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7.170 Beiträge ▪ Schlüsselwörter: Bücher, Lesen, Literatur ▪ Abonnieren: Feed E-Mail

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07.10.2023 um 23:57
Der weiße Elefant (Rolf Torring 9)

Torring-9

Wie im Band zuvor angekündigt, fahren Torring und Warren mit Frau von Valentini nach Bangkok, um ihren Mann zu finden, der anscheinend von einer religiösen Organisation in Gefangenschaft gehalten wird. Der englische Frächter und Restaurantbesitzer Jim Hodge bringt sie mit Hilfe des an Frau von Valentini geschickten Halstuchs mit einem weißen Elefanten auf die Spur der sogenannten Feuerpriester, die als radikale buddhistische Organisation ein Erpressungsnetzwerk aufgebaut haben und nicht zahlende Schuldner radikal ermorden.

Sie fahren den Menam (Mae Nam Chao Phraya) hoch, um Informationen von einem Einsielermönch namens Mongkut einzuholen. Dieser weiß, dass die Feuerpriester auf einer Flussinsel ihren Tempel haben. Torrings Gruppe findet die Insel, sie dringen in den Tempel ein und können Hermann von Valentini wie auch eine zum Tode verurteilte Tempeltänzerin (sie hat einen Tanzfehler bei einem Ritual begangen) befreien. Hermann von Valentini ist anscheinend durch Drogen willfährig gemacht worden und möchte seine Frau dem Brandopfer übergeben, also wird er von Pango bewusstlos geschlagen. Die Story endet mit der Flucht auf dem Fluss und dem Cliffhanger, dass sie bald von den Feuerpriestern gefangen sein werden.

Auch in diesem Band gibt es Tierkämpfe: Mongkut retten sie bei Ankunft vor einem angreifenden Tiger, bei der Wache vor dem Feuertempel legt sich eine Cobra auf den Schoß von Warren. Beide Tiere werden getötet. Gegenüber Frauen wird sehr klischeehaft geschrieben. Während die Tempeltänzerin ritterhaft befreit wird, bringt Frau von Valentini die Gruppe in Gefahr, als sie bei Angesicht ihres gefangenen Gatten laut aufschreit.

Warum ist Hermann von Valentini gefangen? Er hat wegen eines traumatischen Schocks in der Vergangenheit quer über sein dunkles Haar einen weißen Streifen. Da die Feuerpriester einen weißen Elefanten verehren, halten sie ihn für einen von Gott Auserwählten und wollen ihn bei sich behalten.

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08.10.2023 um 12:09
Wastl und die Seifenfee (Wastl 34)

Wastl-34Original anzeigen (0,2 MB)

Dieser Band erweckt den Eindruck, dass der Verlag die Zielgruppe verjüngt hat. Geschichte wie auch Zeichenstil (glatter, naiver) scheinen Grundschulkinder ansprechen zu wollen. Auch die leicht ironischen Witze sind nicht vorhanden. Die Story ist schon sehr kindlich.

Sidonie gewinnt bei einem Preisausschreiben einer Waschmittelfirma eine Reise in die USA, wo sie von indigenen Kindern angegriffen und gefesselt wird. Sie freundet sich mit ihnen an und gemeinsam rauchen sie eine Seifenblasenfriedenspfeife. Deren Stamm wiederum wird von drei als Sheriffs verkleideten Weißen attackiert, da sie auf ihrem Stammesgebiet Mineralien haben, die für die Waschmittelerzeugung benötigt werden (darum auch die Seifenblasenpfeifen). Ziel ist, sie zu vertreiben (ein durchaus ernsthafter Aspekt). Wastl gelingt es, die drei Männer zu besiegen, der Verbleib des Stammes ist gesichert.


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10.10.2023 um 07:18
Neuschnee: Thriller

CoverLucy Foley


Winter in den schottischen Highlands: Neun Freunde verbringen den Jahreswechsel in einer abgelegenen Berghütte. Sie feiern ausgelassen, erkunden die einsame Landschaft und gehen auf die Jagd – doch was als ein unbeschwerter Ausflug beginnt, wird bitterer Ernst, als heftiger Schneefall das Anwesen von der Außenwelt abschneidet. Nicht nur das Gerücht von einem umherstreifenden Serienmörder lässt die Stimmung immer beklemmender werden, auch innerhalb der Gruppe suchen sich lang begrabene Geheimnisse ihren gefährlichen Weg ans Licht. Dann wird einer der Freunde tot draußen im Schnee gefunden. Und die Situation in der Hütte eskaliert ...

https://books.google.de/books/about/Neuschnee.html?id=mvqlDwAAQBAJ&source=kp_book_description&redir_esc=y

schnee111


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14.10.2023 um 15:41
Der Wald wirft schwarze Schatten

Kari Brænne
- 352 Seiten



"Tief in den Wäldern der Hedmark liegt ein grausames Verbrechen begraben.
Ein Verbrechen hat sich ereignet. In einer Hütte, tief im dichten Wald der Hedmark. Eine ganze Familie wird auseinandergerissen. Jahrzehnte später ruft die alte Matriarchin Evelyn alle wieder zusammen. Vor ihrem Tod, an ihrem fünfundachtzigsten Geburtstag, müsse sie ihnen unbedingt etwas Wichtiges mitteilen.
Mit unguten Vorahnungen reist Wilhelm aus den USA an. Seit mehr als dreißig Jahren hat er seine Mutter nicht mehr gesehen. Auch der Schauspieler Robert erhält von der merkwürdigen alten Dame eine Einladung, zusammen mit einer rätselhaften Karte und einem Schlüssel ...
Am Ende finden sie sich wieder dort ein, wo das Übel seinen Ursprung genommen hat, dort, wo der Wald schwarze Schatten wirft. Und sie blicken in den Abgrund ihrer Vergangenheit. "

https://books.google.de/books/about/Der_Wald_wirft_schwarze_Schatten.html?id=fvNqAgAAQBAJ&source=kp_book_description&redir_esc=y

wald11


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15.10.2023 um 11:28
Das Hochmittelalter (Fischer Weltgeschichte Bd. 11)

FischerWG-11

Mit dem 41-jährigen Jacques Le Goff konnte der Fischer-Verlag für diesen Band aus dem Jahr 1965 einen der renommiertesten Mittelalterhistoriker gewinnen, der ein Jahr zuvor mit La Civilisation de l’Occident médiéval ein bahnbrechendes Werk veröffentlichte (1970 auf Deutsch Die Kultur des Mittelalters). Der Band umfasst das europäische Mittelalter von der lateinisch-griechischen Kirchenspaltung 1054 bis zum Beginn der Krise des 14. Jahrhunderts.

Die Kirchenspaltung zwischen lateinischer und griechischer Kirche hatte zwar einen skurril anmutenden Anlass, nämlich der Streit, ob für die Zubereitung von Hostien gesäuerte Brote (griechische Kirche) oder Oblaten (lateinische Kirche) verwendet werden sollen, die Auswirkungen sind jedoch bis in die Gegenwart vor allem für die slawisch dominierten Staaten relevant: Russland, Bulgarien und Serbien werden in den byzantinischen Umkreis gezogen. Aber auch im Mittelalter ist diese Spaltung beinahe traumatisch: eine verarmte lateinische Welt blickt voller Neid auf das reiche Byzanz, 1204 eroberten und plünderten venezianische Kreuzfahrer Byzanz und errichteten bis 1261 ein lateinisches Kaiserreich am Bosporus. Demographisch ist dieser Zeitraum von einem Bevölkerungswachstum gekennzeichnet. Die geschätzte Einwohnerzahl Europas stieg von 42 Millionen (1000) auf 73 Millionen (1300).

