Stören euch Bettler

FerneZukunft schrieb:Wenn man krankheitsbedingt hohe monatliche Kosten hat, die man mit dem Einkommen nicht bewältigen kann, hat man sich an Hilfsorganisationen zu wenden.

Ist ja auch wiede betteln.
Egal ob Hart 4 oder sonstwo.

Aber da sind die Armen vor dem eigenen Gewissen schön weit weg geparkt.
Gibt ja andere die sich gefälligst kümmern sollen.

FerneZukunft schrieb:Diese Menschen würden niemals auf die Idee kommen, andere anzubetteln Sie leiden meistens still vor sich hin.

FerneZukunft schrieb:Solchen Menschen helfe ich gerne.

Wie denn, wenn sie still vor sich hin leiden ?

@Merkwürdiges:

Die einzigen Bettler, die mich stören, sind wirklich diese penetranten ... oft auch Frauen, die so auf die aufdringliche Mitleidsmasche betteln...

Ansonsten stört es mich überhaupt nicht...
Die dahinter stehenden Lebensschicksale sind bei Vielen entsetzlich und die Zustände in unserem Land sind seit der Agenda 2010 so unmenschlich und unwürdig geworden, dass man bestens verstehen kann, dass manche lieber betteln als unter diesen Schikanen Geld vom Amt zu nehmen.

Ich finde es erbärmlich, dass unser Staat es nicht mal schafft, Obdachlosen z.B. kleine einzelne Nachtunterkünfte - auch mit Hund - zu bieten, damit diese nicht in Sammelunterkünften dieses ganze Elend sehen müssen... da müsste dringend was getan werden.

Nerok schrieb am 10.07.2019:Jeder Student kann dir davon ein Lied singen.

Solche Sprüche finde ich immer daneben - der Student als auf alles verzichtende Asket. Als Student musste ich mich nie von so wenig Geld ernähren, einfach weil ich dabei gearbeitet habe.

Pitbull8 schrieb:Ich finde es erbärmlich, dass unser Staat es nicht mal schafft, Obdachlosen z.B. kleine einzelne Nachtunterkünfte - auch mit Hund - zu bieten, damit diese nicht in Sammelunterkünften dieses ganze Elend sehen müssen

Ich habe beruflich bedingt recht gute Kontakte zum örtlichen Männerasyl, und das größte Hindernis ist, dass man dort
-nicht sternhagelvoll aufschlagen darf
-sich an bestimmte Zeiten halten muss, wann man gehen muss und kommen darf


Schwierig ist eben, dass viele, wenn sie eine Zeit auf der Straße leben, einfach verlernen, wie man wohnt, und man ihnen auch ein Zimmerchen nicht mehr eigenverantwortlich überlassen kann. Es gibt solche Unterkünfte, bevor man eine solche bekommt, muss man sich aber bewähren. Oder man hat z.B. zwar keine Wohnung mehr, aber noch einen Job, dann wird das auch ermöglicht.
Aber von der Straße in eine kleine Einzelunterkunft, auch für ne Nacht, ohne „soziale Kontrolle“ durch erfahrene Mitbewohner, das geht schnell in die Buchse, leider.
Und, auch das muss man deutlich sagen, es gibt einem gewissen Anteil an Obdachlosen, die so leben wollen.

cejar schrieb:Als Student musste ich mich nie von so wenig Geld ernähren, einfach weil ich dabei gearbeitet habe.

Schön für dich. Aber das kann nun mal nicht jeder.

@Ilvareth: Das kann ich gut nachvollziehen, das so etwas nicht ohne soziale Kontrolle funktioniert. Ich dachte auch eher mit einer "Aufsichtsperson ähnlich wie in der Sammelunterkunft, aber eben mit z.B. absperrbaren "Einzelkabinen" o.ä.
Das könnte man ja ggf. auch auf einen Versuch ankommen lassen und dann dürfen eben nur die wiederkommen, die sich entsprechend benehmen können.

