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Schreibt ihr ein Buch?

1.018 Beiträge ▪ Schlüsselwörter: Bücher, Literatur, Schreiben ▪ Abonnieren: Feed E-Mail

Schreibt ihr ein Buch?

22.08.2015 um 01:27
@Angelsmaycry86

Adjektive werden nur groß geschrieben, wenn sie als Nomen verwendet werden:
"Verpacke diese Tannenzapfen nach Größe. Die Kleinen zuerst"

Die selben Regelungen gelten auch für Partizipien:
"Der angeklagte Mann hat den Prozess überstanden"
Partizip als Nomen:
"Der Angeklagte hat den Prozess überstanden"

'ich', 'du', 'er', 'sie', 'es', 'wir', 'ihr' - das ganze Sortiment der Pronomen wird bis auf wenige Fälle klein geschrieben, außer natürlich am Satzanfang.
"Er konnte nur hoffen, dass die Jungs ebenso Schiss hatten wie er"

Eine Ausnahme wäre das Anredepronomen (die höfliche Anrede), aber das wirst du selten innerhalb deines Textes nutzen.
"Frau Merkel, was würden Sie in diesem Fall tun?"

Ich hoffe, dass ich es richtig und verständlich erklären konnte. Schlafenszeit :sleepy:

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Schreibt ihr ein Buch?

22.08.2015 um 10:37
@JimmyNovakin
Vielen Dank.
Witziger weiße ist mir das ja alles bewusst:)
Ich muss echt nochmal in ruhe über meinen Text gehen...
Ich scheine vieles zu übersehen


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Schreibt ihr ein Buch?

22.08.2015 um 18:32
@cresting
@Angelsmaycry86
@JimmyNovakin
@Realo
@NothingM


Ja... ich fange wieder an... endlich wieder und es tut mir gut :) näheres dazu hier ->


https://www.allmystery.de/blogs/schrotty/all_:_und_noch_eine_alte_leidenschaft_wird_wiede


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Schreibt ihr ein Buch?

22.08.2015 um 21:18
@Schrotty
Sehr geil.
Freut mich für dich. Dann hau mal in die tasten und zaubere eine tolle Welt.
Das ist es nämlich was es ausmacht.


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Realo ehemaliges Mitglied

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Schreibt ihr ein Buch?

23.08.2015 um 14:50
@Angelsmaycry86

Also ich hab mal alle deine Fehler korrigiert. Tja, es waren tatsächlich 527 auf 11 Seiten.

Die meisten Fehler betreffen drei Komplexe

• falsche oder fehlende Satzzeichen (meistens fehlende Kommas bzw. Kommata)
• Personalpronomen immer klein (ich, du, er, sie, es, wir ihr, sie) außer in persönlicher Anrede "Sie" – aber genau das schreibst du ausgerechnet klein – oder wenn man vom lieben Gott oder Jesus spricht ("Er"), und natürlich am Satzanfang.
• Am Ende der wörtlichen Rede kommt der Punkt immer erst mit dem Satzende und nicht mit dem Ende der Rede. Beispiel: "Ich will hier raus." Sagte er. So schreibst du es, ist aber falsch. Richtig muss es heißen: "Ich will hier raus", sagte er.

Ach so, kurz noch ne Verständnisfrage: Wenn die Leute in Mannheim leben und offenbar Deutsche sind, warum gibst du ihnen englische Namen und Ansprechformen (Dad)? Und warum sagt er manchmal Dad zu ihm und das andere Mal Paps? Auch die Autonamen, die du erwähnst, sind eher amerikanische. Und bei der Bundeswehr wird der Vorgesetzte auch nicht mit "Sir" angeredet, sondern mit "Herr Feldwebel." ;)

Ok, hier der korrigierte Text von deinen beiden Kapiteln. Am besten du stellst sie in 2 Dateien direkt gegeneinander und untersuchst die beiden verschiedenen Versionen Zeile für Zeile genauestens, nein eigentlich Wort für Wort und auch zwischen den Wörtern. Außerdem habe ich einige unpassende Wörter durch besser passende ersetzt.


Ich schreibe auch gerade eins.
Ach ja, hallo erst mal!
Es ist angelehnt an das ps3 Spiel the last of US
Viel Spaß beim Lesen.
Bin erst morgen wieder on. Bis denne

UPDATE!!!!!
Das erste Kapitel ist zu Ende.
wegen vielen Nachfragen diesmal erweitert um ein Vorwort zur genaueren Erklärung, um was es eigentlich geht.

Teilt und kritisiert wie immer fleißig
Ich danke herzlichst fürs Lesen.
Love ya all

Die letzte Reise
Sean Wilking

Vorwort
Es war im Sommer 2017, als alles anfing.
Bis heute kann niemand genau sagen, was die Ursache war oder der Ausgangspunkt.
Vielleicht will es auch einfach niemand sagen.
Es gibt Berichte von Zeugenaussagen, den wenigen die heute noch existieren.
Sogar dokumentierte Fälle der Krankenhäuser.

Ein Pilz, genauer gesagt der „Ophiocordyceps unilateralis“ , ein Krustenkugelpilz, eigentlich eine Lebensform, die sich nur auf Ameisen fixiert, sie manipuliert und im Endeffekt von innen heraus auffrisst.
Ja, eigentlich.
Bis die ersten bestätigten Fälle vom Befall des menschlichen Körpers auftraten.

Doch alles geschah zu plötzlich, zu schnell. Wir wurden überrannt
Die einen meinen, es war ein gezielter und missglückter Anschlag, aber wieso dann ausgerechnet in Deutschland?
Andere wiederum meinen, die Natur schlägt einfach zurück, dezimiert sozusagen und stellt das natürliche Gleichgewicht wieder her.
Denn eines ist klar.

Wir sind nur ein Wimpernschlag der Erdenzeit, ein Hauch in einem Orkan.

1
Ein normaler Tag

Noel wusste keinen Ausweg mehr.
Er wollte sich doch nur nach was zu Saufen umschauen…
Etwas von dem flüssigen Scheißzeugs, was so manch eine Situation nicht gerade besser, aber wenigstens erträglicher aussehen ließe.
Dachte er vor noch nicht einmal 10 Minuten.
Doch er war unvorsichtig gewesen. Blind für alles um sich herum, nur um sich noch blinder machen zu können. Sich zu betäuben und die Welt um sich für wenige Stunden auszuknipsen.
Jetzt dachte er sich nur eines.

Mit dem Rücken an das Holz der Theke angelehnt, das verfallene Lokal hinter sich, kauerte er da, dachte nach und überlegte sich in dieser schier ausweglosen Situation, ob er die falsche Entscheidung getroffen hatte.
„Sicherlich war sie das.“ nuschelte der Mann leise vor sich hin.
„Ist da irgend jemand?“ brüllte es von irgendwo her, er schätzte, dass sie noch nicht allzu nah sein konnten. Außer sie waren dumm und unvorsichtig. Wie er selbst gerade noch.
Drei an der Zahl kamen sofort hereingestürmt, als sie den Schuss hörten.
Noel blickte auf den zusammengesackten Körper neben sich, schaute in die Trommel seines Revolvers, hielt es aber für besser erstmal nichts zu sagen.
Wieder schrie derselbe Mann: „Wir wissen, dass du hier bist. Wir wollen nur unseren Kumpel abholen. Dann verschwinden wir!“
Na klar wollte er das. Nur erstens glaubte Noel kaum, dass die Bande über Ihren toten Freund besonders erfreut sein würde, noch dass sie die Wahrheit sagten. Sicherlich würden sie direkt das Feuer eröffnen sobald Noel sich zeigte.
„Hey Leute…“ Noel schnaufte kurz durch. „Es war Notwehr! Ich hab mich nur kurz umgesehen. Wie auch euer Freund hier. Aber er….er ballerte sofort los, verdammt!“
Eine leise Verzweiflung war in seiner Stimme zu hören. Klar doch. Bei Drei gegen Einen, der auch gerade mal nur noch vier Patronen in der Waffe zählte. Und das wegen nem Rausch?

Ein anderer der Typen flüsterte zu seinem Freund: „Jimmy, verdammt. Hast du dass gehört? Mika ist tot! Der Wichser hat Mika erschossen!“
„Hör zu, Mann!“ Noel hatte plötzlich einen schmerzenden Druck in der Magengegend. „Ich weiß, dass das hier scheiße gelaufen ist. Ich würde auch lieber woanders sitzen. Glaubt mir das! Aber es ist jetzt wie es ist. Euer Freund ist tot. Es tut mir leid, aber es ging nicht anders. Er oder ich. So einfach war es.“
Noel fuhr sich durch seinen dichten, mit grauen Strähnen durchwachsenen Bart. Er vernahm keine Schritte aus dem Raum. Er konnte nur hoffen, dass die Jungs ebenso Schiss hatten wie er.

„Sicher, dass es unser Mika ist?“ fragte der Anführer. „Er trägt nen Cowboyhut mit Patronenhülsen herum.“

Dachte sich Noel. „Ja, er ist es.“

Der Dritte schrie darauf: „ Machen wir Ihn fertig!“
„Immer langsam,“ erwiderte Jimmy, „wir wollen kein Blutbad anrichten. Wie ist dein Name, Fremder?

Noel schaute sich links und rechts um, aber sah nichts, was ihm nützen könnte… Mikas Blut floss langsam aber stetig über die Dielen am Boden auf seine Schuhe zu. Er rutschte wenige Zentimeter zur Seite. Er hatte kein Bedürfnis, gerade hier, in einem verstaubten, dreckigen Lokal, wie in einem schlechten Western einfach niedergeschossen zu werden. Nicht mit Anfang vierzig. „Noel. Mein Name ist Noel“, gab er preis
„Gut, Noel. Mein Name ist Jimmy. Hör gut zu. Das hier sind meine Jungs. Der Ungeduldige hier mit dem nervösen Zeigefinger ist Timo, gerade mal 19 Jahre alt und des Weiteren haben wir hier noch Rick und…“ Jimmy erlaubte sich eine Schweigesekunde, „Mika, neben dir. Hör zu, Noel. Mir ist es egal WIE das passierte. Aber es IST passiert. Und ich nehme an, da wir außer dir noch niemanden gehört haben, dass du alleine bist. Also mach keinen Scheiß.“
Nun vernahm Noel wenige leise Schritte.
„Wir drei könnten jetzt einfach zurückgehen, durch die Tür nach draußen, und alles wäre in Ordnung. Nur ist es das leider nicht. Mika ist…“ ein kurzes Seufzen, „war mein Bruder. Verstehst du mein Dilemma?“
Noel schaute auf Mika, auf das kleine Loch an der Schläfe und die riesige, klaffende Wunde am Hinterkopf. „Ja…. Ich verstehe“, antwortete er. Er verstand sogar sehr gut.
Die drei Männer flüsterten sich für Noel kaum hörbar etwas zu, lediglich „links herum“ drang hörbar zu ihm.
Er zitterte inzwischen am ganzen Körper, konnte aber nicht ausmachen, woran es lag.
Lag es an dem Toten neben Ihm, welcher doch Scheiße nochmal einfach die Waffe hätte stecken lassen können?
Nein.
Dieses elende Gefühl hatte er früher einmal und wurde mit jeder Leiche weniger.
Lag es an den drei Männern hinter ihm? Noel konnte es ihnen nicht verübeln, wenn sie ihn fertig machen wollten. Er hatte doch schon etliche Male so gehandelt.
Oder es lag am Entzug? Noel hatte seit mehr als fünf Tagen keinen Alkohol mehr getrunken. Eine dumme Angewohnheit, aber eine, der sicherlich sehr viele in der heutigen Zeit verfallen waren.
„Wir machen einen Deal, mein Freund“, sprach Jimmy in einem merkwürdigen Unterton zu Noel. „Wirf deine Waffen über die Bar zu uns. Wir wollen nur sicher sein, dass du nicht noch einen von uns über den Haufen schießt. Lass mich nur meinen Bruder hier rausholen. Du verstehst sicherlich, dass ich ihn so nicht liegen lassen kann.“

Dachte Noel.