Geprägt ist der Westen zunächst von Waldgebieten und Dörfern, Baumaterial war Holz. Das in der Landwirtschaft verwendete Werkzeug ist unzureichend und aus Holz. Der Räderpflug ist unbekannt, Dünger ein Mangel, man behilft sich mit Asche aus verbranntem Stroh und Gras. Das Verhältnis zwischen Aussaat und Ernte lag um 1200 bei etwa 1:3 (Anfang des 18. Jahrhunderts bei 1:10, heutzutage im Durchschnitt bei 1:30). Die Regel war die Zweifelderwirtschaft, das heißt, dass die Hälfte des anbaufähigen Bodens brach lag. Die Ernte war ständig durch Regenfälle, Hagel, Trockenheit, Pflanzenkrankheiten oder Insekteneinfälle bedroht, ein Ernteausfall führte zu Hungersnöten. Allgemeine überregionale Hungersnöte sind für das 11. Jahrhundert in folgenden Jahren zu verzeichnen: 1005/06, 1043 bis 1045 und 1090-1095. Die Bevölkerung war chronisch unterernährt, Mangelkrankheiten und Tuberkolose grassierten. Geld spielte in dieser Naturalwirtschaft keine Rolle. Der burgundische Benediktinermönch Raoul Glaber schrieb nach der Hungersnot von 1032/33:
Nachdem sie wilde Tiere und Vögel gegessen hatten, unter der Herrschaft eines verheerenden Hungers alles mögliche Aas und andere, kaum auszusprechende schreckliche Dinge auf, um sie zu essen. Einige nahmen, um dem Tod zu entgehen, ihre Zuflucht zum Wurzelwerk des Waldes und zum Grün der Blumen. Wütender Hunger ließ die Menschen selbst menschliches Fleisch verschlingen. Reisende wurden von Stärkeren verschleppt, ihre Glieder abgeschnitten, gekocht und verzehrt. Manche Leute, die aufgebrochen waren, um dem Hunger zu entfliehen, und unterwegs Gastfreundschaft fanden, wurden des nachts ermordet und dienten jenen als Nahrung, die sie aufgenommen hatten. Viele zeigten Kindern eine Frucht oder ein Ei, lockten sie damit an abgelegene Orte, brachten sie um und verschlangen sie. Anderswo wurden Tote ausgegraben, um den Hunger zu stillen. In der Gegend von Mâcon entnahmen einige Leute dem Boden eine weiße, dem Ton ähnliche Erde, mischten sie mit dem, was sie noch hatten, Mehl oder Kleie, und machten aus dieser Mischung Brot, wodurch sie hofften, nicht an Hunger zu sterben; dieses Verfahren brachte aber nur trügerische Hoffnung und Erleichterung. Man sah nur bleiche und abgezehrte Gesichter. Viele zeigten eine durch Aufblähungen gedehnte Haut; die menschliche Stimme wurde spitz, den kurzen Schreien sterbender Vögel vergleichbar.
Die Gesellschaft war dreigeteilt in Klerus (Kirchenadel), Ritter und Bauern. Dass nur Letztere produktiv sind, erkannte 1025 bereits der Bischof der französischen Abtei von Laon, Aldaberon:
Geld, Kleidung, Nahrung: die Leibeigenen liefern alles an jedermann; nicht ein Freier könnte ohne sie bestehen. Gilt es eine Arbeit zu verrichten? Will man etwas bieten? Wir sehen Könige und Prälaten sich zu Sklaven ihrer Leibeigenen machen. Der Herr, der vorgibt, den Leibeigenen zu ernähren, wird in Wahrheit von ihm ernährt.
Le Goff konstatiert, dass die Grundherren nur das Saatgut beiseite legen, ansonsten nicht inverstieren, sondern alles verzehren und vergeuden. Sämtliche Zinseinkünfte flössen in Luxus und nicht in Investitionen. Und falls das Geld ausgeht, werden neue Steuern erhoben: Zölle für Märkte und Messen, Wegegelder und Warensteuern.

Was also bewirkte ab Mitte des 12. Jahrhunderts das Bevölkerungswachstum? Wie gelang es, die Hungersnöte zu überwinden? Aus welchem Grund begann die Produktion den Verbrauch zu übersteigen? Le Goff schreibt von einer Argrarrevolution, welche die Nahrung quantitativ und qualitativ verbessert:

  • Arbeitsgeräte werden verbessert (Räderpflug, Eisengeräte)
  • Mehr Anbauflächen (Dreifelderwirtschaft, Waldrodungen)
  • Erhöhung der tierischen Arbeitskraft (Pferde statt Ochsen, effektivere Spannsysteme)


Durch die Überproduktion konnten sich Verbraucherzentren und somit Städte entwickeln, in denen wiederum das Handwerk arbeitsteilig arbeiten konnte. Geld wurde wieder zu einem Wirtschaftsfaktor. Durch den Verkauf ihrer Produkte konnten Bauern wiederum für sie wichtige Waren einkaufen. Zentren dieses frühkapitalistischen Aufstiegs waren vor allem Flandern und Nieder-Lothringen im Norden sowie Mailand, Genua, Venedig, Pisa und Amalfi im Süden. Künstlerischer Ausdruck dieses neuen Wohlstands war der Architekturstil der Romanik.

Innerhalb der kleinen herrschenden Klasse des Adels wird in diesem Zeitraum die Verbindung zwischen Vasallität (Treueschwur) und Lehen (Pachtland) enger. Der Lehensvertrag bindet Herr und Vasall aneinander. Gleichzeitig wird das Lehen oft erblich, die Vasallen werden Eigentümer und können Lehen an Untervasallen weiter verpachten, so konnte jemand gleichzeitig Vasall und Herr sein. Damit wurde aber auch die Grundlage einer selbstbewussten Aristokratie gelegt, welche auch gegen Monarchen ihre Standesrechte versuchen werden durchzusetzen.

Beobachtet kann auch werden, dass die Frondienstleistungen der Bauern immer mehr durch Abgabe- oder Geldleistungen ersetzt werden. Dies gibt den Bauern mehr Zeit und vor allem die witterungsbedingte wichtige Zeit zu notwendigen Tätigkeiten auf dem eigenen Hof. Bevölkerungswachstum und höhere Produktivität gibt auch die Möglichkeit der (eigentlich illegalen) Abwanderung in Städte und in diesen wurden Leibeigene nach einem Jahr frei. Aber auch die Besiedelung und Bearbeitung neu gerodeten Gebiets führte zu Freiheit, ein vielfach genutztes Privileg, wie auch an den noch heute gebräuchlichen Siedlungsnamen in Frankreich und Deutschland sichtbar ist.

Dennoch ist die Lage der unfreien Bauern immer noch von Gewalt und Willkür ihrer Herren geprägt, wie Le Goff anhand eines Textes eines für mich nicht erschließbaren Gottfried von Troyes aus dem 12. Jahrhunderts belegt:
Die Bauern, die für alle arbeiten, die sich jederzeit abplacken und das ganze Jahr über die von ihren Herrn verachteten Dienstleistungen ausführen, werden unaufhörlich belästigt, und zwar, um den anderen Leben, Kleidung und Vergnügen zu ermöglichen. Man verfolgt sie mit Brand, Plünderung und Schwert; man wirft sie in Gefängnisse und Eisen und zwingt sie dann, sich loszukaufen, oder man tötet sie gewalttätig durch Hunger und liefert sie allen möglichen Arten der Folter aus ... Die Armen schreien, die Witwen weinen, die Waisen seufzen, die Gefolterten vergießen ihr Blut!
In den Städten schlossen sich die reichen Händler und Kaufleute zu Gilden zusammen, überregionale Zusammenschlüsse werden im Norden Hansen genannt, ein Name, den die bedeutendste überregionale Gilde im Ostseeraum für sich annahm. Mitglieder der Gilden wie auch der Stadträte waren jedoch nicht alle Stadtbürger, sondern nur die reichsten.

Politisch konzentriert sich Le Goff auf den Zugriff der deutschen Könige auf Italien. Deren Ursache sieht er darin, dass den deutschen Königen eigenes Königsland fehlte und dieses Manko durch eine aggressive Außenpolitik behoben werden sollte. Aus Italien soll Reichtum in die Königskasse fließen. Auf dieser Grundlage entwickelte sich nach dem Dictatus Papae aus 1075, in dem Papst Gregor VII. mehr oder weniger die Weltherrschaft beanspruchte, was ihn in direkten Konflikt mit Kaiser Heinrich IV. brachte, ein Streit zwischen dem deutschen Kaiser und dem Papst um die Vorherrschaft. Heinrichs demütigenden Gang nach Canossa (1077), um die Exkommunizierung aufzuheben und nicht von Thronprätendenten gestürzt zu werden, nennt Le Goff eine Narretei, einen bewussten politischen Akt und keine Unterwerfung. Bei der nächsten Entkommunizierung jagt Heinrich Papst Gregor militärisch aus Rom.

