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Gedichte aus aller Welt

800 Beiträge ▪ Schlüsselwörter: Literatur, Gedichte, Lyrik ▪ Abonnieren: Feed E-Mail

Gedichte aus aller Welt

10.11.2012 um 21:11
Wie jetzt noch ein Gedicht schreiben,
warum nicht endgültig schweigen
und uns viel nützlicheren Dingen widmen?
Warum die Zweifel vergrößern,
alte Konflikte, unverhoffte Zärtlichkeiten
neu durchleben;
dieses Quentchen Lärm
einer Welt hinzufügen
die mehr ist, die es doch nur zunichte macht?
Wird irgendwas klarer durch solch ein Knäuel?
Niemand braucht es,
Relikt vergangener Herrlichkeiten,
wem hilft es, welche Wunden heilt es?

Juan Gustavo Cobo-Borda
(geb. 1948 in Bogotá)

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Gedichte aus aller Welt

11.11.2012 um 08:35
Feuerfarb


Ich weiß eine Farbe, der bin ich so hold,
die achte ich höher als Silber und Gold;
die trag' ich so gerne um Stirn und Gewand,
und habe sie Farbe der Wahrheit genannt.

Wohl reizet die Rose mit sanfter Gewalt;
doch bald ist verblichen die süße Gestalt:
drum ward sie zur Blume der Liebe geweiht;
bald schwindet ihr Zauber vom Hauche der Zeit.

Die Bläue das Himmels strahlt herrlich und mild;
drum gab man der Treue dies freundliche Bild.
Doch trübet manch Wölkchen den äther so rein;
so schleichen beim Treuen oft Sorgen sich ein.

Die Farbe des Schnees, so strahlend und licht,
heißt Farbe der Unschuld; doch dauert sie nicht.
Bald ist es verdunkelt, das blendende Kleid,
so trüben auch Unschuld Verläumdung und Neid.

Und Frühlings, von schmeichelnden Lüften entbrannt,
trägt Wäldchen und Wiese der Hoffnung Gewand.
Bald welken die Blätter und sinken hinab:
so sinkt oft der Hoffnungen liebste in's Grab.

Nur Wahrheit bleibt ewig, und wandelt sich nicht:
sie flammt wie der Sonne allleuchtendes Licht.
Ihr hab' ich mich ewig zu eigen geweiht.
Wohl dem, der ihr blitzendes Auge nicht scheut!

Warum ich, so fragt ihr, der Farbe so hold,
den heiligen Namen der Wahrheit gezollt? -
Weil flammender Schimmer von ihr sich ergießt,
und ruhige Dauer sie schützend umschließt.

Ihr schadet der nässende Regenguß nicht,
noch bleicht sie der Sonne verzehrendes Licht:
drum trag' ich so gern sie um Stirn und Gewand,
Und habe sie Farbe der Wahrheit genannt.

- Sophie Mereau -
(1770-1806)


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Gedichte aus aller Welt

11.11.2012 um 11:34

AM FENSTER

Einmal wissen dies bleibt für immer
Ist nicht Rausch der schon die Nacht verklagt!
Ist nicht Farbenschmelz noch Kerzenschimmer
Von dem Grau des Morgens längst verjagt!

Einmal fassen tief im Blute fühlen
Dies ist mein und es ist nur durch dich!
Nicht die Stirne mehr am Fenster kühlen
Dran ein Nebel schwer vorüber strich!

Einmal fassen tief im Blute fühlen
Dies ist mein und es ist nur durch dich!
Klagt ein Vogel, ach auch mein Gefieder
Näßt der Regen flieg ich durch die Welt!

Hildegard Maria Rauchfuß




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Gedichte aus aller Welt

11.11.2012 um 17:41

Grafito

Ho allontanato quelle troppe cose
che proiettano un'ombra e fanno siepe,
Da me ho staccato a grappoli la vita
mia ma cresciuta su di me col tempo.
Mi sono vista come in controluce
si vedono le dita della mano.
E in quel grafito simplice, e in quell'albero
che non ha travuto fronde o le ha perdute,
tu c'eri ancora.

... Überstzung ...

Graphik

Ich hab' die viel zu vielen Dinge entfernt,
die Schatten werfen und Hindernis sind.
Ich hab' mein Leben wie Trauben von mir gelöst,
doch über mir mit der Zeit gewachsen.
Ich hab' mich gesehn wie man im Gegenlicht
die Finger einer Hand sieht.
Und auf diesem einfachen Bild, in diesem Baum,
der kein Laub getragen oder verloren,
warst Du noch immer.

Maria Luisa Belleli




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Gedichte aus aller Welt

12.11.2012 um 16:58

Merkst du nicht

Ich warte so sehnsüchtig,
auf Deine Nachricht jeden Tag,
und Du meldest Dich so selten,
merkst Du nicht, daß ich Dich mag?

Ich will Dir schreiben, jede Stunde,
doch mich mit Müh dagegen wehre,
an Dich denkend warte ich weiter,
merkst Du nicht, daß ich Dich verehre?

Ich will Dich sehen, ich will Dich hören,
doch es gibt manch Hindernisse,
hast Du Ahnung wie ich mich fühle?
merkst Du nicht, daß ich Dich vermisse?

Ich will Dich tasten, Dich berühren,
doch in Deiner Nähe, bin ich so still,
schau doch mir in die Augen,
merkst Du nicht, dass ich Dich will?

Ich will Dir längst, etwas gestehen,
was ich immer wieder verschiebe,
mein Herz schlägt nur noch für Dich,
merkst Du nicht, daß ich Dich liebe?

