azazeel schrieb:Geschmackssache. Ich möchte nicht im Mietvertrag meiner Kinder stehen, alleine schon, weil das (in meinen Augen) eben mit zum Ausziehen gehört, sich da abzukoppeln. Aber das ist wirklich abhängig von den Umständen.
Das kann ich absolut nachvollziehen und ginge mir selbst wohl auch so.
Allerdings: Früher hat man als Student*in bzw. Azubi entweder noch zuhause gewohnt oder im Studentenwohnheim oder in einem WG-Zimmer. Dass man sich quasi direkt zum Abi 'ne eigene Wohnung zulegt ist 'ne relativ neue Angelegenheit die mich um so mehr verblüfft als dass die Mieten sowie Betriebskosten ja zwischenzeitlich explodiert sind. So sehr, dass es jetzt oft schon so ist, dass sich z.B. eine ausgebildete, voll im Berufsleben stehende Krankenschwester eine solche Wohnung nicht leisten kann.
Als sozial denkender Vermieter überlegste Dir dann schon warum man an Studis/Azubis vermieten sollte die naturgemäß entweder garnicht oder eben nur in einem Minijob Geld verdienen das garnicht für die Miete inkl. Betriebskosten reichen würde.
Zumal Studis/Azubis sehr undankbare Mieter sind da sie üblicherweise nach der Ausbildung wieder ausziehen. Und jeder Mieterwechsel kostet nun mal viel Energie, Zeit und natürlich auch Geld.
Raspelbeere schrieb:Bürgschaften übernehme ich jedenfalls nur wenn
- die Person bislang sich finanziell verantwortungsbewusst gezeigt hat
- die Sache realistisch bezahlt werden kann (die kleine Wohnung für den Studenten - nicht heikle Investitionen)
- [...]
*Geht da nur um die normalen Lebensunterhaltskosten; Miete, Lebensmittel, Krankenversicherung für eine zweite Person kann ich bezahlen und würde ich auch von mir aus wenn nötig.
Wie willst Du denn wissen ob ein Studi/Azubi sich bisher finanziell verantwortungsbewußt gezeigt hat wenn er doch bisher im "Hotel Mama" gewohnt hat und entsprechend NULL Plan hat was so ein selbständiges Leben kostet?
Die "kleine Wohnung für den Studenten" kostet monatlich mit ganz viel Glück auch schon mindestens 700€ - also mehr als man per Minijob nebenher verdienen könnte. Selbst im Studentenwohnheim kommt man heute eher selten mit weniger Miete hin (zumindest hier in der Region). Das geht garnicht ohne finanzielle Unterstützung, woher auch immer.
Und mehr als Minijob neben der Ausbildung ist halt auch nicht empfehlenswert - im Studium kann das schnell bedeuten dass man dann ein Semester oder zwei dranhängen muß (was bezüglich Wohnung dann - von den günstigen 700€ aus gerechnet - 4.200-8.400€ zusätzlich ausmacht - und da sind noch keine Lebensmittel, Versicherungen, Klamotten etc. dabei, schon garnicht sonstige Ausgaben fürs Studium wie z.B. Literatur, Exkursionen usw.).
Raspelbeere schrieb:Am wichtigsten fände ich es hier, dass das (hypothetische) Kind unkompliziert eine (pragmatische) Wohnmöglichkeit findet, um sich dann auf Ausbildung oder Studium zu konzentrieren.
Ansonsten ja, finde Abkoppeln wichtig und habe das auch selbst getan, selbst früh ausgezogen und auch definitiv nicht mehr "Samstag zum Wäschewaschen zu Mutti fahren".
Wäschewaschen bei Mutti macht man bis man das Geld für 'ne eigene Waschmaschine zusammen hat - sag ich jetzt mal so.
Abkoppeln ist ja schön und gut, man muß es sich aber auch erstmal leisten können.