"Es gibt solche Unterkünfte, aber bevor man die bekommt, muss man sich bewähren"
Wer stellt denn so eine Unterkunft zur Verfügung? kostenlos?
Habe ich noch nie gehört, will ich aber keinesfalls anzweifeln, ich kenne mich in diesem Bereich nicht aus, aber der Ansatz wäre ausbaufähig,meinst du nicht?

@Nerok

Um es mal anders zu formulieren - in den 6 Jahren meines Studiums habe ich nicht einen Studenten kennen gelernt der sich von EUR 40 im Monat ernähren musste.

Und tatsächlich behaupte ich, daß jeder nebenbei arbeiten könnte, wenn er denn wolle.

Hyperborea schrieb:Aber da sind die Armen vor dem eigenen Gewissen schön weit weg geparkt.

Bettler wecken in mir überhaupt kein schlechtes Gewissen.

Ich spende nicht aus schlechten Gewissen. Ich bin ja nicht Schuld am Schicksal von anderen.

Es gibt viele Menschen, die mir leid tun und deren Schicksal ich brutal und unfair empfinde.
Das sind behinderte Kinder/Erwachsene, hilfsbedürftige alte Leute und Menschen, die jemanden aufopfernd pflegen.
Denen gebe ich gerne Geld.

Hyperborea schrieb:Wie denn, wenn sie still vor sich hin leiden ?

Weil sie vielleicht in einer Hilfsorganisation auf ihre Situation aufmerksam machen, aber nicht direkt auf der Straße Menschen anbetteln.
Das ist wahrscheinlich Sympathiesache. Mir sind halt Menschen lieber, die ihr Leben nicht auf der Straße zur Schau stellen.

Das hat absolut nichts mit Wegschauen vor Armut und Elend zu tun.

@Pitbull8
Also hier, im städtischen Männerasyl gibt es eine „Schlafetage“, das sind sechs- und Achtbettzimmer, und darüber gibt es eine „Wohnetage“, ein Zimmer mit Kochnische.
Ist ne städtische Einrichtung. Dort wird auch eine Kleiderkammer geführt, die Bewohner können sich in der „Herrenboutique“ entsprechend versorgen, wer in eigenen Wohnraum zieht, kann dort auch mal Handtücher und Bettwäsche bekommen für den Neustart.

Einzelzimmer für den Dauerbezug gibt es auch im CVJM-Heim. Diese Zimmer sind heissbegehrt. Da gibt es auch entsprechende Betreuung vor Ort, Unterstützung bei Behördengängen etc.

Oft kommen ja zur Obdachlosigkeit noch andere Probleme. Schulden, unterschiedlichste Suchterkrankungen, fehlende soziale Bindungen, gesundheitliche Probleme, sowohl als Ursache als auch als Wirkung. Ein Dach überm Kopf reicht halt vielfach nicht aus.

@Ilvareth
"Da gibt es dann auch entsprechende Betreuung vor Ort, Unterstützung bei Behördengängen etc."

Viele Obdachlose wollen eben genau das nicht , diese ständigen sozialpädagogischen Hilfsangebote, Fremdbestimmung durch Behörden etc.
und sind gewissermaßen auch dort wo sie sind, (auf der Straße) um diesbezüglich ihre Ruhe zu haben.

Daher meinte ich in der Tat Einzelunterkünfte, an die keine Bedingungen wie Annahme von sozialpädagogischer Hilfe, Anmeldung u. Abhängigkeit von Behörden etc. geknüpft sind, sondern die einfach zum Übernachten geboten werden ohne, dass die Personen sich irgendwie für ihre Situation rechtfertigen müssen, gegängelt oder missioniert werden.

FerneZukunft schrieb:Es gibt viele Menschen, die mir leid tun und deren Schicksal ich brutal und unfair empfinde.
Das sind behinderte Kinder/Erwachsene

Mein Bruder ist schwerbehindert und seine Freundin auch, sie sitzt im Rolli. Es wird sowieso immer schon reichlich gestarrt und geglotzt, wenn wir unterwegs sind. Mitleid hilft keinem von beiden. Was soll das auch? "Es tut mir so leid, dass du im Rolli sitzt, andere können so toll laufen :(" oder was? Ja, und nu?
Hilfsbedürftige und/oder alte Menschen können mit Mitleid genau so wenig anfangen. Das ist das Letzte, was man da noch braucht.