Der Baufritze




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Gedichte aus aller Welt

12.11.2012 um 17:03
Mir ist es gleich




Ich weiß, dass deine Liebe
Verkäuflich ist;
Ich weiß, dass dir der Reichste
Der Liebste ist;
Ich weiß, dass diese schäumenden Ekstasen
Erheuchelt sind,
Dass sie nur künstlich deinen Leib durchrasen,
Mein bleiches Kind;
Ich weiß, dass dieses traumverlorne Flüstern,
Dass dieser liebesirre, heiße Blick
Ein wohlgeübtes und ein oft erprobtes
Komödienstück;
Und dennoch fühl' ich mich an deinem Busen
Beglückt und reich;
Ob Wahrheit oder Lüge diese Liebe,
Mir ist es gleich!



Felix Dörmann


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Gedichte aus aller Welt

12.11.2012 um 17:04

Eines Tages werde ich dir ein Gedicht schreiben

Eines Tages werde ich dir ein Gedicht schreiben,
das weder die Luft erwähnt noch die Nacht,
ein Gedicht, das die Namen der Blumen auslässt,
in dem es keinen Jasmin und keine Magnolien gibt.

Eines Tages werde ich dir ein Gedicht schreiben ohne Vögel
und Quellen, ein Gedicht, das das Meer umgeht
und das nicht in die Sterne schaut.

Eines Tages werde ich dir ein Gedicht schreiben,
das sich darauf beschränkt, mit den Fingern über deine Haut zu fahren,
und das deinen Blick in Worte verwandelt.
Ohne Vergleiche, ohne Metaphern, eines Tages werde ich dir
ein Gedicht schreiben, das nach dir riecht,
ein Gedicht mit dem Rhythmus deines Pulses,
mit der Kraft, dem Druck deiner Umarmung.
Eines Tages werde ich dir ein Gedicht schreiben,

den Gesang meines Glücks.

Darío Jaramillo Agudelo




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Gedichte aus aller Welt

13.11.2012 um 07:59
Konzert
Die Musik ausgehaucht
die letzten Noten
bäumen sich auf
und fallen
erschöpft zu Boden.
Der Hauch des davoneilenden
Publikums wirbelt sie
durcheinander
und die Musik wird atonal.
Der Beifall will sich
im Raum verstecken
und sucht nach Konservierung.
Seelentropfen hängen
in den Sitzen.
Die Instrumente verpackt
der Applaus gelebt
die Musiker gegangen.
Was bleibt?
Was bleibt ist Harmonie
der Gleichklang
unsere Herzen.

Klaus Gordziel


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Gedichte aus aller Welt

13.11.2012 um 16:15
Der Schmerz ist ein an deinen Namen angekrallter Adler

Wessen ist mein Schmerz, wenn ich ihn verjage
und er doch mir gehört? Ich trage
auf meiner Schulter den Adler, und sein Auge
macht an meinem Namen das Sein fest. Aber ich bin
auch der Andere, der vor seiner Kralle flieht, und trage
den Adler auf meiner Schulter. Freiheit
ist Qual.
In mein Fleisch geschlagen,
weckt mich seine Kralle auf,
um mir bewusst zu machen, dass ich lebe.
Aber sein Schrei ist tödlich.

Pablo Antonio Cuadra (Nicaragua)


El dolor es un águila sobre tu nombre
¿De quién es mi dolor, si lo rechazo
y me pertenece?. Cargo
a mi espalda el águila y su ojo
fija a mi nombre el ser. Mas soy
el otro que huye de su garra y llevo
a mi espalda el águila. Libertad
es tormento.
Aferrada a mis carnes
u garra me despierta
para asegurarme que vivo.
Pero su grito es mortal.


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Gedichte aus aller Welt

13.11.2012 um 17:14

Der Millionär

"Hier möcht ich wohnen!" rief ein Millionär
Und brachte seine Familie her.
Ein freies Aussichtplätzchen sucht er aus
Und baute sich ein pompejanisch Haus.

Die Eingebornen wussten wohl zu schätzen
Den werten Gast; denn jeder wollt ihn pfetzen.
Der Architekt vor allem, laut Vertrag,
Stahl ihm zweihunderttausend Mark mit einem Schlag.
Dann, um den Handel etwas auszugleichen,
Liess er ihm eine Zuschlagsrechnung überreichen,
Die forderte nachträglich ungezwungen
Zweiundeinhalbmal mehr als ausbedungen.
Der Gärtner, bei der passenden Gelegenheit,
Fand sich zu jedem Dienste gern bereit,
"Verfaulter Flor? verdorrte Bäumchen? Was Sie nur befehlen,
Gnädiger Herr, Sie brauchen bloss zu wählen."
Vom Milcher bis zum Metzger schnitt
Ein jeder seinen saftigen Profit.
Die Nachbarn links und rechts indessen
Versüssten ihm das Dasein mit Prozessen.
Und als er endlich, alles wohl erwogen,
Fluchend mit Weib und Kind davon gezogen,
Nackter
als Adam vor dem Fall: "Ein schwieriger Charakter!"
Munkten die Frommen:
"Nicht auszukommen!"

Carl Spitteler




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Gedichte aus aller Welt

14.11.2012 um 19:35

Naturglück

Wir haben das Laub der Wälder gekehrt,
In früheren seligen Zeiten;
Keine Seele hat sich gegen Naturglück gewehrt,
Ließ sich gerne zum Leben verleiten.

Und jeden Boden auf der Welt,
Haben wir wonniglich genossen,
Natürlich gierten wir damals schon nach vielem Geld,
Doch wie sehr vor Glück wir zerflossen.

Im rhythmischen Schwanke tanzten wir
Und sangen so manche Lieder;
Wir gelobten der Natur, der Berge, der Seen
Und lachten immer wieder.

Hell war unser Lachen, so freudig, so froh,
Doch nun liegen wir in Trauer;
Wir leben nun im Wohlstande, allerdings
In unseren Mägen grummelt es sauer.

Die Eichenwälder faulen dahin,
Und auch die Tannen leider;
Die Buche welkt, ihr Blattgrün grau,
Denn wir fröhnen der Säure, der Neider.

