenschafter des 20. Jahrhunderts erschienen. Aufbauend auf seiner Sprechakttheorie legt er dar, wie wir Menschen die soziale Welt, die Institutionen von Sommerferien bis politische Strukturen schaffen. Dafür benötigt es eine voll entwickelte Sprache mit Satzstrukturen (Syntax) und laut Searle unterscheidet uns Menschen diese Fähigkeit von allen bekannten derzeit lebenden nichtmenschlichen Lebewesen.

Konstituierende Regel sei die Konvention "X gilt im Kontext K als Y" (egal ob es um die Zugregel für eine Schachfigur oder die Inauguration einer Staatspräsident:in handelt). Die gültige Deklaration (Spielregel, Prozedere zur Ernennung eines Staatsoberhaupts) schafft via Anerkennung und Akzeptanz (auch bei Nicht-Billigung) die Status-Funktion, der mit einer deontischen Macht, also einer institutionell existierenden Macht einhergeht. Sei es ein Standesbeamter, der aufgrund seines Amtes Ehen schließen kann, oder sei es ein Präsident, der aufgrund seines Amtes ein Veto gegen ein Gesetz einlegen kann. Als Person X kann er es nicht, aber in der Funktion Y ist er dazu ermächtigt. Und um die Funktion Y zu erlangen, benötigt es eines Sprechaktes, einer Deklaration. In komplexen Gesellschaften kommt die Notwendigkeit einer dauerhaften Deklaration hinzu. Dazu benötigt es Schrift (Spielregeln, Verordnungen, Gesetze sind solche dauerhafte Deklarationen).

Zu Beginn wiederholt Searle seine fünf berühmten Sprechakte (illokutionären Akte):


  1. Assertiva (Aussagen, Behauptungen)
  2. Direktiva (Anweisungen oder Befehle - jemand anderer soll etwas tun)
  3. Kommissiva (Festlegungen wie Versprechungen oder Gelübde)
  4. Expressiva (Gefühlsausdrücke wie Entschuldigungen oder Danksagungen)
  5. Deklarativa (etwas durch Proklamation herbeiführen wie einen Krieg erklären oder eine Sitzung vertagen)


Nur der fünfte Sprechakt, Deklarativa, sei in der Tierwelt nicht zu beobachten und dieser sei für die Bildung von Institutionen der maßgebliche (seien es Spielregeln, die Anerkennung eines Papierstücks als Geld, die Anerkennung eines Staatsoberhaupts). Und dieser sei der Grund für wunschunabhängige Handlungen (man geht zur Arbeit, weil man einen Vertrag hat und diesen anerkennt, auch wenn man keine Lust hat).

Da durch Deklarationen Status-Funktionen kollektiv anerkannt werden, ist es möglich, dass es eine kollektive Intentionalität gibt, sprich: es kann nach Plan (prior intention = vorgängige Absicht) gehandelt werden (intention in action = handlungsimmanente Absicht). Dabei muss nicht jedes Mitglied wissen, was eine andere Person genau tut (der Violinist muss nicht wissen, was die Klavierspielerin genau tut, der Stürmer muss nicht wissen, wie der Verteidiger zu ihm einen Pass spielt). Jede Person muss nur ihren eigenen Beitrag leisten, um eine handlungsimmanente Absicht zu erreichen (Musikstück aufführen, Fußball spielen). Voraussetzung zur Erreichung des Ziels (kollektive Intentionalität) ist, dass jede Person im Team ihren Beitrag leistet.

Sprache ist für Searle ein ganz besonderes Kommunikationsmittel, das Warnschreie oder Knurren nicht zustandebringen kann. Deklarationen erschaffen etwas, was wiederum in der Welt gültig ist.
Die Sprache beschreibt nicht nur, sondern sie erschafft und ist teilweise konstitutiv für das, was sie sowohl beschreibt als auch erschafft.
"Dies ist mein Auto" gilt als korrekte Aussage nur, wenn es zuvor eine Deklaration (einen gültigen Kaufvertrag) gegeben hat. Ohne diese ist die Aussage schlichtweg falsch. Der Kaufvertrag, der schriftlich vorliegt, ist ein fortwährender, permanenter Sprechakt, der jederzeit vorgewiesen werden kann. Diese Deklarationen sind nun Konventionen, mit denen Rechte (Autobesitz), Pflichten (Papierstück als Geld zu akzeptieren), Festlegungen (der Lageort eines Balles zählt als Tor) einhergehen. Deklarationen schaffen deontische Kräfte und deontische Macht. Genau diese Fähigkeit von Sprache halte die menschliche Gesellschaft zusammen.

