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Arbeiten in der Flüchtlingshilfe

266 Beiträge ▪ Schlüsselwörter: Asyl, Sozialwirtschaft ▪ Abonnieren: Feed E-Mail
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Arbeiten in der Flüchtlingshilfe

01.11.2015 um 19:26
@Achill

Wenn Du entsprechende Qualifikationen mitbringst, wende Dich an Betreiber von Einrichtungen, wie z.B. Wohlfahrtsverbände, DRK, Diakonie o.ä. Einfach mal im Netz stöbern oder bei denen anfragen.
Viel zu verdienen ist dort - wie in allen sozialen Berufen - allerdings nicht.

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Arbeiten in der Flüchtlingshilfe

10.11.2015 um 12:00
Hallo @KillingTime,

ich hol nochmal deinen Thread hervor und will nochmal an eine Diskussion zwischen dir und @Aldaris anknüpfen. Ich hab das Thema "Warum laufen Schwarze bei PEGIDA usw. mit?" mit meiner Schwester diskutiert und wir waren da ähnlicher Meinung.

Als dunkelhäutiger Mensch betracht man die Flüchtlingsdebatte ja in gewisserweise aus ner eigenen, anderen, eigentümlichen Perspektive. Vornehmlich aus der Perspektive, was die Thematik für das Thema Rassismus bedeutet.

Die Erfahrung ist, dass arabischstämmige Menschen bzw. gefühlt so mancher muslimischer Mitbürger desöfteren so ihre Problemchen mit schwarzen Menschen haben. Haben Deutsche auch, nur mit dem Unterschied, dass Deutsche in der Regel nicht unbedingt rabiat in ihrer Wortwahl oder bei körperlichen Angriffen sind. Bei Deutschen ist unterschwelliger Rassismus eigentlich, wenn Rassismus vorkommt, eigentlich eher der Regelfall als direkter, harter Rassismus mit körperlicher Auseinandersetzung. Zumindest gefühlt. Diese Erfahrungswerte lassen den ein oder anderen schwarzen Menschen so eine gewisse Angst haben, dass sie sozusagen eines der ersten Opfer werden von Menschen, die zu einem gewissen Problemklientel gehören und unbeschreiblich rassistisch sind.

Deutschland 2015 hat ja mittlerweile ne Menge schwarze Deutsche. Die gefühlt aber selten als Flüchtlingshelfer (wenn ich spontan daran denke) mitwirken. Wenn einzelne Leutchen bei AfD oder Pegida grotesk mitwirken, hat meine Schwester auch erläuert, ist das so ein Abwägen, wer sozusagen das kleinere Übel ist. So manch rassistische Deutsche oder so manch rassistische Muslime, von woher sie auch immer kommen.


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Arbeiten in der Flüchtlingshilfe

31.12.2015 um 19:03
@FF
Meine Schwester berichtet aus ihrer Kita, die ein Mädchen aus Elfenbeinküste aufgenommen hat, dass das Kind überhaupt keine Scheu kennt und alle älteren Frauen begeister mit "Oma" begrüsst und sofort zutraulich ist. Überhaupt scheint sie einerseits sehr frei und mit sehr wenig Einschränkungen aufgewachsen zu sein, andererseits waren Ohrfeigen auch normal, wenn mal was schief gelaufen ist.

So muss sich auch die Mutter an die anderen Methoden hier gewöhnen, und beide an die ungewohnt (relativ) kühle Art, mit der hier Erwachsene und andere Kinder auf sie zugehen.

Vermutlich ist das Mädchen älter, als die Mutter angab, aber in einer Schule wäre sie erstmal total überfordert mit der fremden Sprache, dem fremden Umgang, zusätzlichem Lernen und mit der Disziplin, also ist die Eingewöhnung in der Kita und eine spätere Einschulung für sie die bessere Lösung.

Beide scheinen manchmal von all der Hilfsbereitschaft auch angestrengt, und nutzen einige der gespendeten Sachen gar nicht, sondern lagern sie im Schrank oder geben sie anderen Flüchtlingen weiter. Weihnachten wollten sie lieber alleine verbringen, und waren gar nicht wild auf noch mehr Geschenke von den Kita-Eltern.

Wenn man bedenkt, wie schwer es manchen schon im Normalleben fällt, Hilfe anzunehmen, kann man sich vielleicht vorstellen, dass es für die Flüchtlinge oft auch nicht einfach ist, monatelang auf Hilfe komplett angewiesen zu sein. Natürlich gibt es da viel Dankbarkeit, aber eben auch den Frust des Wartens, dass man nicht so schnell Deutsch lernt wie es erwartet wird, dass man wenig eigene Entscheidungen treffen kann, dass nicht alle Helfer, die einem in die Bude kommen und schlaue Ratschläge geben, sympathisch sind, und dass einfach alles, angefangen vom Trinkwasser in der Klospülung über das Wetter und die Mülltrennung und die Umgangsformen bis zum Essen, fremd ist.

Das kann einen auch mal überfordern, und die Erlebnisse davor, die Entfernung von der Familie, die Ungewissheit einer Rückkehr und der Zukunft allgemein tun ihr übriges.

Ich habe das selbst mal für ein Jahr erlebt, wie sich so ein Kulturschock auswirkt, und trotz der sehr privilegierten Situation (mit gut bezahlter Arbeit und mit Familie) war es sehr anstrengend.
Ich antworte dir mal hier. Das hast du sehr schön und gut geschrieben.

Ich arbeite jetzt seit nem halben Jahr ehrenamtlich in der Flüchtlingshilfe und mag es. Im Jahr 2015 hab ich als Helfer größere Veranstaltungen begleitet, wie Grillfeste und das beschenken von Kindern mit gespendetem Spielzeug. Highlights waren wirklich auch das abholen von den Flüchtlingen, damit sie den Weg von den Camps bis zum Zielort auch wirklich erreichen. Das waren dann schon manchmal geschätzt oder gefühlt bis zu 100 Flüchtlinge, die ich bzw. wir als Helferteam zusammenhalten mussten. Rein mit ihnen in die Straßenbahn und durch die Fußgängerzone. Am Ende vom Jahr hab ich dann nochmal in nem Team ehrenamtlich gearbeitet, dass die Flüchtlinge einkleidet. Weil sie haben ja nix oder wenig an Kleidung, wenn sie D erreichen. Die Erfahrungen auch hier gemischt. Von Dankbarkeit und Herzlichkeit bis Undankbarkeit und Ablehnung ist alles dabei bei den Flüchtlingen. Das ist ne hoch individuelle Frage, welchen Charakter der Flüchtling vor dir gerade hat, manchmal sind es aber auch einfach die Dinge, die du angesprochen hast.Enttäuschung, Frust, letzter gebliebener Stolz usw., aber darauf kann man als Helfer nicht immer Rücksicht nehmen. Sie wollen was von uns, sie stellen einen Asylantrag und sind in einer Not-/Ausnahmesituation bzw. sind Bittsteller/in.

Wir haben nicht selten nur wenige Ressourcen, nicht immer viel zum Verteilen, schon gar nicht bei so vielen Menschen. Bei Camps mit ca. 3000 Flüchtlingen muss die Einkleidung sehr sparsam, bürokratisch und diszipliniert geschehen. Auch dringende, nachvollziehbare Bitten müssen manchmal abgelehnt werden. Flüchtlinge versuchen manchmal Tricks, um die Helfer zu mehr Großzügigkeit zu bewegen, geht aber nicht. Ausnahme vielleicht grade noch bei Kindern, weil sie schnell wachsen in Bezug auf Einkleidung und viele spezielle, ganz dringende Bedürfnisse haben.