Der unermeßlichen Prasser im Land,
Niemand möchte zurückstehen;
So manchen Stolz haben wir verletzt,
Doch grüne Tannen wollen wir auch sehen.

Ihre Nadeln fallen auf ein Grab,
Auf den sauer durchtränkten Boden;
Jetzt weiß ich es, was ich davon hab´,
Daß seit tausend Jahren ich die Wälder ließ rhoden.

Und dort mein erstes Haus erbaut,
Und Ställe und Gärten, was sonst noch;
Ich zeigte mein Werk meiner damaligen Braut,
Doch jetzt stehen wir auf dem Ozonloch.


II.

Heute sagt mein Weib: "Nun laß uns zum Rheine gehen,
Spazieren auf der Rheinpromenade;
Wir wollen im Wasser schließlich Fische sehen,
Und eintauchen im Rhein meine Wade."

Es wird sich im Wasser kein Fisch mehr freuen,
Kein lustiges Springen im Wasser;
Enttäuscht steigen wir ein und schließen die Tür
Und zünden den Autoanlasser.

Millionenfach am Tage erneut
Springt an der Wagenmotor sobald
Der Zündschlüssel umgedreht im Schloß,
Meiner wirklichen Leibsgestalt.

Wie herrlich der Duft des Blechgestell,
Wie herrlich auch sein Aroma;
Ich liebe die Farbe, die Sitze, das Rad,
Halb bewußt und halb schon im Koma.

Ich bin so kritisch, so rasend schnell,
Auf hundert in sechs Sekunden.
Dies läßt mich vergessen meine Unglückstat
Und auch meine sauren Wunden.

Meine Lunge, sie hechelt kurzatmig bereits,
Mein Blick ist trübe, so dunkel;
Mit vierzig ergraut und Falten auf der Stirn
Und im Bauche schon einen Furunkel.

Doch merkt man mir nicht mein Alter an,
Man denkt, ich sei in Jugendjahren;
Das Puder auf der Nase, denn endlich und dann
Möchte ich glücklich in den Himmel einfahren.

Dort oben in unseren Träumen fürwahr
Ist die Welt und Natur noch gesünder;
So wie damals das Leben gewesen war,
Als auszog der Schwätzer, der Künder.


III.

So spricht mein Weib: "Wir blicken fern,
Und schauen Natur im Fernsehen";
Schon läuft der Film, wie einfach es ist,
Ganz einfach den Knopf auf "On" drehen.

Eine ganze Stunde Naturglück bestaunt,
Und auch die Tierwelt im Bilde;
Wir sind beglückt von diesem Film
Und hoffen auf Gottesmilde.

Dann wird es Zeit, das Bier ist kalt,
Im Kühlschrank oben gelegen;
Ich stoße an mit meinem Weib
Und lächle dabei ganz verlegen.

Doch packt mich Natur, ich zerre an ihr
Und reiß ihr die Kleider vom Leibe;
Dies ist Natur, so herrlich frisch,
Sie taugt zu meinem Weibe.

Doch fühle ich auch ihre Falte am Bauch,
Die im Jahr wuchs unermeßlich;
Ich schließe die Augen und ertaste nun,
Auch ihr Knie ist schon recht gebrechlich.

Ihre Wade, die nicht im Wasser stand
Und keine Kühlung erhalten;
Ich lenke mich ab, gelangweilt und
Jetzt läßt sich das Fernsehen einschalten.

Einen Liebesfilm beschauen wir
Im ersten oder zweiten Programme;
Er liebt sie wie ein reißendes Tier,
Doch mein Weib sitzt da wie eine Amme.

Und auch die Natur schon wieder im Bild,
Sie lieben sich auch im Walde,
Im Film und darum ich mir einbild,
Daß ich so lebe, auf keiner ozonen Halde.


IV.

Am Montag endlich geht der Trubel los,
Das geschäftige Hin- und Herrennen;
Ich stelle den Wecker und achte drauf,
Daß meine Verlangen nicht mehr tränen und flennen.

Im Amte dann wartet mein Chef auf mich
Und ich auf den Chefadjudanten:
In meinem Beruf kenne ich keinen Spaß,
Nicht Mutter und keinen Verwandten.

Denn ich selber möchte der Chef bald sein,
Dann das Naturglück erst recht genießen;
Am Wochenende mit meinem Weibe dann
Zuschauen, ob Blüten noch sprießen.

Und endlich schreit mein Magen laut,
Nach Nahrung aus der Kantine;
Sie schmeckt verkocht, ganz fade, doch
Der Schnaps in der Bürovitrine.

Verscheucht das Magenbrennen rasch,
Schon steigt er hoch zu Kopfe;
Es quillt in mir Naturglück auf
Als ich an der Tür der Serkretärin klopfe.

"Meine Dame, sie wollten mir Akten bringen!"
Sage ich und schaue auf ihre Waden;
Ich spüre es, wie Wallungen schwingen
Und in mir aufsteigen triebliche Schwaden.

Sie reicht mir die Akten und lächelt leis:
Dir Bock werd ich es noch zeigen!
Ich ahne, daß sie meine Gedanken weiß,
Dir Weib werd ich Naturglück geigen.

Vom zwölften Stocke auf die Straße geblickt,
Das Chaos auf der Straße genossen;
Und endlich nun "Fünfe"", sie doch nicht geknickt
Und schon wieder ein Tag verflossen.


V.

So sehnt man sich dann nach Sofa und Couch
Und vielleicht nach dem eigenen Kinde;
Ich öffne die Tür, es duftet schon,
Schon öffne ich die Kragenbinde.

In der Küche ziehen die Schwaden schwer,
Ich freue mich auf das Essen;
Mit ihr im Speisezimmer galant,
Auf soetwas bin ich versessen.

