Wer kann schweigen / nichts tun?

AnGSt schrieb:War schon in Ordnung. Du übernimmst offenbar eine Art Verantwortung für meine Gefühle. Das ist goldig, sagte eine Freundin. Das ist nicht nötig, sagt meine Therapeutin (und sämtliche spirituell-psychologische Literatur die ich lese).

Aber, wenn man die Gefühle in einem anderen erweckt, finde ich (und die spirituell-psychologische Literatur, die ich so lese) schon, dass man eine gewisse Verantwortung hat.

@AthleticBilbao
:Y: 

AthleticBilbao schrieb:Wenn ich mich mal traue mit jemandem reden, dann ist das letzte, was ich brauchen kann, dass diese Person dann hinterher irgendwo erzählt, wie genervt sie war.

Genau, sowas hat man immer wieder gern...
Verstehe solche Menschen nicht, echt nicht.

@sunshinelight
Und ich bin eben nicht normal. Nur falls dir das noch nicht aufgefallen ist.

@AnGSt
Es steht noch nicht wirklich fest, was es genau ist. Depressionen und Angststörungen sind ein Teil davon, aber dem liegt irgendein dickes Ding zugrunde, und bis jetzt hat sich noch keiner getraut, dem ganzen einen Namen zu geben. Im Moment kommt es mir noch so vor, als ob ich nur Vorschläge bekomme: Was darfs denn sein, Soziale Phobie, Emotionale Störung, oder lieber irgendeine Form von Autismus? Egal, wie sie sich entscheiden, die posttraumatische Belastungsstörung gibts auf jeden Fall gratis obendrauf!

Im Moment befinde ich mich wohl auf dem Gipfel des Ausbruchs, ich kann nichtmal mehr die sozialen Kontakte zu meinen engsten Freunden ertragen. Ich geh kaum noch raus, niemand darf rein. Als hätte man mir die Haut abgezogen und jedes persönliche Gespräch ist wie angefasst werden. Sogar das hier versetzt mich in allerhöchsten emotionalen Aufruhr, aber irgendwo muss man ja mal wieder anfangen. Das hier ist anders, weil es nicht in Echtzeit ist. Jeder liest nach und antwortet, wann er möchte und Zeit hat, und wenn nicht sofort, dann eben nicht und es ist auch ok.

LucyFee schrieb:Und ich bin eben nicht normal. Nur falls dir das noch nicht aufgefallen ist.

Nee, aber jetzt. ;)

@sunshinelight
Macht nichts, ich habs auch nicht gleich gemerkt.

@stereotyp

Du fragst meinen Intellekt nach Gefühlen. Ich beschäftige mich lieber damit sie für mich zu verstehen und mein Herz weiter zu öffnen. Ich bemerke nämlich dass ich seit meiner Kindheit unbewusst davon ausgegangen bin man würde meine Bedürfnisse durch meine Gefühle wahrnehmen und diese verstehen und deswegen ganz so wie ich es brauche auf meine Bedürfnisse ein gehen. Da war ich in einer Erwartungshaltung für etwas das ich jetzt lerne mir selbst zu geben. So finde ich Ruhe und Gelassenheit und schon etwas Erleichterung von zB Kopfschmerzen. Wer sind denn so Deine Lieblingsautoren? Ich mag Safi Nidiaye sehr gerne und habe Selbstliebe von Robert Betz gelesen. Und einiges über die Kinder in uns und Trauma. Ich will wissen wer von uns beiden Recht hat aber Liebe ist nicht gerecht, schreibt Safi. Und dieses "wissen" ist ein Gefühl, meine ich.

AnGSt schrieb:... ferner plagt mich auch, um fast jeden Preis etwas "interessantes" sagen zu müssen da ich doch sowieso nicht weiß was jetzt gerade interessiert ...

Ich fand/finde die Menschen, die mir so begegnen interessant, wenn sie authentisch über das sprechen, was sie gerade bewegt oder was sie gerne tun. Alles kann interessant sein, wenn es der "richtige" Mensch sagt.

Vor ein paar Wochen hab ich mich mal lange mit einem Kunden über Astronomie unterhalten. Weder verstehe ich etwas davon, noch hat es mich bisher interessiert, bis ich mich der Begeisterung, mit der er darüber sprach, kaum entziehen konnte. Alles kann interessant sein, wenn es authentisch ist, wenn es den Menschen ausmacht, wenn ich spüre, dass er davon begeistert ist.

