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Über die Philosophie des Kapitalismus

332 Beiträge ▪ Schlüsselwörter: Politik, Geld, Gesellschaft ▪ Abonnieren: Feed E-Mail

Über die Philosophie des Kapitalismus

09.10.2013 um 17:16
@Warhead
das ist wirklich so. die symbiose ermöglicht erst den mehrzelligen organismus, und von der biologie lernen, heisst überleben lernen. stimmt genau^^

wir sollten endlich den technischen fortschritt zum wohle aller nutzen, und gucken, wie sich das potenzial des menschen hier entwickelt.

das ist schliesslich auch der evolution geschuldet, dass man das wahre potenzial hier endlich ausschöpft, und nicht ständig neidisch zum nachbarn schielen muss, aus angst irgendwann mal nicht mehr über die runden kommen zu können, und letzlich gegenseitig ausbremst. gesellschaftliche kontrollzwänge wo man nur hin sieht. misstrauen, missgunst und unterschwälliger hass, mit mobbing, mit depressionen mit staatlich gewollten drogenräuschen um zu vergessen und zu verdrängen, dass man ein nichts im nichts ist, und darüber auch noch von seinesgleichen bestraft wird. eine bande von wildgewordenen egomanen mit herrschaftanspruch die vor lauter idiotie nicht merken, dass sie sich in ihren ideologischen sado-masospielchen die luft zum atmen abschnüren, und nicht mehr richtig denken, fühlen und leben. ;)

wäre sehr begrüssenswert, nachdem wir schon so oft "versagten"

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09.10.2013 um 17:27
@rockandroll
Wir versagten überhaupt nicht...jedesmal wenn in irgendeinem Teil dieser Welt ne sozialistische oder kommunistische Partei die Wahlen gewinnt,oder eine Revolution die Tyrranei hinwegfegt,kommen CIA,MI6 oder ein anderer sinistrer Haufen und schmieden mit der Reaktion einen Putsch...klappt das nicht werden ganz offen die Marines geschickt...so wie im Iran,wie auf Grenada oder in Nicaragua...als Nicaragua das zweitemal fällig war rüsteten sie die reaktionären Contras aus


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09.10.2013 um 17:28
@Warhead
ich meinte "uns" menschen. schliesslich ist der cia auch nur ein haufen leute, nichts weiter. ein umdenken auf breiter front lässt sich nicht mit gewalt erzwingen. das ist der punkt


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09.10.2013 um 17:41
@rockandroll
Naja,die Herrschenden machen weiter bis zur letzten Patrone...das zeigte das Beispiel Bolivien.
Dort wurde das Wasser privatisiert,von Vivendi,auch das Regenwasser...die glaubten sie kämen damit durch,erhöhten die Preise,investierten nicht in die Infrastruktur,kürzten die Löhne und schmissen Wartungspersonal raus...dann ging alles ganz schnell,die Zahlung der Wasserrechnungen wurde boycottiert,die Geldeintreiber und Wasserhahnzudrehkommandos weggelacht oder vermöbelt.Ein Hungermarsch auf La Paz mit Umzingelung und Lahmlegung der Stadt besiegelte Lozadas Schicksal...der schickte zwar noch Armee und Polizei,aber die kamen schon gar nicht mehr durch,ballerten drei Tage rum...was die Bauern und Bergarbeiter noch wütender machte...und zogen sich zurück,Lozada schaffte es gerade noch in den Hubschrauber.Sein Nachfolger meinte er könnte diesen neoliberalen Kurs durchsetzen,weswegen der Nachfolger seinem Vorgänger bald folgte...tatsächlich versuchten die es nochmal,der Übergangspräse setzte Überraschungswahlen an...dummerweise gewann nicht der rechte Sozi oder der christliche Möchtegerncaudillo,es gewann der linke Kokabauer


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09.10.2013 um 17:50
@Warhead
scheisse, das ist so absurd, dass man schon drüber lachen muss :D

..in so rückständigen ländern ist es vllt noch eher nachvollziehbar, wobei die privatisierung von grundbedarfsgütern eh schon ganz schön vermessen ist, aber in high-tech.. high-civ .. high-watever gesellschaften wie der unseren ist das schon wirklich einfach ein grosses ignorantentum, wenn man ob aller gedeckten grundbedürfnisse + aller zugänglichen luxusartickeln immer noch weiter "den gewinn maximiert" indem man anderen die lebensgrundlagen beschneidet. bis zum erbrechen, echt

wenn ich schon höre "altersarmut", oder "sozialer brennpunkt", dann hab ich schon genug.


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10.10.2013 um 06:42
Zitat von rockandrollrockandroll schrieb:das passt deshalb von vorne weg schon nicht, weil hier nur über die jetztigen steuereinnahmen + sozalversicherungen + büraktratiekosten gesprochen wird, und das schöpft nicht tief genug.

man muss hier schon am bip ansetzen, dh. am erwirtschafteten geld der ganzen volkswirtschaft, und es dann runterbrechen. heisst, die gesamte volkswirtschaft als unternehmen betrachen, die jeder einzelne bürger mit trägt, und die im gegenzug eine summe von .. glaube letztes jahr waren es um die 1,2 billionen euro an mehrwert generiert. deshabl sind die zahlen nicht wirksam, die heute hier beim vermitteln zwischen arbeitgeber und arbeitnehmer und regierung die den gemeinsamen topf verwaltet, aufgelistet werden.
Gibts das auch ein bischen konkreter, oder ist das wieder so ein Model, das mit 2 kleinen Rechnungen auseinander fällt?

Interessanterweise rechnet auch ein Götz Werner irgendwie nichts zusammen sondern erzählt immer nur fantastisch. Zumindest habe ich nichts anderes gefunden.
Und einen Staat kann man nun mal auch nicht so führen wie ein Unternehmen.
Seine Unternehmensführung ist wirklich beachtenswert und mit Sicherheit auch für seinen Erfolg verantwortlich.


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10.10.2013 um 06:53
@McMurdo
ne, geht leider nicht konkreter.
es geht nur auf dieser philosophischen ebene konkret, und man muss schon ne menge phantasie haben um sich das als praktikabel ausmalen zu können, zugegeben :D

aber das grundprinzip ist ansich leicht zu verstehen. zahlen sind immer so ne sache..
die sind schliesslich irgendwo eine blosse momentaufnahme der bestehenden verhältnisse. doch die sollten sich ja im zuge der gross angelegten reform ändern, und damit auch die zahlen.


