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Was ist gerecht?

387 Beiträge ▪ Schlüsselwörter: Philosophie, Glück, Gerechtigkeit ▪ Abonnieren: Feed E-Mail

Was ist gerecht?

24.07.2017 um 15:53
@dedux
Danke fürs Nachhaken! Dann schreibe ich wenigstens nicht für mich alleine ;-)
Ich habe diese Woche auch Urlaub und hoffe bis zum Ende der Woche mit dem Precht Buch "Die Kunst, kein Egoist zu sein" fertig zu werden.
Das Buch ist wirklich sehr interessant, noch interessanter als "Wer bin ich? Und wenn ja wie viele?"
Precht schreibt sehr einfach und anschaulich. Die "alten" Philosophen kommen alle ein bisschen verschroben aber sympathisch rüber.
Trotzdem: Ich brauche für ein Kapitel (10-15 Seiten) eine halbe Stunde inklusive Nachdenken und dieses Buch hat 500 Seiten ;-)

Nun gut zurück zum Kropotkin auf Seite 65.
Und jetzt muss mir das Kunststück gelingen mich noch kürzer zu fassen als Precht und trotzdem den Kern des Pudels zu präsentieren.

Kropotkin war ein russischer Adeliger, der eine Elitemilitärschule besuchte und als Offizier nach Sibirien ging. Dort studierte er das einfache Leben der Bauern. In der Schweiz verkehrte er mit Reaktionären und radikalen Flüchtlingen aus Frankreich. Er wird zum Anarchisten. In Frankreich wird er zu fünf Jahren Haft verurteilt und geht schließlich nach London.
1887 hält er in Manchester einen Vortrag mit dem Thema "Gerechtigkeit und Sittlichkeit". Darin widerspricht er Huxley (dem damaligen Experten in Sachen Evolutionsbiologie) heftig.

Jetzt zitiere ich Precht:
Die wichtigste Nachricht des Russen lautet: Auch Tiere besitzen elementare Voraussetzungen zur Moral.
Und unsere Vorfahren seien bestimmt nicht  roh und amorlaisch gewesen, sondern kooperativ. "Fit" in Darwins Sinne müssen nicht nur die einzelnen Tiere sein, sondern die Fitness einer Tierart zeigt sich zumeinst vor allem in ihrem Zusammenhalt gegen äußere Gefahren. Hier,
so Kropotkin, findet der wahre "Kampf ums Dasein" statt: in der Auseinandersetzung der Tiergruppen mit ihrer Umwelt. Nicht Egoismus,
Rücksichtslosigkeit und Gewalt sichern das Überleben, sondern Zusammenarbeit und Zusammenhalt.

...

Nicht Regierungen, Gesetze und Gerichte nötigen die Menschen zum freundlichen Umgang miteinander, wie bei Hobbes, sondern die Anerkennung durch den jeweils anderen. Der Verlust dieser Anerkennung durch eine schlechte öffentliche Meinung ist die höchstmögliche Strafe für das Fehlverhalten.

....

Hat Kropotkin Recht, so ist die ursprünlgiche Lebensgemeinschaft des Menschen die Horde oder der Clan. Die Kleinfamilie sei eine sehr späte Erfindung des Menschen, genau genommen eine europäische Erfindung der letzten Jahrhunderte.

...

Hat Kropotkin Recht, so ist der kommunistische Anteil in der Natur des Menschen größer als der egoistische.


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dedux ehemaliges Mitglied

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24.07.2017 um 19:05
@DieLilly
Ich stimme Kropotkin zu. Kämpfe innerhalb einer Spezies sind in der Regel ritualisiert und führen nicht zum Tod eines Artgenossen. Es gibt eine Choreographie und ein Regelwerk, nach denen diese Kämpfe über die Möglichkeit entscheiden, sich fortpflanzen zu können.

Möglicherweise ist der Mensch gerade durch kulturelle "Leistungen" dazu gekommen, diese Regeln außer Kraft zu setzen und sich seine Mitmenschen zum Feind zu erklären.

Angeborenes bzw. biologische angelegtes Verhalten kann durch intellektuelle Beeinflussung ausgehebelt werden.

Es ist im Prinzip logisch, dass Kropotkin zum Anarchisten wurde, weil er erkannt hat, dass die kulturelle Konditionierung nicht zu moralischem Verhalten anleitet, sondern paradoxerweise genau das Gegenteil bewirkt.