Ich liebe sie, ihre Kochkünste, bloß
Zuwenig war es schon wieder;
Zuwenig Fleisch und gar kein Kloß,
Ich lebe schon lange so bieder.

Doch groß ist die Freude auf das Eis danach,
Auch Kaffee dabei darf nicht fehlen;
So leben wir heute, fast alle im Trott,
Wer könnte es denn noch verhehlen.

Vorbei die Träume der Jugend, zu End´,
Und auch deren Abenteuer;
Wir leben im Glück, welches jeder kennt,
So lebt es sich ungeheuer.

Unser Wohlstand ist verdienter Lohn,
Habe lange drauf warten müssen;
Naturglück hin, Naturglück her,
Auch längst verlernt das Küssen.

Was habe ich sie früher oftmals geküßt,
Schon tausend mal vor dem Wecken,
In meinen Träumen, ich will, auch ihr müßt
Euch im Rhythmus des Naturglücks recken.

Doch bin ich selber leider verdreht,
Nur selten keimen Begierden;
Naturglücks Freuden schon lange verweht,
Es wuchsen mir Unkraut und Hürden.


VI.

Mit sechzig endlich träumen wir dann
Vom siebzehnten Lebensjahre;
Der Kopf übt dann, was er noch kann,
Auch fallen aus die Haare.

Der Kopf wird kahl, die Zähne auch,
Der Bauch legt sich in Falten,
Das beste Stück war doch der Bauch,
Dieser hatte den Kopf zu verwalten.

So träumt sich´s leicht von alter Zeit,
Die Todesfurcht im Nacken;
Auch Hoffnung graut und weit und breit,
Nichts neues anzupacken.

Wir hinken an den Schaufenstern vorbei,
Die Särge schon wieder in Mode;
Die Preise steigen und endlich entzwei
Unsere Moral, sie ist so marode.

Auch fehlt es an Platz am Friedhof nicht,
Ich kann euch so manchen sagen;
Meine Glieder überfallen schon lange von Gicht,
Doch schneeweiß immer noch mein Hemdkragen.

Auf solchen Umstand legte ich wert,
Auf solch begehrliche Moden;
Noch heute achte ich, was Mode uns lehrt,
Daß kultische Wallungen loden.

Doch nutzt auch dieses Achten, nein,
Ich verspür das Grau meiner Haare,
In meinem Herzen und meinem Bein,
So geht´s in die letzten Jahre.

Das Augenlicht erlöscht und jetzt
Liege ich schon auf dem Bette
Des Todes, wie er das Messer wetzt,
Verloren des Naturglücks Wette.


VII.

Ach hätte ich bloß auf mich selber gehört,
Auf meine eigenen Gedanken
Der Jugend, doch nun erst recht gestört,
Meine Welt war schon lange am Wanken.

Zu rasch wollte ich dem Tod aufspüren,
Zu rasch meine Glieder ausstrecken;
Ich lasse mich von ihm zu leicht verführen,
Niemand wird mich dann auferwecken.

Die letzten Gedanken gelangen ins Hirn,
Ein letzter Lebenswille;
Eine Schweißperle steht noch auf der Stirn,
Doch seh ich nicht mal mehr die Brille.

Ein Zucken durchjagd meine Arme, mein Bein,
Es war wie elektrisch geschlagen;
Nun bin ich endlich mit mir allein,
Nie werde ich Jugend noch wagen.

Ich liege darnieder auf meinem Bett,
Es beginnt auch schon das Verwesen;
Ich müßte, ich wollte, ach hätt´,
Wäre ich früher schon derweis genesen.

Befreit von aller Mühsal der Natur,
Befreit von meinem Weibe;
Gottlob bleibt nicht meine jämmerliche Statur,
Befreit von meinem Leibe.

Zum Höchsten aufgestiegen, Hurra!
Dafür hab ich immer gebetet;
Und Gott spricht: "Nun bist du auch schon da,
Wenngleich ein wenig verspätet."

"Verzeih, lieber Gott, es tut mir so leid,
Doch konnt ich nicht schneller machen;
Zieh über mir mein neues Kleid,
So werde ich Leben entfachen."


VIII.

Und wieder auf die Erde geblickt,
Von Wunder keine Spur mehr;
Ertränkt im Teere, die Blumen geknickt,
Nun gib eine neue Natur her.

Ich flehe und bitte und bettele ihn an,
Er wird es wohl schon noch schaffen;
Ich glaube, daß er es noch kann,
Die Schuldigen hinwegzuraffen.

Doch auch die Bibelwunder, oh weh,
Sind längst nicht jener alter Zeiten;
Nur Wunderloses, dort wo ich nun steh´,
Zu Neuem läßt er sich nicht verleiten.

So müssen die Menschen ihr Naturglück wohl
Ganz selbständig schon noch erschaffen;
Doch ist der Borkenstamm längst hohl,
Auch Linden kann niemand begaffen.

So werden wir wohl beten lang
Zum Satan oder zum Gotte;
Und Weisen singen, die jener sang,
Als er Wunder schuf, mancher Höhle und Grotte.

Ein Rauschen der Bäche, Wasser und Quellen,
Die Fische so lustig im Wasser;
Und Tiere und Hunde vor Glück laut bellen,
Doch fröhnt´ ich dem Autoanlasser.

Vielleicht, wenn ich ein weiteres mal die Möglichkeit hätte,
Zu leben auf dieser Erde;
Ich würde pflanzen Naturglücksstätte
Und weiden mit einer Schafsherde.

Doch in hundert Jahren wird kein Baum mehr sein
Und auch kein Fisch im Wasser;
Es erschlug den Abel sein Bruder Kain,
Auch er hatte keinen Aufpasser.