Was ist denn eine "pragmatische" Wohnmöglichkeit? Muß es immer gleich die eigene Wohnung sein? Würde ein WG-Zimmer nicht ausreichen? Früher sagte man "Lehrjahre sind keine Herrenjahre" und viele Azubis mußten von ihrem Ausbildungsgehalt sogar noch was zuhause abgeben um sich zu beteiligen. Heute scheint es umgekehrt zu sein, damit das Kind sich "abkoppeln" kann sollen die Eltern bezahlen - und zwar schon während der Ausbildung. Was ist denn daran "abkoppeln" wenn die Eltern für einen bezahlen?
Raspelbeere schrieb:Einzige Bürgschaft für mich war die Elternbürgschaft für die erste keine Wohnung - ohne war nichts zu bekommen.
Das wundert mich sehr - bist Du sicher dass es da nicht nur um die Kaution ging? War das wirklich eine echte Bürgschaft?
Hierzulande (Großraum Stuttgart) sind Mietbürgschaften äußerst selten und wenn jemand damit ankommt wird ein Vermieter erstmal sehr, sehr skeptisch - einem Vermieter ist eine ganz normale Kaution da immer lieber, ist ja logisch, denn da fließt Geld und nicht nur ein Versprechen dass jemand anderes bürgen wird (was womöglich bedeutet dass man das erstmal einklagen muß - was letztendlich auch wieder viel Geld und vor allem Nerven kostet und am Ende zahlt man womöglich sogar drauf in Sachen Anwaltskosten).
Raspelbeere schrieb:Günstigstmögliche Wohnung genommen, sehr sparsam gelebt, Miete und andere Rechnungen immer eigenständig pünktlich vollständig bezahlt und nie jemanden um Geld gefragt.
Warum mußte es direkt eine eigene Wohnung sein? Und wie konntest Du das nebenher finanzieren?
So günstig waren die Mieten auch in den 80ern und 90ern nicht dass sich Azubis/Studis das leisten konnten, insbesondere Studis nicht die ja kein Ausbildungsgehalt beziehen sondern nebenher jobben müssen.
nairobi schrieb:Das ist richtig, es kommt auf deren Situation an. Meine Tochter hat studiert und ein geringes Einkommen gehabt. Mit einer Bürgschaft durch die Eltern besteht in so einem Fall überhaupt erst die Möglichkeit, für einen Vermieter in die engere Wahl zu kommen. Studierenden gegenüber haben viele Vermietende Vorurteile.
Lieber ist ihnen natürlich ein berufstätige, solventer Mieter.
Ja und nein.
Es ist ja kein "Vorurteil" dass Studis normalerweise schlechter dastehen als jeder Azubi mit Ausbildungsgehalt - auch wenn nebenher gejobbt wird (ein Mini-Job reicht halt nicht um sich eine Wohnung zu finanzieren sondern vielleicht grad mal so für Lebensmittel & Co.).
Wem's anders geht kann das ja gerne nachweisen. Als mir das erste Mal ein Studi eine Aufstellung in die Hand gedrückt hat wie er sich die eigene Wohnung leisten kann mußte ich schwer schlucken, ganz oben auf der Liste stand da "Kindergeld"...
Es ist ebenfalls kein "Vorurteil" dass Studis/Azubis als Mieter äußerst undankbar sind, weil sie üblicherweise nach Abschluß der Ausbildung direkt wieder ausziehen, also meist schon nach 3 Jahren. Kein Vermieter hat Interesse an kurzen Mietverhältnissen, denn wie gesagt: Jeder Mieterwechsel kostet den Vermieter Geld, Zeit und Nerven.
Wichtig auch: Als Vermieter DARF man per Gesetz (!!!) lediglich 3 Kaltmieten Kaution verlangen (was viel zu wenig ist). Das gilt auch für entsprechende "Mietbürgschaften". Dann können die Eltern auch einfach gleich die Kaution überweisen, da braucht es keine "Bürgschaft". Dem Vermieter ist es am Ende egal woher das Geld kommt mit dem eventuelle Schäden an der Wohnung dann bezahlt werden wenn die Kaution nicht ausreicht (tut sie nie) - und den Mieter dann darauf zu verklagen ist der ordnungsgemäße Weg, egal ob der Studi/Azubi oder Vollverdiener ist.