Ich kenne niemanden, der beschlossen hat, Suchtkrank zu werden weil es so geil ist oder obdachlos, weil es so geil ist bei Wind und Wetter draussen zu schlafen. Die wenigsten beziehen Hartz4 weil sie lieber auf der faulen Haut liegen. Das hat meisst andere Gründe. Verhungern wird niemand in D, das ist wahr. Gesund ernähren kann man sich von zb Hartz 4 aber auch nicht. Das beweist schon der Fakt, dass schwer kranke Menschen vom Amt einen Zuschuss für gesundes Essen bekommen! Und letztendlich besteht ein Leben mehr als aus satt zu sein.

Nur wenige Punkte, die man sich einmal vor Augen führen sollte, bevor man Menschen pauschal verurteilt.

FerneZukunft schrieb:Das ist wahrscheinlich Sympathiesache. Mir sind halt Menschen lieber, die ihr Leben nicht auf der Straße zur Schau stellen.

Dich kotzt deren Armut einfach nur an, oder! Wenn Menschen leiden, dann am besten so, dass man sie nicht sieht. Sind schließlich selber schuld. Zum Glück bekommen diejenigen deine Aufmerksamkeit, die "richtig wahrhaftig" leiden. Grundlos. Schuldlos. Jung. Alt. Behindert. ...
Und der Rest? Denkst du, dass auf der Strasse so viele Menschen landen, weil sie selbst schuld sind? Sag das den Leuten auf der Strasse doch mal! Oder geht es hier einfacher? Sympathiesache ... Junge, Junge du bist ein echter Held!

FerneZukunft schrieb:Das hat absolut nichts mit Wegschauen vor Armut und Elend zu tun.

Nö, woher auch ...

Na ja, es gibt halt solche und solche in eigentlich unzumutbaren Lebensverhältnissen ... und manche mag man weniger als die anderen.

Pitbull8 schrieb:Viele Obdachlose wollen eben genau das nicht , diese ständigen sozialpädagogischen Hilfsangebote, Fremdbestimmung durch Behörden etc.
und sind gewissermaßen auch dort wo sie sind, (auf der Straße) um diesbezüglich ihre Ruhe zu haben.

Ich glaube, da liegt der Hase im Pfeffer, dass das mit den einfachen Übernachtungsmöglichkeiten nicht geht.

Diese Wohnheime werden von den Kommunen gestellt, Grundlage hierfür ist das Ordnungsbehördengesetz. Für die Obdachlosen besteht eine Gefahr, die abgewendet werden soll. Das geht effektiv aber nur dann, wenn man die Zielrichtung hat, die Leute wieder zu integrieren und in eigene vier Wände zu bekommen.
Für solche Unterkünfte, wie du sie vorschlägst, fehlt nach meinem Verständnis die Rechtsgrundlage (dann spielen da auch so Sachen wie Zivilrecht, insbesondere Mietrecht mit rein).
Rechtlich scheint das ein sehr komplexes Thema zu sein. Und nicht ganz so einfach aufzudröseln.

coronerswife schrieb:Mein Bruder ist schwerbehindert und seine Freundin auch, sie sitzt im Rolli. Es wird sowieso immer schon reichlich gestarrt und geglotzt, wenn wir unterwegs sind

Man schaut automatisch auf alles, was (in welcher Form auch immer) nicht dem Durchschnitt entspricht. (ebenso Kleidung, Styling, Verhalten)

Gegen kurzes Hinschauen ist auch nichts einzuwenden.
Langes anstarren für den Betroffenen extrem belastend. Das sollte eigentlich jeder wissen. Leider tun es trotzdem viele.