Georg Babioch




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Gedichte aus aller Welt

14.11.2012 um 20:12
Der Eroberer Wurm

O schaut, es ist festliche Nacht
Inmitten einsam letzter Tage!
Ein Engelchor, schluchzend, in Flügelpracht
Und Schleierflor sieht zage
Im Schauspielhaus ein Schauspiel an
Von Hoffnung, Angst und Plage,
Derweil das Orchester dann und wann
Musik haucht: Sphärenklage.

Schauspieler, Gottes Ebenbilder,
Murmeln und brummeln dumpf
Und hasten planlos, immer wilder,
Sind Puppen nur und folgen stumpf
Gewaltigen düsteren Dingen,
Die umziehn ohne Form und Rumpf
Und dunkles Weh aus Kondorschwingen
Schlagen voll Triumph.

Dies närrische Drama! – O fürwahr,
Nie wird's vergessen werden,
Nie sein Phantom, verfolgt für immerdar
Von wilder Rotte rasenden Gebärden,
Verfolgt umsonst – zum alten Fleck
Kehrt stets der Kreislauf neu zurück –
Und nie die Tollheit, die Sünde, der Schreck
Und das Grausen: die Seele vom Stück.

Doch sieh, in die mimende Runde
Drängt schleichend ein blutrot Ding
Hervor aus ödem Hintergrunde
Der Bühne – ein blutrot Ding.
Es windet sich! – windet sich in die Bahn
Der Mimen, die Angst schon tötet;
Die Engel schluchzen, da Wurmes Zahn
In Menschenblut sich rötet.

Aus – aus sind die Lichter – alle aus!
Vor jede zuckende Gestalt
Der Vorhang fällt mit Wetterbraus:
Ein Leichentuch finster und kalt.
Die Engel schlagen die Schleier zurück,
Sind erbleicht und entschweben in Sturm,
»Mensch« nennen sich sie das tragische Stück,
Seinen Helden »Eroberer Wurm«.

Edgar Allan Poe


The Conqueror Worm

Lo! ’t is a gala night
Within the lonesome latter years!
An angel throng, bewinged, bedight
In veils, and drowned in tears,
Sit in a theatre, to see
A play of hopes and fears,
While the orchestra breathes fitfully
The music of the spheres.

Mimes, in the form of God on high,
Mutter and mumble low,
And hither and thither fly—
Mere puppets they, who come and go
At bidding of vast formless things
That shift the scenery to and fro,
Flapping from out their Condor wings
Invisible Wo!

That motley drama—oh, be sure
It shall not be forgot!
With its Phantom chased for evermore
By a crowd that seize it not,
Through a circle that ever returneth in
To the self-same spot,
And much of Madness, and more of Sin,
And Horror the soul of the plot.

But see, amid the mimic rout,
A crawling shape intrude!
A blood-red thing that writhes from out
The scenic solitude!
It writhes!—it writhes!—with mortal pangs
The mimes become its food,
And seraphs sob at vermin fangs
In human gore imbued.

Out—out are the lights—out all!
And, over each quivering form,
The curtain, a funeral pall,
Comes down with the rush of a storm,
While the angels, all pallid and wan,
Uprising, unveiling, affirm
That the play is the tragedy, “Man,”
And its hero, the Conqueror Worm.


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14.11.2012 um 21:51
Blühende Landschaften

Auf dem blauen Industriegebäudedach,
sitzt ein Rabe und macht krach.
Einst waren viele Menschen dort,
doch Konjunktur nahm sie mit fort.
Blühende Landschaften nehmen jetzt überhand,
seit der Investor mit der Kohle verschwand.

Jörg Schwedler




Sehnsucht

Was zieht mir das Herz so?
Was zieht mich hinaus?
Und windet und schraubt mich
Aus Zimmer und Haus?
Wie dort sich die Wolken
Um Felsen verziehn!
Da möcht' ich hinüber,
Da möcht' ich wohl hin!

Nun wiegt sich der Raben
Geselliger Flug;
Ich mische mich drunter
Und folge dem Zug.
Und Berg und Gemäuer
Umfittigen wir;
Sie weilet da drunten,
Ich spähe nach ihr.

Da kommt sie und wandelt;
Ich eile so bald,
Ein singender Vogel,
Zum buschichten Wald.
Sie weilet und horchet
Und lächelt mit sich:
"Er singet so lieblich
Und singt es an mich."

Die scheidende Sonne
Verguldet die Höhn;
Die sinnende Schöne,
Sie läßt es geschehn,
Sie wandelt am Bache
Die Wiesen entlang,
Und finster und finstrer
Umschlingt sich der Gang.

Auf einmal erschein' ich,
Ein blinkender Stern.
"Was glänzet da droben,
So nah und so fern?"
Und hast du mit Staunen
Das Leuchten erblickt:
Ich lieg' dir zu Füßen,
Da bin ich beglückt!

Johann Wolfgang Goethe


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15.11.2012 um 17:56

Bauernaufstand

Die Glocken stürmten vom Bernwards-Turm ,
der Regen durchrauschte die Straßen,
und durch die Glocken und durch den Sturm
gellte des Urhorns Blasen.

Das Büffelhorn, das lange geruht,
Veit Stoßperg nahm's aus der Lade,
das alte Horn, es brüllte nach Blut
und wimmerte: "Gott genade!"

Ja, gnade dir Gott, du Ritterschaft!
Der Bauer stund auf im Lande,
und tausendjährige Bauernkraft
macht Schild und Schärpe zu Schande!

Die Klingsburg hoch am Berge lag,
sie zogen hinauf in Waffen,
auframmte der Schmied mit einem Schlag
das Tor, das er fronend geschaffen.

Dem Ritter fuhr ein Schlag ins Gesicht
und ein Spaten zwischen die Rippen -
er brachte das Schwert aus der Scheide nicht,
und nicht den Fluch von den Lippen.

Aufrauschte die Flamme mit aller Kraft,
brach Balken, Bogen und Bande -
ja, gnade dir Gott, du Ritterschaft:
Der Bauer stund auf im Lande!