@AnGSt

AnGSt schrieb:Ich habe es von klein auf so verinnerlicht mit einem Teil von mir das zu fühlen was andere aus meiner Erfahrung heraus fühlen.

Könntest Du das vielleicht etwas ausführen?

AnGSt schrieb:. Du übernimmst offenbar eine Art Verantwortung für meine Gefühle. Das ist goldig, sagte eine Freundin. Das ist nicht nötig, sagt meine Therapeutin (und sämtliche spirituell-psychologische Literatur die ich lese).

Darauf hatte ich geantwortet, dass ich schon finde, dass man eine gewisse Verantwortung für Gefühle hat, die man bei anderen erzeugt, sprich mit Gefühlen spielt. Und von Safi und Betz hab ich auch ein paar Bücher gelesen, und sie auch nicht anders verstanden. Wir sehen das auch alle gleich. Man ist verantwortlich für seine Gefühle, und man ist es nicht. Stimmt wie immer beides. Ich merke gerade, wie ich jetzt auf den kleinen Teil meines Standpunktes beharren könnte, der deinem Geschriebenen irgendwie widerspricht, (und habe so auch oft in früheren Diskussionen agiert), aber ich glaube wir ticken ganz ähnlich, und vielleicht verstehst Du schon, was ich meine.

AnGSt schrieb:Gefühle sind Gefühle. Ich denke nicht dass die dazu da sind jemandem etwas zu sagen

Und hier will ich jetzt auch nicht sagen, ich seh das anders, oder noch viel schlimmer und verbreiter: ist falsch;
denn ich will mich nicht hier im Forum rumfetzen, wie so viele, nein mir geht es um Erkenntnisgewinn. Und über Gefühle hab ich mir die letzten Jahre echt das Hirn vermatert, also will ich Dich mal so fragen: Wozu glaubst Du, sind sie da?

stereotyp schrieb:Und über Gefühle hab ich mir die letzten Jahre echt das Hirn vermatert

Edit: Obwohl weniger über Gefühle als über Gedanken, wo sie herkommen, wie sie beeinflusst werden, und da die Interaktion zwischen Gefühlen und Gedanken.

Quizfrage: Verursachen Gefühle Gedanken, oder verursachen Gedanken Gefühle?

Und ich hab mich viel mit dem Gefühl Liebe beschäftigt, bzw.:

Nächste Quizfrage: Ist Liebe (ausschließlich) ein Gefühl?

Davon ab, in Gruppen schweige ich i.d.R., was vermutlich an Unsicherheiten liegt

Wenn man das für sich selbst so feststellt, ist das eine Sache. Habe allerdings nicht selten den Eindruck, dass in ruhige Zeitgenossen gerne mal Unsicherheiten hineininterpretiert werden, bis sie selbst dran glauben. Warum muss der "selbstbewusste" Mensch immer fröhlich plappernd an der ununterbrochenen Selbstdarstellung kratzen? ;)

stereotyp schrieb:Quizfrage: Verursachen Gefühle Gedanken, oder verursachen Gedanken Gefühle?

Laut meiner Psychologin sind die Gedanken zuerst da und daraus resultieren die Gefühle. Ich selbst bin mir da nicht wirklich sicher, auch wenn es logisch klingt.

@sunshinelight
Das ist aber nicht common sense unter Psychologen. Sie wissen es auch nicht.

AnGSt schrieb:Antwort erwarten ist für mich Stress pur.

Kann es sein das du AnGSt davor hast etwas falsches zu sagen?

Strigoaica schrieb:Habe allerdings nicht selten den Eindruck, dass in ruhige Zeitgenossen gerne mal Unsicherheiten hineininterpretiert werden, bis sie selbst dran glauben.