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10.10.2013 um 08:13
Zitat von rockandrollrockandroll schrieb:aber das grundprinzip ist ansich leicht zu verstehen. zahlen sind immer so ne sache..
die sind schliesslich irgendwo eine blosse momentaufnahme der bestehenden verhältnisse. doch die sollten sich ja im zuge der gross angelegten reform ändern, und damit auch die zahlen.
Richtig aber wenn man eine Idee hat dann muss man schon von der jetzigen Situation ausgehen und ein klares Ziel haben wo man hin will UND ein belastbares Konzept für den Weg dorthin.
Ansonsten kann ich mein Geld auch einfach in die Luft werfen und mir wünschen das am Ende dieses oder jenes Ergebnis bei rauskommt.
Das ist dann vielleicht ein schöner Wunsch aber ob das wirklich die MEthode ist seine Wünsche wahr werden zu lassen bezweifel ich.


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10.10.2013 um 08:27
@McMurdo
wir sprechen hier nicht nur über geld -das sollte hier innerhalb dieser diskussion streng beachtet werden- sodern über ganz viele verschiedenen phänomene, die der kapitalismus als solches mit sich führt. mit teilweise sehr hässlichen und von niemandem gewünschen beigaben. wie man mit diesen nebenwirkungen geneigt ist umzugehen, sollte mit in die rechnungen ansich mit einfliessen, aber was ist ein menschenleben wert, frage ich hier wieder hoch philosophisch, und wieviel wird uns eine blutige auseinandersetzung kosten, wenn die dinge wirklich eskalieren.

ich weiss, das ist alles sehr spekulativ, und in einer stabilen zeit nicht wirklich von bedeutung, weil nicht gegenwärtig. nur deshalb ist es noch lange nicht aus der welt.

wie gesgt, ein blick über den grossen teich verrät, was ein erzkapitalismus aus menschen machen kann. wollen wir das auch, und wenn ja dann wozu und für welchen preis?

die marktwirtschaft muss sozial bleiben, wenn sie die volkswirtschaft hierzulande nicht gefährden will. das ist unsere ausganssituation.


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10.10.2013 um 08:56
Zitat von rockandrollrockandroll schrieb:die marktwirtschaft muss sozial bleiben, wenn sie die volkswirtschaft hierzulande nicht gefährden will.
Da bin ich doch absolut bei dir.
Unter sozial verstehe ich aber nun gerade, das den Menschen geholfen wird die wirklich Hilfe benötigen und nicht mit dem "Gießkannenprinzip" Leistungen über die gesamte Bevölkerung verteilt. werden.
Im Zweifel wird dann nämlich gerade nicht den Schwächsten dieser Gesellschaft geholfen.


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10.10.2013 um 09:06
@McMurdo
das gelte es eben jetzt in der praxis heraus zu finden, wie die theorie vom bürgergeld hier tatsächlich wirkt. es gibt ansetze, die belegen, dass es unterm strich positive effekte hätte (verschlankung des staates etc.pp.) und es gibt auch durchaus berechtigte zweifel.

letzlich kann es nur die praxis zeigen, und so wie der zeitgeist heute ist und die produktionsmittel heute verteilt sind und verwaltet werden, und die menschen leben und kleben, würde dieses "experiment" einen fruchtbaren boden finden.

ich hielte es allemal für besser, als das was man in der französischen revo zb. gemacht hat, und einen teil der damaligen intelligenz opferte, was das land unterm strich entwicklungstechnisch wieder um generationen zurück warf


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Über die Philosophie des Kapitalismus

10.10.2013 um 12:00
Man beachte das Erscheinungsdatum dieses Features...mittlerweile sind sie in den Staaten schon weiter,bei fünf Jobs nämlich

USA: Vier Jobs, drei Kinder, keine Wohnung
In den USA fallen immer mehr Menschen durch die Maschen des sozialen Netzes
NDR Info / Das Forum / 26.12.2003
Feature von Frank Hessenland

Grace Ross, Gründungsmitglied und Kopf der Nichtregierungsorganisation 'Sisters together against poverty' also: 'Schwestern - vereint gegen die Armut': 'Eins muss ich sagen: das Sozialsystem hierzulande verdient seinen Namen nicht. Hier sterben Menschen buchstäblich wegen unzureichender medizinischer Versorgung. Auf der anderen Seite haben wir hier die besten Krankenhäuser und Ärzte der Welt.'
Benjamin Sawjer ist Hotelfachwirt. Noch vor wenigen Jahren hatte er Haus, Familie und Job. Wegen einer chronischen Erkrankung wurde er entlassen. Inzwischen droht ihm und seinem Sohn die Obdachlosigkeit.

Lisa Andrew: 'Ich bin 35. Ich finde die Zustände für die Armen hier in Massachussetts, einem der reichsten Staaten der USA, empörend. Seit Jahrzehnten werden nur die Reichen reicher, die Armen aber ärmer. Ich muss 70 Stunden in der Woche arbeiten, um meinen Lebensunterhalt zu verdienen Vor kurzem habe ich angefangen, aktiv gegen die Armutsprobleme der Gesellschaft zu kämpfen und mich politisch zu organisieren.'
Lisa Andrew ist Mutter von 4 Kindern, Hilfsarbeiterin und politische Aktivistin. Um das Auskommen ihrer Familie zu sichern, arbeitet sie als Bürokraft, als Fahrerin und als Pflegerin für geistig Behinderte. Darueber hinaus organisiert sie Demonstrationen gegen die Schliessung von Obdachlosenheimen und den Abriss von Sozialwohnungen.

Grace, Benjamin und Lisa - alle aus Marlboro, Massachussets im Nordosten der Vereinigten Staaten - sind aus unterschiedlichen Perspektiven täglich mit dem Teufelskreis der Armut in den USA konfrontiert. Als Sozialarbeiter, Betroffene, oder als politische Aktivisten.
Wenn Grace Ross zum Beispiel ihr Büro im ersten Stock eines kleinen Gebäudes im Zentrum der 80.000 Einwohner Stadt Marlboro betritt, wartet schon eine Reihe von Ratsuchenden vor der Tür. Sie alle leben unterhalb der Armutsgrenze.
Die Behörden in Marlboro haben die öffentliche Rechtsberatung kürzlich auf zwei Stunden pro Woche reduziert - aus Kostengründen und, wie Grace sagt, um es den Armen schwerer zu machen, sich in einer der reichsten Gemeinden der USA aufzuhalten. Also hat Grace die Rechtsberatung für Arme privat übernommen. 13 Millionen Amerikaner fielen im letzten Jahr unter die Armutsgrenze, steht in einem Bericht der New York Times. 40 weitere Millionen waren davon bedroht. Der wirtschaftliche Aufschwung der letzten Monate findet diesmal ohne die Schaffung neuer Stellen statt, heisst es weiter. 'Obdachlosigkeit ist ein großes Problem für viele hier,' sagt Grace Ross 'Der durschnittliche Obdachlose in Massachusetts ist ein sechsjähriges Schulkind. Seine Eltern konnten wegen der geringen Gehälter die Miete nicht mehr zahlen. Sie können aber die Gegend auch nicht verlassen, denn hier haben sie ihr Einkommen. Also schlafen sie in ihren Autos, waschen sich bei Freunden und kommen so durch. Eine der Frauen, die wir hier betreuen, hat das ein ganzes Jahr lang so gemacht. Sie arbeitet am Empfang bei einem der großen Telefonkonzerne. Sie verdiente 16.000 Dollar im Jahr, musste aber noch 3 Kinder ernähren. Sie konnte sich damit keine Wohnung mehr leisten, verdiente aber zuviel, um staatliche Unterstützung bekommen zu können. Also schlief sie mit den Kindern in ihrem Auto. In einem ganz einfachen PKW. Ich habe keine Ahnung, wie sie das gemacht hat. Aber sie hatte alles probiert: Notunterkünfte, Wohngeld. Sie bekam nichts. Als sie dann an Selbstmord dachte, hat sie uns angerufen.
Frag‘ mich nicht, wie Leute mit drei Kindern ohne Wohnung überleben. Wie die es schaffen, dann auch am nächsten Morgen um acht bei der Arbeit zu erscheinen, weil sie keine Sozialhilfe bekommen und das Geld brauchen. Ich weiß es einfach nicht. Aber sie müssen es. Manchmal bleiben sie bei Freunden. Dort dürfen sie aber auch nur für eine Woche bleiben, sonst droht denen die Kündigung. Manchmal ist der Ausweg einfach ein neues Kind zu kriegen, so absurd das ist. Die Frau, von der ich sprach, hat 16.000 USD verdient. Das war zu viel für die Behörden, die 12.000 USD für eine Familie mit drei Kindern als Armutsgrenze ansetzen. Allerdings gilt ein Embryo ab dem 6. Schwangerschaftsmonat als Person. Die Frau wurde also schwanger. Damit galt sie sie als Familie mit vier Kindern und bekam nach einem Jahr einen der begehrten Plätze im Obdachlosenheim.'