Börries von Münchhausen




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15.11.2012 um 18:00

Die Schnitterin

War einst ein Knecht, einer Witwe Sohn,
Der hatte sich schwer vergangen.
Da sprach sein Herr: "Du bekommst deinen Lohn,
Morgen musst du hangen."

Als das seiner Mutter kundgetan,
Auf die Erde fiel sie mit Schreien:
"O, lieber Herr Graf, und hört mich an,
Er ist der letzte von dreien.

Den ersten schluckte die schwarze See,
Seinen Vater schon musste sie haben,
Den andern haben in Schonens Schnee
Eure schwedischen Feinde begraben.

Und lasst Ihr mir den letzten nicht,
Und hat er sich vergangen,
Lasst meines Alters Trost und Licht
Nicht schmählich am Galgen hangen!"

Die Sonne hell im Mittag stand,
Der Graf saß hoch zu Pferde,
Das jammernde Weib hielt sein Gewand
Und schrie vor ihm auf der Erde.

Da rief er: "Gut, eh die Sonne geht,
Kannst du drei Äcker mir schneiden,
Drei Äcker Gerste, dein Sohn besteht,
Den Tod soll er nicht leiden."

So trieb er Spott, gar hart gelaunt,
Und ist seines Weges geritten.
Am Abend aber, der Strenge staunt,
Drei Äcker waren geschnitten.

Was stolz im Halm stand über Tag,
Sank hin, er musst es schon glauben.
Und dort, was war's, was am Feldrand lag?
Sein Schimmel stieg mit Schnauben.

Drei Äcker Gerste ums Abendrot
Lagen in breiten Schwaden,
Daneben die Mutter, und die war tot.
So kam der Knecht zu Gnaden.


Gustav Falke




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15.11.2012 um 18:23
...and Mordor was a dark, cold land.
Unheard lament, forgotten damned.
The last glow of a dying dream,
in my soul this land is seen.

My stars they gleam in gloomy dark,
my yearning sinks like my lost bark.
I banish myself to oblivion,
and there I prevail my inner throne.

But long ago, before I was born,
I'd seen this universe in morn.
For into solitude I go,
hope waits, and this is all I know.

To be continued in dreams...
When desire begins...

"Mordor" von Martin Quarz, aus dem genialen und düster-schönen "Durch ein Dunkles Wort", einer Sammlung von Prosatexten und Gedichten, die Meister Quarz selbst verfasste.


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15.11.2012 um 18:35

Das Ringgedicht


Three Rings for the Elven-kings under the sky,
Seven for the Dwarf-lords in their halls of stone,
Nine for Mortal Men doomed to die,
One for the Dark Lord on his dark throne
In the Land of Mordor where the Shadows lie
One Ring to rule them all, One Ring to find them,
One Ring to bring them all and in the darkness bind them
In the Land of Mordor where the shadows lie.


Drei Ringe den Elbenkönigen hoch im Licht,
Sieben den Zwergenherrschern in ihrer Halle aus Stein,
Den Sterblichen, ewig dem Tode verfallen, neun,
Einer dem dunklen Herrn auf dunklem Thron
Im Lande Mordor wo die Schatten drohn.
Einen Ring, sie zu knechten, sie alle zu finden,
Ins Dunkel zu treiben und ewig zu binden
Im Lande Mordor wo die Schatten drohn.


J. R. R. Tolkien "Der Herr der Ringe"




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Gedichte aus aller Welt

15.11.2012 um 18:40
An Adolph Selmnitz

Was paßt, das muß sich ründen,
Was sich versteht, sich finden,
Was gut ist, sich verbinden,
Was liebt, zusammensein.
Was hindert, muß entweichen,
Was krumm ist, muß sich gleichen,
Was fern ist, sich erreichen,
Was keimt, das muß gedeihn.

Gib traulich mir die Hände,
Sei Bruder mir und wende
Den Blick vor Deinem Ende
Nicht wieder weg von mir.
Ein Tempel – wo wir knieen –
Ein Ort – wohin wir ziehen
Ein Glück – für das wir glühen
Ein Himmel – mir und dir.

-Novalis


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Gedichte aus aller Welt

15.11.2012 um 21:01
Als Er wieder mit Ihr außgesöhnet war

Der Nebel ist vorbey. Die Sonne scheinet wieder.
Mein Lieb / das zornig war / das lacht mich freundlich an.
So / daß ich von sonst nichts als Freude sagen kan.
Ich fühle noch den Todt durch alle meine Glieder.
Die Wangen wurden blaß / die Augen suncken nieder.
Das Hertze ward mir Bley. Nun denck' ich zwar daran /
doch bin ich zwiefach froh / daß dieses ist gethan:
von altem Trauren matt / von neuen Freuden müder.
Der Zucker meiner Noth / das Labsal meiner Pein /
und was dem Krancken sonst pflegt recht gesund zu seyn /
das alles ist mir / Schatz / dein güldnes Angesichte.
O Sonne meiner Lust / schein' ewig so / wie itzt.
Du bist die süße Glut / die meinen Geist erhitzt.
Von dir / Glantz / nähm' ich Schein; Von dir / Liecht / werd' ich liechte.