Die Flüchtlingshilfe ist kein Ort großer Ideologien oder Wunschträume. Viele, die sehr ideologisch oder mit falschen Vorstellungen anfangen oder an die Sache ran gehen, fallen oft rasch auf den harten Boden der Realität. Wenn ich jetzt so denke, da wo ich ehrenamtlich helfe, hab ich bisher auch ganz wenig bis gar keine ganz oder sehr weit linke getroffen. Also so richtig "solid" linke zum Beispiel mit "smash germany" attitude.

Ich kann jedem raten, diese Erfahrungen mal zu machen. Es geht nie darum, alle und jeden zu mögen. Ich mag auch nicht jeden Flüchtling, der mir begegnet. Manche stinken, wirken unsympathisch oder lauter so Sachen. Das ist keine Schande, wenn man selber mal so denkt. Ist auch menschlich. Menschlich ist aber auch wiederum, Leute zu haben, die man sehr gern hat und sich Freundschaften sogar außerhalb des eigentlichen Ansinnens Flüchtlingshilfe ergeben. Man soll es eben nicht vorab entscheiden wollen oder an einem Status "Flüchtling" festmachen, ob man jemanden mag oder nicht.

In meiner Heimatstadt ist aber so ne Art Buddy Programm oder das mit dem Freunde werden bisschen schwierig. Weil Flüchtlinge bei uns in der Stadt auf unbestimmte Zeit nur zum Transfer in andere Städte sind, wo sie dann dauerhaft untergebracht sind. Sie gewöhnen sich an ihre Umgebung, lernen Menschen kennen und gewinnen neue Freunde, und dann müssen sie aber auch schon wieder weg.

Ich weiß nicht ganz, wie sich das mit den Persönlichkeitsrechten auf Allmy konkret regelt. Ich stelle aber mal eine super tolle Initiative in meiner Heimatstadt vor mit reichlich Bildmaterial. Also wie geschrieben Propaganda dass alle Flüchtlinge ja so toll sind ist es nicht. Auch nicht, dass wirklich jeder einzelne erwünscht ist in Deutschland, in Bezug auf so manches konkretes Verhalten oder überhaupt, dass D jeden einzelnen aufnehmen kann. Ich bestreite auch nicht, so manche Dummheiten aus möglicherweise überambitioniertem Helferdrang. Aber jeder versucht es so gut zu machen, wie er/sie kann.

https://www.facebook.com/Nice-to-meet-you-Mannheim-940472846010887/photos_stream?tab=photos_stream


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Arbeiten in der Flüchtlingshilfe

09.02.2016 um 12:05
Hallo @KillingTime und andere

Wie haben eigentlich die Ereignisse in Köln die Flüchtlingsarbeit beeinflusst? Wird unter Flüchtlingshelferinnen/helfern diskutiert?

Das sind auch so Fragen, die glaube ich ein bisschen untergegangen sind. Kann man nicht pauschal beantworten, aber mal ein Versuch wagen.

Wie geht es mir persönlich? Ich glaube, es ist menschlich, dass die große Betroffenheit und die Dimension der Ereignisse in Köln so seine Spuren im eigenen Denken hinterlassen. Ich war nie wirklich ein Freund unbegrenzten Zustroms, die Flüchtlingshilfe ist auch ohnehin kein Ort großer Ideologien. Schon vorher haben in meinem Umfeld zumindest viele Helferinnen und Helfer die Einstellung gehabt, dass Hilfe angebracht ist, aber die Politik (teilweise) zu verneinen ist. Also ja zur Hilfe, nein zur Politik. Vielleicht, weil man ja eben vor Ort ist, ist die Realität eben näher ist als Träumereien und Wunschdenken.

Dazu gehört auch, dass sicherlich vor allem die Situation für die haupt und ehrenamtlichen Helferinnen und Helfer in der Flüchtlingshilfe Köln hier und da hitzig oder unangenehm sein dürfte. Denn sie wissen mal gar nicht, wer genau jetzt welche Tat begangen haben könnte. Das kann man nicht einfach abschalten, daran zu denken. Da hilft der Gedanke kaum weiter, dass es Täter von außerhalb gewesen oder genauso gewesen sein könnten. Da muss die Politik ran, die Leutz müssen raus aus Deutschland, aber pronto. Lieber auf jene konzentrieren, die wirklich Schutz und Hilfe brauchen. Die dankbar sind und kooperativ. Die müssen ja übrigens auch geschützt werden vor den Assis unter Flüchtlingen.

Aber es ist und bleibt eine politische Frage, wie man mit den einzelnen ermittelten Leuten in Bezug auf die Kölner Ereignisse, umgeht. Die Helferinnen und Helfer überall in der Republik haben Freundschaften geschlossen, haben Buddies, und für viele gibt es da kein "Weg raus". Soll es auch nicht geben, wieso auch. Es gibt sehr viele aufrichtige, nette, liebenswürdige Flüchtlinge bzw. Flüchtlingsfamilien. Da bauen sich persönliche Bindungen auf.

Bei uns im Flüchtlingscamp wurde im Team das Gespräch gesucht, haben wir die Ereignisse in Köln durch die Gespräche aufgearbeitet. Und die Meinung ist überwiegend, dass die Täter ermittelt werden und alsbald das Land verlassen müssen, kompromisslos. Die müssen raus aus Deutschland. Das finde ich in meinem Umfeld unter den Helferinnen und Helfern ganz gut, dass der Aspekt Ideologie kaum eine Rolle spielt und der Pragmatismus ein bisschen eher dominiert. Wir können in D auch nicht jeden aufnehmen, die Flüchtlingszahlen müssen begrenzt werden, wenn man vor Ort mit den Flüchtlingen arbeitet, sieht man das eben noch konkreter. Es ist von allem nicht genug für alle da. Das führt zum Teil zu Not und Elend, die man so nicht haben müsste. Kinder müssen nicht im Camp in den Müllcontainern nach Spielzeug suchen, wenn bei einer überschaubaren Zahl von Kindern die Spenden etc. so ausreichen, dass wir allen ein Spielzeugauto oder Rollschuhe (sehr beliebt) schenken können. Also glaube ich. Ich hab in D noch nie Kinder im Müll rumwühlen sehen, Mülltüten aufreißen und so. Aber das eine Kind, dass ich gesehen hatte, hatte ja im Müll nen Spielzeugauto gefunden und deswegen so gestrahlt. Aber da geh ich mit dem Kind lieber rüber zu (wohin?vedes?) und kaufe ihm ein Matchboxauto oder ihr ne Barbie. Das kostet doch nicht die Welt. Aber für alle kann ich das halt nicht machen, aber dann wollen dann halt auch irgendwo alle. Das wiederum ist aber nicht meine Aufgabe, allen Kindern im Camp Matchboxautos und Barbie zu kaufen.

Ich hab vor paar Tagen auch feuchte Augen gehabt, weil aus meinem Camp, indem ich helfe, eine echt liebenswürdige und anständige Flüchtlingsfamilie (Mutter, Vater, 2 Kinder) und ein Flüchtling, die mir ans Herz gewachsen sind, deren Gesicht und Namen ich eben kannte und sie eben mit ihren Eigenschaften kannte, in eine andere Stadt transferiert wurden. Wir verstehen uns ja alle kaum durch sprachliche Barrieren, aber egal. Irgendwie versteht man sich doch.

Die Leutz kommen dann zu dir, und verabschieden sich ja. Sie danken für alles, was man für sie getan hat. Zum Beispiel:" Thank you so much for your support, guidance, and encouragement you have provided me during my time at the camp". Mit diesen Worten hat sich der Flüchtling aus Afghanistan von mir verabschiedet und das sind auch die sehr, sehr schönen Momente in der Flüchtlingshilfe.