„Tut mir leid, das geht nicht. Ich bin nicht dumm, neben mir liegt dein Bruder, den ich erschossen habe. Du wirst mich nicht gehen lassen. Bitte geht ihr einfach.“

In einer der unzähligen Flaschen die hinter dem Tresen wie Sammlerstücke nebeneinander aufgereiht waren, spiegelten sich ein Schatten wider, genau von links, wie er vermutete. Noch bevor er reagieren und zielen konnte, rauschte Tris von der Küche im Nebenraum an und rammte dem jungen Kerl, sicherlich Timo, ein Messer in den Hals und zog es blitzschnell durch dessen Kehle.
Noel reagierte schnell.
Im Aufstehen drehte er sich um, zielte in den Raum hinein und schoss.
Dem lauten Knall folgte eine rote Wolke hinter Jimmys rechter Schulter. Es riss ihn sofort herum und ließ ihn auf einen Tisch krachen, noch bevor dieser den Schuss erwidern konnte.
Tris warf sich auf Mikas Leiche, so eng war es hinter der Bar.
Rick trat in der Zeit einen Tisch um und verschanzte sich dahinter. „Ihr A...“, brüllte er ziemlich verängstigt den beiden zu. „Ich mach euch kalt!“ Ohne über den Tisch zu schauen, hielt er seine Schrotflinte darüber und drückte ab.
Ein paar Kugeln fetzten in das Holz des Tresens, der Rest zerbarst eine Menge Flaschen dahinter.
Glassplitter und Alkohol ergossen sich über Tris, Noel und den toten Mika.
„Okay, Noel, was nun?“ fragte Tris aufgeregt. Sie empfand das alles hier, diese Welt weit draußen, weit außerhalb der sicheren Quarantänezonen, als eine Art Jahrmarktsbude. Fernab von der Realität und keine wirkliche Distanz zum Tod anderer, sah sie Noel mit Ihren großen, grünen und viel zu jungen Augen an.
„Was nun? Ernsthaft?“ zischte Noel. „Du solltest dich verstecken. Ich hatte alles im Griff, verdammt. Stattdessen richtest du hier dieses, dieses… BLUTBAD an.“

„Kommt raus, verdammt. Ich baller euch den scheiß Schädel weg!“ schrie es weiterhin hinter dem Tisch hervor.
Tris schüttelte nur Ihren Kopf und ließ das Gebrülle außer Acht. „Im Griff nennst du das? Schon klar.“
„Hör zu. Schnapp dir eine Flasche und wirf sie einfach blind über dich hinweg. Er müsste der letzte sein.“ In dem viel zu schnellen Chaos konnte Noel wirklich nur drei Mann zählen, Jimmy hatte also nicht vorausgedacht. Noel dachte immer voraus. Niemals verraten, mit wie vielen man wirklich unterwegs ist.
Er musste sich unweigerlich eingestehen, dass Tris Recht hatte. Ohne sie hatte er gerade nichts im Griff, würde es aber niemals zugeben. Schließlich ist er IHR Beschützer und nicht anders herum.
Die Flasche schlug etwa einen Meter neben Ricks Barrikade auf, Noel ließ sich zur Seite fallen, spähte um die Theke herum und zielte.
Im selben Augenblick lugte Rick hinter dem Holztisch hervor und einen weiteren Schuss später sackte er mit gespaltener Stirn zusammen.
Noel blieb noch wenige Sekunden liegen, über Kimme und Korn zielend schweifte sein Blick zwischen alten verstaubten Stühlen und Tischen umher. Aufgewirbelter Staub tanzte wie dichtes Schneegestöber durch den Raum. Irgendwo dazwischen stöhnte Jimmy leise auf.
„Bitte, tötet mich nicht.“ flehte der Mann auf der zertrümmerten Tischplatte, als Noel und Tris zu ihm kamen.
„Du hättest hier rauskommen können. Wir alle hätten hier rauskommen können. Du hast deine Entscheidung getroffen“
Ein letzter Schuss fiel und Tris klappte Ihr Messer zusammen. „Komm, Kleine. Lass uns hier abhauen.“

2

Sommer 2017

„Komm schon runter, Jason!“ rief Noel seinem elfjährigen Sohn zu. „Deine Mutter hat das Essen bereits auf dem Tisch stehen.“
Er ließ den Handlauf der Treppe zum ersten Stock los, über den er sich gerade noch gebeugt hatte, und schaute mit mürrischem Blick den Flur hinab in die Küche zu seiner Frau.
Merelyn sah ihn liebevoll an: „Du weißt doch, dass er immer an seinem PC hängt, geh einfach hoch.“

"Ja, und mir geht das auf den Keks, dass er immer daran hängt. Draußen sind es fast 40 Grad. Er sollte nicht besser draußen spielen.“

„Ja, das sagt genau der Richtige“, lachte seine Frau hinterher, während Noel die Treppen hinauf spurtete.

Er klopfte dreimal an der Tür, bevor er sie aufmachte.
„Hey, Jason", versuchte er auf sich aufmerksam zu machen. „Essen.“
Keinerlei Reaktion. Aus den Kopfhörern, die der Kleine aufhatte, dröhnte hörbar ein Minimal Set eines bekannten DJ`s.
Er legte seine Hand auf Jasons Schulter und drehte Ihn langsam von seinem Schreibtisch weg.
Jason erschrak etwas und schaute verdutzt durch seine rehbraunen Augen zu seinem Vater auf.
„Hä?“ sagte er, noch immer diese Dinger auf dem Kopf und grinste mit zusammengekniffenem Gesicht Noel entgegen.
Der Vater streifte ihm die Kopfhörer ab, legte sie auf den Tisch und wiederholte freundlich aber bestimmend: „Komm bitte runter zum Essen, JETZT.“ Und gab Jason noch einen Klaps auf den Hinterkopf, als die beiden sich zusammen aufmachten.
Das Essen war für Jason nicht das Wahre. Fisch mit Bratkartoffeln. Es war mal wieder Freitag. Freitag gab es immer Fisch. Jason wusste nicht, ob dies einen religiösen Hintergrund hatte, es war ihm auch relativ egal. Nur wusste er, weshalb er sich Freitags nie freiwillig zum Essen begab.
„Und, wie war der letzte Schultag, Großer?“ wollte Merelyn wissen.
Jason stocherte in seinem Essen herum, stützte dabei mit der anderen Hand sein Gesicht ab und nuschelte: „Ganz gut.“
Noel blickte ihn fordernd an.
„Jetzt gib deiner Mutter `ne gescheite Antwort bitte.“
Jason setzte sich aufrecht hin, schaute zu Merelyn und wiederholte: „Ganz gut, Mama. Wie eben der letzte Schultag ist. Eigentlich haben wir nichts gemacht. Bei Frau Fahrm schauten wir eine Dokumentation über das frühere Römische Reich. Sie meinte, dass dies unser nächstes Geschichtsthema wird und sich über das ganze nächste halbe Jahr hinweg zieht.“
Merelyn griff nach der Schüssel mit den Rosmarinkartoffeln und nahm sich noch drei Stück der dampfenden Knollen. „Das ist interessant! Mir haben besonders die Architektur sowie diese Wasserläufe, diese…. Herrgott wie hießen die nochmal?“
„Aquädukte, Mama, meinst du die? Zum Versorgen der städtischen Bäder und Haushalte.“

„Ja genau, danke mein Schatz. Schon erstaunlich, dass die damals zumindest in der Hinsicht weiter waren als wir in manchen Ländern!“

Noel kämpfte mit den Gräten seiner Forelle, wie immer erfolglos. „Schatz, ich hasse Fisch. Nein, nicht den Fisch, nur dieses Rumgefriemel daran. Ich zerhacke jedesmal mein komplettes Essen!“ Genervt gab er es auf und schob sich ein Kartoffelstück in den Mund.
Jason musste loslachen: „Wie David gegen Goliath! Papa lässt sich von einem Fisch besiegen.“
Dabei zappelte er am Tisch herum und amüsierte sich köstlich, dass er nicht der einzige mit einer Abneigung gegen Fisch war. Es war zwar jedesmal dasselbe Schauspiel, wenn es kein Filet gab, doch immer wieder aufheiternd für Ihn.
Merelyn stand von ihrem Platz auf, kam um den runden hellbraunen Esstisch herum zu Ihm und half.
„Schau her. Hinter dem Kopf schneidest du einfach…“
„Jaja, ist schon gut, mach du einfach", stoppte er sie. „Ich bin dafür den Fischfreitag außer Acht zu lassen.“
Merelyn zog die Gräten an einem Stück heraus, legte sie ab und gab Noel einen Kuss: „Klar doch und du Kochst?“
Der hat gesessen, dachte sich Jason. Sein Vater hatte es ein, zwei Mal versucht und dabei entweder fast die Küche in Brand gesetzt oder eine riesige Sauerei veranstaltet. Nein, ein Koch war er bestimmt nicht.
----------
Nach dem Abwasch, an dem sich alle Drei gleichermaßen beteiligten, machte sich Noel an sein Auto.
In seiner Garage stand ein alter, silberner Shelby GT 76 mit blauen Streifen auf beiden Seiten. Der Traum für viele Männer.
Er hatte Ihn vor etwa einem Jahr bei einer Versteigerung der ortsansässigen Polizei erstanden, zu einem Spottpreis von nur 3.500 Euro.
Weshalb das Auto beschlagnahmt worden war, konnte er nicht sagen, und die Polizei durfte es nicht.
Es war ja auch egal, solange keine Einschusslöcher oder sogar Blut den Innenraum schmückten, interessierte es Noel nicht weiter.

„Paps?“ Jason kam zu ihm in die Garage, während Noel schon seit etwa zwei Stunden unter dem Auto lag.
„Papa? Kann ich dir helfen?“
Noel rutsche auf seinem Rollbrett hervor. „Klar, wieso nicht.“
Es kam nicht oft vor, dass Jason aus freien Stücken heraus seinem Vater beim Basteln half, aber wenn er es tat, tat er es aufrichtig und gerne.
„Den 13er Schlüssel von der Werkbank bitte und die Muffe….“ Noel dachte einen Moment lang nach… „Die Muffe liegt auf der Motorhaube.“
„Bitteschön, Sir“, witzelte Jason und gab ihm beides.
„Wie sieht es aus, Champ? Morgen an den See? Genieße deine Ferien und häng nicht wieder nur zu Hause ab. Okay?“
„Klar, Dad“, antwortete sein Sohn. „Nehmen wir das Modellboot mit?“ Fragend zeigte er auf die kleine benzinbetriebene Yacht auf einem Regal über der Werkbank.
„Alles was du willst, Champ, alles was Du willst.“
--------------
Jason wurde am nächsten Morgen früher wach als sonst. Er freute sich endlich mal wieder mit seinem Vater etwas zu unternehmen. Jetzt hatte er Urlaub und Jasons Ferien fingen an.
Er ging aus dem Zimmer und lief den hellen lichtdurchfluteten Gang entlang zum Schlafzimmer seiner Eltern.
Vorsichtshalber lauschte er einige Zeit mit dem Ohr an der weißen Tür. Man kann ja nie wissen.
Es wäre nicht das erste Mal, dass er blindlings hinein gestürmt ist und seine Eltern beim, wie sie es nannten „Liebe machen“, erwischt hätte.
Doch es war alles still. Langsam drückte er die Klinke hinunter und schob die Tür auf….
Noel lag oberkörperfrei auf der rechten Seite des Bettes, Merelyn hatte wie fast immer die Bettdecke in der Nacht für sich erkämpft. Beide schliefen noch tief und fest, als Jason sich lachend mit einem Hechtsprung zwischen die Beiden warf.
„Los, los, los, wir fahren heute an den See", schrie er und tollte dabei hüpfend auf der Matratze herum.
Seine Mutter wurde sofort wach, saß wie vom Blitz getroffen auf dem Bett und nörgelte irgendetwas vor sich her.
Jason rüttelte wild an seinem Vater:„Papi, Papi, Papi, los wach auf!“
Merelyn sah benebelt auf die Uhr. Gerade mal zehn Minuten vor Sieben.
„Oh, Mann, Jason… was ist denn los?“ Sie rieb sich die Augen und streckte sich aus. "Sonst kommst Du nicht aus dem Bett und jetzt, wo wir alle länger schlafen können…. ?“
Da sprang Noel auf und packte Jason wie ein Löwe seine Beute. „Hab ich dich", rief er und zog Jason von den Füßen.
Beide lachten und kämpften miteinander, während sich Merelyn genervt aus dem Bett bewegte.
„Ihr spinnt. Alle beide", sagte sie schnippisch und ging durch eine zweite Tür ins Bad.
Noel nahm Jason unter den Armen und stellte Ihn auf den Teppich neben dem Bett.
„Erst frühstücken wir, Schatz. Dann kannst du deinen Rucksack packen. Denk bitte auch an ein Badehandtuch, den Rest packe ich ein.“

Nach zwei schwarzen Kaffee, natürlich ohne Zucker, dazu einer Banane für Noel und einer riesigen Schüssel Fruity Loops für Jason, in der immer ein halber Liter überschüssiger Milch im Abfluss landete, ging es auch schon los.
Sie nahmen den Familienvan, der Mustang war noch nicht wieder fahrbereit.