Härter als in Europa war es in Amerika immer. Doch seit Präsident Roosevelts New Deal in den 30er Jahren gab es immer eine gewisse Grundversorgung, die zuletzt von Bill Clinton in radikaler Weise gekürzt worden ist. Einerseits wurden die Sätze der Unterstützung drastisch gesenkt, andererseits der Zeitraum für Langzeitarbeitslose auf fünf Jahre begrenzt. Die gleichzeitig geplanten Bildungsmassnahmen wurden nicht verwirklicht. Das Resultat konnte sich sehen lassen: Die Arbeitslosenrate sank auf 3 %. Die Wirtschaft schien zu boomen. Doch die niedrige Arbeitslosenquote verdeckte nur den Blick auf die wahren Zustände. Zum einen sind die sozialen Systeme der USA nun schlechter denn je darauf vorbereitet, einen Wirtschaftsabschwung durchzustehen. Zum anderen sei auch das amerikanische Jobwunder der letzten Jahre zu einem großen Teil ein Statistikbetrug, sagt Grace Ross. Es wird immer schwerer, staatliche Hilfe zu bekommen. So werden immer mehr Menschen gezwungen, unter Bedingungen zu arbeiten, die vor Jahren noch nicht vorstellbar waren. Fast die gesamte untere Mittelschicht droht ins unterste Einkommensniveau abzurutschen, während große Teile der ehemaligen Arbeiterschicht mittlerweile als arm gelten können. Soziale Unterstützung erhalten sie allerdings nicht. Millionen arbeiten bis zu 16 Stunden am Tag, um überhaupt ihren Lebensunterhalt zu verdienen. Gleichzeitig sind die Einkommen der reichsten Amerikaner in den letzen 15 Jahren um 80% gestiegen. Die Einkommen der Ärmsten nur um 2 %. Diese Entwicklung vollziehe sich seit 20 Jahren in Amerika, sagt auch der Armutsexperte Gary Chaison von der Harvard University in Cambridge.
'Löhne, Krankenversicherung, minimaler Kündigungsschutz, Arbeitszeiten, alles wird in Frage gestellt. In mancher Hinsicht ist das der Globalisierung zuzuschreiben. Die Arbeitgeber glauben, sie können alles mit den Gewerkschaften machen. Sie müssen nur damit drohen ihren Produktionsstandort zu verlagern, was sie hier in Amerika leicht tun können. Das wirkt besonders auf die weniger gebildeten Arbeiter. Speziell in Amerika macht es die Gesetzeslage aber den Gewerkschaften auch besonders schwer, sich zu organisieren. Das kommt noch hinzu.'

Lias Andrews: 'Also, wir hatten bislang jeder zwei Jobs, mein Mann und ich. Zwei Jobs und drei Kinder. Und ich war schwanger mit meinem vierten Kind. Ich hatte eine Arbeit mit 70 Stunden in der Woche und eine mit 45 Stunden. Ich habe von 7 Uhr morgens bis 10.30 abends gearbeitet. Ein paar Stunden haben sich die Jobs am Tag auch überlappt. Das waren einmal ein Taxifahrdienst und dann Behindertenhilfe. Ich habe also auf Fahrgäste gewartet, die telefonisch ordern, und habe gleichzeitig körperlich und geistig Behinderte in einem Heim gepflegt. Waschen, Anziehen, Füttern, usw. Reich werden kann man davon nicht, denn ich musste auch eine Tagesmutter für meine Kinder zahlen. Das kostet 300 Dollar die Woche und dann kommen die Kosten für die Krankenkasse dazu, nochmal 300 Dollar die Woche privat. Denn der Arbeitgeber zahlt nichts davon. Also wurden die Finanzen trotz der ganzen Arbeit nicht besser. Aber es ging immerhin. Dann hat sich die Konjunktur verschlechtert und mein Mann hat beide Jobs verloren. Jetzt wird es hart.'
Lisa Andrews stammt aus einer Eisenbahnerfamilie. Als ihr Vater vor zehn Jahren den Stellenkürzungen der amerikanischen Eisenbahngesellschaft Amtrack zum Opfer fiel und arbeitslos wurde, geriet die Familie in die Schuldenfalle. Lisa musste im Alter von 14 neben der Schule zu arbeiten beginnen, um die Familie zu unterstützen. Ihre Geschwister ebenso. Mit 19 bekam sie ihr erstes Kind. Mit 20 riss sie von zu Hause aus. Sie hörte nie auf zu arbeiten, aber das Einkommen reichte nie, um auch nur eine kleine Rücklage zu bilden. Lisa blieb also arm. Dabei handelt es sich hier nicht um ein besonders schweres Schicksal, das bestätigt auch die Harvard Soziologin und Armutsforscherin Katherine Newman. Eine ganze Schicht von Amerikanern - meist aus klassischen Berufen - ist in den letzten 20 Jahren an die Armutsgrenze geraten: 'Die meisten Armen, die ich in New York kennengelernt und deren Leben ich untersucht habe, kamen nicht aus armen Elternhäusern. Es waren meistens Familien ehemaliger Angestellter des öffentlichen Dienstes. Deren Grosseltern waren schon Postbeamte oder Zugpersonal, Busfahrer oder ähnliches. Aber diese Arbeitsplätze sind in den letzen zwei Jahrzehnten einem immensen Stellenabbau zum Opfer gefallen. Also genau die Berufe, die diese Familien seit Generationen geprägt hatten, verschwanden in grosser Zahl. Das sind nun genau die Leute, die heute als working poor bei Reinigungsfirmen oder bei Burger King arbeiten.'