Abends hat er mich in den letzten Wochen in seine Stube eingeladen, wir haben gemeinsam gegessen, er wollte unbedingt deutsch lernen und hat mich nach vielen deutschen Wörtern gefragt. Der Alltag in so nem Camp ist ja eher trist und öde, das war alles auch Abwechslung. Er war auch sozial engagiert, hat im Camp dieses afghanische Farsi auf englisch übersetzt. Da wächst halt auch die Überzeugung, dass wir mit solchen Leutz wie in Köln absolut nix zu tun haben wollen, dass die schwarze Schafe sind, die absolut keiner will. Ich möchte selber nicht mit solchen arbeiten müssen oder vor Augen haben. Politisch wirklich sich auf das Klientel mit gutem Charakter bei den Flüchtlingen konzentrieren, und ihnen soweit wie möglich helfen.


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09.02.2016 um 12:28
Nachtrag:

Es ist aber erschreckend, wenn Ideologie in der Flüchtlingshilfe sich doch hier und da breit macht. Ein Fest organisiert von einer eher moderaten, eher unideologischen Flüchtlingsinitiative, in einem linksalternativen wohl hochideologisierten Kulturzentrum.

Au weia, als Partystimmung aufkam musste der DJ natürlich ein Song (Technostil was weiß ich) mit Strophe "Deutschland muss sterben" spielen. Ganz surreal tanzten also Deutsche und Flüchtlinge zu diesem Song und brülltem im Chor "Deutschland muss sterben". Dumm, sehr dumm. Sehr falsch.

Das sind Momente, wo manch einer sich fragen könnte, ob pauschalisiert Deutsche eigentlich nicht ganz so richtig im Kopf sind, zumindest gelegentlich. Also mit Flüchtlingen kann man bestimmt auch zu anderer Musik tanzen und im Chor singen.

Aaaaber, da sind halt wieder die sehr linken Deutschen, darf man nicht pauschalisieren. Die haben vorgeschlagen ihre Räume zur Verfügung zu stellen. Das sind ohnehin auch jene, die ich zumindest gefühlt in den Flüchtlingscamps irgendwie nie wahrnehme. Die träumen anscheinend nur rum und labern, aber die Realität und die Notwendigkeiten in der Praxis stellen ihre Ideologie wohl in Frage.


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09.02.2016 um 15:12
@kofi

Diskutiert wird die mediale Berichterstattung über sexualisierte Gewalt ebenso wie jede "Terrorwarnung" - aber auch jeder Angriff auf geflüchtete und ihre Unterkünfte. Viele sehen das als die zwei Seiten einer Medaille: Auf der einen Seite werden Neubürger zur Gefahr hochstilisiert, auf der anderen Seite wird ihr Leben und ihre Gesundheit bedroht und angegriffen. Gleichzeitig wird das Asylrecht verschärft. Das kennt man noch aus den 1990ern.

Ich versuche, "meinen" Flüchtlingen klar zu machen, dass nicht alle Einheimischen potenzielle Schläger, Brandstifte und Mörder sind, die Menschen mit anderer Herkunft, Haarfarbe oder Religion hassen.
Andererseits versuche ich "meinen" Einheimischen klar zu machen, dass nicht alle Zugezogenen potenzielle Diebe, Räuber und Vergewaltiger sind, die Menschen mit anderer Herkunft, Haarfarbe oder Religion hassen.


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09.02.2016 um 20:27
Zitat von kofikofi schrieb:als Partystimmung aufkam musste der DJ natürlich ein Song (Technostil was weiß ich) mit Strophe "Deutschland muss sterben" spielen.
Schade, dass ich da nicht dabei war. Es wäre mir ein Genuss gewesen, diesem Mann die Schließacht anzulegen. Ich hoffe doch sehr, dass du oder einer der Anwesenden den Mann wegen Verhetzung angezeigt hat.


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Arbeiten in der Flüchtlingshilfe

11.02.2016 um 14:02
@Doors

Meine Mutter hat mir erzählt, dass sie viel über das tatsächliche Leben der Flüchtlinge gelernt hat seit ich im Flüchtlingscamp arbeite. Ich habe ihr positives wie negatives erzählt, wir haben diskutiert und irgendwann entsteht dann ein Gesamtbild. Und durch die Abbildung der tatsächlichen Realität, also mal die Aufklärung, leuchtet so manches auf. Meine Mutter meint, sie hätte von vielem nichts gewusst bzw. hätte das nicht so gedacht. Vor allem ist sie erstaunt, wie bescheiden oder armselig viele Flüchtlinge in den Camps leben.

Der schlichte und triste Alltag in so einem Flüchtlingscamp, denkt man nicht unbedingt dran von außen. Auch, dass es weniger ideologisch zugeht als man von außen glaubt. Es geht eher sehr menschlich zu. Flüchtlinge sind weder Aliens oder was ganz besonderes noch was widerwärtiges oder Menschen zweiter Klasse. Sie sind Menschen, zum Beispiel ist da die eine mit dem lila Kopftuch nervig ohne Ende, da rollen die Helfer/innen schon mit den Augen, wenn sie die Person sehen. Wir sprechen dann im Team, dass die Alte schnell den Abflug machen soll. Das können die einen sein, wo man weiß, die versuchen dauernd zu verarschen oder sind sonstig unsympathisch.

Man bewertet halt den Charakter oder die Eigenschaften der Person. Und fängt gar nicht erst an, den Charakter dieser einen Person zu verbinden mit dem Status "Flüchtling" oder mit sonstwas. Das ist halt ne Alte, die nervt, ist halt so. Dann gibt es wieder andere, die nerven weniger. Wiederum andere mag man persönlich sehr.

In den letzten Monaten habe ich sehr viel an Menschendasein kennengelernt.

Eine irakische Mutter, deren 6-jähriges Kind vom dritten Stock aus dem Fenster in einen Treppenabgang gefallen ist. Ist mit dem Kopf so schwer aufgeschlagen, dass es nicht mehr gerettet werden konnte. Unabhängig vom sozialen Status der Eltern ist Mama Mama und Papa Papa, da muss oder sollte man ihnen das eigene Bedauern ausdrücken.

Von den im Müllcontainer nach Spielzeug rumsuchenden Kindern hab ich schon erzählt. Ob jetzt Asylbewerber mit den "neuesten Smartphones" rumlaufen oder nicht, zumindest DIESE Kinder, die ich im Müllcontainer Tüten aufreißen gesehen hab, haben nichtmal Spielzeug. Die haben den ganzen Tag im Camp nix zu tun, sind zum Teil aufgedreht. Manchmal kommen von der Bevölkerung Ballspenden herein, aber gibste den einen was und andere gehen leer aus au weia. Spielzeug verteilen an Flüchtlingskinder ist eher was für Hartgesottene, die mit Not und Elend umgehen können, weil eben aus dem Mangel dann gelegentlich Verteilungskämpfe schon unter den Kindern resultieren mit gelegentlich Gewaltanwendung untereinander etc.

Ich hab noch ne Dame gesehen, deren zwei Kinder schwerbehindert sind. Also da hängt wirklich bei dem einen Kind die Zunge raus und die Augen kucken in alle Richtungen. Muss im Rollstuhl sitzen. Bei dem zweiten Kind ist kein Rollstuhl notwendig, aber auch da, kuckt in alle Richtungen und sowas und brabbelt wie ein Baby, das Kind ist etwa 7 oder 8 Jahre alt. Ich würde mal sagen, an diesem Fall erkennt man, dass Elternliebe grenzenlos sein kann. Wer geht denn auf die Flucht mit zwei schwerbehinderten Kindern. Nur Eltern, die ihre Kinder bedingungslos lieben und sie auf keinen Fall zurücklassen, selbst wenn sie körperlich für eine Flucht doch kaum in der Lage sind.

Ich erinnere mich auch den 13jährigen kleinen Syrer. Ein Security Mann im Camp, groß und breitschultrig, hat sich nicht gut gefühlt neben dem Jungen. Hat mir erzählt, dass dieser Junge ganz alleine seinen Weg nach D gefunden hat. Die Eltern sind irgendwo ganz anders, noch in einem Camp der Türkei oder so. Mit 13 hat der Junge ne halbe Weltreise hinter sich und ist jetzt in einem fremden Land, und kann nichtmal englisch, um überhaupt irgendwie kommunizieren zu können.