Ich mag behinderte Menschen sehr gerne, ich bewundere es, wie sie ihr Leben meistern.

coronerswife schrieb:Mitleid hilft keinem von beiden. Was soll das auch? "Es tut mir so leid, dass du im Rolli sitzt, andere können so toll laufen :(" oder was? Ja, und nu?Hilfsbedürftige und/oder alte Menschen können mit Mitleid genau so wenig anfangen. Das ist das Letzte, was man da noch braucht.

Man hat keinen Einfluss auf das, was man empfindet. Wenn man für jemanden Mitleid verspürt, ist dieses Gefühl plötzlich da, trotzdem es (wie Du schreibst) das Letzte ist, was der Betroffene braucht.

MokaEfti schrieb:Dich kotzt deren Armut einfach nur an, oder!

Nein!
Ich hinterfrage nur, warum jemand „arm“ ist.
Es gibt für mich Menschen, die unschuldig in Armut geraten, aber auch solche, die meiner Meinung nach selber Schuld an ihrer Situation sind.

Auch wenn es verständnislos und hart klingt, aber jeder darf und soll selbst entscheiden, wem er helfen /unterstützen will und wem nicht.

Das ist und bleibt meine Meinung.

FerneZukunft schrieb:Ich mag behinderte Menschen sehr gerne, ich bewundere es, wie sie ihr Leben meistern.

Was soll das denn? :D
Was ist toll an Leuten, die einbeinig unterwegs sind?
Das kann man so pauschal doch gar nicht sagen. Das sind Menschen mit Persönlichkeit und Charakter, wie kann man da alle mögen? WTF?

coronerswife schrieb:Was soll das denn? :DWas ist toll an Leuten, die einbeinig unterwegs sind?Das kann man so pauschal doch gar nicht sagen. Das sind Menschen mit Persönlichkeit und Charakter, wie kann man da alle mögen? WTF?

Du hast recht, nicht jeder behinderte Mensch hat automatisch einen guten Charakter.

Bitte nicht falsch verstehen, ich behaupte nicht, dass jeder beeinträchtigter Mensch sich so verhält:
Falls einige Menschen mit Behinderung eventuell unfreundlich, abweisend oder verbittert auf Mitmenschen reagieren, habe ich dafür Verständnis.
Ich mag sie trotzdem.
Es ist mir klar, dass sie es nicht leicht im Leben haben und wahrscheinlich deshalb so reagieren.

Wenn nicht behinderte Menschen sich so verhalten, habe ich dieses Verständnis nicht automatisch. Da muss ich mir erst die Lebensgeschichte anhören, damit ich entscheiden kann, ob dieses Verhalten meiner Meinung nach ok ist oder nicht.

Ich kenne auch einige körperlich behinderte Menschen. Das sind alles liebe, freundliche Leute die ich wirklich gerne mag. Auch sie wollen, dass man ganz „normal“ mit ihnen umgeht. Das mache ich auch.


Wie geschrieben, ich finde betteln nicht ok, aber wenn jemand ruhig sitzt und einfach nur eine Dose vor sich stehen hat, akzeptiere ich es. Ich gebe aber kein Geld.

Wenn jemand aggressiv bettelt, sage ich ihm schon, dass er sich unmöglich verhält.

FerneZukunft schrieb:aber auch solche, die meiner Meinung nach selber Schuld an ihrer Situation sind.

Inwiefern ist jemand selber Schuld, gibt es ein Beispiel?

FerneZukunft schrieb:Wenn nicht behinderte Menschen sich so verhalten, habe ich dieses Verständnis nicht automatisch. Da muss ich mir erst die Lebensgeschichte anhören, damit ich entscheiden kann, ob dieses Verhalten meiner Meinung nach ok ist oder nicht.

Klar, weil jeder verpflichtet dazu ist, dir seine Geschichte zu erzählen, die du dann bewerten kannst und demjenigen dann noch erklären kannst, wie er sich seiner Geschichte nach zu verhalten hat.
Das hat jeder unglaublich gern.


Dass man bei Bettlern auf die Art und Weise achtet, kann ich nachvollziehen, handhabe ich auch so, aber dass man anfängt, mit einer Schicksalswage da zu sitzen und die Schuld mit abwägen will, das find ich echt seltsam.