Zeitgleich zum Wegfall der angestammten Arbeitsplätze und der Streichung der sozialen Sicherungssysteme, schotten sich die Bildungseinrichtungen landesweit immer mehr von den unteren Schichten ab, beschreibt die Soziologin: 'Jedesmal, wenn die New Yorker Universität ihre Studiengebühren um 1000$ anhebt, verliert sie 40.000 Studenten. Bislang zahlt man da 4.000 Dollar im Jahr und sie wollen es jetzt auf 5.000 erhöhen. Das geschieht nicht nur in New York, sondern überall in den USA. Überall gehen die Zahlungen für Univer-sitäten zurück und werden auf die Schultern der Studenten übertragen. Das heißt aber, dass die unteren Einkommensgruppen aus dem Bildungsangebot herausfallen mit allen Folgen, die das für die Entwicklung der Gesellschaft hat.'

Die Problematik ist der Organisatorin von 'Sisters together against Poverty', Grace Ross, bewusst. Sie kann sich darum allerdings kaum kümmern. Zu dringend sind die aktuellen Probleme für Menschen, die einmal in den Niedriglohnbereich geraten sind. Es werde immer schwieriger, dort wieder herauszukommen, sagt sie und beschreibt den einsetzenden Teufelskreis. Einmal bieten Arbeiten als Reinigungskräfte oder Personal in Fastfoodketten kaum Aufstiegschancen oder gar Karriereleitern. Will man aus dem Trott heraus, muss man sich selbstständig um andere Arbeit bemühen. Die hohe Arbeitsbelastung von 60 und mehr Stunden macht dies jedoch kaum möglich. Sie führt im Gegenteil oft zu gesundheitlichen Problemen. Doch hier beginnt meist der weitere Absturz, denn krank sein ist mit grossem finanziellem Risiko verbunden. Niedriglohnarbeiter müssen sich in den USA meist privat versichern. Mit 500 Dollar im Monat sind sie dabei. Das aber können sie sich nicht leisten. Die staatliche Krankenversicherung Medicaid, die für die Ärmsten der Armen einspringt, zahlt nur noch in lebensbedrohlichen Notfällen.

Katherine Newman: 'Wir haben hier keine allgemeine Krankenversicherung. 40 Millionen Amerikaner sind einfach nicht krankenversichert. Das heißt auf der einen Seite, sie erhalten ihre medizinische Versorgung auf die letzten Endes teuerste Weise, nämlich in Notfallstationen, nachdem die Erkrankungen chronisch geworden sind oder lebensbedrohlich. Dann werden sie von Medicaid, der Versorgung für die Ärmsten der Armen, betreut. Aber man muss schon sehr arm sein, um dafür anerkannt zu werden. Ich habe Leute aus dem untersten Lohnniveau gesehen, die sich nicht über Wasser halten konnten und trotzdem nicht für Medicaid zugelassen waren.'
Seit der Governeur von Massachusetts im letzten Jahr die Zuschüsse für Brillengläser und Zahnbehandlung gestrichen hat, sagt Grace, geraten wieder mehr Leute unter noch stärkeren Druck.
'Eine Menge Leute, die arbeiten konnten, weil sie ein wenig ärztliche Hilfe bekamen, werden jetzt ihren Job verlieren, weil sie ganz einfach Zahnschmerzen haben. Etwa so wie Alice, eine Mitarbeiterin von mir, die wochenlang nicht arbeiten konnte, weil sie Karies hatte. Sie konnte die Schmerzen nicht aushalten, aber die Ärzte schickten sie nach Hause, weil auch sie ohne Krankenversicherung durchkommen muss. Der Zahn entsprach ausserdem noch nicht den Notfallkriterien für die Armenkrankenversicherung Medicaid. Also stellte man sie vor die Alternative, entweder 400 Dollar für die Behandlung zu zahlen oder sechs Wochen zu warten. Sie konnte nicht zahlen, wartete unter Schmerzen sechs Wochen bis der Zahn schlecht genug war, um von Medicaid akzeptiert zu werden. Dann wurde er ihr umsonst gezogen. Was soll ich sagen, so ist es eben. Das Absurde daran ist, dass Leute aus der ganzen Welt nach Massachusetts kommen, um sich hier behandeln zu lassen, und die Leute, die hier im Schatten der besten Krankenhäuser der Welt wohnen, keinen Zugang zu diesen Einrichtungen haben.'

Doch es sind nicht nur die Krankheitskosten, die Arme schwer belasten. Auch Lebensmittel und Mieten sind für ärmere Leute teurer. Ein Philadelphiakäse kostet in den kleinen Läden in der Metropole Boston 3,5 Dollar. Für Brot zahlt man ebenfalls 3 Dollar. Eine Flasche Wein gibt es nicht unter 10 Dollar. Denn in den ärmeren Vierteln der Innenstädte gibt es keine der riesigen billigeren Supermärkte, wie sie in den reichen Vorstädten stehen. Am teuersten sind jedoch die Mietpreise. Ein Zimmer mit Toilette auf dem Gang ist in Boston nicht unter 600 Dollar Kaltmiete monatlich zu erhalten. Für Arbeitslose oder Niedriglohnarbeiter mit 6-8 Dollar Stundenlohn bedeutet das, entweder 100 Stunden die Woche zu arbeiten oder auf Krankenversicherung, Wohnung, Auto oder Essen zu verzichten. Was aber passiert, wenn ein Notfall eintritt?

Etwa so wie bei Benjamin Sawjer, einem ehemaligen Restaurant-Chef und alleinerziehenden Vater. Auch er sitzt auf dem Beratungssofa der Organisation 'Sisters together against poverty'. Unruhig rutscht der distinguierte hochgewachsene 44-jährige hin und her. Sein grauer Anzug ist etwas verrutscht. Sein Scheitel exakt gezogen. Gerade wurde er als Verkäufer eines Videoladens entlassen. Seine Perspektiven sind düster: 'Morgen werde ich von meinem Job hier entlassen. Das Geschäft ist Pleite gegangen. Ich weiss es seit zwei Tagen. Ich habe eine Ein-Zimmer-Wohnung, die mich 730 Dollar im Monat kostet. Dann muss ich im Winter bis zu 400 Dollar pro Monat für die Heizung zahlen. Dann noch Strom und Essen und ein Auto, um zur Arbeit zu kommen. Insgesamt brauche ich 2000 Dollar zum überleben. Als Sozialhilfe bekomme ich, wenn ich Glück habe, 300 Dollar und nochmal 110 Dollar für Essensmarken. Das reicht nicht einmal, um die Miete zu bezahlen. Es wird also sehr schwierig werden.'
'Der Wohlfahrtsstaat ist sehr schwach geworden auch auf dem Wohnungsmarkt. Es ist sehr sehr schwierig geworden, eine Sozialwohnung zu bekommen. Wir bauen auch keine Sozialwohnungen mehr. Für viele Niedrigverdiener bedeutet das, dass sie ihre Kinder im Teenageralter arbeiten schicken müssen, um die Miete zu bezahlen. Einfach, weil man es nicht schafft, die Lebenshaltungskosten zu bestreiten, weder mit Sozialhilfe noch mit einem eigenen Einkommen im Niedriglohnsektor.'