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25.07.2017 um 08:37
@DieLilly
@dedux

Wieso töten Löwen den Nachwuchs von Konkurrenten ?

Wieso töten Delfine aus "Spaß" kleinere Artverwandte ?

Wieso üben Seelöwen Sex beim vergewaltigen von Robben ?

Ich kann das noch nicht so nachvollziehen wo die tierische Moral ist, vor allem habt ihr denn einen Beleg außer die unbelegte Aussage dieses Schreiberlings ?


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dedux ehemaliges Mitglied

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25.07.2017 um 11:31
Zitat von BruderchorgeBruderchorge schrieb:Ich kann das noch nicht so nachvollziehen wo die tierische Moral ist, vor allem habt ihr denn einen Beleg außer die unbelegte Aussage dieses Schreiberlings ?
Zitat von DieLillyDieLilly schrieb:Auch Tiere besitzen elementare Voraussetzungen zur Moral. Und unsere Vorfahren seien bestimmt nicht roh und amorlaisch gewesen, sondern kooperativ. "Fit" in Darwins Sinne müssen nicht nur die einzelnen Tiere sein, sondern die Fitness einer Tierart zeigt sich zumeinst vor allem in ihrem Zusammenhalt gegen äußere Gefahren. Hier, so Kropotkin, findet der wahre "Kampf ums Dasein" statt: in der Auseinandersetzung der Tiergruppen mit ihrer Umwelt. Nicht Egoismus, Rücksichtslosigkeit und Gewalt sichern das Überleben, sondern Zusammenarbeit und Zusammenhalt.
Die Aussage "dieses Schreiberlings" ist sicherlich empirisch nachweisbar. In der Regel gleicht der Lebensraum keinem Schlachtfeld. Einzelne Ausnahmen mag es geben.


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25.07.2017 um 13:00
@Bruderchorge
Auch Tiere besitzen elementare Voraussetzungen zur Moral.
Hier geht es um elementarre Vorraussetzungen. Je nach Tierart mehr oder weniger entwickelt.
Der Grundbaustein liegt in der "Kooperation" und durch eigene Beobachtung im Tierreich und Interpretation von Darwins Schriften kam Kropotkin zu diesem Schluss.
Zitat von BruderchorgeBruderchorge schrieb:habt ihr denn einen Beleg außer die unbelegte Aussage dieses Schreiberlings ?
Frans de Waal, Niederländer der jetzt an einer amerikanischen Universität forscht und unterrichtet, ist Verhaltensforscher und untersuchte das Verhalten von Primaten.

Precht über de Waal:
Der Unterschied zwischen biologischer und kultureller Evolution ist, dass Lebewesen, die Absichten haben und erkennen, sich deutlich anders verhalten als Lebewesen die dies nicht können.
Das macht den Unterschied zwischen Primaten und zB. Löwen aus: Sie sind keine "Genmaschinen" sondern bewusste Absichten führen zu deutlich mehr Interessen als Überleben und Fortpflanzung.
Bei Rhesusaffen wurde beobachtet, dass gewisse Gruppenspielregeln (autoritäres versus demokratisches Alphamännchenverhalten) "kulturell" vererbt werden. Dh. sie werden abgeschaut und übernommen.

De Waal beobachtete, dass Ansätze im Tierreich zu Moral vorhanden sind. Das heißt jedoch nicht, dass sie nach unseren Masstäben "gut" und "böse" sind. Affen sind dem nach weder gut noch böse. Sie sind "gar nichts".

Um zwischen Gut und Böse trennen zu können muss man wissen was fair und unfair ist.
Hier stellte sich auch die Frage: Ist "Fairness" angeboren?
Woher kommt unser Sinn von Gerechtigkeit?
Ist Fairness eine exclusive menschliche Eigenschaft (also kulturell erworben) oder hat sie bereits ihre Wurzeln im Tierreich?


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25.07.2017 um 13:34
Zitat von DieLillyDieLilly schrieb:Bei Rhesusaffen wurde beobachtet, dass gewisse Gruppenspielregeln (autoritäres versus demokratisches Alphamännchenverhalten) "kulturell" vererbt werden. Dh. sie werden abgeschaut und übernommen.
naja ..das aber meist auch erst über dutzende von Generationen, is ja genauso wie bei Hauskatze und Hund, also das die Zahmheit schon mit in den Genen steckt.
Wir Menschen sind jedoch viel schneller in der Lage neue moralische bzw. gesellschaftliche Regeln einzuführen, haben die Möglichkeit aus der Geschichte zu lernen und danach unser Handeln auszurichten ("nie wieder Krieg und Gewalt") usw...