Das wär ja echt mal ne fies-subtile Spielart des mobbing. :)

@stereotyp

Das ist meistens nicht mal böse Absicht. Kennen von den Stillen hier bestimmt einige, dass man von fürsorglichen Personen zum Mitreden animiert wird. So nach dem Motto: "Trau dich, spring über deinen Schatten, du schaffst es, tschakka!" - und dabei ist da gar kein Schatten. Man sieht bloß keine Notwendigkeit darin, zu allem was beizusteuern. xD

Übrigens ein ganz heißes Pflaster für die Stillen unter den Schulkindern, Stichwort mündliche Noten. Wenn nur die mündlichen Noten schlecht sind, geht das sogar noch. Witzig wird es, wenn sich besorgte Pädagogen fragen, warum das arme Kind so still ist... Vielleicht, weil es das möchte? Nix gegen Alarmsignale, wenn z.B. ein sonst lebhaftes Kind sich plötzlich zurückzieht... Aber es muss sie schon noch geben dürfen, die leidenschaftlich nicht so Lauten. :D

@Strigoaica
Ich weiß nicht, ob ich dir da so zustimme. Ich denke schon, dass Platon Recht hat und der Mensch ein soziales Wesen ist. Und man kann nicht nicht kommunizieren. Dann ist die sozusagen Verweigerung der sozial adäquaten Kommunikation schon ein wenig bedenklich.

@stereotyp
Vielleicht übertreiben es manche einfach damit...

Wie in meinem Fall, also wenn man eh grade ein Problem hat. Man wird so lange wie ein Patient behandelt, bis man wirklich einer ist. Vielleicht ist mir genau das passiert. Am Ende wollte mir jeder nur noch helfen, mir was Gutes tun, mit mir über meine Sorgen reden, aber mich gleichzeitig ablenken (hä?), hochziehen, aufmuntern.....jeden verdammten Tag. Ich bestand für mein Umfeld nur noch aus Krankheit, Sorgen und Problemen. Manchmal wollte ich einfach nicht über schlimme Dinge reden, sondern über was belangloses oder gar unterhaltsames. Ist bei manchen nicht angekommen. Jetzt will ich gar nicht mehr reden, niemanden mehr sehen...

@LucyFee

Man wird aber auch oft nur zum Schein nach seiner Meinung gefragt, da die fragende Person eigentlich schon entschieden hat und Bestätigung braucht. Das ist in der Tat nervig, vor allem bei Beziehungsthemen. Ich sage dann tatsächlich meistens sowas wie "Ich habe den Eindruck, dass dein Entschluss schon steht." Bei Zustimmung meinerseits drücke ich diese aus, ansonsten kommt dann "Aber da du meine Meinung dazu hören willst..." und dann brutal ehrlich weiter. Die, die sowas öfter machen, lernen zum Glück schnell daraus und fragen sich künftig vorher, ob sie die Wahrheit oder was Schönes hören wollen - und ich hab nicht gelogen. Optimal. ;D

@Strigoaica
Du hast ziemlich gut die Worte für das gefunden, was bei mir nur als Gefühl da ist. Wenn ich dich so lese, klingt es so einfach und logisch, dass ich gar nicht begreife, warum ich das nicht erklären kann. Ich habe nur dieses anstrengende Gefühl, dass ich dieses Gespräch dann nicht will, weil es sich irgendwie leer und unecht anfühlt. Dieses Gefühl überfordert und verwirrt mich dann und ich möchte einfach nur noch schweigen. Das passiert mir auch, wenn sich mein Gegenüber selbst widerspricht, ohne es zu merken. Ich kann es nicht auf den Punkt bringen, wieso, aber ab da fühlt sich das Gespräch wieder falsch an und ich kann mich nicht mehr konzentrieren. Einfach alles verliert plötzlich seinen Sinn. Das Gesagte passt nicht zum Gefühlten. Das macht mich fertig. Die meisten Gespräche mit anderen Menschen fühlen sich für mich so an, als wäre ich mitten in einem Film, der so voller Logikfehler ist, dass ich die Handlung nicht verstehe, aber ich muss mitspielen.

Schweige ich also in der Öffentlichkeit, ist meist Verwirrung und Überforderung der Grund, zusätzlich quält mich das Gefühl, nicht richtig zu funktionieren, weil ja grade das Gegenteil von Schweigen von mir erwartet wird.

Alleine ist Schweigen pure Erholung für mich.

edit: Jetzt leuchtet mir auch ein, warum das hier im Forum besser geht. Ich kann so oft nachlesen, bis ich mir sicher bin, alles richtig verstanden zu haben. Zurückblättern, wenn mir der Zusammenhang flöten geht, meine eigenen Worte mehrmals überdenken, verbessern....aha! 😊