Angie in Berlin hat da eine Politik am laufen, die teilweise schon neben der Spur ist. Was aber nicht bedeuten muss, dass man die Hilfe an sich jetzt einstellen muss oder mit Nicht Hilfe gegen Berlin protestieren müsste.

Ich glaube, die meisten Menschen wollen aufgeklärt werden auf eine Art und Weise, die nicht Propaganda näher kommt. Sondern die Realitäten vor Ort transparent erklärt bekommen. Wir brauchen politische Lösungen für Falschspieler unter den Flüchtlingen oder "Flüchtlingen", aber erstmal die politische und gesellschaftliche Einsicht, dass es welche gibt. Das um auch die Bereitschaft zur Hilfe vieler Helfer/innen und der Stadtgesellschaften zu gewährleisten. Vielleicht auch das alte Argument, um den Rechten den Wind aus den Segeln zu nehmen.


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Arbeiten in der Flüchtlingshilfe

07.03.2016 um 19:35
@KillingTime
Zitat von KillingTimeKillingTime schrieb am 09.02.2016:Schade, dass ich da nicht dabei war.
Für wen :P:


Ich muss zugeben, dass ich viel gesehen und gelernt hab, seit ich das erste mal in der Flüchtlingshilfe unterwegs war. Mittlerweile sinkt aber meine Motivation, weil der Lebensalltag bzw. die Praxis einem sehr viel mehr abverlangt, als ich einst mal erwartet hatte.

Auch den Aspekt "Asylindustrie", über das wir mal geschrieben hatten...Flüchtlinge als Geldmaschine, so hatte ich mir das auch nicht vorgestellt. Ob sie Caritas, Diakonie oder Arbeiter-Samariter-Bund heißen, sie alle müssen neben ihren sozialen Tätigkeiten und sozialem Handeln auch wirtschaften. Verlockende Konkurrenz um Großaufträge für den Vertrieb von Kleiderkammern, Subway, Foodys was weiß ich wer noch konkurrieren um Großaufträge fürs Catering bzw. um die Nahrungsmittelversorgung der Flüchtlinge...Sicherheitsfirmen buhlen um Großaufträge zum Betreiben der Flüchtlingscamps...das hattest du wohl einmal mit "Nachschub" gemeint. Bestimmte Firmen und Sparten sind auf nachrückende Flüchtlinge angewiesen, sonst gehen ihnen Großaufträge flöten. Bei uns in der Heimatstadt machen sogar die Flohmärkte Kasse mit Flüchtlingen. Eigentlich billigste Ware bekommt preislich mittlerweile den Anschein, als ob das hochwertige Ware wäre.

Wie auch immer, ich habe in meinem Flüchtlingscamp viele nette und gute Flüchtlinge kennen gelernt. Alle verlassen ja nach und nach meine Heimatstadt oder sollen es zumindest für den Transfer in ihre neue, dauerhafte Unterkunft irgendwo in Deutschland. Möchte ich die neuen Flüchtlinge, die kommen sollen, noch miterleben? Ernste Frage. Mitte März ungefähr sagt die Landesregierung in Baden-Württemberg sollen Hunderte neue in die Flüchtlingscamps der Stadt einziehen.

Also die Erfahrung mit den ordentlichen, umgänglichen Flüchtlingen kann ich nur empfehlen. Im Fazit kann ich vielleicht schreiben, dass die Flüchtlingshilfe manchmal mehr, manchmal weniger schön ist. Ich lese manchmal zum Beispiel, statt "junge Männer" bitte mehr Kinder, dabei werden die Kinder auch irgendwann mal groß bzw. die Jungen unter ihnen "junge Männer". Was mir persönlich Sorgen bereitet, ist, dass wir als Gesellschaft gefühlt nicht auf die Resozialisierung und Therapie von einzelnen oder vielen Flüchtlingskindern vorbereitet sind, dabei hätten auch viele von ihnen das nötig.

Man kann sagen, Jungen schlagen sich mal. Na klar, kommt vor. Aber irgendwann muss es Therapieansätze geben, für traumatisierte Kinder etc., dass so manche Neigung zu Gewalt nicht in die Zukunft mitgeschleppt wird und die jeweilige Stadtgesellschaft in Mitleidenschaft gezogen wird.

Wie auch immer, ich hab mir mein Anschiss für "überengagement" abgeholt. Mein Vergehen? Ich hab aus dem liegenden Spendenberg im Lager Spielzeug für die Kinder abgezwakt, was zum Teil als Diebstahl ausgelegt wird. Wusste ich aber nicht. Dachte, dass ist zum Verteilen da. Kleine gespendete Autospielzeuge bitte möglichst nicht verteilen, die werden in gewissen Abständen anscheinend verteilt, so, dass einzelne Kinder nicht zuviel abbekommen, sich schlagen oder jeden Tag nerven.Hmm. Hab aus diesen Latexhandschuhen Luftballons gemacht, halt aufgeblasen und die Kinder Gesichter drauf malen lassen und Süßigkeiten geteilt. Aber hier auch wieder, sind zuviele Kinder.


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Arbeiten in der Flüchtlingshilfe

07.03.2016 um 19:55
@KillingTime

Übrigens, diese eine Sache wieder. Ich bin zwar in Deutschland geboren und aufgewachsen, aber selbst in der Flüchtlingshilfe kommt "deutsche Mentalität" gelegentlich zum tragen. Deutsche oder zumindest viele Deutsche sind so gefühlt stur, mit Disziplin und sowas. Oder vielleicht kommt es auf das Alter an. Hast ja ne Menge ältere deutsche Frauen, die in der Flüchtlingshilfe unterwegs sind. Manche von ihnen, au weia.

Die älteren Damen bieten sich zum Beispiel an, Kindergruppen zu betreuen und heulen dann nach ner Minute, dass es nicht so läuft, wie sie es sich vorstellen. Weil das meiste eben spontan abläuft und nicht nach deutscher Manier mit vorher festgelegtem Plan. Haste nen Haufen Kinder, die obendrein ihre Tage nur auf provisorischen Camps ausharren mit gestressten, nervösen Eltern und dann Gas geben, wenn man mit ihnen versucht zu spielen oder was zu unternehmen. Viele aufgestaute Energien, die raus müssen aber für die älteren Damen zuviel ist. Im Prinzip bräuchte es auch hier wieder (vom Staat bezahlte?) geschulte Erzieher/innen oder Sozialarbeiter oder Pädagogen, die mit Kindern umgehen können, die einen komplexen Hintergrund haben. Und manche eben durch manche gemachte Erfahrung im Leben oder eben Erlebnisse komplizierter sind. Manche der Kinder haben vielleicht mehr Tote und Verletzte in ihrem Leben gesehen als Monk.

Eine gute Freundin aus Marokko und ich sind nicht dieeeeeee beliebtesten unter den deutschen Helfern. Zu unkonventionell, frei im Denken und Handeln. Da geht man eben ins Lager und packt bisschen was an Spielzeug zusammen, oder macht was anderes, oder hockt sich mit den Leuten in die Stube und isst sowie trinkt mit ihnen was. Bisschen unterhalten. Nicht so stur alles, bisschen locker. Das wird ja von den Betreibern oder diesen Security Menschen halt auch wieder nicht gerne gesehen, hab ich den Eindruck. Ich schmuggel mich meist in die Stuben, um mit den Leuten zu reden. Ohne Helferschildchen, ich seh eh fremdländisch aus. Werde ich nicht raus geschickt. Einmal hatte ich mein Schildchen vergessen, wurde ich böse angekuckt. Die ewige Angst vor gemachten Fotos, glaube ich.