Das macht den feinen Unterschied aus.


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25.07.2017 um 14:08
Zitat von knopperknopper schrieb:Wir Menschen sind jedoch viel schneller in der Lage neue moralische bzw. gesellschaftliche Regeln einzuführen
Da gebe ich Dir völlig Recht. Alleine zwischen Schimpansen (unsere genetisch nächsten Verwandten) und den Menschen liegen 5 Millionen Jahre Entwicklung (letzter gemeinsamer Vorfahre).

Alleine in dieser Zeit hat sich unser Gehirnvolumen verdreifacht. Der Mensch verwendete zunächst die Gebärdensprache und entwickelte eine immer komplexere Sprache. Vermutlich waren dieses Erkennen der Absicht (hochgehobene Augenbraue, Gesicht verziehen) der Grund warum  sich unser Gehirnvolumen zusammen mit der Sprachausbildung weiter vergrößert hat. Die Ernährungsumstellung und das Verwenden von Werkzeugen dürfte dabei nur eine geringe Rolle gespielt haben.
Zitat von knopperknopper schrieb:das aber meist auch erst über dutzende von Generationen
Die Beobachtung bei den Rhesusaffen war über einen relativ kurzen Zeitraum. Und ob Demokratie und Authorität genetisch als Information weitergegeben werden kann, glaube ich nicht. Ich denke DAS ist kultureller Bestandteil.
Sollte das weitervererbt werden, müsste das mit sogenannten Memen (Richard Dawkins) geschehen. D.h. Gedankeninformationen werden weiter gegeben. Doch wie sollte das gehen? In der Welt der Wissenschaft wird das kontrovers diskutiert und es gibt keine Evidenz noch einen gesicherten Hinweis dafür.


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25.07.2017 um 14:12
Zitat von DieLillyDieLilly schrieb:Die Ernährungsumstellung
Wobei das auch strittig ist, gibt ja einige Meinungen das der Fleischkonsum maßgeblich dazu beigetragen hat...welche natürlich (welch Wunder) von den Veganern vehement widerlegt werden.
Ich weiß es auch nicht so genau, kann es mir aber gut vorstellen, wegen dem höheren Energiegehalt, Fett & Eiweiß und so.


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25.07.2017 um 14:59
@knopper

Das kommt natürlich ein bisschen blöd wenn ich behaupte, dass es nicht der Fleischkonsum war.
Ich bin Veganerin. (Fast jedenfalls)

Fleisch hatte möglicherweise den Vorteil eines raschen Energielieferanten für die Muskeln. Dadurch verblieb dem Menschen mehr Zeit für anderes.

Für das Gehirn jedoch ist Fleisch gar nicht notwendig. Und für das Wachstum erst Recht nicht.
Das Gehirn setzt als Energielieferanten praktisch ausschließlich Traubenzucker (Glukose) ein.
http://klinikum.uni-muenster.de/index.php?id=7784

Weiters sind für das optimale Arbeiten des Gehirns in geringeren Mengen auch Omega 3 Fettsäuren notwendig. (Neben fettreichen Fischen auch in Walnüssen und Rapsöl)

Das Wachstum des Gehirns selbst hängt aber gar nicht von den Nährstoffen ab sondern vom Training.
Im Unterschied zu Affengehirnen haben sich beim Menschen verschiedene Gehrinregionen stärker ausgebildet. Vor allem die für den Sprachgebrauch und die Verarbeitung von Informationen.

http://www.scinexx.de/wissen-aktuell-19172-2015-08-07.html
Frühmenschen: Schlau durch Stärke?
Kohlenhydrate lieferten die nötige Energie für die Entwicklung des Gehirns

Doch nicht nur Fleisch: Im Gegensatz zur heute verbreiteten "Steinzeitdiät" ohne Kohlenhydrate waren unsere frühen Vorfahren in der Altsteinzeit auf pflanzliche Stärke angewiesen. Denn erst diese Kohlenhydrate aus gekochter Nahrung konnten den gestiegenen Energiebedarf des wachsenden Gehirns decken, meinen Wissenschaftler. Demnach deuten die auf Zucker angewiesenen und spezialisierten Stoffwechselwege noch heute darauf hin.