In dieser prekären Lage ist auch Benjamin Sawjer. Er spricht in ruhigem Ton und wählt seine Worte genau. Sein Sohn sei mit 11 Jahren noch nicht alt genug zu arbeiten. Er könne also nichts zum gemeinsamen Lebensunterhalt beitragen. Gleichzeitig verweigert der Staat selbst dem Kind eine Krankenversicherung, was die Familie letzten Sommer alle Ersparnisse gekostet hat und ihn als Vater erneut in die Schuldenfalle trieb. Seine Augen werden feucht, als er erzählt:
'Da ich zur Zeit noch ein Einkommen habe, wurde meinem Sohn der Anspruch auf Medicaid, die Krankenversorgung für Arme, verweigert. Wenn ich nicht gearbeitet haette, wäre er versichert gewesen, aber so war er es also nicht. Und dann ass er letzten Sommer sein Lieblingsgericht: Shrimps. Eine halbe Stunde nach der Mahlzeit hatte er entsetzlich roten Ausschlag überall auf der Haut. Es sah aus wie ein Sonnenbrand 3. Grades. Und er bekam Todesangst. Er bekam einen Kreislaufzusammenbruch, sein Puls begann zu flirren, er fühlte Druck auf dem Brustkorb. Wir rasten in ein Krankenhaus, und beschrieben die Symptome. Sie brachten uns sofort in die Notaufnahme. Die Ärzte waren grossartig, sie gaben ihm Antiallergika und nach 20 Minuten war er wieder o.k. Das Problem ist nur, dass ich für diese Behandlung 2000 Dollar zahlen soll, die ich einfach nicht habe.'

Als Grace Ross die Geschichte hört, schüttelt sie nur den Kopf. 'Ja so sei es in Massachusetts jetzt, sagt sie. Noch vor 3-4 Jahren übernahm der Staat unbegrenzten Krankenversicherungsschutz für Kinder bis 18 Jahre. Nach den jüngsten Kürzungen sei das vorbei. Für Benjamin kam es nach dem allergischen Anfall seines Sohnes noch schlimmer. Um nicht sein Auto gepfändet zu bekommen, was in einer 80.000 Einwohnerstadt wie Marlboro ohne einen einzigen Bus einer Existenzvernichtung gleichkäme, musste er einen Offenbarungseid leisten. Nach Prüfung sämtlicher Einzahlungen muss er nun 50 US-Dollar im Monat an das Krankenhaus abzahlen. Dann stellte die zuständige Stelle am Rande der Untersuchung jedoch fest, dass Sawjer den Termin zur Meldung seines Einkommens an die Wohnungsbehörde um einige Tage überschritten hatte. Benjamin Sawjer fiel zurück in Umstände, unter denen er keinerlei finanzielle Reserven mehr aufbauen kann.

'Vor einiger Zeit bekam ich noch etwas Wohngeld. Ich habe den Anspruch darauf jetzt verloren, weil ich dem Wohnungsamt nicht schnell genug mitgeteilt habe, dass ich ein Einkommen habe. Man muss das Amt innerhalb von 48 Stunden informieren und ich habe diese Frist verpasst. Sie haben mir nun das Wohngeld gestrichen, weil sie sagen, ich hätte sie betrogen. Damit bin ich für alle Zukunft ausgeschlossen von den öffentlichen Wohnungsprogrammen. Punktum.'
Benjamin Sawjer weiß, dass er am Ende ist. Wie er es auch dreht und wendet, er kommt aus eigener Kraft nicht mehr hoch. Er ist in den Strudel geraten, den die Aushöhlung des Sozialstaates gerissen hat. Die Behörden verweigern Hilfe. Offenbar bleibt ihm und seinem Sohn nur noch der Weg in die Obdachlosigkeit, falls sich in den naechsten zwei Wochen kein Job für ihn findet. Grace Ross wiegt bedächtig den Kopf. Es sieht wirklich schlecht aus für Benjamin, meint sie. Das einzige, was man in seinem Fall versuchen kann, ist, gerichtlich gegen die Behörden vorzugehen.
'Es gibt da eine Menge ähnliche Fälle wie Benjamins. Zur Zeit werden in Massachusetts 360 Familien in Hotels untergebracht, weil die Obdachlosenheime voll sind. Sie haben ihre Verfahren gegen die Regierung gewonnen. Wir stellen hier die Anwälte oder sagen den Betroffenen, wo sie einen Anwalt umsonst gestellt kriegen. So machen wir das auch mit Benjamin. Die meisten wissen nichts von diesem Weg. Aber ja, es gibt Tausende Familien in Massachusetts, die in derselben Situation wie Benjamin sind.'
Grace Ross telefoniert derweil den Rest des Tages, schreibt Protestbriefe, vermittelt Anwälte. Sie versucht, einen ehrenamtlichen Busdienst für Bedürftige auf die Beine zu stellen, nachdem die Stadt keinen öffentlichen Personennahverkehr mehr finanziert. Sie organisiert den naechsten Protestzug in Boston mit. Man müsse doch etwas tun, wenn nun 7000 Familien von angenommenen Asylbewerbern keine Krankenversicherung mehr erhalten; wenn Brillengläser ebensowenig im Leistungskatalog sind wie die Zahnbehandlung. Am besten wäre es, eine Bewegung zu organisieren, sagt sie, oder wenigstens einen Protestzug, der Eindruck mache. Und während Grace spricht, ist die wartende Lisa schon Feuer und Flamme. Vielleicht können sie und ihr Mann dabei mitmachen und genug Sponsorengelder finden, um auch selbst ein wenig besser dazustehen. Es ist eine gute Idee für Anfang nächsten Jahres sagen sie. Am besten am Todestag von Martin Luther King im März. Ja, das ist es. Bis in den späten Abend reden sie, spekulieren über Finanzierungsmöglichkeiten und die Wirkung eines Marsches der Armut in den reichen Vierteln des Landes. Denn irgendwas muss man doch tun gegen diesen Druck.