Raspelbeere schrieb:Bei mir/ uns war das ganz genauso - eigene (winzige) Wohnung alleine (immer im Bereich die Miete sicher selbst zahlen zu können, bin da sehr vorsichtig), es ging nur mit Elternbürgschaft.
Ich kann das nicht glauben - gibt's dazu irgendwelche Statistiken?
Was bringt es dem Vermieter etwas zu verlangen, das rechtlich garnicht haltbar ist? Kommt er damit nicht sogar in eine Situation dass er damit die Kaution verliert, weil er statt dessen etwas verlangt hat das er garnicht darf?
Kaution zu verlangen ist rechtlich völlig in Ordnung - aber eben nicht mehr als das. LEIDER!!!
Raspelbeere schrieb:Danach im Studium eine kleine Wohnung (1 Zimmer) mit meinem Partner, meinem heutigen Ehemann - war uns lieber als WG mit Fremden (es sind keine Freunde dorthin zum Studium umgezogen, somit wäre es ansonsten eine typische WG-Situation mit Zusammenziehen mit Fremden gewesen), war auch günstiger als WG, ...
Wieso war das günstiger als WG? Die Wohnung wird ja dasselbe gekostet haben ob Ihr ein Paar wart oder nicht?
Raspelbeere schrieb:... wurde aber natürlich von Vermietern als sehr riskant angesehen "was wenn die sich trennen/ allgemein einer auszieht und einer alleine das nicht bezahlen kann".
Das ist doch Kokolores, das Problem hast Du als Vermieter immer wenn Du an ein Paar vermietest. Aber wenigstens hat man dann gleich zwei Leute im Mietvertrag stehen die man jeweils einzeln verklagen könnte wenn was schief geht.
Viel schwerwiegender dürfte da das Argument mit der kurzen Mietdauer sein die ja bei Studis/Azubis schon vorgegeben ist.
Streng genommen ist das bei Vermietung an WG auch nicht anders - nur dass man da andere Konstrukte vorziehen wird, je nach der individuellen Situation halt.
Raspelbeere schrieb:In beiden Fällen wurde die Bürgschaft nie angetastet und es gab auch keinen Zahlungsverzug bei Miete, Nebenkosten oder generell irgendetwas. Die dringenden, wichtigen Kosten (Miete, Nebenkosten (sparsame Nutzung), Krankenversicherung/ unabdingbare Gesundheitsausgaben, Lebensmittel, ggf. Kosten für Bildung (Semesterbeitrag, Papiergeld etc.) hatten für uns immer alleroberste Priorität.
Das ist vorbildlich, aber leider sehen das nicht alle so. Und gerade bei der ersten eigenen Wohnung haben ganz viele noch überhaupt keinen Plan was das Leben so kostet und sind schon schockiert wenn sie das erste Mal selbst Waschmittel kaufen müssen. Oder wenn mal was kaputt geht. Allein schon wenn Du schreibst "Nebenkosten (sparsame Nutzung)" fängt's ja an. Ich hab da Leute erlebt die haben alleine so viel Wasser verbraucht dass sie sich offensichtlich täglich mindestens einmal die Wanne haben volllaufen lassen. Die wissen oft garnicht wieviel Wasser so kostet, vor allem Warmwasser.
Dass Vermieter nur ungerne an sehr junge Menschen vermieten für die das die erste eigene Wohnung ist hat ja Gründe.
Wir alle wissen dass man sich beim "Abkoppeln" halt auch erstmal selbst eingrooven muß, dass es eine gewisse Zeit braucht bis man auch nur die Putzroutinen intus hat die bisher im "Hotel Mama" einfach auf wundersame Art und Weise von selbst erledigt wurden.