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26.07.2017 um 00:02
Zitat von BruderchorgeBruderchorge schrieb:Wieso töten Delfine aus "Spaß" kleinere Artverwandte ?
Ich habe mich gerade über Delphine etwas schlau gemacht.

Delphine erkennen sich selbst im Spiegel. Sie haben also eine Art "Ich"-Bewusstsein.
Haben Delphine auch Absichten?
Delphine neigen zu Altruismus. Sie retten gestrandete Wale oder helfen Menschen in Seenot.
Laut Internet ist das aber ein reziproker Altruismus. d.h. sie erwarten irgendwann eine Gegenleistung.

Zur Frage warum Delphine aus Spaß kleinere Artverwandte töten:
Wie ich gelesen habe, machen sie das nicht aus Spaß sondern vermutlich um Nachkommen von Rivalen auszurotten.
Dabei gehen sie sogar in Gruppen vor. Delphine haben ein sehr hohes Sozialverhalten, dass dem Menschlichen als ähnlich angesehen wird.
Wie sich Delphine genau untereinander verständigen wissen wir nicht.
In der "Moral" von Delphinen muss die Tötung von Nachkommen aus "Fremdgehen" nicht schlecht sein. Vielleicht ist das bei denen normal.

Ich zitiere mal aus einem früheren Post von mir:
Zitat von DieLillyDieLilly schrieb am 30.04.2017:http://www.zeit.de/wissen/2015-05/moral-werte-kultur-emotionen

Der Artikel beschäftigt sich mit der Frage ob Moral angeboren ist oder ein Produkt der Kultur.
Unter den Etoro, einem Naturvolk auf Papua-Neuguinea, ist es üblich, dass Jungen, um in die Gemeinschaft der Erwachsenen aufgenommen zu werden, ältere Männer oral befriedigen! Zugegeben, ein weit hergeholtes Beispiel. Doch man muss nicht in entlegene Winkel der Welt fahren, um Sitten zu finden, die uns hier zu Lande moralisch fragwürdig erscheinen. Koreaner essen unsere treuesten Gefährten – Hunde. Im arabischen Raum verheiraten viele Eltern ihre Töchter nach eigenem Belieben. Und US-Amerikaner befürworten mehrheitlich die Todesstrafe. 
Sind Delphine jetzt unmoralischer als die Etoro? Oder die Koreaner weil einige ihre Hunde essen? (Anmerkung: Schweine essen ist auch nicht anders, außer dass Schweine viel intelligenter als Hunde sind)


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17.08.2017 um 11:09
Zitat von BruderchorgeBruderchorge schrieb am 25.07.2017:Wieso töten Löwen den Nachwuchs von Konkurrenten ?
Sie töten den Nachwuchs, wenn der Konkurrent nicht (mehr) fähig ist ihn zu verteidigen, sprich sie merzen das Erbgut des Schwachen aus, um sich selbst - als Stärkere, Überlebende - fortpflanzen zu können.
"Moral" heißt im Löwenrudel, daß man in Hungerzeiten nicht über das schwächste Rudelmitglied herfällt und es auffrißt, sie heißt aber nicht, daß z. B. die Jungen Vorrang haben müßten beim knappen Futter - denn es sind die erwachsenen Jäger, die die Nahrung brauchen, um bei Kräften zu bleiben und mehr davon heranschaffen zu können, die Jungen tragen zur Ernährung noch nichts bei. Und deshalb verhungern Löwenjunge häufig, wenn der Jagderfolg ausbleibt.


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17.08.2017 um 11:11
Zitat von BruderchorgeBruderchorge schrieb am 25.07.2017:Wieso üben Seelöwen Sex beim vergewaltigen von Robben ?
Der Satz enthält die Antwort schon, Übung, weil Sex und die damit verbundenen Rivalenkämpfe gerade bei den Seelöwen eine sehr brutale Angelegenheit ist. Dafür übt man lieber beizeiten an anderen Tieren, die nicht so beiß- und schlagkräftig sind.


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17.08.2017 um 11:20
Gerechtigkeit ist ein ideologisches Konzept, das an der Umsatzbarkeit scheitert.
Kein einziger Mensch ist gerecht. Woher kommt die absurde Annahme, man könnte im Kollektiv Gerechtigkeit schaffen?
Gerechtigkeit kommt in der Natur nicht vor und wir haben ein Anrecht auf unsere eigene Ungerechtigkeit. Es ist ein tiefer Schnitt in die politisch korrekte Seele der Tagträumer. Die einzige Form der Gerechtigkeit, die existiert, ist die Selbstgerechtigkeit. Das "Selbst" zu kaschieren mag vielleicht selbstlos wirken. In Wiklichkeit ist es Selbstverleugnung, denn das "Selbst" werden wir nicht los. Selbst, wenn wir es wollen. Wenn wir das Selbstverständliche nicht mehr selbst verstehen, ist das ein Zeichen dafür, dass unser "Selbst" nicht selbstständig denkt.