Die Ursachen der Kreuzzüge sieht Le Goff auch in der steigenden Bevölkerungszahl. Konkurrenten der Erbschaft konnten nicht aus dem Weg geschafft werden, so wird mit dem Seelenheil auch Landgewinn versprochen. Dies war nicht nur für spätgeborene Adelige, sondern auch für Bauernsöhne eine attraktive Aussicht, wenn auch eine trügerische. Bilanzierend, schreibt Le Goff, habe der Westen keinen Reichtum lukriert, sondern die Kreuzzüge selbst bezahlt. Die Kreuzfahrer seien - wenn überhaupt - nicht reich, sondern zerrüttet zurückgekehrt. Einzig Händler und Transportunternehmen seien auf der Seite der westlichen Gewinner zu finden, aber auch nicht alle, da die Kreuzzüge den lukrativen Osthandel nachhaltig gestört haben.

Insgesamt sei im 13. Jahrhundert mit der Verstädterung auch ein Absinken der Wirtschaftsmacht des Adels zu beobachten. Einerseits sei dies auf eigene Standesbeschränkungen (selbstauferlegtes Verbot zu arbeiten und Handel zu treiben) zurückzuführen, aber auch auf die Notwendigkeit, den aufwendigen Lebenswandel in einer Geldwirtschaft finanzieren zu müssen. Geld, das nicht immer ausreichend vorhanden war. So ist im 13. Jahrhundert ein Aussterben vieler Adelsfamilien zu sehen.

Aber auch intern ist im 13. Jahrhundert eine zum Teil gewaltsame Kirchenpolitik zu verzeichnen. Der Aufruf des Papstes zu einem Kreuzzug gegen Ketzer (Albigenser) führte 1209 dazu, dass in der Stadt Béziers 7.000 Frauen, Kinder und Alte in einer Kirche abgeschlachtet und verbrannt wurden, die Stadt selbst wurde ebenso niedergebrannt. Die Einrichtung von Inquisitionstribunalen lässt sich ins Jahr 1184 zurückverfolgen, beim Vierten Laterankonzil (1215) wurden die Gläubigen verpflichtet, der Häresie verdächtigte Personen anzuzeigen. Das Denunziantentum wurde institutionalisiert. Die wildesten Inquisitoren waren Mitglieder des Dominikanerordens.

Zu beobachten ist in der Westkirche auch eine Abwendung vom Luxus und der Ausbeutung. Es entstehen Bettelorden (Franziskaner, Minoriten, anfänglich auch die Dominikaner), die sich der Predigt zuwenden und sich von Spenden finanzieren. Die Bettelpraxis wird von Wilhelm von Saint-Amour, einem Theologen an der Universität Paris, beinahe modern wirkend kritisiert: die freiwillige Armut sei eine Beleidigung der Arbeit und eine Schmähung des von den Armen wider Willen ertragenen Elends. Auch ist mit Mystikern, Beginen und Spiritualen ein sehr individueller Zugang zu Gott verstärkt gewählt worden.

Die Bildung verlagert sich im 13. Jahrhundert von den Klöstern in die Städte zu den Universitäten, die sehr bald Privilegien der Selbstverwaltung und der Eigengerichtsbarkeit erhielten. Ihre Regeln wurden in Statuten festgelegt und in Bologna führen sogar die Studenten die Universität. Universitäten sind in maximal fünf Fakultäten gegliedert (Grundstudium, Theologie, Medizin, kanonisches Recht, bürgerliches Recht). Die Studien dauern lange, der Doktortitel kann frühestens mit dem 35. Lebensjahr erworben werden. Die Ausstiegsquote ist hoch, sodass Universitäten einen elitären Zirkel hochbebildeter Intellektueller bilden. Die Lehrenden erheben ein Anrecht auf Bezahlung. Es sei zwar nicht das Wissen, das bezahlt werden solle, das gehöre Gott (ein Argument, das sich heute in der Commons-Idee wiederfindet), jedoch die Arbeit, die im Wissenserwerb und der Wissensvermittlung stecke. So wurde erreicht, dass die Universitäten entweder von der öffentlichen Hand oder von der Kirche finanziert wurde.

Die erste wissenschaftliche Methode, welche im 13. Jahrhundert entwickelt wurde, war die Scholastik mit ihren vier Schritten:


  1. lectio (Informationssammlung)
  2. quaestio (Forschungsfrage)
  3. disputatio (argumentative Diskussion des Themas)
  4. determinatio (Schlussfolgerung und Beantwortung der Frage)


Damit geht die Wissenschaft des Westens endgültig über das Kommentieren und Interpretieren von Texten hinaus. Zwei bedeutende und umstrittene Wissenschafter aus Oxford führen weitere Methoden in die Wissenschaft ein. Roger Bacon erkennt im Experiment eine Quelle der Wissensfindung, Robert Grosseteste sieht in der Mathematik die Grundlage der Naturwissenschaften und wendet diese Methode im Bereich der Optik an. Er war der Urahn der Entwicklung von Vergrößerungsgläsern und Brillen (die ersten stammen aus dem 13. Jahrhundert).

Die neue Wissenschaft ist jedoch auch heftigen Widerständen seitens der Kirche ausgesetzt. 1277 verdammt der Pariser Erzbischof Etienne Tempier viele neue Leitsätze der Wissenschaft. Roger Bacon (ein Franziskaner) wird gefangengesetzt. Damit ist eine kirchliche Praxis eingeleitet, die auch noch Galileo Galilei zu spüren bekommt und einen Giordano Bruno verbrennen wird.

Die Architekturform des 13. Jahrhunderts war die Gotik mit ihren nach oben strebenden Prinzipien und der Ablösung der Wandmalereien (Fresken) durch Glasmalereien, die häufig in dunklem Rot und dunklem Blau gehalten sind. Aber wie die gesamte Wirtschaft stoppte der Bau dieser gigantischen Kirchen im 14. Jahrhundert (siehe Köln).

Der Zusammenbruch der Wirtschaft Anfang des 14. Jahrhunderts wird mit mehreren Faktoren begründet.

Die Dreifelderwirtschaft war eine Zeit lang sehr effektiv, laugte aber die Böden stärker aus als die Zweifelderwirtschaft. Die effektiven Zugtiere (Pferde) waren bald für Bauern unerschwinglich teuer und wurden nicht eingesetzt. Eine verstärkte Tierhaltung scheiterte daran, dass diese oft nicht ernährt werden konnten. Die Rodung führte zu Problemen der Entforstung: Ackerböden sind nicht mehr von schützenden Wäldern umgeben, die obere Humusschicht wird ausgewaschen, gerodeter Boden wird unfruchtbar. Aber auch eine räuberische Politik von adeligen Grundherrn, die Gemeindeböden (Allmende) an sich rissen, einzäunten und somit der Dorfgemeinschaft entzogen, trug zur Verschlechterung des Ertrags bei.

Neue Technologien wie Spinnrad oder Walkmühle führten vor allem bei der Erzeugung von Tuch zu einer Überproduktion und einem Preisverfall. Um dem entgegenzuwirken, wurden immer wieder Technologieverbote verhängt.

Die räumliche Ausdehnung des Siedlungsgebiets geriet ebenso ins Stocken. So fanden die Könige von Aragonien und Kastilien nicht mehr ausreichend Siedler für die im Zuge der Reconquista von den Arabern und Mauren zurückeroberten Gebiete in Spanien. Die deutsche Ostbesiedelung geriet an ukrainischen und russischen Grenzen ins Stocken. Das jagiellonische Ostpolen wird nach der Evangelisierung Litauens die Ostgrenze festigen. 1291 ist mit dem Fall Akkons einer westlichen Eroberung und Besiedelung Palästinas ein Ende gesetzt.