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08.03.2016 um 20:41
@kofi
Zitat von kofikofi schrieb:Auch den Aspekt "Asylindustrie", über das wir mal geschrieben hatten...Flüchtlinge als Geldmaschine, so hatte ich mir das auch nicht vorgestellt.
Ich hätte auch nicht gedacht, dass es so leicht ist... Und es kann sich wirklich lohnen. :D
Zitat von kofikofi schrieb:Großaufträge zum Betreiben der Flüchtlingscamps...das hattest du wohl einmal mit "Nachschub" gemeint.
Richtig, das ist der "Nachschub". Wobei es ja nicht nur um "Flüchtlingscamps" geht, sondern auch um das Lehren der Sprache, unserer Sitten und Gebräuche, die Vermittlung von Wohnungen, psychologische Betreuung usw. Da sind noch viele Milliarden drin, glaub mir.
Zitat von kofikofi schrieb:Also die Erfahrung mit den ordentlichen, umgänglichen Flüchtlingen kann ich nur empfehlen.
Ich hätte ehrlich gesagt Angst, dass ich da jemanden "mögen" könnte. Das würde meine Neutralität gefährden. Es muss immer eine gewisse Distanz bleiben. Ich hoffe, du verstehst was ich meine, insbesondere in Anbetracht meiner sonstigen allgemeinen Kritik.
Zitat von kofikofi schrieb:Man kann sagen, Jungen schlagen sich mal. Na klar, kommt vor.
Ich bin der Letzte, der eine Prügelei unter Jungs unnormal findet, aber das Anschauen von Kopfabschneidevideos auf dem Handy ist sicher nicht normal, da stimmst du mir doch zu.
Zitat von kofikofi schrieb:Deutsche oder zumindest viele Deutsche sind so gefühlt stur, mit Disziplin und sowas. Oder vielleicht kommt es auf das Alter an. Hast ja ne Menge ältere deutsche Frauen, die in der Flüchtlingshilfe unterwegs sind. Manche von ihnen, au weia.
Das ist eben die deutsche Gründlichkeit und Disziplin. Wer also mit solchen Tugenden nichts anfangen kann, ist hier eventuell falsch. Die älteren Damen sind in der Tat ein besonderes Kaliber. Es ist grundsätzlich schwer, sie wieder einzufangen, wenn sie erstmal loslegen.
Zitat von kofikofi schrieb:Die älteren Damen bieten sich zum Beispiel an, Kindergruppen zu betreuen und heulen dann nach ner Minute, dass es nicht so läuft, wie sie es sich vorstellen.
Nun, das sind ja auch keine durchgenderisierten deutschen Kinder, sondern schon ein wenig temperamentvoller. Es braucht ein gerüttelt Maß an Einfühlungsvermögen, was jedoch vielen Helfern fehlt.


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17.03.2016 um 20:32
Zitat von kofikofi schrieb am 07.03.2016:Eine gute Freundin aus Marokko und ich sind nicht dieeeeeee beliebtesten unter den deutschen Helfern. Zu unkonventionell, frei im Denken und Handeln.
Ich kenne das. Ich habe immer eine gewisse "Fanbase", da geht es nicht ohne mich, und andere wiederum können gar nichts mit mir anfangen. Darum gebe ich dir den guten Rat, bleib so wie du bist, damit du authentisch bist. Damit du zufrieden bist. Damit du dafür gemocht wirst, wie du bist, und nicht dafür wie du nicht bist.


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Arbeiten in der Flüchtlingshilfe

17.03.2016 um 23:30
Hatte letztens im Rahmen eines Forschungsprojektes ein örtliches Flüchtlingsheim besuchen dürfen.
Es war freilich nicht alles schlecht was ich da sah aber die Bedingungen unter denen die Menschen dort leben sind natürlich alles andere als optimal. Man muss allerdings sagen dass es als Notunterkunft fungierte und nicht als reguläre Unterbringung angedacht war.

Was mich vor allem erstaunte war wie wenig die ehrenamtlichen Helfer dort (vom DRK) selbst über die Bewohner informiert waren besonders darüber wer und wie viele dazu kommen und welche gehen werden. Auch die Kommunikation zwischen ihnen, den Kommunen und dem Land schien nicht gerade die beste zu sein. Man muss allerdings sagen wie sehr sie in ihrer Arbeit (Sprachkurse, Betreuung etc.) bemüht waren zumal die Hilfsinitiative von ihnen selbst ausging. Da kam niemand von den Zuständigen auf sie zu und bat um Unterstützung. Der Aufenthalt der Bewohner dort bestände ansonsten lediglich aus Verpflegung und Obdach und das verharren in der Ungewissheit wie es mit ihnen nun weiter ginge.


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Arbeiten in der Flüchtlingshilfe

18.03.2016 um 12:23
@KillingTime
Zitat von KillingTimeKillingTime schrieb:Ich kenne das. Ich habe immer eine gewisse "Fanbase", da geht es nicht ohne mich, und andere wiederum können gar nichts mit mir anfangen. Darum gebe ich dir den guten Rat, bleib so wie du bist, damit du authentisch bist. Damit du zufrieden bist. Damit du dafür gemocht wirst, wie du bist, und nicht dafür wie du nicht bist.
Vielen, vielen Dank für deinen Rat. Das nehme ich gerne mit.

Also der "Chef" meiner Gruppe von Ehrenamtlichen hat mich dazu angehalten, keine Spielzeuge und keine Schokolade mehr zu verschenken und kein größeren Kontakt mehr zu den Kindern und zu den Erwachsenen aufzubauen. Er hat mir halbwegs vernünftig erklärt wieso, und ich verstehe es teilweise. Ich hab Fehler gemacht, okay. Seh ich ein, was bringt aber das Poltern und Getue darüber.

Dennoch bin ich zu einer Helferin, die wenigstens noch ins Gesicht gepoltert hingegangen und hab gefragt, warum sie noch extra hintenrum zum "Chef" reden muss. Hab mich bisher doch immer mit ihr gut verstanden. Warum sie nicht persönlich zu mir kommt und es dabei belässt.

Du, ich geh ja ehrenamtlich, in meiner Freizeit da hin. Was für ein Quatsch ist das denn, dass da hinterm Rücken gehetzt wird. Und ich kriege als Antwort, ein Haufen Helfer/innen beschweren sich über mich. Und ich hab absolut keine Ahnung, wer dieser "Haufen" sein soll, die stehen nicht Schlange, um mir was ins Gesicht zu sagen. Meine marokkanische Freundin hat den "Fehler" gemacht, dass sie beim arabisch helfen wollte, aber die eine Helferin gesagt hat, wenn sie grade persönlich am arbeiten mit einem Flüchtling ist, soll niemand dazu kommen und ihre Arbeit behindern. Außer, sie fragt konkret nach Hilfe. Hat sie gleich den "Chef" gerufen, musste sie ihm alles berichten. Es gibt Regeln, Ordnung und Disziplin müssen gewahrt werden, meint sie.

Aber gehört wohl nunmal zum Leben. Das gehört halt nicht unbedingt zu meinen Eigenschaften, ich gehe gerne je nach Möglichkeit zu den Leuten hin und rede möglichst offen und ehrlich. Alle Unklarheiten direkt aus der Welt schaffen. Ich rede zwar wie andere Menschen auch hinter dem Rücken, aber in der Regel dichte ich nix dazu oder rede Mist, sondern rede, was ich gesehen, erlebt oder für einen Eindruck habe.