Noel saß schon im Wagen und rollte langsam die gepflasterte Auffahrt hinunter, während Jason sich widerwillig abknutschend von seiner Mutter verabschiedete.
Merelyn stand unter dem Vordach des Hauses, welches etwa einen ganzen Meter über der Straße thronte, und winkte den Beiden noch hinterher.
Es war ein etwas älteres Haus. Jason schnappte mal irgendwo auf, dass es den ersten Weltkrieg überstanden hatte. Das bezeugte auch eine riesige Eiche, die vor dem Haus auf der Grünfläche stand.
Noel und seine Familie wohnten in einem Vorort von Mannheim, etwa fünf Kilometer entfernt den Rhein hinunter. Noel zog mit Merelyn hauptsächlich wegen Ihrer Familie hier her. Um Jasons Großeltern nahe zu sein, denn Noel hatte keine direkten Eltern mehr. Sie waren sehr früh gestorben, als Noel gerade mal drei Jahre jung war, bei einem schweren Autounfall….
Ein LKW hatte das kleine Auto, in dem auch Noel im Kindersitz hinten auf der Rückbank festgeschnallt saß, übersehen und wie mit einem Messer das Dach des Mazdas abgesäbelt.
Beide waren sofort tot.
Noel wuchs fortan bei der Schwester seines Vaters auf. Eine verwitwete, verkorkste und ziemlich religiös gespulte Dame. Sehr nett, dennoch schaurig.
Merelyn und er hatten sich im Alter von 24 und 21 Jahren kennen gelernt.
Und geheiratet hatten sie aus dem banalen Grund der Steuerersparnis schon nach gerade mal zwei Jahren.
Am 27. Geburtstag von Noel verkündete Merelyn ihm die Botschaft. Sie war schwanger mit Jason.
Darauf ging alles sehr schnell und unspektakulär.
Der Umzug ging schnell, neue Arbeit für beide und der neue Freundeskreis fand sich auch schnell.
Merelyn empfand die Schwangerschaft als hilfreich neue Freunde zu finden. Noel hatte dabei nie Probleme gehabt. Er war ein umgänglicher Kerl Ende zwanzig. Das Leben wartete auf Ihn. Also nahm er es.

Jason lag ohne Badetuch unter sich am Strand und grub seine Füße in den körnigen Sand.
„Dad, jetzt mach das Boot fertig.“
„Wenn du irgendwann mal lernst bitte und danke zu sagen, kauf ich dir sogar ne eigene Yacht!“
witzelte Noel, doch bedachte er seine Worte noch einmal und hoffte darauf, dass sein Sohn das nicht wörtlich nahm.
„So, auf geht`s!“ Noel rappelte sich nach dem Betanken des Bootes von seinen Knien, sichtlich bemüht und mit leichten Schmerzen. Das Knie hatte ihm schon früher Probleme bereitet. Noch vor Merelyn.
Meistens spürte er es, wenn er kniend auf dem Rücken einer Dame saß, die er gerade massierte, einölte oder hinter Ihr kniete und sie fickte.

Jason sprang begeistert durch das seichte Wasser, scheuchte die Guppies auf und wirbelte den Schlamm unter sich durcheinander.
„Komm schon, Paps, lass das Boot ins Wasser…“
Blubbernd und schnaufend schaufelte sich das kleine Rädchen ins Wasser und das Boot tuckerte los.
„Willst du auch mal?“ fragte Noel den Kleinen, fuhr ihm dabei durch sein schwarzes, seidenes Haar und gab Ihm die Steuerung.
Es war heute noch heißer als die letzten Tage, auf der Fahrt hierher zeigte das Thermometer im Van 39 Grad an.
Seine pinkfarbene Badehose am Leib – ein Scherz seiner Frau zum Hochzeitstag, ein ziemlich schlechter, wenn man beachtet, dass es die am Morgen gab und Noel den ganzen Tag wie ein dummer Hund darauf wartete, ob das alles war –, sprang er von einem Ast aus etwa zwei Meter Höhe kopfüber ins seichte Wasser.
Besser gesagt er wollte. Denn als er wieder auftauchte, musste Jason sich zusammenreißen, nicht loszulachen. Noels Bauch war feuerrot vom Aufprall. Kein so genannter „Köpper“, sondern ein scheiß schmerzhafter Bauchklatscher. Natürlich wollte er nur vor seinem Sohn Eindruck schinden.
Naja, so brachte er ihn wenigstens zum Lachen.
Es war ein guter Tag, für beide.
Jason wie auch sein Vater haben es schmerzlich, wenn auch nicht für andere ersichtlich, vermisst, zusammen Zeit zu verbringen.
Sie fuhren mit der motorisierten Yacht über den See, ganz in der Nähe eines Dorfs namens Altrip.
Dieser war einer von drei mehr oder weniger großen Seen um den Ort Waldsee herum. Aber es war auch der schönste von allen. Mit hellem, an manchen Stellen fast weißem Sand, der sich unter die Wasseroberfläche in das blaue Loch grub, umsäumt von uralten Bäumen und Gestrüpp.
Auf der Seite von Noel und Jason war am heutigen Morgen seltsamerweise nicht allzuviel los, Gegenüber aber vernahm er mehrere Gruppen sich tummelnder Menschen.
Grillend, lachend, schwimmend oder Fußball spielend belebten sie die ausgedehnte Grünfläche direkt unter dem kleinen Damm.
Die Sonne stand nun am höchsten Punkt, als die beiden gerade getrocknet ihre Sachen zusammen packten.
„War geil, was?“ fragte Noel Jason und gab ihm ein High Five zur Bestätigung.
„Aber sowas von…“

Ein schlimmer, gellender Schrei hallte über den See, irgendwo aus der Gruppe gegenüber.
Noel blickte auf, sah die Menschentraube auseinander stieben und versuchte in dem Wirrwar etwas auszumachen.
„Dad?“ Jason zupfte ängstlich an Noels Shirt. „Dad, was ist los?“
Noel kniff die Augen eng zusammen, für seine jungen Jahre schon mit Krähenfüßen umrandet, versuchte er sich Überblick zu verschaffen.
Die Menge lichtete sich und er sah etwas, das er sich nicht direkt erklären konnte. Besser gesagt WOLLTE er sich nicht recht erklären. was er da sah.
„Jason?“ Er packte ihn unsanft am Arm, ohne den Blick von der anderen Seite zu nehmen. „Jason, wir müssen los.“
„Daddy? Was hast du?“
Jason bekam ohne Antwort nur noch mehr Angst.
Schreiende Menschen rannten wie Ameisen auseinander, weg von der Ursache, der Herkunft des Schreis
So schnell er kam, so abrupt verstummte er.
Noel konnte wirklich nicht erkennen was genau da drüben vor sich ging. Er sah nur, dass zwei Frauen auf einer anderen, wahrscheinlich männlichen Person lagen.
Und Blut, sehr viel Blut
„Zum Auto, los!“ befahl er in einem gefassten ruhigen Ton.
Es schrieen immer mehr Menschen auf.
Männer, Frauen, ja sogar Kinderschreie nahmen die beiden wahr.
Vater und Sohn ließen alles liegen und stürmten los.
Der Parkplatz war nur zwei Minuten zu Fuß weg.
Sie mussten dazu über eine asphaltierte Straße, die in diesem Badebereich zum Glück auf eine fünfziger Zone beschränkt war.

Weiter vorne begann der Campingplatz. Dort stand das Auto. Noel lief dicht hinter Jason, spornte ihn an und blieb stehen.
Wie gefesselt starrte er in eine Richtung. Jason blickte Ihn Hilfe suchend an.
„Dad, was ist los? Bitte, was passiert hier?“
Noel starrte auf das Anmeldehaus des Platzes, eher ein bescheidenes Lokal. Im inneren brach die Hölle los.
Der Wirt stand mit aufgerissen Augen wie angewurzelt da, starrte auf seine Gäste, die sich gegenseitig angriffen.
Seltsame, markerschütternde Laute drangen hinter den dünnen Glasscheiben hervor. Grunzend und keifend besprangen ein paar Männer einen anderen Jungen, etwa in Jasons Alter.
„Fuck fuck fuck, ins Auto, Jason“ schrie Noel und drückte dabei auf den Schlüssel, um die Tür zu öffnen.
„Alles ist gut, Großer", wollte Noel ihn beruhigen.
„Alles in Ordnung. Wir fahren jetzt nach Hause zu Mum. Alles wird gut!“

Noel hämmerte den Rückwärtsgang ein, Gas und Kupplung wechselten zeitgleich die Richtung und Kies sprühte wie Funken von den Vorderreifen.

„Scheiße, DAAAAD!“ schrie Jason und eine Sekunde später krachte das Gesicht einer älteren Frau gegen die Beifahrerscheibe.

Mit einem Irren Blick fixierte sie den Jungen und rannte grölend und mit zerfetzter Nase dem Auto hinterher, als Noel das Pedal durchtrat.
„Verdammt, Paps, war ist hier los?“
Jason sah verängstigt aus. Er starrte erschrocken auf die mit Blut verklebte Scheibe. Kein Wunder. Für Noel selbst war alles surreal, was er gerade sah.
„Hey, versuch ruhig zu bleiben, bitte!“

Jason rutschte nervös auf der Rückbank herum.
„Machst du bitte das Radio an?“

„Klar, klar“, sagte Noel geistesabwesend.

<….keine bestätigten Hinweise, doch irgendetwas geht hier vor auf den Straßen…“>

Dröhnte es aus dem Autoradio.

<… unbestätigten Aussagen zufolge scheinen Menschen von einer Art Tollwut befallen zu sein…
… kann niemand Genaueres sagen, wir halten Sie auf dem Lau…>

„Papa, was ist da los?“
Jason, der auf dem Beifahrersitz Platz nahm, hatte Tränen im Gesicht.
fragte sich Noel.

„Paps???“
Noel wusste nicht, was er sagen wollte.
Neben der Straße befand sich eine alte Scheune und stand in Flammen.
Noel blickte auf sie und flüsterte: „Verdammt, das ist Herrn Schmitts alte Mühle… Ich hoffe, er schaffte es noch raus!“
Jason blickte dem Anwesen nach. Feuer spie wie aus einem Drachenmaul heraus und loderte aus den Fenstern, das ganze Haus stand lichterloh in Flammen.
„Papa? Ich hab Angst. Wirklich!“

Noel nahm ihn so gut es ging in den Arm, steuerte die Straße auf eine Kreuzung zu.
Sirenen der Polizei donnerten vorbei. Zwei, dann drei, nein VIER Wagen schossen vor dem Van entlang.
„Das ist unser Weg, verdammt", keuchte Noel aus seiner rauchigen Stimme heraus und folgte Ihnen.
Das Radio krächzte wieder <…sind dabei weitläufige Areale zu evakuieren. Laut unseren…> Ein Rauschen folgte < mit einem Virus zu tun zu haben…>
„Scheiß Empfang", fluchte Noel.

Eine Anhöhe später blickten Vater und Sohn auf ein Szenario, welches sie nie vergessen würden…
Wie ein vereister Fluss aus Blech schlängelten sich die schimmernden Dächer und Scheiben hunderter Autos die Landstrasse hinab.

