Wie sich Altern anfühlt? Nun, gesundheitlich wird "Du hast XY. Das wird schon wieder" zu "Sie haben XY. Gewöhnen Sie sich daran." Man entwickelt chronische Leiden, die zum bisherigen Lebensweg passen. Das einzusehen, also dass diese Symptome nicht mehr weggehen, ist schwierig.
Da man sich körperlich schwächer fühlt, legt man mental mehr Wert auf Sicherheit und Gewohnheiten. Das eigene Wirkungsfeld wird kleiner, das Alltagsleben zu einer Folge von Ritualen. Entsprechend schnell vergeht die Zeit.
Das beschleunigte Zeitgefühl in Verbindung mit der Erkenntnis, näher am Tode als an der Geburt zu sein, führt zu dem, was man Midlife-Crisis nennt: Da erklärst du plötzlich alles, was du im Leben getan hast, für unzureichend bis falsch, wirfst dir jedes Versäumnis vor, an das du dich erinnerst, und suchst händeringend nach einer Bestimmung.
Diese Suche wiederum verläuft immer wieder im Sande, eben weil du weniger Energie als früher hast.
Findest du deine späte Bestimmung, wirst du zum Fanatiker dieser Sache.
Findest du sie nicht, wirst du zum Zyniker. Je nach dem, wie du allgemein tickst, ziehst du dich dann entweder nach und nach in den allerengsten Kreis zurück oder suchst so oft wie möglich Gesellschaft, um dich darin zu verlieren.
Groucho schrieb:Klar, war auch kalt am Kopf, aber okey.
Heute bin ich da deutlich empfindlicher.
Dergleichen vermeide ich, so lange es geht. Mein Körper hat mir so etwas noch nie gedankt. Ich arbeite körperlich ziemlich hart. Jedes Mal, wenn ich mich länger als eine Woche ausruhe, verwandle ich mich von einem einigermaßen fitten Mittvierziger in ein Wrack. Dann schmerzen die Gelenke richtig, dann wird die Verdauung empfindlich, dann randaliert das Zentrale Nervensystem. Melde ich mich aus irgendeinem Grund krank, habe ich am Ende noch allerlei Gründe mehr.
Ich hatte mal monatelang Schlafstörungen, weil ich Dunkelheit und Stille brauchte, aber Rollläden und Ohropax nicht ausreichten. Diese Störungen wurde ich los, als ich eines Nachts beschloss, Rollo und Ohren offen zu lassen.
Daher ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass ich von dem Moment an, da ich dem Kälteempfinden nachgebe, das halbe Jahr lang nur noch dick verpackt vor die Tür kann.
Nein, das geht nicht.
Der alternde Körper will einschlafen. Immer ruhiger, immer kuschliger, immer wärmer. Nur ist der Schlaf, nach dem er sich sehnt, der Tod, und ich habe kein Interesse daran, ihn dabei noch mehr zu unterstützen als ohnehin schon.
Dazu Dylan Thomas, so schwer es auch fällt:
"Do not go gentle into that good night,
Old age should burn and rave at close of day,
Rage, rage against the dying of the light!"