Deklarationen, die anerkannt und konventionell sind, schaffen die Institutionen. Searle reiht eine lange Beispielliste auf:
Regierungsinstitutionen: Legislative, Exekutive, Judikative, Militär, Polizei.
Sportliche Institutionen: Fußballbundesliga, Hochleistungssportler mit Amateurstatus, lokale Sportvereine.
Zweckgebundene Institutionen: Krankenhäuser, Schulen, Hochschulen, Gewerkschaften, Restaurants, Theater, Kirchen.
Wirtschaftliche Institutionen: Industriekonzerne, Finanzberater, Immobilienhändler, Handelsge-sellschaften, Sozietäten.
Strukturierte Mehrzweckinstitutionen: Geld, Privateigentum, Ehe, Regierung.
Unstrukturierte, informelle und (zumeist) nicht kodifizierte Institutionen: Freundschaft, Familie, Liebesverhältnisse, Partys.
Allgemeine Formen menschlicher Aktivität, die zwar selbst keine Institutionen sind, aber Institutionen umfassen: Wissenschaft, Religion, Erholung, Literatur, Sex, Essen.
Berufliche Tätigkeiten, die zwar selbst keine Institutionen sind, aber Institutionen umfassen: Jus, Medizin, Hochschulwesen, Theater, Tischlern, Einzelhandel.
Formal sieht die Schaffung von Institutionen nach Searle so aus:

Durch Deklaration führen wir (führe ich) es herbei, daß die Y-Status-Funktion existiert.

Status-Funktion ist folgendermaßen definiert:
Eine Status-Funktion definiere ich als eine Funktion, die von einem Gegenstand (Gegenständen), einer Person (Personen) oder einer anderen Entität (Entitäten) erfüllt wird und die nur aufgrund der Tatsache erfüllt werden kann, daß die Gemeinschaft, in der sie erfüllt wird, dem betreffenden Gegenstand, der betreffenden Person oder der betreffenden Entität einen bestimmten Status zuschreibt, und daß die Funktion vermöge der kollektiven Akzeptierung oder Anerkennung des Gegenstands, der Person oder der Entität als Träger dieses Status erfüllt wird.
Und warum es dazu Sprache benötigt, erklärt Searle folgendermaßen:
Eine solche Deontologie setzt Sprache voraus. Warum? Weil man ohne Sprache über nichts weiter verfügt als vorsprachliche intentionale Zustände (wie Wünsche und Überzeugungen) sowie Neigungen. Um dahin zu gelangen, daß man eine Verpflichtung als Verpflichtung anerkennen kann, muß man über den Begriff der Verpflichtung verfügen, denn man muß dazu imstande sein, etwas als Verpflichtung zu repräsentieren, das heißt: als etwas, das uns einen von unseren Neigungen und Wünschen unabhängigen Handlungsgrund liefert.
Eine ganz simple und in Europa lange existierende bzw. existiert habende konventionelle Deklaration ist:
Für alle x, wenn x der älteste lebende Sohn des verstorbenen Königs ist, dann gilt x als der König.
Durch Deklarationen kann der Mensch Könige, Grenzen, Firmen, Eheleute, Autofahrer:innen usw. schaffen, also institutionelle Tatsachen. Und diese funktionieren, solange sie anerkannt und akzeptiert werden. Wenn sie nicht mehr anerkannt werden, verschwinden sie (als politisches Beispiel nennt Searle die Sowjetmacht ab 1989). In einer Gesellschaft, in der keine deontischen Kräfte oder Mächte mehr anerkannt würden, gäbe es kein wunschunabhängiges Handeln mehr, jede Person täte, wonach ihr gerade der Sinn steht. Damit bräche das System zusammen, auch die Gesellschaft würde nicht mehr als solche existieren.

Durch Status-Funktionen erhält eine Person oder Personengruppe Macht über andere Personen: "X hat mit Bezug auf Handlung A Macht über Y." Das kann die Ausstellung eines gültigen Führerscheins sein oder die Unterfertigung eines Staatsvertrags. Gewisse Status-Funktionen bringen mit sich, dass jemand einer anderen Person ihre Freiheit nehmen kann (Polizei oder Richter). Und weiter: "Um Ausübung von Macht handelt es sich nur, wenn der Akteur das Objekt dazu bringt, etwas unabhängig davon, ob das Objekt den entsprechenden Wunsch hat oder nicht, zu tun."

Grundsätzlich beinhalten deontische Machtbefugnisse (auf Basis einer Status-Funktion), "daß man die Menschen zu bestimmten Handlungen bringt, ohne Gewalt anzuwenden". Ausführlich grenzt Searle diesen Machtbegriff vom "Biomachtbegriff" Foucaults ab. Eine Besatzungsarmee hätte zum Beispiel keine deontische Macht, ihre Macht würde ausschließlich auf Brachialgewalt und der daraus entstehenden Furcht beruhen.