Ein Hubschrauber ratterte dicht und ohrenbetäubend über Ihre Köpfe hinweg auf Mannheim zu.
„Jason…“
Noel wusste nicht wirklich weiter…
„Jason… versuch ruhig zu bleiben. Alles wird gut!“

Die Sonne brach sich durch die verschmierte Windschutzscheibe des Vans und machte es schwer die Übersicht zu behalten.
„Jason, halte dich jetzt gut fest!“
Mit quietschenden Reifen bretterte Noel los.
Er schoss über den Seitenstreifen, Vorbei an allen haltenden Autos.
„Wir fahren jetzt zu Mum, okay?“ rief er seinem Sohn zu.
Jason nickte nur und klammerte sich zitternd am Sitz und der Seitentür fest.
Der Van war viel zu schnell unterwegs. Noel konnte beobachten, wie immer mehr ungeduldige Menschen aus Ihren Autos stiegen um sich eine bessere Übersicht der Lage zu machen.
Ein Lichtblitz am Horizont lenkte Noels Blick ab, darauf folgte eine riesige Explosion irgendwo in der Mannheimer Innenstadt. Ein orangeschwarzer Feuerball rollte sich bedrohlich über den Dächern aus, gefolgt von einem lauten, donnernden Knall.
Im selben Augenblick sah Noel nur noch, wie eine Beifahrertür vor Ihm aufschwang.
Er war zu schnell. Die Frau, welche auf die Strasse trat, knallte zuerst mit dem Hinterkopf auf die Frontscheibe, Glas knackste unter der Wucht.
Die goldene Tür des alten Mercedes wirbelte wie Papier durch die Luft auf das anliegende Feld.
Jasons Schreie verstummten, als sein Vater die Bremse aufs Blech durchtrat.
Gleich einer Marionette ohne Spieler flog die Frau mehrere Meter durch die Luft.
Sie war tot, noch ehe sie auf dem Asphalt aufschlug
Noels Auto geriet ins Schleudern und die Böschung kam mit viel zu hohem Tempo auf sie zu.
Ein dumpfes Kratzen ertönte beim Kontakt mit der Anhöhe und der Van hob ab. Rückblickend kam es Noel so vor, als stoppte die Zeit während des Fluges für einige Sekunden.
Das schwere Auto kippte zur Seite, hunderte Glassplitter zogen wie funkelnde Diamanten durch den Innenraum und Noel fühlte für einen Augenblick Schwerelosigkeit in seinem Körper.
Obwohl das alles nicht länger als ein paar Sekunden dauern konnte, griff er instinktiv nach Jason und drückt ihn mit seinem Arm in den Sitz.
Wie ein Fels schlugen sie mit dem Dach voran in den sandigen Boden ein und es wurde dunkel um Noel herum.

Langsam erlangte er sein Bewusstsein zurück. Er hatte keine Ahnung, wie lange er weggetreten war.
Seine Ohren vernahmen neben einem ständigen Dauerpfeifen die Umwelt nur dumpf wahr.
Kopfüber hing er im Gurt, das Blech sehr nah an seinen Kopf eingedrückt.
Oben war nun unten und unten war oben.
Seine ersten Gedanken galten seinem Sohn. Dieser hing leblos in seinem Sitz und Blut tropfte aus seinen Haaren auf den Innenbezug des Dachs.

Geistesabwesend und umhüllt von undefinierbarem Getöse außerhalb des Wracks schnallte Noel sich ab und knallte unsanft auf den Boden.
„Hey! Jason, Großer.“
Er schaute sich seinen Sohn an, die Wunde war nicht schlimm. Sie blutete nur sehr stark wie alle Kopfverletzungen.
„Schatz, komm schon, wach auf!“
Er rüttelte sanft an dem Jungen und Jason wachte auf.
„Was…. Was ist passiert?“
Sein Sohn schien mindestens genauso benommen zu sein wie er selbst. Der Aufschlag war alles andere als gemütlich gewesen.
„Wir hatten einen Unfall. Ich schnalle dich jetzt ab, halte dich an mir fest.“

So gut es ging hielt er sein Kind fest und löste den Gurt.
Glasscherben knirschten unter den Knien, als sie aus dem Auto krochen.
„Bleib dicht bei mir, Junge!“ Noel beruhigte ihn so gut es ging, kniete sich vor ihn und schaute genau nach ob noch andere Verletzungen zu sehen waren.

„Mein Fuß", quengelte Jason mit verzerrtem Gesicht. „Ich kann nicht auftreten.“

„Okay, komm her.“
Noel stand auf und hob ihn auf seine Arme.

Laute Rufe und ängstliche Schreie vermischten sich zu einem Klang des Grauens.
Die Landstraße war überfüllt von panischen Gesichtern, die voller Angst voreinander flüchteten.
Noel konnte nicht unterscheiden, wer von wem verfolgt wurde, sicher war nur, dass einige begannen durchzudrehen.
Menschen griffen ohne Grund andere an, stürzten sich auf sie und bissen zu.
Eine junge Frau stolperte zwischen den Autos, worauf sich ein schreiender Mann auf sie stürzte und sich mitten in Ihrem Gesicht festbiss.

Kreisten in Noels Kopf umher.


„Halt dich gut fest, mein Junge!“

Weiter hinten lag ein Stück Wald, nicht sehr groß, vielleicht etwa zwei Fußballfelder lang.
Sie mussten sich in Sicherheit bringen, weg von der Straße, weg von der Menschenmenge.
Noel rannte mit seinem Sohn im Arm vorbei an dem Autowrack und hin zu den Bäumen.
Vorsichtig ließ er Jason hinunter und lehnte ihn an einen Stamm.
Er musste wieder ohnmächtig geworden sein.

„Hey, wach auf. Bitte", versuchte er ihn zurück zu holen.
„Jason!“ doch der Kleine rührte sich nicht.
Ein Anflug von Panik kam über Noel. Er musste sich hinsetzen, ausruhen. Wenigstens für fünf Minuten.

Dann war es Nacht.
Noel schrak auf. Nach Luft schnappend bäumte sich sein Körper nach vorne, als wäre er aus einem schlimmen Alptraum erwacht.
War sein erster Gedanke. Doch alles war in Ordnung. Oder wie auch immer man das nennen konnte. Sein Sohn saß immer noch an den Baum gelehnt da, mit dem Kinn versenkt auf der Brust.
Die Platzwunde hatte inzwischen aufgehört zu bluten, aber die Haare und das Gesicht waren verschmiert und verkrustet.
Mit der Hand prüfte er seine Stirn.
„Verdammt", sprach Noel seine Angst aus. Jason hatte Fieber.
Dieser murmelte irgendetwas vor sich hin, stöhnte im Schlaf und zitterte am ganzen Leib.
Noel sah sich um, suchte mit zusammengekniffenen Augen die nähere Umgebung ab.
Nicht einmal die Lichter der Stadt konnte er sehen.

Mit Jason auf seinen Armen schlug er eine Richtung ein.
Das Stück Wald war nicht besonders groß, so konnte kein Weg der falsche sein.
Nur war es seltsam still um die beiden herum. Fast so, als wäre der vorherige Tag nie gewesen.
Wenn Noel nicht im Wald, sondern zu Hause erwacht wäre, hätte er alles als einen bösen Alptraum abgetan.

Sie erreichten das Ende der Waldinsel und langsam wurde es heller. Der Vollmond brach durch die dünne Wolkendecke, der Erdtrabant hüllte die Felder und Hügel in sanftes Blau. Am Horizont sah man die Silhouette Mannheims, jedoch musste der Strom ausgefallen sein. Die einzigen Lichtquellen waren Brände, die wie tanzende, böse Geister durch die Schluchten flammten.
Sirenen von Krankenwagen, Feuerwehr und Polizei erklangen kaum hörbar zu einem düsteren Orchester einer gefallenen Stadt.

Waren Noels Gedanken und schaute zur Landstraße, am Tag noch der Schauplatz beispiellosen Chaos.
Dort standen Hunderte, dicht an dicht, in einem Stau, der sich niemals auflösen würde.
Nur schien es unmöglich sich von dort ein Auto zu nehmen. Es gab kein Durchkommen.
Schüsse gesellten sich zur Klangkulisse der untergehenden Stadt und Noel wurde klar, dass diese Richtung die falsche war.
Zurück nach Hause waren es mindestens sieben Kilometer oder mehr. Und das nur mitten durch Mannheim hindurch. Ein Umgehen bedeutete etwa fünf Kilometer mehr. Noel wurde klar, dass dies mit Jason auf den Armen fast nicht zu schaffen war. Zudem es um seinen Sohn alles andere als gut stand.
Er nahm den Weg zurück zur Straße hin. Sie mussten es nur bis zum Anfang des Staus schaffen, ein Auto mit Schlüssel finden und hier abhauen.

Bis auf die tobende Stadt war es still um sie herum. Die Straße war wie ausgestorben.
Und das im wahrsten Sinne. Noel hievte sich mit Jason im Arm über die Leitplanke und blieb stehen.
Alle paar Meter lagen schrecklich verstümmelte Menschen. Geronnenes Blut verteilte sich auf und in den Autos.
Frauen und Männer, wenn sie noch als solche zu erkennen waren, lagen auf dem Boden, halb aus offenen oder zersprungenen Fenster heraus und unter den Autos.
Vorsichtig und mit stetigem Blick auf seine Füße, schlängelte sich Noel durch diesen blechernen Friedhof.
Die Warnblinkanlage eines Jeeps, welcher halb auf dem Kofferraum des vorderen Autos auflag, tauchte diese Bühne des Grauens in fahles, orangefarbenes Licht.
Als der Friedhof aus Wracks und Leichen immer weniger wurde, strahlte von weiter weg ein grelles Scheinwerferlicht auf.
Noel musste seine Augen zusammenkneifen, um nicht geblendet zu werden.
„Hey! Hey! Hier drüben", machte Noel auf sich aufmerksam
„Hier, wir brauchen Hilfe!“
In etwa zwanzig Meter Entfernung kam ein Jeep zum Stehen und schaltete das Fernlicht auf Abblendlicht um.

Dachte Noel erleichtert
„Gott sein Dank. Hören Sie, wir brauchen Hilfe. Ich, mein Sohn… Er, er hat Fieber…“,
versuchte Noel zu erklären.
„Wissen Sie, was zum Teufel hier los ist?“

Die Türen öffneten sich und zwei Uniformierte traten auf die Straße.

„Hören Sie. Wir waren die ganze Zeit im Wald, haben uns versteckt… Ich muss eingenickt sein und jetzt…“
Noel wurde schnell unterbrochen und blickte plötzlich in die Gewehrläufe der Männer.

„Stehen bleiben. Sofort!“ befahl es durch den Lichtschein hindurch.

Noel trat langsam näher: „Bitte, mein Sohn. Wir hatten einen schweren Unfall.“

„Stehen bleiben, sagte ich.“ Das scharfe Klicken der Sicherung untermauerte die Drohung.

„Zwei Zivilisten geortet, Herr Feldwebel", sprach einer der beiden in ein Funkgerät. „Wie sollen wir vorgehen?“

Noel stand entsetzt da und bat nochmals um Hilfe: „Bitte, er ist seit gestern Mittag bewusstlos, er hat Fieber. Ich weiß nicht was ich….“

Der Mann sprach zu Noel, während der andere weiterhin mit dem Gewehr auf ihn zielte: „Bleiben Sie ruhig. Keine falsche Bewegung.“ Und dann wieder ins Funkgerät: „ Aber Herr Feldwebel, er hat ein Kind dabei."
Eine kurze Pause, dann: „Verstanden, Herr Feldwebel!“ Und beendete die Kommunikation.

Noel riss seine Augen weit auf: „Bitte, egal was Sie denken. Wir sind nicht krank. Wir hatten nur einen Unfall. Bitte.“
Als der Soldat die Waffe nach oben zog, drehte sich Noel weg, um seinen Sohn zu schützen.
Mehrere Schüsse fielen. Der Vater spürte zwei Bisse in seinem Arm, einen im Bein und stürzte zu Boden.
Er musste mit ansehen, wie Jason hart auf dem Boden fiel. Flehend schaute er auf die zwei Soldaten, die näher kamen, als zwei weitere Schüsse nacheinander in ihren Köpfen einschlugen.
Sie sackten leblos in sich zusammen.
Eine Gestalt stand mit einem rauchenden Colt schweigend neben der Straße.