-Fleming-


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Gedichte aus aller Welt

16.11.2012 um 17:55

Die Reise

Das Telefon klingelt, ich geh ran
Eigentlich nocht so oft, nur ab und an
Telefone sind nicht mein Ding
Für gewöhnlich stören sie, das ist der Sinn

Doch dieses Klingeln ist penetrant
Wie gesagt, ich nehm ab und sag galant
„Ja hallo, wer ist denn da?“
Denke noch, na wunderbar

Einer der Familie ist’s, dass waere fein
Dafür hat man’s ja, ja, so sollte es wohl sein
Doch die Stimme, die mein Ohr nun hört
Gehört in die Abteilung: Im Urlaub jäh gestört

Dann, wie aus einer anderen Welt
Die Stimme im Gerät spricht von Job und noch mehr Geld
Sie verspricht mir viel und das gibt mir Mut
Sagt, alles geht seinen Gang und alles wird gut

Es wird verhandelt am Telefon
Und wie zur indirekten Ablehnung und Hohn
Erhöhe ich mein Tagesgeld, den Lohn
Versuche ein Limit zu finden
Damit er nicht kann, ich meine, mich zeitlich binden

Und wie ich in den Spiegel im Raume schau
Sehe ich im selben meine liebe Frau
Der Urlaub gehörte ihr
Doch nun stehe ich schon wieder hier

Und wie gesagt, des Trotzes Hohn
Der Anrufer akzeptiert den überhöhten Lohn
Die Stimmung im Raum sich nun dem Frostpunkt neigt
Der Level auf dem Konto steigt

Vom Urlaub keine Spur
An die Zukunft denke ich nur
Meine Liebe ihren Kopf schon schüttelt
Dabei stumm meinen Arm kräftig rüttelt

Abwenden kann sie’s nicht
Und in meiner Herzgegend es plötzlich sticht
Es war eine andere Zeit, ein anderer Ort
Wie dem auch sei, ich steh zu meinem Wort

Das ist die eine Art, zu der ich steh
Der Partnerschaft tut dies oft weh
Doch Vertrauen brechen, nee
Der Anrufer wusste dies
Zu seinem Wort stehen, ich fühl mich gemein und mies

Meine Liebe verlässt den Raum
Ich sehe in Gedanken schon vorab meinen nächsten Traum
Meine Hände, rot geschunden
Am häuslichen Herd fest gebunden

Auf dass ich mich nicht rühren kann
So gefesselt, tagelang
Ich lege die Gedanken ab
Bin zu schwach, um nein zu sagen, schlapp

Ich sage zu, worauf man sich verlassen kann
Der Anrufer klingt erleichtert und schickt per Mail die Daten dann
Zur allgemeinen Enttäuschung, ich setze noch einen drauf
Der Urlaub ist ab sofort beendet, ich leg den Hoehrer auf

Weiss sehr wohl, was als nächstes kommt
Es lässt auch gar nicht lange auf sich warten, es kommt prompt
Kaum den Hörer schwungvoll aufgelegt
Meine Frau sich genauso schwungvoll ins Zimmer bewegt

Kurz angebunden: “Ja, das war’s dann wieder wohl.
Kaum ne Woche zu Hause, toll“
„Wie lang willst du dies noch machen?
Hoffe nicht zu lange, sonst pack ich meine Sachen“

„Du weisst, es ist so schön, wenn du bei mir bist“
„Doch immer öfter das Bett nun leerer ist“

Sie lässt den Frust im Raum, sie will nicht auf Antwort warten
Geht raus, braucht mehr Platz, steht im Garten
Ich starte den Rechner, das Mail-Programm
Warte auf den Eingang der Daten dann

Dauert nicht lange, sie erscheinen
Lese sie zweimal, fange schon innerlich an zu weinen
Dem Anrufer war es also schnurz
Ist mein Urlaub lang oder kurz

Ist nicht bereit zu warten oder sich in Geduld zu ueben
Am liebsten wäre es, als würd ich heute fliegen
Nun denn, morgen fliege ich
Schaue auf den Schirm und denke an meine Frau und mich

Fange an die Tasche zu packen und wende mich ab
Der Beruf hält auf Trab
In kurzer Zeit, die Tasche ist voll
Moment lang nichts zu tun, na toll

Meine Liebe ist wieder drinnen und sowieso
Ist jetzt ‚ne gute Zeit fuer ein Cappuchino
Ich brühe zwei auf und süsse einen von den zwei’n
Packe drei statt zwei Zuckerwuerfel rein

Die anfängliche Spannung sich nun langsam entspannt
Das Thema auf den Punkt gebannt
Es wird darüber diskutiert
Negative Punkte werden wissentlich wegradiert

Das Für und Wider abgewogen
Positive Punkte an den Haaren herbeigezogen
Kommen traurig und zum Schluss
Dass die Reise gemacht werden muss

Der nächste Schritt, ich rufe ein Taxi an
Vielleicht jetzt oder zum Abend dann
Damit es steht bereit
Wenn der Abschied zu ende, wenn Start bereit

Der Abend zieht sich schrecklich in die Länge
Alle Gespräche zum Scheitern verurteilt, in Gedanken ich hänge
Den letzten Versuch ich im Bette unternehm
Denn Zweisamkeit ist so angenehm

Im Abschied wird beschrieben, wie man sich fühlt
Hier sei nur erwähnt – Gefühle aufgewühlt
Ich sitze im Taxi, die Reise geht los
Meine Liebe und ich begegnem dem Trennungsschmerz, im Hals der Kloss

Zügig der Verkehr fließt, alles geht klar
Keine Zufälle, die uns aufhalten, wie sonderbar
Am Flughafen angekommen
Gehe extra langsam, wie benommen

Hoffe bis zuletzt, keine Buchung auf Papier
Die Frau am Schalter erkennt mich
„Oh, hallo und guten Tag, wir haben sie erwartet, das Ticket ist hier“

Ich vergleich’s, ja, das Stück Papier trägt meinen Namen, es ist mein
Heute mal keine Zufälle, das kann doch garnicht sein
Gehe zum Check in, bewaffnet mit dem besagtem Papier
Die Frau am Schalter, ganuso gelaunt wie ich, schaut wie ein Tier

Uebernimmt das Papier, gleicht es ab und checkt
Ob sich deren Kopie mit meinn Originalen deckt
Sie fragt mich, wo ich sitzen möcht, welchen Platz
Antworte freundlich und alles in einem Satz
„Möchte gerne Fenster hinten ganz irgendwo
Da habe ich nachts meine Ruhe sowieso“