Dem internationalen Handel des Westens sind durch fehlende Produkte Grenzen aufgezeigt worden. Aus dem Orient sollen Gewürze und Seide importiert werden, aber womit soll getauscht werden? Der Okzident hat keine Luxuswaren, die für den Orient interessant sind. Vereinzelt wird es mit dem Handel von Brunnenautomaten oder Uhren versucht, dies sind jedoch keine Produkte, mit denen sich ein nachhaltiger Handel aufziehen lässt. Geld oder Edelmetalle sind weiterhin Mangelware, die begehrten Produkte konnten also auch nicht einfach durch Bezahlung gekauft werden. In Siena bricht das Bankhaus Rothschild zusammen. Hinzu kommen Geldmanipulationen von Fürsten, mit denen sie ihre Schulden verringern wollen, die aber (sei es inflationär oder deflationär) eine Katastrophe für Handelsbeziehungen wie auch für Menschen, die auf ein Einkommen angewiesen sind (Grundrentner, Lohnempfänger), bedeuten.

Der Abstand zwischen Arm und Reich vergrößert sich im Laufe des 13. Jahrhunderts. Ab 1260 sind eine Reihe von Streiks, Revolten und Meutereien überliefert. Sie betrafen vor allem Städte in den reichsten Gebieten des Nordwestens des Festlands: Brügge, Douai, Tournai, Provins, Rouen, Caen, Orleans und Béziers.

1315 kommt mit einer Klimaabkühlung und verheerenden Regenfällen der Hunger nach Europa zurück. Die Preise landwirtschaftlicher Produkte steigen, die Sterblichkeit erhöht sich. Dennoch konstatiert Le Goff, dass die Krise im Westen Europas mit ihren zum Teil gewaltsamen Konflikten ab Ende des 13. Jahrhunderts dem Mittelalter ein Ende bereitet und die Grundlagen einer modernen Welt legt. Im Osten Europas werde die Refeudalisierung friedlich ablaufen, wobei jedoch die Schwächen des Feudalismus verewigt wurden.

Ein dicht gedrängter, aber hochinformativer Band.


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17.10.2023 um 12:48
Elternabend: Kein Thriller (Auch wenn der Titel nach Horror klingt!)

Sebastian Fitzek
26.04.2023 - 350 Seiten

Stell dir vor ...
... du musst eine halbe Ewigkeit auf einem Elternabend verbringen. Dabei hast du gar kein Kind!


Sascha Nebel hat sich zur falschen Zeit am falschen Ort das falsche Auto für einen Diebstahl ausgesucht. Kaum, dass er hinter dem Steuer eines Geländewagens Platz genommen hat, zieht eine Horde demonstrierender Klimaaktivisten durch die Straße. Allen voran eine junge Frau, die den SUV mit einer Baseballkeule demoliert. Als die Polizei auf der Bildfläche erscheint, ergreifen Sascha und die Unbekannte die Flucht und platzen in den Elternabend einer 5. Klasse. Um die Nacht nicht in Polizeigewahrsam zu verbringen, bleibt ihnen keine andere Wahl: Sie müssen in die Rolle von Christin und Lutz Schmolke schlüpfen, den Eltern des 11jährigen Hector, die bislang jede Schulveranstaltung versäumten. Zwei wildfremde Menschen, zwischen denen kaum größeres Streitpotential herrschen könnte, geben sich als Vater und Mutter eines ihnen völlig unbekannten Kindes aus. Dabei ist die Tatsache, dass Hector der größte Rüpel der Schule ist, sehr schnell ihr kleinstes Problem ...

abend


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17.10.2023 um 17:19
@.lucy.
klingt interessant. Wie liest es sich?


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17.10.2023 um 19:27
die-tochter-des-doktor-moreau-gebundene-

Wie der Titel schon andeutet, eine Adaption des klassischen Stoffes von H.G. Wells (Die Insel des Dr. Moreau).
Sehr unterhaltsam und bisweilen spannend.
Nicht ganz so fesselnd und atemberaubend wie der Vorgänger Mexican Gothic, aber das liegt eher am Stoff selbst. der mich nicht so umgehauen hat, als dass das aktuelle Buch schlechter geschrieben wäre.


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17.10.2023 um 22:11
Die Erfindung der Katharer - Konstruktion einer Häresie in Mittelalter und Moderne
Markus Krumm, Eugenio Riversi, Alessia Trivellone

978-3-7954-3797-8-1-scaledOriginal anzeigen (0,4 MB)
Die Katharer: nicht die größte Ketzerbewegung des Mittelalters, sondern eine moderne Erfindung? Reich bebildert und ergänzt durch die Übersetzungen zentraler Quellen führt der Band erstmals in die komplexe Geschichte ein, wie die berühmten Häretiker im Hochmittelalter als Feindbild konstruiert und in der Moderne zum Mythos wurden.
Markus Krumm ist Akademischer Rat am Historischen Seminar der Ludwig-Maximilians-Universität München. Im Rahmen seiner Lehrtätigkeit hat er sich in den vergangenen Jahren immer wieder mit dem Thema Häresie auseinandergesetzt. Daneben gelten seine Forschungsinteressen der mittelalterlichen Geschichtsschreibung und Papstgeschichte. Eugenio Riversi ist Wissenschaftlicher Mitarbeiter im Institut für Geschichtswissenschaft der Universität Bonn, an der er Mittelalterliche Geschichte und inklusive Geschichtsdidaktik lehrt. Seine Forschungsschwerpunkte sind Kirchenreform und Investiturstreit im 11. und 12. Jahrhundert. Alessia Trivellone ist Professorin für Geschichte des Mittelalters an der Université Paul Valéry in Montpellier und ist Direktorin des wissenschaftlichen Netzwerks „Hérésie, Pouvoirs et Sociétés“ (GIS HéPoS). Sie hat eine grundlegende Monographie zu bildlichen Darstellungen von Häretikern im Mittelalter und mehrere Aufsätze über die italienischen Quellen zu den Katharern verfasst.
https://schnell-und-steiner.de/produkt/die-erfindung-der-katharer/&_rt_nonce=ed6588f26f

War hochinteressant zu lesen. Die Existenz der Katharer wird in der jüngeren Forschung immer mehr infrage gestellt. Der Ketzereivorwurf in Südwestfrankreich war demnach ursprünglich eine Erfindung aus machtpolitischen Gründen. König Heinrich II. von England, der Graf von Toulouse, dessen aufmüpfiger Vasall Vizegraf von Trencavel und andere standen in der unruhigen Region in Konkurrenz. Um den Gegner in ein schlechtestmögliches Licht zu rücken und militärische Maßnahmen zu rechtfertigen, hat Heinrich II. im Jahr 1163 erstmals behauptet, dass es in der Gegend von Ketzern nur so wimmele. Der Vorwurf zog dann immer weitere Kreise, wurde immer phantastischer ausgebaut und irgendwann nicht mehr hinterfragt. Erst in jüngster Vergangenheit wurden die frühen Quellen kritisch untersucht und die Existenz dieser angeblichen "Gegenkirche“ löst sich damit quasi in Luft auf.


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18.10.2023 um 07:03
@a.part
Gestern hätte ich noch geschrieben : Ich finde das Buch gut, witzig...

Ein paar Seiten weiter und nur noch blablabla. Ich bin enttäuscht. Das kann unmöglich Fitzek sein. Ich kenne fast alle seine Bücher. Der Schreibstil passt garnicht zu ihm.

Ich bin am überlegen, ob ich nicht zu einem anderen Buch greifen soll, z.B. Apfelmädchen.
Ein Glück, dass ich "Elternabend" gebraucht gekauft habe


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18.10.2023 um 19:15
Wenn ich garnichts mehr hab, lese ich " Elternabend" weiter

*


apfel



Apfelmädchen: Thriller - Nordisch, packend, topaktuell: Der Nr.1-Bestseller aus Schweden

512 Seiten, 2023

Ein unglaubliches Verbrechen erschüttert die nordschwedische Stadt Boden: Eine Lehrerin, die keine Feinde zu haben scheint, wird ermordet aufgefunden. Noch dazu hat der Täter ihren Leichnam brutal inszeniert: Zwei dicke Nägel wurden durch die Hände der Toten getrieben; sie selbst hängt an einem Deckenhaken, als ihr Ehemann sie entdeckt. Kriminalkommissarin Idun Lind muss herausfinden, warum es zu der schrecklichen Tat kam. Zusammen mit ihrem eigenbrötlerischem Partner Calle Brandt taucht Idun tief in eine schockierende Familiengeschichte ein – und bringt sich damit selbst in höchste Lebensgefahr ...

https://books.google.de/books/about/Apfelm%C3%A4dchen.html?id=mhGcEAAAQBAJ&source=kp_book_description&redir_esc=y


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20.10.2023 um 17:39
Janka Oertel - Ende der China-Illusion

Oertel-China

Janka Oertel leitet das Asien-Programm des European Council on Foreign Relations (ECFR) und hat vor kurzem ein Buch über China unter der Führung von Xi Jinping veröffentlicht.