„Jason!!! OH GOTT, JASON!“ schrie Noel und kroch zu Ihm.
„Papa… Papa, es tut so weh.“ Jason war getroffen. Mehrere Schüsse in den Oberkörper tränkten sein Shirt in ein tiefes Schwarz.
Noel nahm seine letzte Kraft zusammen, kniete sich hin und hob ihn auf seinen Schoß.
„Hey, Großer…“ Tränen rannen über Noels Gesicht. „Ich weiß, dass es weh tut, aber wir müssen weiter. Komm schon, Jason… Tu mir dass nicht an…“ Er versuchte mit Jason aufzustehen, doch dessen Schmerzen waren zu stark.
„Papa, es tut so weh… Paps…“ Jason krampfte in sich zusammen, dann hörte er auf zu atmen.
Noel spürte klebriges Blut durch seine Hände fließen, warf seinen Kopf zurück und schrie in die Nacht.

„Komm", sagte eine bekannte Stimme, legte seine Hand auf den Vater und kniete sich hin.
„Deine Zeit zu trauern wird kommen. Doch wir müssen los.“


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23.08.2015 um 14:53
Bah... ich möchte auch hier ein Ausschnitt veröffentlichen. Ist es erlaubt oder nicht? :D


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23.08.2015 um 16:29
@NothingM
Alles was nicht verboten ist, ist wohl erlaubt. Du darfst nur nicht Werbung machen, also nicht angeben, wo und wie man das Buch kaufen kann, das muss alles per PN gehen.

Übrigens... heißt es nicht "einen Ausschnitt veröffentlichen?" Der Ausschnitt, nicht das Ausschnitt. Als Schriftsteller sollte man das eigentlich wissen. ;)

Aber ich hab schon festgestellt - in allen Foren - dass diese "-en"-Endung offenbar völlig zu verschwinden scheint und dann irgendwann auch wohl von der "Rechtschreibung" angenommen wird, da man nicht gegen Windmühlen kämpfen kann. Nur für Ausländer wird es dann wohl noch schwerer Deutsch zu lernen, denn wie soll man ihnen alle solche Sonderfälle und Ausnahmeregelungen erklären, wo die deutsche Sprache eh schon eine der kompliziertesten ist?


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23.08.2015 um 16:31
@Realo
Ich hab ech noch kein verleger :D


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23.08.2015 um 16:35
Keinen Verleger* =)


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23.08.2015 um 16:39
@JimmyNovakin
Grammanazi! O:

Na Spaß :P: gut dass ich dich als Korrekturleser für mein Manuskript genommen hab :3


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23.08.2015 um 16:40
@NothingM

Bin fast mit dem ersten Kapitel durch, aber ich vermute, dass meine Worte dir nicht gefallen werden.

:/


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23.08.2015 um 16:48
@JimmyNovakin
Ich weiß dass ich im Grammatik Probleme hab ^^'


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24.08.2015 um 01:20
@Realo.
Wow.
Echt Wow.
Danke dir dass du dir die mühe machtest und mir vor Augen geführt hast, dass ich zwar gute Geschichten verfassen und spannende sowie interessante Texte schreiben kann, aber der Rest wohl ziemlich derbe hinkt.

Ich kopiere es mir morgen in 2 Word Fenster, einmal meine und einmal deine überarbeitete Version.
Nocheinmal tausend Dank.
Sag mal...😁

Du bist nicht zufällig verfügbar das Endprodukt zu lesen und zu korrigieren. Natürlich gegen eine angemessene Gebühr. ..
Ich wünsche allen eine gute nacht


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24.08.2015 um 11:36
@Angelsmaycry86
Da könnte man ernsthaft drüber reden, wenn das Manuskript fertig ist. Aber bitte alle Kommunikation hierüber grundsätzlich nur per PN, weil das hier nicht rein gehört.


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24.08.2015 um 23:09
@Realo
Ich halte dich auf dem laufemdem


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03.09.2015 um 20:22
Tja, dann will ich auch mal eine Leseprobe aus meinem eigenen Roman hier zum Besten geben, die erste Seiten des 1. Kapitels aus dem Science Fiction "Die große Flut"; die Rahmenhandlung spielt im Jahr 2025.

Kritik ist natürlich immer willkommen, allerdings hilft das dem Text nicht viel weiter, denn das Buch ist bereits veröffentlicht (Eigenverlag). Wer mehr zum Bezug wissen will – bitte nur per PN, da Eigenwerbung hier nicht gemacht werden darf, was ich, auch wenn's mir persönlich nicht passt, im Übrigen auch ganz gut und richtig so finde. Ok, here we go…


1. Clash

Als endlich der Anruf kam, war ich keineswegs erstaunt; viel mehr wunderte ich mich, dass er so lange hatte auf sich warten lassen; ich hatte ihn eigentlich schon zwei, drei Tage früher erwartet. Noch während das Handy piepte, versuchte ich mit mir selbst eine Wette abzuschließen, was wohl der offizielle Anlass für den Anruf war − der mysteriöse Absturz eines Airbus über Mannheim oder diese seltsame Internet-Botschaft, die gleichzeitig weltweit in diversen grenzwissenschaftlichen Foren auftauchte, die sich schwerpunktmäßig mit UFOs beschäftigen. Ich tippte auf Letzteres, ohne dass ich das aber mit letzter Logik zu begründen vermochte; es war eher so eine Art Bauchgefühl. (Ist man gleich schon ein Verschwörungstheoretiker, wenn man hier einen Zusammenhang vermutet?)

Vor zwei Wochen war eine Lufthansa-Maschine über Mannheim abgestürzt, die in Frankfurt gestartet war und sich auf dem Weg nach Rom befand. Aus offiziell noch ungeklärten Gründen gab es in 8500 Metern Höhe eine Explosion. Der Unfall ereignete sich gegen 22.30 Uhr bei klarem Himmel. Es muss ein veritables Himmelsspektakel gewesen sein; einen Eindruck bekommt man, wenn man sich die diversen YouTube-Videos anschaut, die von Augenzeugen zumeist mit Handy-Kameras gefilmt, im Internet kursieren. Am eindrucksvollsten ist das Video eines Bewohners des Collini Centers, eines Hochhauses am Neckarufer. Genau über diesem Hochhaus, das offenbar aus der Luft gut sichtbar ist und an strategisch günstiger Stelle steht, kreuzen gleich mehrere Flugkorridore, bei denen dieses Hochhaus als Orientierungsmarke für die Piloten fungiert. Der junge Mann, ein Journalist, sah plötzlich in den Fenstern der Häuser gegenüber (unter ihm) ein Aufflackern, lange vor dem Knall, rannte auf den Balkon, bemerkte nichts, wollte sich umdrehen und zurückgehen in die Wohnung, als ihm irgendwie, halb bewusst, knapp außerhalb seines Sichtfelds, etwas Helles auffiel, hob unwillkürlich den Kopf, bemerkte den Feuerball, der aus dem Himmel über ihn niederstürzte, rannte zurück in den Raum, ergriff das Handy, drückte den Kopf, suchte kurz, und fand dann den Feuerball im Sucher, der im Sturz rasend schnell anschwoll. Gleichzeitig schoss ihm ein wirres Kreuzfeuerwerk verschiedener Gedanken durch den Kopf, vor allem die Angst, der brennende Feuerball, das ganze brennende Wrack, könnte ihm auf den Kopf fallen, aber glücklicherweise wusste er noch 15 Etagen über sich, von denen die obersten den Aufprall schon abfangen würden, durchschossen von wirren 9/11−Visionen und überzeugt davon, dass es sich hier um den lange angekündigten neuen Anschlag von Al-Qaida gehandelt haben dürfte, und dem völlig vergessenen, ihn daher umso unerwarterter treffenden Knall der Explosion. Mit einem eigentümlich rauschenden Pfeifen und einem Knistern, als würden längst geborstene brennende Wrackteile weiter brechen, rauschte die Feuerkugel schließlich seitwärts, halb verborgen von der Hausecke, in etwa 30 Metern Entfernung an ihm vorbei und stürzte in den Fluss, wobei sie zischend verpuffte und nur eine armselige schwarze Rauchwolke hinterließ, die vorübergehend die Lichter der Häuser am gegenüberliegenden Ufer verschlang. Dann war alles still, und als er endlich seinen Blick vom Fluss abwandte, der die Wrackteile offenbar restlos verschlungen hatte, bemerkte er, dass die Autos stehen geblieben waren und eine Reihe Gaffer am Straßenrand, teilweise auch am Ufer standen und in den Fluss starrten, dessen Oberfläche sich nicht mehr anmerken ließ, dass sie soeben die Reste eines Flugzeugs und eine unbekannte Menge Leichen verschlungen hatte.

Der Bann hielt ihn noch ein Weilchen, am Balkon fest, ohne dass er sich von dem Anblick lösen und zurücktreten konnte, und er hat auch mit niemandem darüber gesprochen, was ihm in diesen Sekunden, in denen die Zeit aus dem Tritt geraten zu sein schien, wohl durch den Kopf gegangen sein mochte. Schließlich riss er sich gewaltsam von der Brüstung los, befreite sich von dem Bann, gab sich einen Ruck und stürzte zurück ins Zimmer; dann ging alles automatisch wie so oft in seinem Berufsleben; er schlüpfte in die Stiefel, streifte sich die Lederjacke über, obwohl er viel zu warm dafür war, hängte sich die Kamera um und ging hinaus, eilte zum Lift. Jetzt kam es auf jede Sekunde an.

Als er endlich unten war, hinaustrat und die paar Schritt zum Flussufer eilen wollte − auch wenn ihm nicht klar war, was er da eigentlich wollte, denn von dem Unglück war nichts zu sehen −, hatte sich dort in den paar Minuten seit dem Unglück längst eine Menschenmenge gebildet und die Autos säumten den Straßenrand. Wo die nur alle so schnell herkamen?! Es gelang ihm gerade noch ein paar Leute aus der gaffenden Menge zu interviewen, während im Hintergrund das Sirenenkonzert der herannahenden Polizei-, Feuerwehr- und Krankenwagen zunehmend anschwoll. Noch ehe die Polizeiwagen überhaupt zum Stillstand kamen, wurde die Meute der Schaulustigen bereits aufgefordert, zurück in ihre Autos zu gehen und die Straße freizumachen, die dann auch weiträumig abgesperrt wurde. Auch die anderen Gaffer wurden zurückgedrängt, während das gesamte Neckarufer abgesperrt wurde. Scheinwerfer wurden aufgebaut; mehrere Rettungsschiffe kamen mit Blaulicht den Fluss herunter zur Unglücksstelle, auch sie richteten die Scheinwerfer auf die mutmaßliche Absturzstelle, und noch ehe alles fertig aufgebaut war, sprangen schon die ersten Taucher ins Wasser. Obwohl er sich mehrfach auswies, wurde unser junger Lokalreporter nicht in die Nähe der Unfallstelle gelassen, sondern musste zusammen mit der Meute hinter die Absperrung zurück. Gute Fotos oder gar Interviews mit höherrangigen "Offiziellen" waren so natürlich nicht möglich.

Langsam schlenderte er zurück und fuhr hoch in seine Wohnung im 23. Stock, trat heraus auf den Balkon und besah sich das Ganze von oben durch sein Fernglas. Der Fluss war in gleißend helles Licht aus diversen Scheinwerfern an beiden Ufern getaucht, und selbst auf der nahe gelegenen Fußgängerbrücke hatte die Feuerwehr einige Richtscheinwerfer montiert. Ab und zu beförderten Taucher ein paar kleinere Wrackteile aus dem Wasser, aber auch einige Leichen und Leichenteile, die auf dem Wasser auftauchten, wurden schleunigst in die Boote gehievt. Kurz darauf erschien ein Schiff mit einem Kran, dessen Aufgabe es wohl war, die größeren Wrackteile zu bergen. Aber irgendetwas war komisch an der ganzen Sache, und plötzlich packte ihn eine Idee wie ein eiskalter Würgegriff und ließ ihm das Blut gefrieren, aber das, was er sah, ließ keinen Zweifel aufkommen. Kurz bevor auch ein Areal auf der flussabgewandten Seite der Uferstraße abgesperrt wurde, weil dort offenbar ebenfalls Wrackteile lagen, waren auch ein paar amerikanische MP-Fahrzeuge und Zivilfahrzeuge mit amerikanischen Kennzeichen aufgetaucht, die die Absperrung passieren durften; ein paar Leute in Zivil waren auch dabei, und zum Schluss hin hörte er mehr Amerikanisch als Deutsch. Was hatten die Amis damit zu tun? Einige von ihnen standen zusammen mit ein paar offenbar höherrangigen deutschen Polizisten, und dann bekam einer ein dunkles, fast schwarzes Wrackteil präsentiert, das, wenn es in einem bestimmten Winkel gehalten wurde, ein schwaches rötliches Licht emittierte, so, als wäre das ganze Material leicht leuchtend, etwa einen halben Meter lang, das er mehrmals mit der flachen Hand hob und senkte, so als würde er es wiegen, um sein Gewicht zu schätzen. Kurz darauf wurde er am Arm genommen und hinter die Absperrung gezerrt. Was hatten die Amis nur dort zu suchen? Es gibt wohl keinen Terroranschlag, bei dem nicht sofort die CIA zu Stelle ist.