Zu diesem Thema kann ich auch das Buch eines österreichischen Mathematikers empfehlen: Rudolf Taschner: Gerechtigkeit siegt - aber nur im Film; Ecowin Verlag. Salzburg 2011
Sehr Lesenswert.


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17.08.2017 um 11:29
@trimeresurus

Ich mag den Taschner. Er ist ein großartiger Mathematiker und seine Vorträge zu dem Thema sind 1A.
Er hat auch tolles geleistet mit dem Math-Space im Museumsquartier.
ABER - der Taschner ist Mathematiker und weder Soziologe noch Philosoph.

Was Taschner unter anderem zum Klimawandel oder zur "gsunden Watschen" sagt ist jenseits von gut und böse.
Diesem Mann spreche ich die Fähigkeit zur richtigen Moral ab. Und ich verstehe unter "richtiger Moral" "mutal respect" im Sinne von Kohlberg.
Über die Kolumne zur "gsunden Watschn" zeigte sich auch der Grüne Bildungssprecher Harald Walser irritiert. Er forderte eine Distanzierung Taschners von "Verharmlosung von physischer Gewalt an Kindern". "Wer die sogenannte 'gsunde Watschn' als 'Gewitter mit dem kurzen, reinigenden Schmerz' bezeichnet, hat massiven bildungspolitischen Erklärungsbedarf", stellte Walser per Aussendung fest.
https://kurier.at/politik/inland/watschn-klimawandel-aufregung-um-taschner-kolumnen/279.624.190


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17.08.2017 um 11:50
@DieLilly
Du sprichst Tauscher etwas ab, das nach deinem Verständnis der "richtigen Moral" entspricht? Moral ist ja eher ein kollektives Konstrukt, weniger ein Individuelles.
Sicher liegt Tauscher sicherlich nicht in allen Belangen richtig.
Ich kann der Idee "mutal respect" nicht viel abgewinnen. Aber das wäre eine Diskussion, die inhaltlich eher nicht für ein Forum dieser Art eignet.


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17.08.2017 um 12:18
Zitat von trimeresurustrimeresurus schrieb:Moral ist ja eher ein kollektives Konstrukt, weniger ein Individuelles.
Ich glaube da liegt der generelle Fehler der Moralbetrachtung.

Moral an sich ist ja nichts Schlechtes.
Doch Moral als generelles Konstrukt (=Produkt einer Merhheit oder Elite (=Kirche oder Herrscher)) ist nicht per se die "richtige Moral".

"Mutal respect" ist ja auch nichts Neues. Eigentlich ist es das was schon Kant mit seinem kategorischen Imperativ fordert: "Handle nur nach derjenigen Maxime, durch die du zugleich wollen kannst, dass sie ein allgemeines Gesetz werde."
Er ist im System Immanuel Kants das grundlegende Prinzip der Ethik. Er gebietet allen endlichen vernunftbegabten Wesen und damit allen Menschen, ihre Handlungen darauf zu prüfen, ob sie einer für alle, jederzeit und ohne Ausnahme geltenden Maxime folgen und ob dabei das Recht aller betroffenen Menschen, auch als Selbstzweck, also nicht als bloßes Mittel zu einem anderen Zweck behandelt zu werden, berücksichtigt wird.
-Wiki Wikipedia: Kategorischer Imperativ

Taschners "gsunde Watschn" kann im Sinne des Kindes kein "mutual Respect" sein.
Eine ausgerutschte Watschn (sorry ich bin aus Österreich: Watschn = Ohrfeige) kann passieren. Auch denjenigen die versuchen sich ethisch richtig zu verhalten (auf Grund unserer Erziehung leider eingeprägtes Verhalten).
Taschner allerdings hat diese "Watschn" gerechtfertigt mit "reinigendem Gewitter".
Ergo: Taschner hat kein "richtiges" Moralverständnis sondern seine Moral ergibt sich aus seiner konservativen Erziehung heraus.
Wenn Taschner also generell der Gerechtigkeit die Existenzberechtigung abspricht (ich kenne sein Buch leider nicht), so glaube ich ihm kein Wort.