Xi wurde im November 2012 Generalsekretär der Kommunistischen Partei Chinas und bereits im März 2013 war er Staatspräsident und Oberbefehlshaber der Streitkräfte. Deng Xiaoping hatte im Vergleich nie diese drei Ämter gleichzeitig inne.

Nach einem kurzen historischen Abriss über Maos Großen Sprung nach vorn sowie seine Kulturrevolution sieht Oertel in der Niederschlagung der Demonstrationen im Juni 1989 eine Zäsur. Die Demonstrationen waren die Folge von Preisliberalisierungen, Preiserhöhungen sowie hoher Korruption. Trotz Sanktionen im Militärbereich nahm die EU Ende 1990 normale wirtschaftliche und diplomatische Beziehungen auf, ab 1992 wurden Sonderwirtschaftszonen eingerichtet.

Abgesehen von Protesten in Hongkong waren die Proteste 2022/23 nach einem Feuerunfall in Urumqi, Xinjiang, bei der eine wegen eines totalen Corona-Lockdowns in ihre Wohnung eingesperrte Familie verbrannte, die ersten relevanten nach 1989. In vielen Städten protestierten Menschen mit weißen Schreibmaschinblättern. Obwohl China die Einfuhr von westlichen Impfstoffen verweigert, stellte Xi binnen zwei Wochen die Corona-Politik auf den Kopf: von der Null-Covid-Strategie zum Ende aller Corona-Maßnahmen.

Die Jahre unter Jang Zemin und Hu Jianto (1993 bis 2012) waren Jahre der Liberalisierung, der Gleichstellung von Privatunternehmen mit Staatsunternehmen, aber auch extremer Umweltverschmutzung wie Ausbeutung im Niedriglohnsektor.

Dass Xi einen anderen Weg fährt, wurde der Parteielite bewusst, als Zhou Yongkang, Mitglied des Ständigen Ausschusses des Politbüros, wegen Korruption angeklagt und zu einer lebenslangen Haftstrafe verurteilt wurde. Ein seit Mao nicht mehr stattgefunden habendes Verfahren.

Xi stärkt wieder die Staatsunternehmen, auch wenn 2017 der Anteil am Bruttoinlandsprodukt von der Weltbank auf etwa 25 Prozent geschätzt wird. Staatsmonopole sind Unternehmen im Bereich Energie, Infrastruktur, Bergbau, Schiffs- und Bahnverkehr. Unternehmen wie COSCO, State Grid oder CRRC haben mittlerweile eine weltweite Bedeutung wie Siemens oder Airbus erlangt.

Bezüglich Binnenwirtschaft setzt Xi auf Erhöhung des Konsumanteils. 2016 lag dieser in Bezug auf das BIP bei 40 Prozent (in den USA bei 70 Prozent, in Deutschland bei 50 Prozent). Da es sehr wenig soziale Absicherung, kaum eine Altersversorgung und wenn sehr teuer gibt, ist die Sparquote in China eine der größten weltweit. Xi will dies aufbrechen und steht für die Förderung von Privatkrediten. Der Kontext jedoch ist, dass immer noch etwa 50 Prozent der chinesischen Bevölkerung weniger als 10 US-Dollar pro Tag zur Verfügung haben. 2023 protestierten in Wuhan Rentner:innen nach Kürzungen im Gesundheitssystem.

Um die heimische Produktion zu schützen, sind ausländische Unternehmen vom Bergbau (inkl. Seltener Erden), dem Bau von zivilen Flughäfen, der Energieversorgung, der Filmproduktion wie dem Filmverleih ausgeschlossen. Hintergrund ist eine Made in China 2025-Strategie aus dem Jahr 2015 (wohl sowas wie "Make America Great Again" von Trump - eine Kopie?). Xi möchte die Welt von China abhängiger machen und im Bereich von 5G und Windkraftanlagen ist dies bereits beeindruckend gelungen. Mit Natrium-Ionen-Batterien könnte China der Durchbruch weg von Lithium-Ionen-Batterien gelungen sein. Wirtschaftlich dominiert China bereits den Markt für Batterien und Fotovoltaik. Elektrofahrzeuge könnten folgen. Aber nicht alles kann ersetzt werden, dazu zählen die Halbleiter-Technologie und der internationale Finanzmarkt.

Die Diversifizierung des Energieimports, die auch heute noch beobachtbar ist, gründet laut Oertel auf dem Ziel, im Falle einer US-Blockade zentraler Seewege nicht von wichtigen Rohstofflieferungen ausgeschlossen zu sein. Auch beim Waffenimport soll diversifiziert werden. Seit der Krim-Annexion 2014 verkauft Russland auch die modernsten Systeme an China (Su-35, S-400 Boden-Luft-Raketensysteme).

Seit 2017 unterhält China in Dschibuti am Horn von Afrika ihre erste Militärbasis außerhalb von China. Der Ort ist von strategischer Bedeutung, außerdem sind in diesem Gebiet auch Militärstützpunkte der USA, Japans, Frankreichs, Italiens. Auch ein guter Ort zur Spionage. Seit 2021 unterhält China im ehemaligen Gebiet der Sowjetunion eine Militärbasis, in Tadschikistan an der Grenze zu Afghanistan. Als Rüstungsexporteur liegt China nach den USA, Russland und Frankreich an vierter Stelle.

Dass politisch nicht an eine Demokratisierung gedacht wird, zeigt eine skurrile Passage aus der gemeinsamen Erklärung Russlands und Chinas vom 4. Februar 2022: "Das Recht zu beurteilen, ob ein Staat demokratisch ist, hat nur sein Volk." (Zitat der Dokumentation auf slub.qucosa.de). Universal gültige Richtlinien gibt es nicht. Oertel übersetzt noch radikaler: "Es ist allein Sache des Volkes eines Landes, zu entscheiden, ob sein Staat ein demokratischer Staat ist."

Für China heißt dies, es gibt zwar Beratung, aber keine Gewaltenteilung, keine unabhängigen Gerichte, keine Mitbestimmung. Der Rechtsstaat stehe nicht über, sondern unter der Partei. Auch ist die Überwachung enorm. Auf 1000 Einwohner kommen 370 Überwachungskameras (in London 13), Bewegungsprofile werden erstellt, Chat- und Suchverläufe gespeichert, DNA-Datenbanken angelegt, Stimmproben gesammelt.

Nachdem die Neue Seidenstraße heimlich wieder eingestellt wurde, versucht China es nun mit der Globalen Entwicklungsinitiative (GDI), der sich bereits etwa 50 Staaten angeschlossen haben. Themen sind "Armutsbekämpfung, Ernährungssicherheit, globale Gesundheit, Entwicklungsfinanzierung, Klimawandel und grüne Entwicklung, Industrialisierung, aber auch Fragen der digitalen Wirtschaft und Konnektivität". Ende der Zehnerjahre ist versucht worden, in wichtigen UNO-Organisationen wie der WHO, FAO, ITU, ICAO und UNIDO den Vorsitz zu erlangen. Seit 2022 hat China keinen mehr inne (2020 waren es vier).

Abschließend umreißt Oertel Chinas Politik unter Xi mit folgenden Zielen:

  • Wirtschaftliche Dominanz
  • Konflikt mit Europa wird im Wettstreit mit den USA in Kauf genommen
  • Chinas Militär strebt nach globaler Macht
  • Drohgebärden gegen Taiwan werden stärker
  • China wird Mitbewerber bei grünen Technologien
  • Internationale Regeln und Abkommen werden zu den eigenen Gunsten verschoben


Der letzte Punkt erschwere die Zusammenarbeit mit China und Oertel tritt für signifikante Sanktionsmechanismen bei Vertragsbruch ein, aber auch für Anreizstrukturen, damit China Regeln einhält.