Aber das war nur die eine Seite der Gleichung. Inzwischen hatte er das Stativ aufgebaut, die Kamera montiert und zoomte einige Objekte aus dem Fluss so dicht heran, wie es gerade noch ging, ehe die Konturen zu unscharf wurden. Er hatte sich nicht getäuscht. Überall auf dem Fluss waren Boote ausgeschwärmt, um Wrackteile aufzusammeln, die langsam stromabwärts trieben, allesamt mattschwarz mit einem diffusen ganz schwachen rötlichen Licht, das aber offenbar immer schwächer wurde. Seit wann sind Flugzeuge mattschwarz und leuchten rötlich? Vor allem, seit wann ist Aluminium − und Flugzeuge bestehen zum größten Teil aus Aluminium − leichter als Wasser? Was ist mit Karbon? Ist Kohlefaser leichter als Wasser? Nicht unbedingt, wenn er an sein Karbon-Fahrrad dachte. Aber wie ist das mit dünnen großen Flächen aus Kohlefaser − schwimmen die?

Er schoss ein Bild nach dem anderen von den Booten und den Tauchern bzw. Schwimmern, die diese ominösen Wrackteile an die Männer in den Booten hoch reichten, bis ihm schließlich bewusst wurde, dass es besser wäre weniger zu knipsen und mehr zu denken, um so schnell wie möglich hinter das System zu kommen, das er in dem Moment erkannte, als er die Kamera losließ und einfach auf das Ganze schaute. Ein Boot nach dem anderen legte kurz an der Andockstelle an; je drei Männer aus dem Boot trugen diese mattschwarzen, noch leicht "nachglühenden" Wrackteile zu einem dort geparkten Lieferwagen, wo sie von Leuten, die dort offenbar drinstanden und von denen man nur die Arme und Hände sehen konnte, in Empfang genommen wurde; sobald das Boot leer war, drehte es ab, um dem nächsten Boot, das schon wartete, den Dockplatz frei zumachen, und dann setzte sich die gleiche Prozedur fort. Als der Lieferwagen voll war, fuhr er fort, und gleich der nächste fuhr ein paar Meter vor bis zur Andockstelle und wurde ebenfalls mit diesen exotischen Trümmern beladen.

Und genau das filmte er nun bei maximaler Zoomperspektive: die Entladung der Boote, die Beladung des Lieferwagens, die Abfahrt des beladenen Lieferwagens, die Beladung des nächsten. Leider konnte er, auch mit Fernglas und Zoom, die Nummernschilder der Lieferwagen nicht erkennen, aus dem schlichten Grund, weil sie keine hatten. Dafür wurden sie aber von Pkws eskortiert, einer vorn, der andere hinten, die mir erst gar nicht aufgefallen waren, weil sie irgendwo in der Dunkelheit völlig unbemerkt geparkt waren und die ohne Licht davon fuhren. Erst weiter hinten, am Ende der Absperrung, als die auf die normale Straße einbogen, schalteten sie das Licht an − aber da waren sie so weit weg, zudem verdeckt von Bäumen, dass es unmöglich war, die Kennzeichen zu lesen.

Noch während am und im Fluss weiterhin Trümmer und Leichen geborgen wurden und die schaulustige Menge sich, inzwischen weit nach Mitternacht, langsam zerstreute und in den Medien in Eilmeldungen von dem Flugzeugunglück, bei dem offenbar 220 Menschen den Tod gefunden hatten, berichtet und die Befürchtung ausgesprochen wurde, es könne sich um ein Attentat, wahrscheinlich von Al-Qaida, gehandelt haben, obwohl noch keine Bekennerschreiben im Internet oder sonstwo eingegangen waren, und noch ehe er sich den Luxus gönnte wirklich tief nachzudenken, setzte er spontan den Clip vom abstürzenden Feuerball bei YouTube ins Internet, ging dann noch einmal sinnierend auf den Balkon, und glaubte erst seinen Augen nicht zu trauen: Im Hinterhof − eigentlich eine Art Dachgarten über der Tiefgarage, nahm er ein schwaches rötliches Glimmern wahr, und er wunderte sich nur darüber, dass alles weitere absolut mechanisch ablief, ohne dass er groß drüber nachdachte oder auch nur einen Plan fasste − er wusste nur, dass jetzt alles sehr schnell gehen musste und sehr viel Glück von ihm erforderte. Als er den Lift verließ und aus dem Wohnabschnitt in die Halle im Erdgeschoss trat, merkte er zunächst zu seiner großen Freude, dass der "Pförtner" gerade ein Nickerchen machte, und er betete, dass er das die nächsten zwei, drei Minuten noch weiter tat, wünschte ihm jedenfalls einen gesegneten Schlaf; nun mussten noch zwei weitere Hindernisse überwunden werden. Wunderbarer Weise war auch der Personalaufzug in Betrieb, der ihn in den zweiten Stock brachte, und selbst die schwere Tür zum Dachgarten, zu dem er auch als Anwohner keine Zugangsberechtigung hatte, war nicht verschlossen; er musste aber sofort einen Schuh in die Tür stellen, um sich nicht selbst auszuschließen, denn dann wäre er gezwungen, etwa acht Meter in die Tiefe zu springen auf den Asphalt, was wohl nicht ganz ohne Knochenbrüche abgehen würde. Er wunderte sich nur, wie leicht alles ging, denn obwohl draußen pechschwarze Nacht war, entdeckte er das Teil sofort, weil es rötlich glimmerte und ihm den Weg wies. Als er das Metall oder was immer es sei mochte, da liegen sah − ein etwa 60 mal 50 mal 20 Zentimeter großes − ja was denn nun? − "Aggregat" von der Größe eines Achtzylindermotors, war ihm klar, dass alle Mühe umsonst war, denn wie sollte er dieses Getriebe oder was immer es war von einer Vierteltonne Gewicht ganz allein tragen, und vor allem: Was wollte er damit? Das einzige, was ihm in dieser Situation noch zu tun blieb, war den Hausmeister anrufen, selbst jetzt in der Nacht, um ihn auf den wohl nicht ganz unwichtigen Fund hinzuweisen, den bisher noch keiner bemerkt hatte. Dennoch wollte er mal testen, wie sich das Ding anfühlte und wie schwer es wohl war. Als er es berührte, zuckte er jäh zurück, als stünde das Ding unter Strom, aber es war nur wegen der Kälte − es war eisig kalt, viel zu kalt für diese warme Sommernacht, zumal der rötliche Glimmer ja eher auf Wärme hinwies. Vor allem aber, und das merkte er, als er, nun auf die Kälte eingestellt, das Ding mal anheben wollte, war es federleicht, leicht wie Sperrholz. Das ganze große Aggregat wog nicht mal ein Kilo. Als er unten in die Halle trat, kam ihm aus dem Wohnbereich gerade ein Paar entgegen und dürfte sich wohl gefragt haben, was er da so unterm Arm trug, wenn ihn die beiden überhaupt bemerkt hätten, aber die waren so in sich verliebt, dass sie nur Augen für einander hatten. Der Pförtner pennte immer noch, und so betrat er den erstbesten Lift, und auch auf seinem Flur kam ihm niemand entgegen − es war eine Sache von weniger als fünf Minuten gewesen, und nun hatte er das geheimnisvollste Material in seiner Hütte, das er je in seinem Leben gesehen hatte.

Ihm fiel nichts anderes ein, als das Gerät abzustellen, den Schreibtisch leer zu räumen und es dort unter seiner Leselampe zu platzieren, um es näher in Augenschein zu nehmen. Es war eine Art Quader aus einem ihm unbekannten Material, weder Metall noch gläsern, dabei aber halb transparent; im Innern erkannte er 12 Silberplatten, die im Abstand von jeweils fünf Zentimetern angeordnet waren und durch eine Art Stab oder Röhre, die durch ihr Zentrum führte, miteinander verbunden waren, die aus dem gleichen Material zu bestehen schien wie die Platten; alles war wie aus einem Guss. Was mochte das bloß für ein Material sein, dass es so federleicht war? Es muss, nein, es kann nicht alles Silber sein, was silbern glänzt, denn Silber hat Gewicht. Was mochte es nur sein − der Flugschreiber? Natürlich nicht der Flugschreiber, denn der ist schwer wie der Motor eines Bikes, und vor allem sieht er, wie er sich durch einen Klick auf Wikipedia überzeugen konnte, auch ganz anders aus. Das hier war ein völlig exotisches Material, wesentlich leichter als Kevlar, Kohlefasern oder ähnlich ultraleichtes und gleichzeitig hochfestes Material. Dieses hier − das konnte er beschwören, auch ohne den Test zu machen − würde mit keiner Temperatur der Welt verbrannt werden können − andernfalls hätte es die Explosion und die unerträgliche Hitze, die diese Feuerkugel gehabt haben musste und den Absturz aus 8000 oder vielleicht gar 10000 Metern Höhe nicht so völlig unbeschadet überstanden haben. Er versuchte mit dem Taschenmesser eine Kerbe ich das Material zu ritzen, aber es glitt nur ab ohne den geringsten Kratzer zu hinterlassen. Und es war, wie er auch bei der nächsten Berührung mit dem Finger feststellte, immer noch genauso eiskalt wie immer. Selbst im Backofen würde es, da war er sich ganz sicher, die gleiche Temperatur beibehalten. Es war, kurz gesagt, dermaßen was von strange, als sei es nicht von dieser Welt.

Vor allem hatte er keine Idee, was er mit dem Gerät denn nun überhaupt anstellen sollte. Er könnte es als Souvenir behalten, oder irgendwem − wem? − zu einem angemessenen Preis anbieten. Aber wer würde so etwas schon haben wollen? Von Interesse wäre es doch nur für Regierungsstellen oder für die Bundespolizei, die mit der Aufklärung des Falls befasst war. Und die lassen nicht mit sich handeln − im Gegenteil: Er würde mit einer saftigen Strafe zu rechnen haben, wenn irgendwer herausfände, dass er Beweisstücke, die zur Aufklärung eines Terroranschlags dringend benötigt werden, zurückbehielt oder gar versuchte Dienststellen zu einer Art üppigen Finderlohn zu erpressen − da würde er schneller vor Gericht gebracht, als er denken konnte. Nein, das war eine völlige Schnapsidee. Es gab nur zwei Möglichkeiten: es als Souvenir zu behalten oder spätestens am nächsten Tag auf der nächsten Polizeidienststelle als Fundsache abzugeben. Und natürlich noch eine dritte. Wenn es schon nicht der Flugschreiber war, was könnte es dann wohl sein? Eine neue geheime Erfindung? War das Ganze vielleicht gar kein Terroranschlag gewesen, sondern Sabotage?

Endlich hatte er genug Rotwein intus, um die richtige Bettschwere zu haben, die es ihm ermöglichen würde problemlos einzuschlafen; es wurde aber auch Zeit; er war eine Stunde zu spät dran mit Einschlafen; das würde ihm − vorausgesetzt er schlief sofort ein und konnte dieses Grübeln und Nachdenken abstellen − gerade noch etwas über sechs Stunden Schlaf ermöglichen; es würde ihm aber auch erlauben, nicht vorzeitig wach zu werden.