Ich warte noch, bis die letzten bekannten Gesichter und von mir gemochten Kinder und Erwachsene ihren Transfer in andere Städte für ihre neuen Unterkünfte angetreten haben, und dann werde ich mich wohl wieder zurückziehen aus der Flüchtlingshilfe. Hab das jetzt seit Dezember aktiver gemacht und joa, reicht vielleicht auch.
Zitat von KillingTimeKillingTime schrieb am 08.03.2016:Ich bin der Letzte, der eine Prügelei unter Jungs unnormal findet, aber das Anschauen von Kopfabschneidevideos auf dem Handy ist sicher nicht normal, da stimmst du mir doch zu.
Wie kommst du auf Kopfabschneidevideos? Die Leutz flüchten ja in der Regel zum Beispiel vor dem IS oder Kopfabschneidern.Und gehören in der Regel nicht zum IS.
Zitat von KillingTimeKillingTime schrieb am 08.03.2016:Nun, das sind ja auch keine durchgenderisierten deutschen Kinder
Genau vor zwei Tagen hab ich dazu was erlebt. Ich alter möchtegernkonservativer hab eine junge Flüchtlingsdame gesehen im camp, die ihren 4-jährigen Neffen angeleitet hat, wie er einen rosa Spielzeugkinderwagen mit Puppe drin rumschiebt. Ich sag "for girls, no", aber die junge Tante meinte nur zu mir" this is germany, its okay here".

Bei näherem hinsehen laufen tatsächlich viele Jungen mit rosa Badeschlappen rum, oder haben Mädchenjacken an. In diesem Sinne lernen viele Flüchtlinge tatsächlich die deutsche Debattenkultur auch recht schnell kennen und können sich damit anfreunden.


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Arbeiten in der Flüchtlingshilfe

18.03.2016 um 18:34
Zitat von LibertinLibertin schrieb:Hatte letztens im Rahmen eines Forschungsprojektes ein örtliches Flüchtlingsheim besuchen dürfen.
Es war freilich nicht alles schlecht was ich da sah aber die Bedingungen unter denen die Menschen dort leben sind natürlich alles andere als optimal. Man muss allerdings sagen dass es als Notunterkunft fungierte und nicht als reguläre Unterbringung angedacht war.

Was mich vor allem erstaunte war wie wenig die ehrenamtlichen Helfer dort (vom DRK) selbst über die Bewohner informiert waren besonders darüber wer und wie viele dazu kommen und welche gehen werden. Auch die Kommunikation zwischen ihnen, den Kommunen und dem Land schien nicht gerade die beste zu sein. Man muss allerdings sagen wie sehr sie in ihrer Arbeit (Sprachkurse, Betreuung etc.) bemüht waren zumal die Hilfsinitiative von ihnen selbst ausging. Da kam niemand von den Zuständigen auf sie zu und bat um Unterstützung. Der Aufenthalt der Bewohner dort bestände ansonsten lediglich aus Verpflegung und Obdach und das verharren in der Ungewissheit wie es mit ihnen nun weiter ginge.
Also in Baden-Württemberg sind die unmittelbaren Vorgesetzten in Bezug auf Verwaltung und Betrieb der Flüchtlingsunterkünfte die Regierungspräsidien. Ein Teil des direkten Managements vor Ort ist in Baden-Württemberg wohl in zumindest vielen Flüchtlingsunterkünften noch ausgelagert auf Sicherheitsfirmen. Im Prinzip regeln dann eigentlich Türsteher sozusagen einen laufenden Betrieb mit und für Menschen. Sind quasi Polizisten und Sozialarbeiter neben ihren Aufgaben als eigentlich Wachschützer für das oder die Flüchtlingsgebäude und deren Bewohner/innen vor Angriffen von außen. Das ist zum Teil skurril, weil Leute Aufgaben übernehmen, für die sie gar nicht ausgebildet sind. Fazit: Überlastung, Überforderung, Unfreundlichkeit. Die meisten Flüchtlinge verstehen nicht, warum eine reine Security als quasi Polizei auftritt, aber für ein Polizei Dasein gar keine Legitimation hat. Die Security Leute scheinen selber oft gar nicht zu verstehen, für was sie eigentlich eingesetzt werden, die Firma schickt sie halt. Auftrag scheint nebulös zu sein. Die Verfahrensabläufe sind zum Teil echt, echt meschugge. Vor allem, wenn die Sicherheitsleute den Alltag der Menschen organisieren sollen. Scheitern sie wohl öfters dran. Da fehlt halt ein stückweit Ausbildung in Management oder Sozialarbeit, glaube ich zumindest.

Also hier in Baden-Württemberg ist das Verhältnis zwischen Landesregierung bzw. Regierungspräsidium und ehrenamtlichen als auch hauptamtlichen Helfer/innen wohl auch eher durchwachsen. Wir haben zwar einen grünen Ministerpräsidenten, aber es läuft nicht unbedingt besser, aber guterweise auch nicht sehr, sehr viel ideologischer. Die Grünen sind schon realistischer, wenn sie Regierungsarbeit leisten oder sich der Realpolitik stellen müssen.

Also es ist irgendwie auch so, wie du schreibst, glaube ich. Die Verantwortlichen halten sich immer schön bedeckt, um möglichst nicht haftbar zu sein. Oder sprich, die politisch Verantwortlichen wollen sich Probleme vom Leib halten, oder nicht in Erklärungsnot geraten. Das erklärt wohl auch, warum gefühlt so gut wie alles in Bezug auf das Thema Flüchtlinge "Geheimsache" ist. Also wenn es politische Fragen berühren könnte.


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Arbeiten in der Flüchtlingshilfe

18.03.2016 um 20:58
@kofi
Zitat von kofikofi schrieb:ich kriege als Antwort, ein Haufen Helfer/innen beschweren sich über mich
Wenn deine Kollegen sich beschweren, machst du alles richtig. Sie haben erkannt, dass du, gerade auch selbst etwas "fremdländisch" aussehend, einen natürlichen Draht zu den Klienten entwickelst, durch deine freundliche, offene und vor Allem glaubwürdige Art, die nicht jeder hat. Genau das neiden sie dir. Also mach dir deswegen keinen Kopf. Wirklich engagierte Helfer, so wie du, sind viel wertvoller als diese ganzen aufgeblasenen Wichtigtuer, die nicht mal interkulturelle Kompetenz haben, aber trotzdem Menschen aus anderen Kulturkreisen etwas erzählen wollen.
Zitat von kofikofi schrieb:Es gibt Regeln, Ordnung und Disziplin müssen gewahrt werden, meint sie.
Mit preußischer Ordnung und Disziplin kannst du nicht überall punkten. Du hast da mit Menschen zu tun, die zum Teil ganz anders sozialisiert sind. Manchmal kann es hilfreich sein, dominant und bestimmend aufzutreten, und nicht etwa auf "Einsicht" zu setzen.
Zitat von kofikofi schrieb:Wie kommst du auf Kopfabschneidevideos? Die Leutz flüchten ja in der Regel zum Beispiel vor dem IS oder Kopfabschneidern.
Tja.
Zitat von kofikofi schrieb:ich gehe gerne je nach Möglichkeit zu den Leuten hin und rede möglichst offen und ehrlich
Ja, das ist gut und wichtig. Viele der sogenannten Flüchtlinge sind auch tatsächlich vor Gräuel geflohen, das sind nicht alles nur Armutsflüchtlinge. Es wäre doch schade, wenn man die echten Schutzbedürftigen schlecht behandelt, nur weil es auch irreguläre Migranten gibt, die sich hier lediglich ein unbeschwerteres Leben erhoffen.


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Arbeiten in der Flüchtlingshilfe

02.04.2016 um 18:01
@KillingTime

Herzlichen Dank für deine Worte.
Zitat von KillingTimeKillingTime schrieb am 18.03.2016:Mit preußischer Ordnung und Disziplin kannst du nicht überall punkten. Du hast da mit Menschen zu tun, die zum Teil ganz anders sozialisiert sind. Manchmal kann es hilfreich sein, dominant und bestimmend aufzutreten, und nicht etwa auf "Einsicht" zu setzen.
Das muss dann aber in der Regel ohne Presse geschehen. Mit der Presse mischt nämlich dann Ideologie von den einen rechts und von den anderen links mit. Insofern sind Pressevertreter auch nicht gern gesehen in Flüchtlingsunterkünften.