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Über die Philosophie des Kapitalismus

10.10.2013 um 12:34
Wird ein Wirtschaftsmodell zum Sozial-, Wertemodell, wird es eng. Das ist dann eine Art Gleichschaltung. Bin mal gespannt, wie es in ein paar Jahrzehnten aussieht, wenn sich die Ereignisse jetzt schon ueberschlagen. Fast alle "wollen" das Gleiche. Auto, Haus, gutes Leben, Freiheit, Fleisch essen, in Urlaub fahren. Bald sind's 10Mrd. Ueberallhin wird dieses Konzept exportiert und die Lebewesen in Ketten gelegt. Irgendwas muss da mal irgendwann falsch gelaufen sein, IMO.


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Über die Philosophie des Kapitalismus

10.10.2013 um 15:01
@dedux

Stimmt, das ist eine Kettenreaktion. Das Bevölkerungswachstum, der Fortschritt explodiert förmlich. Der technologische Fortschritt , aber auch der gesellschaftliche Fortschritt, in all den Ländern die mittlerweile anfangen davon zu "profitieren" ( auf einer Seite ) hällt dem kaum noch stand, es geht einfach zu schnell und zu umfassend. Es fehlen saubere Energiequellen und ein gerechtes Verteilungsmodell für Nahrung und Wasser und Medizin. Es fehlen gerechte Verträge und Abkommen, um Ausbeutung zu verhindern.

Daran ist "der Kapitalismus" "der freie Markt" bzw. die Interessensgruppen innerhalb des Systems nicht interessiert, sofern es keinen Profit abwirft.
------
Die Welt ist wie ein Bodybuilder und der Kapitalismus ist sein Anabolika. Wird zum aufgedunsenen Muskelprotz und kollabiert irgendwann. Wenn nicht ein sozialverträgliches System auf die Beine gestellt wird, von Wissenschaftlern die auch ausserhalb wirtschaftlicher oder nationaler Interessen stehen und eine wirkliche Umkehr vom derzeitigen Dogma des ewigen Wachstums bewirken können, wirds uns bald sehr schlecht ergehen. Mit ein bisschen "Nachhaltigkeit " und "Greenwashing" ist es nicht getan.


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10.10.2013 um 16:17
@Die_Freiheit
Zitat von Die_FreiheitDie_Freiheit schrieb:Unsere Demokratie lässt uns entscheiden, welche Partei wir regieren lassen möchten. Jedoch widerspricht dies dem Sozialismus, da in dessen Prinzip einzeln über jede politische Entscheidung abgestimmt werden müsste.
Nein das ist Bullshit. Es gibt drei grosse oberbegriffe bei Politischen Sýstemen. Und zu einem der drei (sozialismus) gehört die Demokratie. Die beiden sind verbunden.


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Über die Philosophie des Kapitalismus

10.10.2013 um 19:54
Zitat von interrobanginterrobang schrieb:Die beiden sind verbunden.
Laut wem? Die einzigen Formen von realem Sozialismus gab es bisher nur im Zusammenhang mit Diktaturen.


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Über die Philosophie des Kapitalismus

10.10.2013 um 22:29
Grünes Geld. Der sanfte Kapitalismus

greenpeace magazin 4.03
Holger Kröske ist sichtlich erleichtert. Sein Aktiendepot ist endlich wieder im Plus. "Zeitweise lag ich mit meinen Umweltaktien kräftig im Minus", sagt der Diplomingenieur aus Falkensee bei Berlin, "aber ich war sicher, dass sich ethisch-ökologisches Investment auf lange Sicht lohnt, wenn die Firmen gut geführt sind." Kröske ist kein Einzelfall. Fast alle "grünen" Anleger wurden in den letzten anderthalb Jahren von der Talfahrt der Aktienmärkte ebenso mitgerissen wie die Besitzer konventioneller Papiere. Immerhin, registriert Kröske bei allen zwischenzeitlichen Sorgen schon fast wieder zufrieden: Während der Deutsche Aktienindex Dax im letzten Jahr 44 Prozent einbüßte, verloren nachhaltige und ethisch-ökologische Aktienfonds im Schnitt "nur" 34,5 Prozent, wie die Analysten von ECOreporter.de ermittelten.



"So niedrig, wie die Kurse zur Zeit sind, haben sie ein gutes Niveau zum Kauf", schöpft Kröske sogar neuen Anleger-Mut. Er setzt darauf, dass der grüne Geldmarkt wieder wächst. Noch ist er zwar ein kleines Pflänzchen im Kapitalmarktdschungel. So hatten die Deutschen Ende 2002 in insgesamt 7707 Fonds 863 Milliarden Euro investiert. Nur 2,1 Milliarden Euro, also ganze 0,25 Prozent, waren in ethisch-ökologischen und in nachhaltigen Fonds angelegt. Allerdings stieg die Zahl der Fonds, die "Rendite ohne Reue" versprechen, bis Anfang 2003 auf 64. Fünf Jahre zuvor waren es ganze zwölf. Ende der 90er Jahre verdoppelte sich ihr Volumen etwa alle sechs bis zwölf Monate. Nur 2002 schrumpfte es, durch den Wertverlust der Aktien in den Fonds.

Dafür gewannen sie aber an Bedeutung. "Ethisches Investment" und "Nachhaltigkeit" sind mittlerweile Begriffe, die auch hart gesottene Börsenexperten ernst nehmen. Der Wunsch einer wachsenden Zahl von Anlegern, aus ihrem Geld Gutes zu machen, wird als marktwirtschaftliche Tatsache akzeptiert. Ob Kinderarbeit, Rüstung, Atomkraft, Treibhausklima, Gentechnik, Subventionen verschlingende Turbo-Landwirtschaft oder Nahrungsmittelskandale - viele Sparer wollen das mit ihrem Geld nicht mehr stützen. Kröske fasst seine Haltung so zusammen: "Ich will keine Dividende, an der Blut klebt - ob direkt wie bei Aktien von Waffenherstellern oder indirekt wie bei der Ölförderung in Afrika."

So klein der Markt des grünen Geldes bislang sein mag, er kann bereits wichtige Erfolge vorweisen: Anfang der 90er Jahre etwa hatten ökologisch engagierte Geldanleger begonnen, Windräder zu finanzieren. Dass mit Windfonds acht bis zehn Prozent Rendite zu erreichen waren, einschließlich der Steuerersparnis oft sogar mehr, sprach sich rasch herum. Der Boom der Windbranche mit ihren heute 40.000 Arbeitsplätzen, Deutschlands Führungsposition bei den erneuerbaren Energien - sie nahmen damals ihren Anfang. Und sie gehen direkt auf das grüne Geld privater Investoren zurück.