Kaum hatte er das Licht gelöscht und es sich im Bett bequem eingerichtet, als das Ding wieder zu leuchten begann. Vielleicht hatte es auch die ganze Zeit über schwach geglimmert und er es im Licht nur nicht bemerkt. Es war alles andere als ein normales Licht. Er konnte nicht anders, musste noch mal aufstehen und sich dieses Licht anschauen. Das Gerät war jetzt mehr oder weniger voll transparent, und das rote Licht schien aus den Platten und der seltsamen Stange zu kommen, aber es war kein Licht, das die ganze Stange erleuchtete, sondern eher ein Aderwerk zahlreicher haardünner Stränge, die innerhalb der "Stange" leuchteten wie ein Nervengeflecht, und die Platten waren auch keineswegs durchgehend erleuchtet, sondern das Licht bildete Muster − Flächen und Stränge, Verbindungen zwischen diesen Flächen, die sich permanent änderten, aber in einem wie ihm schien unbekannten aber nichtsdestotrotz vorhandenen Rhythmus, auch wenn er weder den Rhythmus noch die Bedeutung der Muster "lesen" konnte, aber irgendwie schien es ihm wie die optische Darstellung von − er wusste selbst nicht, wie er darauf kam − von Gedanken, geradeso als habe er hier ein Gehirn aus dessen molekularer Innenansicht innerhalb einer "Maschine" vor sich, und als könne ein guter Computer mit einer anständigen, ausreichend komplexen Software diese Schwingungen und sich verändernden Muster lesen und verstehen. Und mit welcher Energie wurde diese Lightshow betrieben, der er nicht den Status normalen elektrischen Lichts zugestehen mochte? Wahrscheinlich war er nur zu betrunken, um hier einen höheren Sinn in eine seltsame Technologie hinein zu interpretieren, die ihm nur deshalb so "intelligent" erschien, weil er sie nicht verstand. Damit war auch klar, dass er in Gegenwart dieser "Maschine" nicht einschlafen konnte. Jetzt gab's nur noch drei Möglichkeiten: Noch mal raus und den Apparat zur Polizeiwache bringen, oder den Kasten einfach vom Balkon runterschmeißen dahin, wo er ihn aufgelesen hatte, oder… Er entschied sich für die dritte Variante und trug das Gerät einfach in den Nebenraum, den er sich schon seit Jahr und Tag als Wohnzimmer einrichten wollte, aber außer zwei Ledersesseln, die er, ach lang, lang ist's her, aus einer frühen Wohngemeinschaft hatte mitgehen lassen, war der Raum völlig leer; er stellte das Ding einfach mitten in den Raum, ging zurück ins Wohnschlafzimmer, zog sich die Decke bis ans Kinn und schlief tatsächlich im Nu ein.

Aber nicht für lange, denn als er wieder wach wurde, befand sich das Flugzeug in schweren Turbulenzen. Er hörte gerade noch die Stimme des Piloten oder Copiloten, dass sich die Passagiere wegen der Turbulenzen bitte anschnallen sollten. Dann passierte es: Wie von überirdischen Kräften gezogen, schoss das Flugzeug in jäher Beschleunigung in die Höhe und gleichzeitig seitwärts − die Lichter unter ihm schossen wie eine Wand nahezu in die Senkrechte; im nächsten Moment, als der Überschlag und der Absturz drohte, schien das ganze Flugzeug transparent zu werden und wurde in ein grelles Licht getaucht. Für den Bruchteil eines Augenblicks, verbunden mit einem Ruck, als wäre die Maschine gegen eine Betonwand geprallt, war er umgeben von diesen seltsamen glühenden Kästen, von denen er einen gefunden hatte, die mit leuchtend grünen, gelben und blauen Adern miteinander verbunden waren, dann explodierte die Welt in einem unermesslich grellen Lichtblitz. Schweißgebadet wurde er wach; das Herz raste, aber er lebte noch. Es war alles nur ein Alptraum gewesen. Er ging an die Hausbar, goss sich ein Glas ein und kippte den Rotwein in zwei, drei tiefen Zügen hinunter, dann ließ er sich auf sein Bett fallen und schlief endlich richtig ein.

Am nächsten Morgen musste er keine großen Überredungskünste anwenden, um die Redaktion vom geplanten Leitartikel zu überzeugen. Obwohl bereits längst alle Medien nur ein einziges Thema kannten, den Selbstmordanschlag in dem gesprengten Flugzeug, rissen sie ihm das Bild- und Filmmaterial geradezu aus den Händen, denn er war der einzige Journalist, der das Unglück nicht nur mit eigenen Augen gesehen, sondern auch noch dokumentiert hatten. Alle anderen Zeitungen konnten nur stets die gleichen, von den Nachrichtenagenturen zur Verfügung gestellten Bilder von der Unglücksstelle bringen, die längst geräumt war, nebst einem Amateurphoto aus mehreren Kilometern Entfernung, das einen kleinen gelblichen Feuerball zeigte − nichts sonderlich Spektakuläres. Das Absturzvideo wurde sofort online gestellt und der Bericht mit einer Reihe Fotos illustriert, die er vom Balkon aus geschossen hatte. Die Krönung war aber ein kurzer Kommentar, in dem auch ein Foto von dem Wrackteil veröffentlicht wurde, das er noch am Morgen in seinem Zimmer durch Fernauslöser geschossen hatte. Man sieht ihn, wie er diesen seltsamen halbtransparenten Kasten triumphierend in die Kamera hält. In dem Kommentar spricht er die Mutmaßung aus, es könne sich um eine Geheimtechnologie gehandelt haben, die, gut getarnt in einem harmlosen Passagierflug, einfach im Gepäckabteil mitgenommen wurde, aus welchen Gründen und zu welchem Zweck auch immer. Dann war es möglicherweise kein Terroranschlag, sondern ein gezielter politischer Anschlag. Die Frage wäre dann nur: Wer gegen wen?

Man riet ihm in der Redaktion, das Fundstück sofort zur Polizeiwache zu bringen, und zwar im wohlverstandenen Eigeninteresse, denn andernfalls würde er sich strafbar machen, und auch Journalisten stünden nun mal nicht über dem Gesetz. Der Chefredakteur meinte noch, er habe bei der ganzen Sache kein gutes Gefühl, aber nun sei die Story mit den Dokus schon mal im Netz und damit die Pandorabüchse geöffnet. Ein Rückzieher würde nichts ändern; allenfalls würde man Hohn und Spott ernten.

Nachdenklich ging der junge Mann nach Hause; er hatte jetzt einen Namen, denn seine Geschichte zirkulierte jetzt im Netz mit seinem Film und seinen Fotos, und für jede Weiterveröffentlichung durch andere Medien konnte er Tantiemen einstreichen. Bald würde man auch mehr über ihn wissen wollen und sein Konterfei würde genauso durchs Web zirkulieren wie seine Dokumentation.

Nun musste er aber erst diesen mysteriösen, aber auch heißen und belastenden Apparat loswerden. Unten stieg mit ihm noch ein Paar etwa in seinem Alter mit in den Lift ein, das ihm irgendwie bekannt war, er wusste aber nicht woher. Er drückte die 23 für seine Etage. Die Frau tat so, als wollte sie ihre Etagennummer drücken, zog denn aber die Hand wieder zurück.

"Ach, 23", murmelte sie, "da wollen wir ja auch hin."
"Sind Sie neu eingezogen?", fragte er, nur um was zu sagen.
"Nein, nein", antwortete sie schnell. Wir wollen nur einen Bekannten besuchen."

Dann waren sie auch schon angekommen; die Lifttür öffnete sich, er sagte kurz mechanisch tschüss zu den beiden und ging raschen Schritts den Gang runter zu seiner Wohnung. Hinter sich hörte er die leisen Stimmen der beiden; sie hatten auch seinen Gang genommen und nicht den in die andere Richtung; offenbar wollten sie zu dem jüngeren Araber ganz am Ende des Gangs, denn dazwischen wohnten nur noch zwei ältere Damen und eine Spießerfamilie.

Als er seine Tür erreichte und den Schlüssel ins Schloss steckte, waren die beiden fast auf seiner Höhe; er nickte ihnen noch mal kurz zu und ihm war, aber das war wohl nur eine Sinnestäuschung, als hätten sie Handschuhe an, mitten im Sommer.

Gerade als er die Tür aufstieß, schlug etwas viel zu hart, als dass es eine harmlose Lösung hätte finden können, gegen seinen Kopf. Er wollte gerade noch denken, dass es dasselbe Gefühl war wie im Traum, als das Flugzeug gegen eine Betonwand zu krachen schien, aber der Gedanke schien ihm auf dem Weg von einer Gehirnregion zur anderen, wo die Idee in ein Bild und in eine Form gebracht wird, abzureißen, so dass er gar nicht mehr mitbekam, dass ihm von vorn ein Spray ins Gesicht gesprüht wurde, das zu einer spontanen und vollständigen Lähmung der Atmung führte. Als einer der beiden die Tür hinter sich zumachte und sie ihn ins Arbeitsschlafwohnzimmer schleiften, war er bereits tot.

Der Rest wurde schnell, zielgerichtet, ja geradezu mechanisch professionell durchgeführt. Der Mann sah sich kurz die Lesezeichen der Internet-Links an, legte mit der anderen Hand eine CD ins Laufwerk ein, kopierte die ihm wichtig erscheinenden Seiten, anschließend sämtliche eigene Dateien und Bilder, wobei er die 20 zuletzt verwendeten Dokumente kurz öffnete und stichprobenartig die Texte überflog. Ein zwei Tage alter Text war offenbar das, was er suchte; parallel dazu öffnete er die letzten versandten E-Mails. Volltreffer! Der Text aus der "eigenen Datei" war identisch mit dieser E-Mail; offenbar hatte er den Text in der eigenen Datei geschrieben und dann als E-Mail direkt versandt, und zwar an eine Anna, von der er nach zehn Zeilen wusste, dass es sich dabei offenbar um seine Freundin, Angebetete oder Geliebte handelte. Jetzt musste er nur noch einen kurzen Text verfassen.

"Anna, ich mach Schluss, ich kann nicht mehr. Ich wollte es dir eigentlich so lange wie möglich verschweigen in der Hoffnung, ich könnte es besiegen oder es würde sich mit der Zeit von selbst zurückziehen, aber es wird von Mal zu Mal schlimmer. Ich weiß nicht, was genau es ist, entweder ein Hirntumor oder ein Blutgerinnsel im Hirn − auf jeden Fall werden diese Anfälle von Mal zu Mal schlimmer und suchen mich in immer kürzeren Intervallen heim, und ich bin diesen Schmerzattacken völlig hilflos ausgesetzt. Gerade eben vor einer halben Stunde war es wieder so weit. Sie kommen überfallartig, diese Attacken, ohne Vorankündigung wie der Blitz aus heiterem Himmel. Es sind unbeschreiblich furchtbare Kopfschmerzen, die ich nicht mal meinem ärgsten Feind gönnen würde…"

Sie beugte sich über ihn, um mitzulesen.

"Mach doch nicht einen ganzen Roman draus. Wer unter solchen Anfällen leidet, verabschiedet sich nicht pompös und dramatisch, sondern kurz und knapp und schmerzlos, um sich von dem übermenschlichen unmenschlichen Schmerz für immer zu befreien. Mach wir's kurz und dann weg."

"Nun lass mich doch. Wenn ich wüsste, dass danach alles aus ist, würde ich mir die paar Minuten noch nehmen, auch wenn sie wie Ewigkeiten erscheinen, um mich von dem liebsten Menschen zu verabschieden, den ich kannte."

Sie sah ihn entnervt an, und er hämmerte die letzten Worte in die Tasten:

"Vielleicht ist es für uns beide besser so. Ich wäre mit der Zeit unausstehlich geworden, weil keine Liebe der Welt stark genug ist, um den Wahnsinn solcher Schmerzen zu besiegen. Behalt mich einfach so in Erinnerung, wie du mich kanntest. Ich wünsche dir von Herzen, dass du glücklich wirst und den Richtigen findest. Leb wohl. Alex."

Der letzte Tastendruck schickte die Mail an die eingegebene Adresse.

Dann trugen sie ihn auf den Balkon, schaukelten, wie Kids dies mit einem anderen tun, das sie vom Beckenrand ins Wasser schmeißen wollen, dreimal hin und her, bis sie genug Schwung hatten, ließen dann im richtigen Moment los und waren froh, dass er waagerecht wie ein Hochspringer über die Brüstung flog, ohne sie auch nur zu touchieren. Sie verzichteten darauf, ihm die fünf oder sechs Sekunden nachzuschauen, in denen er sich im freien Fall befand, sondern hatten zusammen mit dem ominösen Kasten und der CD den Raum bereits in dem Moment verlassen, als er unten aufschlug.