Wenn Flüchtlinge geschlagen,getreten oder allgemein böswillig, unnötig schlecht behandelt werden, muss die Gesamtgesellschaft natürlich davon erfahren und es muss Sanktionen und disziplinarische Maßnahmen hageln für die Peiniger. Doch ist es manchmal tatsächlich grenzwertig, weil tatsächlich im hiesigen Kulturkreis die diplomatische, ausdiskutierte Lösung nach einer gewissen Ordnung oder Disziplin mehr oder weniger Standard ist. Dem gegenüber steht gelegentlich eher das rabiate, konfrontative, rabiate Konfliktlösungsverhalten. Also das eher schreien, toben, das Faustrecht oder Gewalt. Ich muss gestehen, ich bin da auch eher hilflos wie viele andere auch. Besonders bedrückend ist das bei manchen Kindern, hatte ich ja schon geschrieben. Also das man da einzelne schon ungewöhnlich hart behandeln muss gelegentlich.

Wer ohnehin zu ideologisch ist und Flüchtlinge behüten oder per se in Watte packen möchte, ist nicht unbedingt gut aufgehoben in der Flüchtlingshilfe. Also wer nicht auch mal dominant und bestimmend auftreten kann ohne sich als Rassist etc. zu fühlen. Ich hab auch schon mit Flüchtlingen rumgestritten und Kinder unsanft gepackt und vor die Tür befördert, eben, weil es so Helden gibt, die eben nunmal (sehr) unfreundlich sind. Als ehrenamtlicher Helfer erlaube ich mir da in der Regel den Luxus, mich zu weigern mit diesen Leuten zu arbeiten oder mit ihnen zu reden. Ist schließlich alles freiwillig, ich muss gar nix.

Da kommen wir zum nächsten Punkt: Also es ist irgendwie auch so, dass die tatsächlich Schutzbedürftigen sich auch meist so verhalten. Also ich meine, die Dankbarkeit ist bei denen oft größer, die aus dem Kriegs oder Konfliktdreck geflohen sind und einfach nur froh sind, in D zu sein. Das andere Klientel aus den eigentlich sicheren Staaten, die aus wirtschaftlichen Gründen etc. kommen, kommen schon eher hier und da dumm. Oder machen halt Probleme.

Ansonsten, was gibts neues? Es kommen weniger Flüchtlinge nach D, in meiner Heimatstadt werden in den Erstaufnahmeeinrichtungen die ersten hauptamtlichen Helfer/innen auf die Straße gesetzt bzw. ihnen die Arbeitsstunden/Arbeitstage oder so gekürzt. Eine mittlerweile gute Freundin von mir wurde zwar nicht entlassen als Mitarbeiterin einer Sicherheitsfirma, muss aber mit noch weniger Geld auskommen und sich einen Zweitjob suchen.

Joa, zwei Aufnahmeeinrichtungen wurden geschlossen und die Transfers in die dauerhaften Unterkünfte der Kommunen laufen die letzten Tage wie verrückt. Viele gewohnte und bekannte Gesichter gehen nach und nach oder sind gegangen. Bei manchen ist es eine Freude, weil sie keine angenehmen Menschen sind, aber bei anderen ist es schade. Man hat mit ihnen gearbeitet, oder nein, es ist sowas wie Sympathie und Freundschaft entstanden.

Zu schaffen macht aber Helfer/innen ob haupt oder ehrenamtlich immernoch, dass die politische Planung in Bezug auf das Problemklientel unter den Flüchtlingen genau genommen ein Skandal ist. Also wie fahrlässig mit dem Begriff "Sicherheit" der Helferinnen und Helfer sowie der Stadtgesellschaft umgegangen wird, ist schon arg beachtlich. Also wenn es um schwere Straftaten geht, und die Leutz nichtmal wenigstens weggesperrt in (U-)Haft sitzen, wenn sie schon nicht abgeschoben werden. Sondern einfach in andere Unterkünfte geschickt werden, und die Helfer/innen vor Ort nichtmal ne Warnung oder Bescheid kriegen, was da ihnen vor die Nase gesetzt wird. Die Stadtgesellschaft hat im Prinzip auch das Recht, dass sie über Straftäter in Bezug auf wirklich nennenswerte Straftaten, so selten sie auch vorkommen mögen, informiert werden. Oder ist das nur ne old school Meinung von mir, wenn die Verantwortlichen da anscheinend anders denken?


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02.04.2016 um 18:30
@kofi
Zitat von kofikofi schrieb:Dem gegenüber steht gelegentlich eher das rabiate, konfrontative, rabiate Konfliktlösungsverhalten. Also das eher schreien, toben, das Faustrecht oder Gewalt.
Ich sehe das als ernstes Problem an. Was innerhalb der Unterkünfte passiert, ist mir zwar letztlich auch egal, aber wenn ich mir vorstelle, dass diese Menschen bei uns "integriert" werden sollen, dann ist diese Vorstellung schon etwas bizarr.

Fast jeden Tag kann ich das sehen, ältliche Sozialarbeiterinnen schleppen Gruppen von Flüchtlingen durch die Stadt, ausschließlich junge, gutgenährte Männer in Lederjacken, gutgelaunt, die Sozialarbeiterin erzählt denen irgendwas. Manchmal auch Großfamilien, die aussehen, als stammten sie aus dem Kosovo. Oder in den MUFL-Gruppen, da gibt es männliche Erzieher, aber wenn ich die sehe, frage ich mich auch, hat so ein MUFL vor denen Respekt? Achtet er seinen Betreuer? Oder wird hinterher auf arabisch gelacht und gekichert und sich belustigt über die dumme Kartoffel?
Zitat von kofikofi schrieb:Man hat mit ihnen gearbeitet, oder nein, es ist sowas wie Sympathie und Freundschaft entstanden.
Davor hätte ich am meisten Angst. Dass da sowas wie eine Freundschaft entstehen könnte. Das ist aber eigentlich nicht gut. Es sind Klienten, Leistungsnehmer. Die sind hierher gekommen, weil sie etwas wollen. Von uns oder von mir oder dir. Ich will da keine Vertraulichkeiten. Ich will niemanden "mögen". Ich hoffe, dass es nie zu so einer Situation kommen wird.
Zitat von kofikofi schrieb:Sondern einfach in andere Unterkünfte geschickt werden, und die Helfer/innen vor Ort nichtmal ne Warnung oder Bescheid kriegen, was da ihnen vor die Nase gesetzt wird.
Aber werden die denn bei euch nicht elektronisch erfasst? Mit Namen und Akte, wo alles drin steht, Krankheiten, Familie usw.?


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Arbeiten in der Flüchtlingshilfe

04.04.2016 um 17:41
Zitat von KillingTimeKillingTime schrieb:Aber werden die denn bei euch nicht elektronisch erfasst? Mit Namen und Akte, wo alles drin steht, Krankheiten, Familie usw.?
Das weiß ich nicht und frage auch nicht nach.

Darüber hört man zwischen Tür und Angel von Security oder Sozialarbeitern und Sonstigen. Aber die sind sicherlich vertraglich an irgendeine Art von Schweigepflicht gebunden und erzählen ohnehin wahrscheinlich nur das was sie sagen dürfen oder so bisschen im Vertrauen erzählen.

Und ob Innenministerium oder Regierungspräsidium, da will gefühlt ohnehin keiner Verantwortung übernehmen. Ich glaube, bei solchen Fragen muss öffentlicher Druck her, damit sie ansatzweise beantwortet werden.
Zitat von KillingTimeKillingTime schrieb:Ich sehe das als ernstes Problem an. Was innerhalb der Unterkünfte passiert, ist mir zwar letztlich auch egal, aber wenn ich mir vorstelle, dass diese Menschen bei uns "integriert" werden sollen, dann ist diese Vorstellung schon etwas bizarr.