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20.10.2023 um 17:59
Das Geheimnis der Zeitgruft (Perry Rhodan 12)

PerryRhodan12

Irgendwie wird es nun affig. Der Kampf gegen die Topsider wird durch die Mutanten (Telepathen, Telekineten, Teleporter, Psychobeeinflusser) gewonnen, sodass sich die Topsider-Führung in lächerlichen Situationen (sie streiten um Geister) gegenseitig aufreiben und Ferrol verlassen. Aber nicht ganz, sie richten Stationen auf sechs Monden des vierzigsten Planeten der Wega ein, da die Kommandanten auf dem Heimatplaneten Todesurteile erwarten.

Der Techniker Bully schießt den Vogel an Blödsinnigkeit ab, indem er atomare Verstrahlung huldigt:
"Auch Atombomben haben ihr Gutes", sagte Bully trocken. Crest sah ihn erstaunt an. "Wie meinen Sie das?"
"Gäbe es ohne die damals stattgefundenen Atomexplosionen denn Mutanten, die Gedanken lesen und mit einem Satz um die halbe Erde springen können?"
Und Rhodan reibt Thora die Tatenlosigkeit der Arkoniden-Crew im havarierten Schiff am Mond wieder unter die Nase:
Ohne mich, Thora, säßen Sie noch heute auf dem Mond und betrachteten sinnlose abstrakte Muster auf einem Bildschirm."
Als Dank für die Vertreibung der Topsider erhält Perry Rhodan vom Ferronen-König (Thort) die Formel für die Aufhebung des Schutzes der Baupläne für die Transmitter, die sie selbst vor Jahrtausenden von einem außerweltlichen Volk als Dank erhalten haben. Das positronische Gehirn des erbeuteten Arkoniden-Schlachtschiffs, das nun STARDUST II getauft ist, kann den Schutz entschlüsseln. Radiowellen eines Funksterns, welche die Kassette in einer Gruft der fünften Dimension im Königspalast der Ferronen schützen, müssen durch eine Telekinetin abgelenkt werden, ein Teleporter springt hinein und holt die Kassette. Rhodan hat nun die Technologie, ohne Raumschiffe im Hyperraum ohne Zeitverlust reisen zu können.

In den Gebirgen Ferrols erhält Rhodan das Recht, einen Stützpunkt einzurichten. Für ihn sind die Ferronen das erste Mitglied seines geplanten galaktischen Imperiums.


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21.10.2023 um 09:08
So weit der Fluss uns trägt

Der SPIEGEL-Bestseller
Von Shelley Read · 2023

Seitenanzahl: 368


Am Fuße der Berge Colorados strömt der Gunnison River an einer alten Pfirsichfarm vorbei. Hier lebt in den 1940ern die 17-jährige Victoria mit ihrem Vater und ihrem Bruder in rauer Abgeschiedenheit. Doch der Tag, an dem sie dem freiheitsliebenden Wil begegnet, verändert alles. Bald ist Victoria gezwungen, das Leben, das sie kennt, aufzugeben und in die Wildnis zu fliehen. Dort muss sie ums Überleben kämpfen – um ihr eigenes und um das ihres ungeborenen Kindes. Als sie endlich die Kraft findet, neu anzufangen, droht der Fluss, alles zu zerstören, was ihrer Familie seit Generationen ein Zuhause war.

https://www.google.de/books/edition/So_weit_der_Fluss_uns_tr%C3%A4gt/_ZKvEAAAQBAJ?hl=de&gbpv=0

so


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21.10.2023 um 15:30
Adam Smith - Wohlstand der Nationen (1776)

Interessant auch im Vergleich zu "Das Kapital" von Karl Marx, das offensichtlich sich stark an "Wohlstand der Nationen" orientiert, bzw. als eine Alternative gedacht ist.


6206709Original anzeigen (0,3 MB)


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22.10.2023 um 18:09
Kim Gordon - Girl in a Band

Gordon-Girl BandOriginal anzeigen (0,2 MB)

2015 hat Kim Gordon, Mitglied der Band Sonic Youth, im Alter von 62 Jahren ihre Memoiren veröffentlicht, die weit zurück in die 1960er führt, als Gordon mit ihrer Familie von Rochester (New York State) nach Los Angeles gezogen und bereits als Schülerin in die Kunstwelt eingetaucht ist. Bereits als Kind wollte sie immer Künstlerin werden. In Los Angeles erlebte sie hautnah mit, wie die Hippie-Bewegung zerbrach, auch anhand des in dieser Stadt wütenden Charles Manson. Nach einem kurzen Intermezzo in Toronto studierte sie Kunst in Los Angeles, bis sie schließlich zurück nach New York ging und im "hohen" Alter von 28 Jahren mit ihrem Freund und später Gatten Thurston Moore Sonic Youth gründete.

Anhand einzelner von ihr geschriebener und gesungener Songs breitet sich eine emotionale Welt, aber auch die der alternativen Kunstszene vor einem aus, auch anhand von Begegnungen mit Neil Young oder Kurt Cobain. Beinahe bescheiden wird über Sonic Youth geschrieben, deren Album Daydream Nation aus 1988 immerhin das erste Rock-Kunstwerk war, das zum nationalen Kulturerbe der USA erhoben wurde. Wir erfahren, wie wenig Geld ursprünglich mit dieser Musik verdient werden konnte, und als ihre 1994 geborene Tochter schulpflichtig war, die Tourtermine um ihre Ferien herum angesetzt werden mussten.

Viel Raum nimmt Privates ein, auch dass ihr Bruder an Schizophrenie litt und daher ein sehr schwieriger Charakter war, und ihr Vater arbeitete als angesehener Soziologieprofessor an der UCLA. Gerahmt wird der Text durch die Scheidung von Thurston Moore, die auch zur Auflösung von Sonic Youth führte. Der Text jedoch ist keine Abrechnung, sondern eine Würdigung dessen, was war, aber sie verschweigt nicht, dass ihr Herz gebrochen war und ihre Therapie wieder die bildende Kunst, aber auch das Musikprojekt Body/Head war.

Von Thurston Moore ist für die nächsten Wochen eine Autobiographie angekündigt.


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22.10.2023 um 18:18
Der Rüsselpanzer aus der Urzeit (Wastl 35)

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Der im letzten Band beobachtete Trend zur Verkindlichung setzt sich fort. In der Arktis bricht ein Eisberg auf und es wird ein Mammut freigesetzt, das lebt und eine Inuit-Gemeinde bedroht. Ricki kann es zähmen, als er dem Mammut einen eingetretenen Eiszapfen aus einer Fußsohle entfernt (altes Fabelmotiv). Wastl errichtet nach einem Kampf mit einem aus dem Nichts auftauchenden Wollnashorn eine Eismauer um ein Gehege, in dem das Mammut leben kann und ausreichend Futter findet. Welches und wie, bleibt ungesagt.


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23.10.2023 um 12:45
So weit der Fluss uns träg von Shelley Read ·

Ich hab schon lange kein so wundervolles Buch mehr gelesen.
Ein unbeschreiblich schönes Buch. Eines der schönsten Bücher, die ich je gelesen habe.