Ich hab das so oft erlebt dass mir Leute (unaufgefordert) ihre Schufa vorgelegt haben - sich aber dann mit einer luxeriösen Einrichtung direkt verschuldet haben. Ist doch klar dass man lieber an Leute vermietet die den Lernprozess "wie komme ich überhaupt alleine zurecht" schon hinter sich haben und auch im Kopf etwas erwachsener und selbständiger sind.
Beispiel: Hatte mal eine Mieterin die hat allen ernstes den Installateur gerufen um einen Perlator auszutauschen - und wollte dann dass ich die Rechnung bezahle. Ich hab gedacht ich hör nicht recht! Hätte sie mich angerufen hätt ich ihr erklärt dass man sowas auch selbst machen kann und dass es vermutlich reicht den ausgebauten Perlator zu entkalken und wieder einzubauen. Im Normalfall wär ich halt vorbeigekommen und hätte ihr gezeigt wie das geht bzw. eigentlich hätte sie das schon zuhause lernen können wie man das macht, gehört ja zu den üblichen Haushaltstätigkeiten.
Raspelbeere schrieb:Hatte da auch mit 20 die "spießige" Einstellung: Wenn ich mir etwas nicht leisten kann, kann ich es mir nicht leisten. Hätte mir es für mich nie vorstellen können, wie z.B. bei Mit-Azubis, 2.-Bildungsweg-Mitschüler, Kommilitonen gesehen (keine Unterstellung sondern sie nannten es selbst), am Anfang des Monats noch Geld für Freizeit, "sich was gönnen" auszugeben und am Monatsende kann man die Miete nicht mehr bezahlen.
Damit bestätigst Du genau die "Vorurteile" (die eben leider keine sind sondern in den meisten Fällen einfach Erfahrungswerte).
Das Problem das ich da sehe ist vor allem dass ganz vielen die sich "abkoppeln" wollen garnicht klar ist was sie sich leisten können und was nicht - auch weil sie garnicht wissen was da an Kosten auf sie zukommt, woher sollen sie es auch wissen, so frisch aus "Hotel Mama"?
nairobi schrieb:Letztendlich hat es nicht geklappt und so ist sie dann erst mit 27 Jahren ausgezogen.
Ich habe die Vorbehalte mancher Vermieter nicht verstanden. Nicht jeder Studierende feiert ständig Partys. Das scheinen manche aber zu glauben. 🤦♀️
Ach was, um Partys geht es dabei garnicht. Das ist vielleicht das was die Leute glauben (zumindest erweckt das den Eindruck wenn man in fast jedem Gesuch liest dass keine Partys gefeiert würden).
Funfact: Bei Bewerbern die so ausdrücklich betonen dass sie keine Partys feiern würden schau ich mir immer die Social-Media-Accounts an. Ihr würdet nicht glauben wieviele Partybilder man da dann finden kann, oder Raucherbilder von angeblichen Nichtrauchern, oder Haustiere die angeblich nicht existieren usw......
Partys müssen auch garkein Problem sein - es kommt halt auf den Rest der Hausgemeinschaft an. Wenn man ansonsten nur alte Menschen als Mieter hat ist doch klar dass man keine Party-WG im Haus haben will weil man dann damit rechnen muß dass die anderen Mieter sich beschweren. Wenn man aber eine Hausgemeinschaft aus lauter jungen Leuten hat werden die eher mitfeiern als sich beschweren...
Fakt ist halt: Studenten können sich im Normalfall keine eigene Wohnung für sich alleine leisten - dafür reicht kein Bafög und auch kein Minijob. Als Vermieter weiß man das und entsprechend natürlich auch dass man da hinterfragen muß wie das funktionieren soll. Ob und wie man sich dann arrangiert wird immer vom Vermieter abhängen, und der sollte die Risiken kennen wenn er nicht totaler Anfänger ist (dann muß er halt auch erstmal seine Erfahrungen machen).