Fast jeden Tag kann ich das sehen, ältliche Sozialarbeiterinnen schleppen Gruppen von Flüchtlingen durch die Stadt, ausschließlich junge, gutgenährte Männer in Lederjacken, gutgelaunt, die Sozialarbeiterin erzählt denen irgendwas. Manchmal auch Großfamilien, die aussehen, als stammten sie aus dem Kosovo. Oder in den MUFL-Gruppen, da gibt es männliche Erzieher, aber wenn ich die sehe, frage ich mich auch, hat so ein MUFL vor denen Respekt? Achtet er seinen Betreuer? Oder wird hinterher auf arabisch gelacht und gekichert und sich belustigt über die dumme Kartoffel?
Es gibt tatsächlich Leute, die gutgenährt und gut gekleidet durch die Gegend laufen. Ich vermute mittlerweile stark, dass zum Beispiel so manche Schwarzafrikaner etwa aus Italien nach D kommen bzw. in Italien ein Auskommen hatten, aber wegen der wirtschaftlichen Lage dort nach D gekommen sind. Und das sieht man den einzelnen dann halt auch an. Manch andere, diese Info ist ja mittlerweile gesichert, haben schon Jahre in der Türkei gelebt und dort irgendwas an Auskommen gehabt, bis sie entschieden haben, nach D zu kommen. Die kommen auch nicht unbedingt in Lumpen nach D.

Die, die tatsächlich/direkt aus dem Heimatland kommen, indem Krieg oder sonstiger Konflikt herrscht, laufen in der Regel auch mit ihrer Situation entsprechenden Kleidern rum. Die haben auch oft diese Handys mit kaputtem Display oder halt abgefuckte Handys.
Zitat von KillingTimeKillingTime schrieb:Oder in den MUFL-Gruppen, da gibt es männliche Erzieher, aber wenn ich die sehe, frage ich mich auch, hat so ein MUFL vor denen Respekt? Achtet er seinen Betreuer? Oder wird hinterher auf arabisch gelacht und gekichert und sich belustigt über die dumme Kartoffel?
Ich persönlich glaube, man darf weder zu weit links noch zu weit rechts sein. Freundlich sein, wenn einem Freundlichkeit entgegengebracht wird. Wer unfreundlich ist, hat verschissen.

Wenn man sich normal verhält, und nicht so als hätte man ein besonders beschützenswertes Wesen noch ein widerwärtiges Wesen vor sich, dann geht das schon. Dann kommt auf beiden Seiten der Respekt. Normalerweise, also ich glaube einfach das ist die Regel, sind die Leutz dankbar. Lachen, nein. Die sind froh, wenn sie im fremden Land jemanden zum reden haben oder in gesellschaftliche Aktivitäten eingeschlossen werden. Wie du auch schreibst, sie wollen ja was von dir, und du im Prinzip nicht von ihnen. Wenn man es böse ausdrücken will, wenn einer nicht pariert, dann wird ihm/ihr auch nicht mehr geholfen oder die eigene Bereitschaft lässt nach. Und dann kommen sie auch schon von selbst und entschuldigen sich etc. Aber als ehrenamtliche/r ist man da ohnehin sehr frei.

Es gibt aber im Alltag oder in der Praxis zahlreiche liebenswürdige, höfliche erwachsene Flüchtlinge und auch Kinder mit gutem Benehmen. Ich könnte dir auf Anhieb eine in seinem Wesen bestimmt Ausnahmeerscheinung vorstellen, einen "jungen Mann" aus Afghanistan. Ganz toller Mensch, unheimlich angenehm und freundlich. Eine Familie aus Afghanistan, mit zwei erschreckend netten Eltern und drei Kindern, die sich top benehmen und eine für ihre Situation auffällige Schüchternheit mitbringen. Die Familie kannst nach Hause einladen. Ein elternloses Kind aus Syrien kann ich dir auch vorstellen, wo man gar nicht denkt bzw. was man vielleicht nie gedacht hätte. Insofern kann man ohnehin nicht pauschal der oder die Flüchtling sagen, weil es soviele außergewöhnliche Persönlichkeiten gibt, die es lohnt kennen zu lernen.

Das sind aber auch erfahrungsgemäß jene, die so gesagt direkt aus dem Dreck kommen und für den Krümel eines Kekses in D so wahnsinnig dankbar sind. Du drehst ihnen in einer Kleiderausgabe kaputte oder verfleckte Kleider an, oder die schlafen seit Monaten in einer Lagerhalle, oder die essen das, was ihnen vor die Nase gesetzt wird. Irgendwie ist ihnen das alles egal. Hauptsache sie haben ein bisschen Ruhe und Sicherheit vor Konflikten und wie sie sagen ein bisschen "Freiheit", vor in Afghanistan zum Beispiel den Islamisten. Es gibt ja Leutz, die haben am ganzen Körper Folterspuren, oder manche Kinder haben im Gesicht und am Körper sichtbare Narben von Schlägen, man frägt in der Regel nicht nach, aber ein Kind hat mir mal erzählt, iranische Polizisten schlagen die Leute ins Gesicht. Selbst manche Kinder haben keine Zähne mehr, wo man nicht weiß, was mit den Zähnen passiert ist. Vielleicht schlechte Zahnhygiene, vielleicht raus geschlagen etc. Nicht nachfragen, einfach übersehen.
Zitat von KillingTimeKillingTime schrieb:Achtet er seinen Betreuer? Oder wird hinterher auf arabisch gelacht und gekichert und sich belustigt über die dumme Kartoffel?
Aber ich will nix beschönigen, nur sagen, dass ist wirklich dann das falsche Klientel in D, das gar nicht hier sein sollte. Es gibt auch Leutchen, die sind frustriert, weil sie sich D anders vorgestellt haben oder das Asylverfahren so lange dauert. Oder, gestern hat mir ein Flüchtling erzählt, er hat das Gefühl, in D soll mit Flüchtlingen Kasse gemacht werden. Die denken auch darüber nach, warum Sicherheitsfirmen Regierungsaufgaben oder Sozialarbeit in Flüchtlingsunterkünften erledigen oder organisatorische Defizite gefühlt manchmal nur mit Klüngeleien zu erklären sind. 1 Million Flüchtlinge, nicht aus humanitären Gründen wurde mir gesagt, sondern aus finanziellen oder so. Verschwörungstheorien, warum die Deutschen wirklich Flüchtlinge aufnehmen. Mein Vater zum Beispiel spekuliert auch, D bekommt aus dem Ausland finanzielle Hilfe für die Flüchtlinge oder so. Das sich daraus Antipathien von Flüchtlingen entwickeln können gehört dann wohl dazu.


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Arbeiten in der Flüchtlingshilfe

04.04.2016 um 17:49
@kofi

Nach meinem aktuellen Wissensstand sind in Schleswig-Holstein die Camps derzeit nur zu etwa 30 - 40% ausgelastet.

Bei uns im Landkreis Nordfriesland sind die meisten ohnehin inzwischen dezentral in Wohnungen oder Häusern untergebracht. Sprach- und Integrationskurse finden an jedem Wochentag statt und sind gut ausgelastet.
Die von mir betreuten Kinder habe ich inzwischen alle in Kitas oder Schulen untergebracht. Jetzt geht es darum, Jugendliche in berufsvorbereitende Massnahmen, Praktika oder Ausbildungsverhältnisse zu bringen, bzw. bei Erwachsenen Qualifikationen nachzuweisen und die Männer und Frauen in Arbeitsverhältnisse zu bringen. Bislang bin ich noch ganz zuversichtlich.
Okay, von meiner "Kiffer-WG" mal abgesehen.


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