***



Darling Rose Gold|
Stephanie Wrobel

Der Bestseller aus England über einen bitterbösen Machtkampf, den nur eine gewinnen kann

Rose Gold ist schwer krank. Sie wird für immer im Rollstuhl sitzen und auf die Hilfe ihrer Mutter Patty angewiesen sein. Das hat sie zumindest achtzehn Jahre lang gedacht. Bis sie herausfindet, dass ihre Mutter sie die ganze Zeit belogen hat ...
Nach fünf Jahren im Gefängnis muss Patty erst einmal Fuß fassen. Sie ist daher froh, dass Rose Gold ihr trotz allem angeboten hat, sie vorübergehend bei sich zu Hause aufzunehmen. Patty will nur eines: sich endlich mit ihrer Tochter versöhnen. Das behauptet sie zumindest.
Aber Rose Gold kennt ihre Mutter: Patty wird nicht ruhen, bis sie die Zügel wieder in der Hand hält.
Nur ist Rose Gold nicht länger Pattys kleine schwache Tochter.
Sie will ihre Mutter loswerden.
Für immer.

https://books.google.de/books/about/Darling_Rose_Gold.html?id=KaL4DwAAQBAJ&redir_esc=y
rose


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27.10.2023 um 17:56
Sturmrot: Die Nr. 1 aus Schweden

Tove Alsterdal

1.07.2022 - 480 Seiten

"Olof Hagström fährt an der malerischen Nordküste Schwedens entlang, als er einem Impuls folgt und in die Kleinstadt abbiegt, in der er aufgewachsen ist. Und in der er seit über zwanzig Jahren nicht mehr war. Vor dem Haus seiner Kindheit überfällt ihn Unruhe. Er findet den Schlüssel, der noch immer unter dem vertrauten Stein liegt. Im Haus erwarten ihn ein panischer Hund, schrecklicher Gestank und Wasser, das sich auf dem Boden sammelt. Im Badezimmer findet er seinen Vater, den er seit fast zwei Jahrzehnten nicht gesprochen hat. Tot. Erstochen mit einem Jagdmesser.
Polizistin Eira Sjödin hat Stockholm verlassen und ist in die nordschwedische Region Ådalen zurückgekehrt, um sich um ihre demente Mutter zu kümmern. Als Eira den Tod eines älteren Mannes untersuchen soll, werden die Albträume ihrer Kindheit wieder wach. Sie war erst neun, als der damals vierzehnjährige Olof Hagström gestand, ein Mädchen namens Lina Stavred vergewaltigt und ermordet zu haben. Zu jung, um verurteilt zu werden, wurde Olof in einem Jugendheim untergebracht und nie wieder in der Stadt gesehen. Bis jetzt. Eira Sjödin macht sich auf die Suche nach dem Mörder, die sie zurück zum Fall Lina führt. Und zu Ereignissen in der Vergangenheit und in der Gegenwart, die die Stadt bis ins Mark erschüttern.

Inspiriert von realen historischen Fällen, die das Vergewaltigungsgesetz und den Umgang der Polizei mit verdächtigen Kindern veränderten, ist «Sturmrot» ein unerbittlich spannender und großartig geschriebener Kriminalroman über Schuld und Erinnerung."

https://books.google.de/books/about/Sturmrot.html?id=9GhrEAAAQBAJ&source=kp_book_description&redir_esc=y


rot11


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01.11.2023 um 13:29
Die Grundlegung der modernen Welt (Fischer Weltgeschichte Bd. 12)

Fischer-Weltgeschichte-12

Verfasst wurde dieser 1967 erschienene Band von den an der École Pratique des Hautes Etudes (Hochschule für fortgeschrittene Studien) in Paris lehrenden Ruggiero Romano und Alberto Tenenti. Im Zentrum stehen die geistes- und ideengeschichtlichen Umbrüche in Westeuropa zwischen 1350 und 1550, wirtschaftliche und politische Geschichte werden eher gestreift. Stilistisch ist das Werk weniger ein Lehr- oder Handbuch, sondern eher ein langer Essay.

Wirtschaftlich wird mit 1350 ein Rückgang des Bodenertrags, eine Verarmung der Getreidearten (Gerste und Hülsenfrüchte verdrängten Weizen und Hafer), ein Rückgang des Viehbestands, eine Ausdehnung der Wälder, eine Abwanderung der Landbevölkerung in die Stadt, eine Verschlechterung des Ackerbodens bedingt durch Auslaugung wie auch Klimaverschlechterung (Ausdehnung der Gletscher im alpinen Raum), ein Übergang zur Weidewirtschaft konstatiert. Auch entwickelt sich der Feudalismus zurück, Eigenwirtschaften werden durch Lohnarbeiter betrieben. Für die Bauern bedeutete dies mehrheitlich eine Verarmung, während Einzelne die Möglichkeit hatten, Vermögen zu erlangen. Gewerbe war immer noch eine Luxusindustrie, die Bauern webten zum Beispiel ihr Tuch nach wie vor selbst.

Erst ab dem 16. Jahrhundert begann die Bevölkerung Europas wieder zu wachsen, nachdem sie zuvor ab 1350 sich auf die Hälfte reduziert hatte. Ein bedeutender Grund dafür habe in der Revitalisierung der Landwirtschaft gelegen: Intensivierung des Anbaus, die Erschließung neuen Bodens (z. B. Trockenlegung von Sümpfen), Entwaldung und Urbarmachung. Anders als im Mittelalter sei landwirtschaftlicher Boden nun Kapitalinvestition geworden. Der Eigentümer muss nicht mehr vom Land leben, er kann die Erträge lukrieren und das Land selbst als Spekulationsobjekt verwenden. Auch wurde die Produktionsweise effektiver, was sich aus der weiterhin gegebenen Landflucht in die Städte ersehen lässt.

Der Gewerbeausstoß steigerte sich quantitativ im 16. Jahrhundert, vor allem auch wegen der Kriegsproduktion. Auch lasse sich ein Trend weg von der Qualität hin zur Quantität erkennen, was gewisse Produkte für eine breitere Käuferschicht erschwinglich machte. Teure Qualität blieb weiterhin einem kleinen Kundenkreis vorbehalten. Der Handel erreichte um 1500 einen Höhepunkt.

Mit dem hohen Silberimport Spaniens aus Südamerika begann in ganz Europa sich eine Inflation zu entwickeln ("Preisrevolution"). Im 16. Jahrhundert verfünffachten sich die Preise, während die Löhne nur selten mitzogen. Da jedoch keine "Vollbeschäftigung" herrschte, sondern weite Kreise der Bevölkerung ohne Einkommen waren, konnten mit den Extraprofiten neue Unternehmen und damit Arbeitsmöglichkeiten gegründet werden. Die gesamtgesellschaftliche Lohnsumme sei dennoch gestiegen.

Politisch ist eine Tendenz zur Zentralisierung der Macht erkennbar. In den Städten wurden die Signori zu Erbdynastien, das Wahlvolk wird zu Untertanen. Der Hundertjährige Krieg schweißte Frankreich zu einer Nation zusammen, während England nach den Rosenkriegen zu einem geschlossenen Staat ohne ausländischen Einfluss wurde. Das Deutsche Reich legte in der Goldenen Bulle von Karl IV. sieben Kurfürsten fest (Böhmen, Sachsen, Brandenburg, Rheinische Pfalz als weltliche Herrschaften bzw. Köln, Mainz und Trier als kirchliche). Durch die Zentralisierung entwickelte sich eine Bürokratisierung (Entfeudalisierung) der herrschaftlichen Verwaltung.

Der Klerus nutzte diese Gelegenheit und hatte nicht nur aus seinen Besitzungen (im Deutschen Reich ein Drittel der gesamten Fläche), sondern auch aus seinen Funktionen Einkommen. Kritik ließ nicht auf sich warten. So forderte John Wiclif die Enteignung kirchlichen Besitzes durch den Staat.

Ausführlich wird die Veränderung des Todesbildes dargelegt. Die mittelalterliche Todesvorstellung war noch von einem sanften Übergang in die Ewigkeit geprägt, wo das Leben ohne Qualen für die Seele weitergeht. Das irdische Dasein war nur eine zu erduldende Periode. Nun wird der Tod zu einem Gleichmacher, der alle Menschen trifft, ohne dämonisch oder göttlich zu sein. Das Augenmerk wird weniger auf das ewige Leben der Seele gelegt, sondern auf den ewigen Ruhm auf der irdischen Welt. Dies zeigt sich an den Gedenksteinen von Mausoleen wie auch durch die Porträtmalerei, die eine Altersstufe verewigen soll. Der Mensch sehe sich immer mehr als Mensch und nicht als Christ.

Dies seien die ideellen Grundlagen, auf denen der Humanismus mit seiner Hinwendung zum Individuum aufbaute. Die Geschichtsschreibung wird irdisch, die Kunst erhält einen selbständigen Wert. Es steht nicht mehr eine göttliche oder christliche Botschaft im Zentrum. Der Mensch wird zum faber fortunae, zum Schmied seines Glücks.

In der Kunst (Architektur, Skulptur, Malerei) werden nun Beobachtung der Natur und Wissen um die Perspektive zentral. Papst Clemens VII. erlaubte schließlich in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts das Sezieren, wodurch sich das anatomische Wissen stark erweiterte.