*

Jetzt aber dieser dämliche Anruf, der nur "offiziell" sein konnte, denn nur vier Personen kannten diese Nummer, und keiner von ihnen war zu Spielereien aufgelegt. Als die Nummer des Anrufers auf dem Display aufleuchtete, wusste ich, dass mein schöner Wanderurlaub in der Fränkischen Schweiz mit dem nächsten Schritt und dem Klick auf die Empfangstaste beendet war.

"Bleiben Sie am besten da wo Sie gerade sind; Sie werden in 20 Minuten abgeholt", sagte die durch Antihackingsoftware geraspelte Stimme des Bundeskanzlers, dann erlosch die Nummer mit dem letzten Ton der Stimme. Zeit für eine letzte Zigarette, denn ich würde die kommenden Stunden keine Gelegenheit mehr bekommen.

Ich hatte absichtlich keinen Taschencomputer mitgenommen, um mich auf dem Laufenden zu halten, denn dies war Urlaub, von dem ich immer viel zu wenig hatte, und das Handy empfing nur normales Internet, was mich nicht interessierte. Dennoch schaltete ich es dreimal am Tag kurz ein, um mich mit den News auf dem Laufenden zu halten. Stell dir vor, ein Bolide stürzt auf uns zu, die Erde muss evakuiert werden, und du wanderst durch die Fränkische Schweiz und merkst gar nicht, dass du der letzte Mensch auf Erden bist. Andernfalls hätte ich bis jetzt nichts von dem Flugzeugabsturz gewusst. Ich glaubte nicht an einen Terroranschlag, nicht nur, weil es auch nach zwei Tagen immer noch kein Bekennerschreiben gab, dafür aber eine Meldung von Al-Qaida auf ner syrischen Website, dass sie mit der Sache nichts zu tun haben. Was hatten die Leute da aus dem Fluss gefischt? Offenbar gab es neben den Wrackteilen des Flugzeugs auch noch Wrackteile, die auf dem Wasser trieben. Leichter als Wasser? Was mochte das nur sein? Vor allem aber: Wer hatte diese Wrackteile abgeschleppt? Warum fuhren die Lkws mit den Wrackteilen ohne Licht? Wer war die Eskorte? Das sah nicht unbedingt nach Regierung aus, jedenfalls nicht offiziell. Und warum war dieser junge Journalist tot? Selbstmord? Ausgerechnet Selbstmord beim einzigen Augenzeugen, der belastbares Material geliefert hatte? Wer glaubt schon an den Weihnachtsmann!

Ich hatte die Kippe noch gar nicht ganz zu Ende geraucht, da bemerkte ich auch schon den heranrauschenden Helikopter. Mal wieder überpünktlich, typisch Regierung; nicht mal den Genuss einer ganzen Kippe gönnen sie einem! War einer dieser superneuen Flüster-Helis mit neuer Antriebstechnologie, die knapp unter Schallgeschwindigkeit fliegen können, daher sah ich das Ding auch schon lange bevor man es hören konnte. Im Nu landete das Ding auf dem Acker neben dem Feldweg, wobei ich bemerkte, dass sich die flexiblen Kufen nahtlos der Bodenunebenheit anpassten. Eine Leiter wurde ausgefahren, und dann stieg ich auch schon ein.

Die beiden Piloten ließen mich im behaglich und funktionell zugleich ausgestatteten Rückraum, der unter anderem über zwei leistungsfähige Computer der neuesten Generation verfügte, allein. Der Flug nach Berlin würde nicht länger als eine halbe Stunde dauern, also hatte ich keine Zeit zu verlieren. Ich rechnete mir aus, dass die Computer nicht nur Internetanschluss besaßen, sondern mir auch admin.net, und wenn ich Glück hatte auch eine Schnittstelle zum Hypernet bereitstellten, auch wenn keiner von denen wusste, was genau das denn nun ist. Aber man war ja auf alles vorbereitet als fliegende Außenstelle der Regierung. Ich stöpselte mein Handy mit dem wie eine Antenne ausfahrenden Kontaktler ein, gab einen Code ein und wurde im Nu mit meinem Arbeits-PC verbunden, der spontan zum Leben erwachte, öffnete ein Spezialprogramm und tippte auf meine Armbanduhr. Damit schaltete ich nicht nur meinen Hirnchip ein, sondern umgab die ganze Anlage auch mit einem unknackbaren Umlauf-Code, der mit meiner DNS synchronisiert war und permanent Sequenzen auslas und das gesamte Programm mit diesen Sequenzen verschlüsselte, was dazu führte, dass nur ich selbst das sehen und erfahren konnte, was ich wollte, während jeder andere, der zufällig zuschaute, ein ganz anderes Programm sah und glaubte, ich würde irgendwelche Aktienkurse studieren oder ein Fußballspiel schauen. Der Computer zeigte mir nun genau das, was mein Heim-PC anzeigte; der Computer, an dem ich saß und arbeitete, war dabei nur der Transmitter, die vorübergehende "Außenstelle" meines eigenen Arbeitscomputers.

Ich atmete auf, als ich auf der eingeblendeten Weltkarte mehrere Punkte gelb aufleuchten sah, insgesamt 15, wobei mich verwirrte, dass zwei davon in Berlin waren, und einen blauen, der sich sehr langsam von Nordbayern ins südöstliche Thüringen bewegte: ich selbst. In Gedanken gab ich einen Rundruf durch. Im Nu färbte sich ein halbes Dutzend der Punkte rot − Beta- und Deltawellen; auch Unsterbliche sind nur Menschen und brauchen jede Nacht ihren Schlaf. Andere gelbe Lichter begannen zu flackern: Der betreffende Unsterbliche hatte seinen Hirnchip zwar eingeschaltet, war aber nicht in Reichweite eines Computers oder hatte sein Handy zwar bei sich, aber ausgeschaltet. Dazu gehörten auch die beiden Punkte in Berlin, was einen unbehaglichen Verdacht in mir aufkeimen ließ, den ich aber nicht weiter verfolgen konnte, denn nun begannen zwei Lichter grün zu flackern: Diese beiden Unsterblichen waren online, aber im normalen Internet; ihre Hirnchips waren ausgeschaltet; es würde reichen, ihre Computer mit einem vereinbarten Signal kurz zu stören, um sie zum Einschalten ihrer Hirnchips zu bewegen, und genau das tat ich. Die Lichter Nummer 8 (Istanbul) und 11 (Mumbai) leuchteten grün: Empfang. Selbstverständlich wussten sie sofort, als sie automatisch ins Hypernet wechselten, dass ich es war. In diesem Fall war das Hypernet nichts anderes als ein virtuelles Nervengeflecht zwischen unseren Hirnen, das Telepathie über die Distanz ermöglichte, indem auf dem Monitor meines Computers nebeneinander, aufgeteilt in zwei gleich große Rahmen, die Gedanken des "Gegenübers" auftauchten und sich "in Szene setzen", die ich aber genauso gut empfangen und "lesen" konnte, wenn ich die Augen schloss, so real und vor allem unzweideutig, als wären es meine eigenen Gedanken − aber eben nur so lange, wie ich das Gerät eingeschaltet ließ: den Computer ebenso wie meinen Hirnchip.

Wir begrüßten uns kurz, dann ging's zur Sache. Ich teilte ihnen kurz mit, dass ich gerade meinen Urlaub beendet hatte und nicht ganz up to date sei, ich bat sie kurz und knapp den aktuellen Stand der Dinge zusammenzufassen, der für unsere Belange wichtig war, und unsere Belange bedeuteten die Belange der Welt. Besonders interessierten mich natürlich die Hintergründe des ominösen Flugzeugabsturzes.

Das war ein tragisches Missgeschick, sagten, nein dachten sie zu mir gewandt unisono, so als hätten sie sich vorher miteinander abgesprochen, ein Unfall, wie er in Milliarden und Abermilliarden von Fällen normalerweise nie passiert wäre, eine Art negativer Jackpot, ungefähr so wahrscheinlich, als würde ein vom Himmel herabstürzender Meteorit von 10 Milliarden Menschen der Welt und noch einmal zehnmal so vielen Pferden, Kühen, Ziegen, Schweinen, Katzen, Hunden und Schafen ausgerechnet den Papst treffen.

Aber da sieht man mal wieder, dass auch die geringste Wahrscheinlichkeit mal Realität wird,
funkte ich ihnen dazwischen, auch wenn ich immer noch nicht die geringste Ahnung hab, um was es wirklich geht.

Es folgt nun eine komprimierte 3D-MS
, sagte der eine, besser du schließt die Augen, dann geht’s dichter und schneller.

Aha, dachte ich, eine so genannte dreidimensionale Simulation des Gesamtzusammenhangs, so weit er sich aus den bisherigen Informationen rekonstruieren lässt. Diese Form der Darstellung hat den Vorteil, dass sie die Information, indem sie "holistisch" komprimiert wird − und dabei sämtliche Gedanken in einer alle Sinne stimulierenden "komplettesten Form der Darstellung" verpackt − in einer ungeahnten Dichte und Kompaktheit ohne die geringste Einbuße an Komplexität und Wahrheitsgehalt direkt von Hirn zu Hirn übertragen kann. Aber da wurde die Umgebung auch schon transparent und auch die Schwerkraft schien zu verschwinden; ohne den letzten Übergang in diesen neuen Zustand bewusst zu bemerken − so wie wir es ja auch nicht bemerken, wenn wir eingeschlafen sind − hatte eine neue Realität Besitz von mir ergriffen.


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Schreibt ihr ein Buch?

09.09.2015 um 14:42
Mal ne kurze Frage zwischendurch: Wenn man mit seinen Manuskript (hoffentlich bald :D) nun auch alle Korrekturleser überzeugt hat, was müsste man denk ich beim nächsten Schritt Verleger beachten?


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Schreibt ihr ein Buch?

09.09.2015 um 16:44
@NothingM
Erstmal solltest du einen Verlag suchen, der sich auf das, was du schreibst (Sachbuch, Roman, Science Fiction, Kinderbuch... weiß ja nicht, in welche Rubrik es passt), spezialisiert hat.

Exposés sollten Folgendes enthalten:
* Kurze Erklärung, um was es sich bei dem Buch handelt, kurze Zusammenfassung der wichtigsten Aspekte des Inhalts (nicht mehr als eine Seite)
* deine "Vita" bzw. Biografie
* kurze Angaben, ob du noch mehr in der Pipeline hast (Verlage wollen ja einen längeren Vertrag schließen und hoffen daher zu Recht auf Nachfolgewerke)
* eine Leseprobe, die bevorzugt das 1. Kapitel enthalten sollte. Gerade bei Romanen achten Verlage besonders auf den allerersten Satz, denn danach entscheiden sich viele Leute, ob sie das Buch kaufen oder nicht)
*eventuelle Referenzen von anderen

Insgesamt sollte das Exposé kurz gehalten sein, kein Geschwafel, kein Selbstlob, keine großen Übertreibungen. Die Leseprobe sollte nicht länger sein als 8 - 10 Seiten.


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Schreibt ihr ein Buch?

09.09.2015 um 16:49
Zitat von RealoRealo schrieb:* kurze Angaben, ob du noch mehr in der Pipeline hast
Also was man noch schreiben will? Demnach müsste ich erwähnen, dass ich drei Nachfolgewerke zu meinen Buch schreiben würde und welche Ideen ich für meine Romane sonst noch hab?


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Realo ehemaliges Mitglied

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Schreibt ihr ein Buch?

09.09.2015 um 21:51
@NothingM
Ja, aber es wäre gut, wenn du ein weiteres Oevre zumindest schon begonnen hast, denn niemand schließt mit dir einen Vertrag, wenn es bei nur einem Buch bleibt, das lohnt sich gar nicht für den Verlag. Ideen allein reichen da nicht; ich hab Ideen für weitere 100 Bücher. ;) Es sollte schon etwas konkreter sein.

Noch besser wäre es natürlich ne eigene Webseite einzurichten, wo du deine "Work in progress" vorstellen kannst (musst das urheberrechtlich aber irgendwie absichern), so dass auch der avisierte Verlag immer schön mitlesen kann, wie weit du gerade bist. Auf die Art kann man sich am besten ein Bild darüber machen, ob du "verlagstauglich" bist oder eher nicht.


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