Ebenso die Gründungswelle der Umwelt-Aktiengesellschaften Ende der 90er Jahre. Als viele deutsche Unternehmer noch über fehlendes Risikokapital stöhnten, hatten Anleger bereits Millionen in die grüne Nische investiert. Ob Solarzellen- und Biohaushersteller, Hanfproduzent, Windparkprojektierer oder Biosupermarktkette - sie alle konnten sich auf Bürger verlassen, denen es wichtiger war, Ökologie und Ökonomie zu vereinen als sichere Renditen zu erzielen. Umfragen belegten sogar, dass manche Anleger selbst einen Totalverlust ihres Geldes in Kauf nehmen würden, solange es ehrlich für eine gute Sache eingesetzt wird.

So viel Mut wurde belohnt. Die "doppelte Dividende", also der Nutzen für die Umwelt und für das eigene Portemonnaie, wurde zum geflügelten Wort. Wer 1999 die Aktie des Windfondsanbieters Umweltkontor für 12 Euro gekauft hatte, konnte sie schon 2001 für nahezu 100 Euro wieder veräußern. Die Umweltkontor-Gründer Heinrich Lohmann und Leo Noethlichs avancierten durch ihren Aktienbesitz von grünen Kleinkrämern zu zigfachen Euromillionären.

Es sah aus wie die Geschichte der EM-TV-Gebrüder Haffa in grün. Die Ökos an der Börse, und das auch noch mit Erfolg - manchen mag es wie ein Wunder erschienen sein. Börsenblätter brachten Titelstorys zum Öko-Aktien-Boom, Börsen-Zocker stiegen ein. Die "green economy" galt nach dem Sterben der Internetfirmen als neue Hoffnungsträgerin.

In der Phase der Börseneuphorie und unter tätiger Mithilfe von Spekulanten waren die Kurse mancher grüner AGs allerdings in unberechtigte Höhen geschossen. Als wieder Realismus einsetzte, gingen die Kurse - ebenso übertrieben - in den freien Fall über. Auch die Hoffnung der grünen Anleger, ihr Geld werde ausschließlich für die "gute" Sache eingesetzt, erwies sich in Einzelfällen als falsch. Die Umweltkontor-Vorstände Lohmann und Noethlichs etwa mussten sich von Anlegerschützern vorhalten lassen, sie hätten Firmen aus ihrem Privatbesitz an die Umweltkontor AG verkauft - die dafür kräftig löhnte, mit dem sauer Ersparten grüner Aktionäre. Dem Börsenkurs tat dies alles nicht gut: Die Umweltkontor-Aktie kostet derzeit rund 1,40 Euro.

Selbst das einstige grüne Flaggschiff, die Ökobank, wurde von seinem Management so tief ins Minus manövriert, dass die Anlegergelder nur noch von einer Bankensicherungsgesellschaft gerettet werden konnten. Darunter litt auch die viel gepriesene "doppelte Dividende". Wer sie, statt solider Zahlen, in Werbeprospekten anpreist, dem unterstellen Verbraucherschützer "Wollsockenabzocke" - will sagen: Ausnutzen der Naivität von Öko-Engagierten.

Aus der Traum vom grünen Kapitalismus? Keineswegs. Abgeklungen ist nur die Börsenhysterie - aber das gilt für konventionelle Aktien ebenso. Die grünen Sparer jedenfalls, denen es auf langfristige Anlagen ankommt und darauf, dass ihr Geld Gutes tut, werden auch jetzt - in den Zeiten der Wirtschaftsflaute - immer mehr. So berichtet Christof Lützel, Pressesprecher der Bochumer GLS Gemeinschaftsbank, welche die Ökobank übernommen hat: "Ethische Kapitalanlage ist gerade wieder ein großes Thema. Das Interesse an unserer Arbeit ist so groß wie nie. Wir haben 50 bis 60 Anfragen täglich, früher waren es acht bis zehn."

Vielleicht haben diese Anleger einfach nur ein gutes Näschen. Andreas Knörzer, Direktor der Bank Sarasin in Basel, die zu den Nachhaltigkeitsfonds-Pionieren zählt, prognostiziert, grüne Unternehmen würden aus der gegenwärtigen Wirtschaftskrise als Sieger hervorgehen. Doch inzwischen bewirkt der Nachhaltigkeitsgedanke auch bei den konventionellen Unternehmen etwas. Denn mit wachsender Intensität fragt eine junge Generation professionelle Anlagemanager bei Banken und Versicherungen nach der "richtigen" Verwendung von Geld. Als richtig gelten ihnen vor allem jene Firmen, die Risiken frühzeitig erkennen - auch und besonders ökologische Risiken. Für diese junge Generation ist Umweltschutz zur Selbstverständlichkeit geworden. Sie betrachtet das Thema ohne ideologische Scheuklappen.

Sogar ein eigener Berufszweig ist so entstanden: der "Sustainability Analyst" oder Nachhaltigkeitsanalyst. Die Bank Sarasin zum Beispiel hat alleine 17 Mitarbeiter in ihrer Nachhaltigkeitsabteilung, ein erheblicher Aufwand. Sie untersuchen zum Beispiel, ob ein Unternehmen zum Treibhauseffekt beiträgt, in Sachen Rüstung oder Atomkraft tätig ist, ob ein Pharmakonzern Tierversuche durchführt oder welche sozialen und kulturellen Kriterien Arbeitgeber beachten. Das erzeugt Druck - bis in die Vorstandsetagen der Konzerne.



Zudem unterstreichen die Öko-Analysen die Bedeutung des Umweltmanagements von Firmen. Umweltabteilungen gelten nicht länger als lästiges Anhängsel, sondern als Garanten einer erfolgreichen Börsenstrategie. Für Rainer Rauberger, der Leiter des "Sustainability Reporting und Stakeholder Dialogue" beim Düsseldorfer Chemie- und Waschmittelkonzern Henkel, der in Nachhaltigkeitsindices und -fonds gelistet ist, spielt der Imagefaktor "eine große Rolle, intern und extern. Auch für die Mitarbeiter ist das wichtig, dass ihr Unternehmen einen guten Ruf als ‚Sustainability Leader‘ genießt". Die Umweltanliegen seien im Unternehmen eindeutig gestärkt worden, so Rauberger.

Dass Chemiekonzerne wie Henkel und BASF und selbst BMW oder der Kohle- und Atomkonzern RWE in verschiedenen Nachhaltigkeitsfonds geführt werden, irritiert allerdings so manchen grünen Anleger. Einmal abgesehen davon, dass es Fonds gibt, die solche Aktien nicht enthalten (siehe Kasten) - die Befürworter argumentieren mit dem Erfolg des "best-of-class-Prinzips". Lobe den Umweltbesten einer Branche - etwa fürs Energiesparen und effizienten Umgang mit Ressourcen -, dann müssen die anderen nachziehen.

Jochen Staat von Pictet Funds, die ebenfalls nachhaltige Fonds anbieten, sieht es so: "Wenn Unternehmen sich als wenig umwelt- oder sozialverträglich erweisen, riskieren sie, dass ihnen Kunden, Mitarbeiter und auch die Anleger davonlaufen. Für uns ist dies der Hauptanreiz für einen Wandel in der Geschäftswelt."