@trimeresurus
Selbstgerechtigkeit - definiere das ein wenig, dann kann ich da ansetzen.


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Rao ehemaliges Mitglied

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17.08.2017 um 12:36
Ich kenne Taschner nicht, aber wenn man den regelrechten Psychoterror anschaut, den manche Leute im Zeichen der (vorgeschützten) pc mit Kindern anstellen, wenn die was angestellt haben, bei dem der Anlaß danach immer wieder unerbittlich hervorgezerrt wird wie der berühmte Stock aus dem Sack, dann ist eine Watschn und gut ist, für das Kind tatsächlich die bessere Alternative.
Eine Watschn ist schlecht da körperliche Strafe, aber einem Kind noch zehn Jahre später irgendein typisches Kindervergehen vorhalten soll gut sein? Bei sowas mangelt es dann echt an Verhältnismäßigkeit.
Einem Kind etwas wieder und wieder und wieder vorzuhalten, was schon längst gegessen ist, ist keineswegs besser, harmloser oder akzeptabler als eine (einmalige) körperliche Strafe.


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17.08.2017 um 12:49
Zitat von RaoRao schrieb:Einem Kind etwas wieder und wieder und wieder vorzuhalten, was schon längst gegessen ist, ist keineswegs besser, harmloser oder akzeptabler als eine (einmalige) körperliche Strafe.
Ich finde den Vergleich nicht gut.

Ich habe meinem Erwachsenen Sohn ein einziges Mal eine "Watschn" gegeben. Die ist mir im Affekt ausgerutscht. Ich habe mich entschuldigt und es tut mir heute noch leid, dass mir das passiert ist.
Genau sowenig habe ich meinem Sohn aber nicht immer und immer wieder etwas vorgehalten.
DAS ist genauso falsch.

Es ist fast alles auszuhalten und ausdiskutierbar.
Den einzigen Vorwurf den ich mir heute in der Erziehung mache ist, dass ich zu wenig konsequent war und meinen Sohn zu wenig gefordert habe. Er hat sich dennoch super entwickelt und ist für "normale Maßstäbe" ein Mensch der gut durchs Leben kommt.
Ich hätte ihn aber mit mehr Konsequenz in seiner Persönlichkeit noch weiter bringen können.


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17.08.2017 um 12:52
@DieLilly
Oh, bitte bleib mir mit dem Kategorischen vom Leib. Kant ist nicht mein Freund.
Die Ethik hat sich seit jeher die Zähne ausgeschlagen, bei dem Versuch die "richtige Moral" zu definieren.
-
Aber wir können ihn gerne als Aufhänger nehmen.
Die Maxime meines Handeln sind in keinster Weise zur allgemeinen Moral geeignet. Es ist meine Moral, denn sie wird mir selbst gerecht (->Selbstgerechtigkeit). Ich kann sie aber nicht auf Andere anwenden oder übertragen.
Am oberen Ende der Nahrungskette sitzt setzt ein Egoist, der anderen vebietet, egoistisch zu sein.

Ich persönlich halte eine "Watschn" für viel zu sanft. Aber glücklicher Weise endet Hochmut immer mit dem Fall. Der Versuch, eine Ideologie zu etablieren, die besser ist als die Menschen, die sie umsetzen sollen wird scheitern.


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17.08.2017 um 13:00
Zitat von trimeresurustrimeresurus schrieb:Der Versuch, eine Ideologie zu etablieren, die besser ist als die Menschen, die sie umsetzen sollen wird scheitern.
Der Mensch ist nicht "schlecht" geboren. Es ist anerzogenes Verhalten und falsche Reaktion. Wir reagieren impulsiv mit Aggressivität statt einen Schritt zurückzutreten, nachzudenken und zu überlegen: Was bringt mein Verhalten und wie bringe ich mein Gegenüber zu dauerhaft geändertem Verhalten? Wenn ich Kritik wertschätzend anbringe, kann mein Gegenüber damit etwas anfangen. Reflektieren und sein Verhalten anpassen. Schimpfen oder Schlagen führt zu weiterer Aggressivität oder bei Kindern zu verringertem Selbstwertgefühl.
Zitat von trimeresurustrimeresurus schrieb:Ich persönlich halte eine "Watschn" für viel zu sanft.
Was bitte meinst Du damit?


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