Weiter vorne sitzen die Familien mit Kinder und noch kleiner
Dort bekommt des Nachts gewünschte Ruhe keiner
Bei Kurzreisen kein Problem
Auf längeren Flügen kann’s nicht gehn

So geht’s in den Flieger, ich sitze
Hab nicht viel getan, ich schwitze
Folge den kommenden Befehlen, schnall mich an
Es geht bald los. Irgendwann

Tisch nach oben eingeklappt
Stuhl aufrecht eingeschnappt
Ruhe kehrt nur langsam ein
Ne Menge Leute passen rein

Nun sitzen alle. Alle angeschnallt
Es kommt Frischluft, es wird kalt
Es folgt per Ansage der Platz der Weste
Und was zu tun, wenn es knallt

Türen werden verriegelt, es geht los
Durch’s Flugzeug geht ein Stoss
Das Triebwerk zündet, grollt
Das Flugzeug rückwaerts geschoben, rollt

Wird gedreht, in Position gebracht, steht
Auf das es jetzt nach vorne geht
Rollt auf die richtige Bahn zum Start
Ein Augenblick, auf den ich immer wart

Die Triebwerke heulen auf
Man wird in den Sitz gepresst, ich nehm’s in Kauf

Und erst ganz seicht
Das Flugzeug vorn zuerst in die Höhe steigt
Doch der Abstand zur Erde nimmt schnell zu
Wer nicht soft fliegt, kommt nicht zur Ruh

Man sieht den Erstflieger, wie er stiert
Und einen unbekannten Punkt am Boden fixiert
Später, wenn er fühlt sich unpässlich
Sucht schnell, wo die kleine Tüte ist

Die man nach Benutzung schliessen und versiegeln kann
Oder sofort der Flugbegleitung anvertraut, dann
Diese die Tüte dann schnell entfernt und eine neue bringt
Damit man bereit, wenn man wieder mit sich ringt

Mich stört’s nicht, esse was und such die Ruh
Dreh mich weg und schlafe ein im Nu
So vergeht der Flug im fluge schnell
Mache meine Augen auf, die Sonne im Fenster, grell

Die Wolken verschwinden, die Umgebung wird bunter
Das Flugzeug langsam sinkt, es geht wieder runter
Sachte setzt das fliegende Ungetüm nun auf
Wenig später steht es schon, die Türen gehen auf

Die Hitze des Landes kommt den Passagieren entgegen
Liegt an der permanennten Sonne wegen
Scheint hier täglich 11 Stunden lang
Ich bekomme es zu spüren, halte den Atem an

Doch fertig bin ich noch lange nicht
Kaum aus dem Flugzeug, die nächste Schlange ist in Sicht
Die „Einwanderung“ ist der nächste Blocker
Für die, die keine Zeit haben, ein echter Schocker

Es geht nur langsam voran
Irgendwann kommt jeder dran

Geschafft – ich bin durch, fertig nicht
Jetzt kommt noch die letzte Pflicht
Ein langes schier endlos schwarzes Band
Viele Leute stehen an dessen Rand

Gepäckschein in der Hand
Starren sie auf’s Band gespannt
Starr den Blick, wenn es nicht kommt
Blick erhellt sich, wenn es um die Ecke biegt, prompt

Ich seh mein’s und entnehm’s dem Band
Immer noch so viele Leute hier am Rand
Ja, ich es nun geschafft
Mein Sache sind vollzählig, alles zusammen gerafft

Verlasse das Gebäude, so schnell ich kann
Damit ich den Mann finden kann, der mich abholen soll, irgendwann
Kaum stehe ich am Ausgang bereit
Sehe ein Schild mit meinem Name, nicht weit

Hebe meine Hand, winke dem Fahrer, er steigt ein
Ja, denke ich noch, so sollte es immer sein

Nun denn, ich geh zum Auto, steig ein und frag wohin es geht
Da der Fahrer nicht meine Sprache versteht
Zeigt mir eine kleine Karte , wo >Hotel< drauf steht

So lehn ich mich zurück, genieße die Fahrt
Fahr mir mit der Hand über mein Kinn, es wächst der Bart
Später am Hotel angekommen
Meine Sachen vom Fahrer übernommen

Alleine im fremden Land ich bin
In diesem Augenblich nach Reisen steht mir nicht im Sinn
Dreh mich um, betrete das Hotel
Der Eingang eher dunkel, nicht einladend hell


Nach dem Einchecken bin alleine auf dem Zimmer
Auch das ist nichts neues, das bin ich immer
Setze mich auf’s Bett und denke an meine Liebe und an mich
Habe die Hoffnung, dass meine Liebe denkt, wie ich

Die Tage vergehn hier nur halb so schnell
Mache meine Augen wieder auf, die Sonne wieder im Fenster, grell
Die Sonne, sie geht scheinbar auf und unter
Doch die Welt wird nicht viel bunter

Im Gegenteil, ich schau genauer
Wird es doch trüber und noch grauer
Denke noch, wie schön es doch ist
Wie du jetzt bei mir bist

Doch dies ist nur ein Traum
Halb gefangen, im Hotel und Raum
Ein Tag später, es ist soweit
Derselbe Fahrer, dasselbe Grinsen, breit

Ich hoffe, ich komme hier nie wieder her
An den Wänden klebte der Teer
Das Essen war zu fade
Alles in allem, die Reise, schade

Doch es geht weiter zum Schiff, welches auf mich wartet
Ohne mich passiert nichts, es nichtmal startet
So ist es Glück
Das du nun kennst ein kleines Stueck
Ein Teil der Fahrt
Ein Augenblick, auf den ich niemals gerne wart

Doch als Kapitän hat man nie Ruh
Schau an mir runter, bück mich und schließe meinen Schuh

Michael Kugler




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