Und die Zukunft? Zehn Jahre hat es gedauert, bis die von grünem Geld finanzierte Windkraft 3,5 Prozent des deutschen Stromverbrauchs erzeugte. Bis die nachhaltige Geldanlage ganze Branchen umkrempelt, dürfte noch ein wenig länger dauern. Weil es für die Wirtschaft aber nur die Alternative gibt, nachhaltig zu werden oder die Zukunft zu verspielen, ist es für Unternehmen im eigenen Interesse, die Weichen in Richtung ökologischen, sozialen und ethischen Umbau zu stellen. Wer früh kommt, den belohnen die "Grünanleger". Wer zu spät kommt, den bestraft die Börse.

Von JÖRG WEBER

http://www.greenpeace-magazin.de/index.php?id=3371 (Archiv-Version vom 20.06.2012)




Die Frage ist doch wirklich, wie lange Unternehmen, die auch an sich selbst moralische Maßstäbe anlegen, noch ein Nischendasein fristen, und wann der wirklich Change eintritt. Ich kann es glaube ich sagen, es ist auch nicht schwer. Wenn sich die gesetzlichen Rahmenbedingungen verändern.


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Die_Freiheit Diskussionsleiter
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Über die Philosophie des Kapitalismus

10.10.2013 um 23:26
@interrobang

Demokratie ist ein Sammelbegriff. Sozialismus entspricht direkter Demokratie, aber keiner repräsentativen Form. Also Ja, eine Form der Demokratie ist Sozialismus - unsere ist es nicht!


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11.10.2013 um 04:47
Zitat von interrobanginterrobang schrieb:Nein das ist Bullshit. Es gibt drei grosse oberbegriffe bei Politischen Sýstemen. Und zu einem der drei (sozialismus) gehört die Demokratie. Die beiden sind verbunden.
?

sozialismus ist ein wirtschftssystem. demokratie ist eine regierungsart


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11.10.2013 um 05:04
Zitat von Die_FreiheitDie_Freiheit schrieb:Demokratie ist ein Sammelbegriff. Sozialismus entspricht direkter Demokratie, aber keiner repräsentativen Form. Also Ja, eine Form der Demokratie ist Sozialismus - unsere ist es nicht!
es gibt ansich nur zwei grosse wirtschaftssysteme die einander ideologisch gegenüber stehen. den kapitalismus und den sozialismus. bei kapitalismus gibt es privatbesitz der produktionsgüter generiert und mehrwert für jeden einzelnen selbst erwitschaftet. wie das stück land zum beispiel, das korn produziert, und im sozialismus sind diese "besitztümer" allgemeingut, und produzieren für alle, so die grundidee

alle abweichungen und abstufungen dieser beiden wirtschaftsformen hat man dann mit einem anderen namen versehen, und ihnen bestimmte eigenschaften eingepflanzt. kommunismus, planwitschaft, marktwirtschaft usw..

demokratie ist eine regierungsart. die der mitbestimmung des ganzen volkes, nicht nur einiger weniger, die es geschafft haben an die macht zu gelangen. wie in der monarchie, die die macht erbte, oder in der diktatur, die die macht an sich riss.

das hat mit der wirtschaft erstmal nichts weiter zu tun, deshab stehen diese begrifflichkeiten auch nicht unbedingt immer zusammen


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11.10.2013 um 05:31
Die komplett durchgeknallte Ayn Rand behauptet ja allen Ernstes wir leben im Sozialismus und die Unternehmer müssten sich aus den Klauen der Arbeiter und des diktatorischen Terrors der Gewerkschaften befreien.Deshalb schlägt sie auch vor Gewerkschaften als terroristische Vereinigungen zu verbieten
Zitat von deduxdedux schrieb:Fast alle "wollen" das Gleiche. Auto, Haus, gutes Leben, Freiheit, Fleisch essen, in Urlaub fahren. Bald sind's 10Mrd. Ueberallhin wird dieses Konzept exportiert und die Lebewesen in Ketten gelegt. Irgendwas muss da mal irgendwann falsch gelaufen sein, IMO.
Gutes Leben ist auch ohne Fleisch,Auto und diversen Konsumschrott möglich.Man darf nicht vergessen das für die Herstellung von nem SUV vierzig Tonnen Ressourcen verbraten werden
Für Handys,Computer und andere Spielereien benötigt es Coltan

Youtube: Blut-Coltan - Seltene Metalle aus Bürgerkriegsgebieten
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Und da wundern sich die Leute wieso die Afrikaner zu Hunderttausenden flüchten
Ihnen bleibt durch Landraub,Überfischung und zerstörte,vergiftete Land gar nichts andees mehr übrig


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11.10.2013 um 06:36
@Warhead
das ist genau das problem. viele hätten gar keinen bock auf den kapitalismus, und würden sich wirklich mit viel weniger begnügen, weil das was sie zum leben brauchen, einfach in der natur vorhanden ist, und wenn man es nicht restlos ausschöpft, es auch immer wieder nachwächst.

jetzt haben sich aber einpaar wirklich gefrässige heuschreckenschwärme gebildet, die alles was sie anfassen mit produktionsoptimierenden mitteln und der ideologischen vorgabe der unbedingeten gewinnmaximierung alles abfressen, was zu geld gemacht werden kann, und dem rest diese lebensgrundlage entziehen.

kann sich jetzt jeder selbst ausrechnen, wie lange die, die auf die natürlichen mittel angewiesen sind, noch dabei zugucken werden. die bolivianer aus deinem beispiel weiter oben haben gleich eingegriffen, andere lassen sich noch zeit.


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dedux ehemaliges Mitglied

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11.10.2013 um 09:40
Zitat von WarheadWarhead schrieb:Gutes Leben ist auch ohne Fleisch,Auto und diversen Konsumschrott möglich.Man darf nicht vergessen das für die Herstellung von nem SUV vierzig Tonnen Ressourcen verbraten werden
Für Handys,Computer und andere Spielereien benötigt es Coltan
Da Stimme ich dir zu. In der Regel schauen die Menschen in ihrem Umfeld, was gutes Leben bedeutet, durch die Medien werden sie bestätigt und angeleitet, noch mehr zu konsumieren.


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11.10.2013 um 13:26
Zitat von rockandrollrockandroll schrieb:sozialismus ist ein wirtschftssystem. demokratie ist eine regierungsart
Ganz so einfach würde ich es mir nicht machen. Jedes Wirtschaftssystem kann auf der Skala
Freiheit ----- ----- ---- ---- --- Gleichheit
irgendwo eingeordnet werden und impliziert damit auch gleich eine Regierungsart genau wie jede Regierungsart eben eine solche Einordnung impliziert und dann damit auch ein Wirtschaftssystem nahelegt.


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11.10.2013 um 13:32
@Schleierbauer
wieso schliessen freiheit und gleichheit einander aus?


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