Dennoch setzt er sich ausführlich mit Regierungsmacht auseinander, der er zwei Merkmale zuschreibt: "ein Monopol auf organisierte Gewalt und die Kontrolle über das Territorium". Für Searle ist eine Regierung die "ultimative institutionelle Struktur", die in ihrem Grad der Kontrolle über andere institutionelle Strukturen (etwa Familie, Bildung, Geld, Wirtschaft, Eigentum, Kirche) variieren kann: von anarchistischen Verhältnissen beinahe ohne Einfluss bis hin zu einem totalitären System. Dennoch würde ohne Gewaltmonopol sie aufhören, als Regierung zu fungieren (Searle führt "einige afrikanische Staaten" bzw. durch die Mafia kontrollierte Gebiete in Süditalien an).

Akzeptanz und Anerkennung einer Regierung muss jedoch nicht Billigung bedeuten. Stalin und Hitler hätten ein sehr großes Sicherheitsbedürfnis gehabt. "Die Akzeptierung ihres Systems von Status-Funktionen konnten sie niemals einfach als einen gegebenen Teil der Realität voraussetzen, sondern sie mußte ununterbrochen durch ein gewaltiges System von Belohnungen und Bestrafungen sowie durch Terrorherrschaft gewährleistet werden."

Die Struktur von Gesellschaften beruht nach Searle auf einer kollektiven Intentionalität. Diese kann zerstört werden, indem eine alternative kollektive Intentionalität geschaffen wird. Dies könne im Positiven mit der Abkehr von sexistischen oder rassistischem Sprachgebrauch geschehen. Andererseits ist dieses Vorgehen auch Kern revolutionärer totalitärer Strömungen. Die Bolschewiki erhoben das Proletariat, die Nationalsozialisten die arische Rasse zur Identifikationsform kollektiver Intentionalität.

Demokratische Gesellschaften zeichnen sich für Searle durch den geregelten regelmäßigen Machtwechsel aus und dass politische Gegner sich nicht gegenseitig vernichten. Selbst als der Wahlsieg George W. Bush' uneindeutig war, wurde die deontische Macht des Präsidenten nach dem Entscheid des Obersten Gerichtshofs auch von den meisten derjenigen anerkannt, die ihn eigentlich ablehnten.

Auch dass sich nach Wahlen in für Searle idealen demokratischen Gesellschaften die Lebensverhältnisse für die meisten Menschen nicht grundlegend ändern und die Parteien sich nach außen sehr ähnlich geben, ist für ihn eine Stärke und keine Schwäche. Sehr überspitzt schreibt er:
Wüßte man, daß man im Fall eines gegnerischen Wahlsiegs wahrscheinlich im Konzentrationslager landet, hingerichtet wird oder seinen gesamten Besitz durch Enteignung verliert, kann man keinen stabilen und dauerhaften Lebensplan schmieden. In erfolgreichen Demokratien spielt der Wahlausgang keine große Rolle, und genauso soll es sein.
Im letzten Kapitel schreibt Searle über die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte. Auch diese seien Status-Funktionen.
Menschsein ist ein Status, dem Funktionen zugeordnet werden können, die unserer Definition der Status-Funktionen entsprechen. ... Wer als Mensch gilt, dem sind also automatisch Menschenrechte garantiert.
Dabei unterscheidet Searle zwischen negativen Rechten (jemand darf nicht an etwas gehindert werden) und positiven Rechten (jemand hat Anrecht auf etwas). Für die negativen Rechte gilt:

X hat ein Recht (X tut A)
impliziert
Y hat eine Pflicht (Y behindert nicht (X tut A))

Am Beispiel Redefreiheit:

X hat hat ein Recht (X spricht ungehindert)
impliziert
Y hat die Pflicht, nicht hindernd einzugreifen
(X spricht ungehindert).

Negative Rechte sind im Regelfall gegen jemanden gerichtet, meist den Staat. Der Staat darf das Recht auf Redefreiheit nicht einschränken, außer es werden durch die Redefreiheit Grundrechte anderer eingeschränkt. ("Feuer!" in einem vollen Theater rufen oder jemanden bei Dritten verleumden).

Schwieriger sind für Searle die positiven Menschenrechte wie zum Beispiel nach "angemessener Wohnung" umzusetzen, da jemand anderer verpflichtet wird und nicht geklärt ist, wer das sein soll, der verpflichtet ist. Aber da sind wir vielleicht in einer US-amerikanischen Diskussion.

Insgesamt ist dies ein sehr flott zu lesendes Buch. Es hinterlässt den Eindruck eines sehr selbstbewussten Mannes, der weiß, welchen Beitrag er für die Sprachwissenschaft bereits geleistet hat. Trotz mancher Wiederholungen ist es an vielen Stellen witzig geschrieben, auch wenn er nie Zweifel aufkommen lässt, dass seine Terminologe extrem präzise ist. Hat Spaß gemacht. Vielen Dank an den nun schon über 90-Jährigen (auch wenn er hier wohl kaum mitliest ;) ).


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