Auch die Wissenschaften florierten. Der Venezianer Hieronymus Fracastoro veröffentlichte eine Infektionslehre, die Keime und Infektionsträger kannte. Kopernikus entwickelte (noch hypothetisch) das heliozentrische Weltbild (von1616 bis 1822 auf dem katholischen Index), Tycho de Brahe entdeckte die Ellipsenbahnen der Planeten. Technik erhielt einen neuen Stellenwert. Vom Artilleriewesen bis zum Buchdruck, die Zeit wird mit Uhren gemessen, der Raum in Längen- und Breitengrade unterteilt. Währungseinheiten, Buchhaltungssysteme und Versicherungsstrukturen werden entwickelt. Der Tatsachenbeweis wird über überliefertes Buchwissen gestellt.

Die Fahrten über Europa hinaus bis 1510 wird Zeit der Entdeckungen genannt (Portugiesen an der afrikanischen Küste bis Südostasien bzw. Spanien nach Amerika), erst mit 1510 begannen die Eroberungen (Spaniens im Westen, Portugals im Osten - ganz nach dem Plan des Vertrags von Tordesillas 1494). Als Bedingungen dafür werden nicht nur die neuen wissenschaftlichen sowie seefahrerischen Kenntnisse, sondern auch demographische Spannungen und soziale Gegensätze genannt. Für junge, einkommenslose Männer bedeutete die Seefahrt oder Kolonisierung eine Perspektive, für Nachgeborene der oberen Schichten eine Herrschaftsmöglichkeit, die in der Heimat verschlossen war.

Die Frage, wie relativ wenige Invasoren ganze Völker erobern konnten, wird damit erklärt, dass nur eine herrschende Elite getauscht wurde. Den Unterdrückten sei es egal gewesen, von wem sie ausgebeutet werden, und leisteten daher keinen Widerstand. Obwohl es Ausnahmen gab: In Chile oder Argentinien wurde zum Teil bis zum 20. Jahrhundert ein Guerillakrieg geführt, der bis hin zur Ausrottung führte (Pampas, Araukaner, Fueghinos und andere).

Obwohl beeindruckende Städtegründungen (Potosi auf 4000 Metern Höhe wegen der Silberminen) existierten, gründete sich die spanische Kolonialwirtschaft auf feudalen Strukturen, die sich verhärteten, da die Wirtschaft zunächst kaum auf Handel basierte und Ausbeutung das Einkommensmodell war. Die Kosten? Millionen von Menschenleben Eingeborener. Gegenüber dem fernen Heimatland entwickelten die Kolonialherren ein eigenständiges Selbstbewusstsein. Anordnungen wurden nicht befolgt, Revolten wurden angezettelt. Die Macht der Peripherie wurde immer stärker. Dennoch sei Karl V. als Spanischer König Schöpfer des ersten modernen Kolonialreichs gewesen.

Auch Portugals Drang in den Indischen Ozean gestaltete sich neben den Widrigkeiten der Seereisen schwierig. Die Schiffe waren von Piraten bedroht, die Mannschaften von lokalen Machthabern. "So kehrten zwischen 1497 und 1572 von 625 nach Hinterindien ausgelaufenen Schiffen nur 315 nach Lissabon zurück."

Auch Europa war von Unsicherheiten gekennzeichnet. In Spanien (Kastilien und Aragon) verbanden sich Herrscherhaus (Ferdinand und Isabella) mit der Kirche, 1478 gründete Papst Sixtus IV. die Spanische Inquisition mit staatlich eingesetzten Inquisitoren. Ziel: Die Ausmerzung des getauften Kryptojudentums. Gefürchteter Oberinquisitor war der Dominikaner Tomás de Torquemada.

Die osmanische Flotte drang nach der Eroberung Konstantinopels (1453) nach Italien ein, die von Papst Kalixt III. mühsam zusammengestellte Kreuzfahrerflotte wandte sich jedoch der Piraterie zu. Das Papsttum selbst wurde ab Kalixt III. ein Amt einer italienischen Oligarchie der Familien Borgia, Della Rovere, Piccolomini, Medici, Farnese und Carafa. Und 1484 gab Papst Innozenz VIII. mit der Bulle Summis desiderantes den Startschuss zur Hexenjagd. "Personen beiderlei Geschlechts unterhielten verwerfliche Beziehungen mit den Dämonen, ihre verbrecherischen Hexenkünste verursachten den Tod von Kindern".

Das christliche Westeuropa sei nach wie vor auf den geistigen Grundlagen des Mittelalters gegründet, aber aus den Fugen geraten. Eine Neuordnung ohne Christentum sei nicht angedacht. Gegenpositionen nahmen christliche Sekten ein, von denen sich das Luthertum und der Calvinismus durchsetzen konnten. Die radikalen und gewalttätigen Wiedertäufer wurden vernichtet.

Luther, ein Augustinermönch, begründete seinen Kampf gegen die römische Kirche mit der Anmaßung des Papstes, eine absolute Autorität über die Kirche auszuüben. Die Loslösung von Rom fand schnell Anhänger bei deutschen Fürsten. Thüringen, Sachsen und Süddeutschland waren bald reformierte Länder, 1529 anerkannte der Reichstag von Speyer die Religionsausübung der Lutheraner (diesen war das zu wenig und sie protestierten). Nord- und Nordostdeutschland inklusive Preußen wurden protestantisch. 1555 schließlich wurde das Prinzip, dass der Fürst die Religion der Bevölkerung bestimmt, beschlossen (Augsburger Religionsfriede). Die Menschen gewann Luther mit der Idee, dass einzig der Glaube zur Vergebung der Sünden reiche. Keine guten Taten, keine Ablasszahlungen können die Gnade Gottes kaufen.

Den Bauern, welche sich auf die soziale Sprengkraft bezogen und bewaffnete Aufstände für eine neue soziale wie religiöse Ordnung führten, entzog Luther die Unterstützung. Obrigkeitsheere zerschlugen die Bauernarmeen. Für die Landesfürsten jedoch war die Reformation und die Loslösung von Rom auch ein wirtschaftlicher Segen:
Die Herzöge von Mecklenburg und Pommern, die Kurfürsten von Sachsen, von Brandenburg, von der Pfalz, der Landgraf von Hessen bemächtigten sich des kirchlichen Besitzes. Sehr bezeichnend ist in diesem Zusammenhang die Besitzergreifung der Güter des Deutschordens im Jahre 1525 durch einen Hohenzollern, Albrecht von Brandenburg.
In England war die Abkehr von der römischen Kirche dynastisch bedingt (Heinrich VIII. wollte sich scheiden lassen). Der Calvinismus wiederum war eine sehr moralisch geprägte Strömung und aufgrund der Prädestinationslehre (Gottes Gnade zeigt sich am Wohlleben) eine bürgerliche Sekte, die zum Teil gewalttätig sein konnte (Verbrennung von Herätikern).

In der katholischen Kirche reagierte Ignazius von Loyola mit der Gründung der Gesellschaft Jesu, der Jesuiten. Diese waren eine Abkehr von den Bettelorden, Liegenschaften zur Sicherung des Unterhalts waren Pflicht. Gefordert wurde ein unbedingter Gehorsam dem Papst und den Dogmen der katholischen Kirche gegenüber. Sie sahen sich als politische Priester.

Mitte des 16. Jahrhunderts sei Europa schließlich durch das Entstehen von Reichen geprägt: neben dem Deutschen Reich das Osmanische (mit Eroberungen bis Ostmitteleuropa), das Spanische Weltreich sowie eine Zeit lang Portugal. Diese Tendenz zur Reichsbildung sei zukunftsprägend gewesen. Die Wirkmächtigkeit dieser Reiche ist zwiespältig. Einerseits trugen sie durch Handel zu einer Verbesserung der Ernährungssituation wie des Lebensstandards in Europa bei, andererseits bedeutete dies für Völker außerhalb Europas Verschleppung, Sklaverei, Vernichtung.

Innerhalb der Reiche entstand eine postfeudale Verwaltung und damit eine Struktur zur Bildung eines Staates, für die vier Faktoren als bestimmend gesehen werden (alle vier müssten gegeben sein):

  • eine territoriale Grundlage
  • eine starke Zentralgewalt
  • Einschränkung oder Vernichtung der alten Feudalmacht
  • Schaffung einer Infrastruktur (Verwaltung, Finanzen, Heer, Diplomatie)



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