Was bedeutet es, die Wahrheit zu kennen?

@off-peak
Weil es keine sinnvolle Definition oder auch nur ein Verständnis des freien Willen gibt der sich mit dem Determinismus vereinbaren lässt. Wieder Ausnahme Pauen, aber auch Pauens Konzeption hat seine Schwachpunkte.
Anhand eines Beispiels nochmal deutlicher:
Wenn du dich zwischen einem Apfel und einer Birne entscheiden kannst und wählst den Apfel, ist diese Entscheidung nur dann frei zu nennen, wenn die Entscheidung nicht bereits vorher feststand. Selbst wenn es noch so viele gute Gründe gab den Apfel zu wählen, hättest doch die Birne wählen können. Es war nicht oder nicht absolut vorhersagbar oder berechenbar, auch dann nicht wenn man alle Bedingungen kennen würde.
Das ist nicht mit einem Determinismus vereinbar oder ich wüsste zumindest nicht wie.

Aber nochmal: Wahrheit ist nicht freier Wille, das gehört hier nicht her. Wenn da tieferer Gesprächsbedarf besteht setze ich gerne einen eigenen Thread für das Thema auf, es ist ja ein klassisches Problem der Philosophie. Oder vielleicht gibt es sogar bereits einen, ich habe noch nicht danach gesucht.

paxito schrieb:Physik & Neurowissenschaften und je nach Verständnis auch die Psychologie gehen von einem deterministischen Weltbild aus.

Wie bitte?

@Nemon
Aus der Wikipedia:

Der Determinismus (von lateinisch determinare ‚festlegen‘, ‚Grenzen setzen‘, ‚begrenzen‘) ist die Auffassung, dass alle – insbesondere auch zukünftige – Ereignisse durch Vorbedingungen eindeutig festgelegt sind.[1] Die Gegenthese (Indeterminismus) vertritt, dass es bestimmte Ereignisse gibt, die nicht eindeutig durch Vorbedingungen determiniert, sondern indeterminiert (= unbestimmt) sind.

In der Naturphilosophie wird ein allgemeiner Determinismus zumeist durch zwei Annahmen gestützt: erstens, dass sämtliche natürlichen Prozesse durch Naturgesetze bestimmt sind und dass zweitens die Bewegungsgleichungen dazu beim Einsetzen von exakten Werten eine eindeutige Lösung liefern und damit die Ergebnisse festlegen. Ob diese Annahmen durchgängig zutreffen, ist umstritten. Wenn das Weltgeschehen jedenfalls festgelegt ist, scheint dies einen Widerspruch für die Existenz eines freien Willens zu erzeugen. Ob dieser Widerspruch besteht, ist ebenso umstritten wie die jeweiligen Konsequenzen.

Quelle: Wikipedia: Determinismus

@paxito
Deine Aussage war unklar; in wiefern gehen die von einem Weltbild aus — ausgehen im Sinne von ihren eigenen Ursprung nehmend? Oder ausgehen im Sinne von in der Beobachtung von etwas als These zugrundelegend?

Wie auch immer. Ich habe meine Probleme damit, dass die Physik ein Weltbild vertritt, in dem alle Vorgänge deterministisch festgelegt sind und das einem freien Willen widerspricht.

Interessanter Artikel:LEXIKON DER PHYSIK Determinismus

(…) Der Determinismus wird weder als notwendige Eigenschaft der Natur noch als methodisches oder heuristisches Prinzip angesehen. Gesetzartige Beschreibung und Erklärbarkeit haben mit Determinismus nichts zu tun und sind auch dort möglich, wo Prozesse nicht bis ins einzelne deterministisch ablaufen. Insgesamt ist dennoch innerhalb der Physik gegenwärtig kein Konsens über den ontologischen Status und die methodische Relevanz des Determinismus festzustellen, sondern man findet die folgenden Einstellungen zum Determinismus-Problem: (…)

(…) 3. Jede Art von Annahme über einen Determinismus ist für die Physik irrelevant. Was unter Determinismus zu verstehen ist, läßt sich sinnvoll erst relativ zu einer Theorie definieren. In einem absoluten Sinn gibt es in der Physik sowohl deterministische als auch statistische Gesetze, die nicht auf deterministische reduzierbar sind. Bezogen auf eine bestimmte Theorie können jedoch die statistischen Gesetze durchaus als deterministisch bezüglich der Beschreibung des Verhaltens von Gesamtheiten interpretiert werden.(…)

SpoilerIch kann momentan nicht richtig arbeiten und muss aus der Hüfte schießen und hoffen, dass es auch so klar wird.

Als implizite erkenntnistheoretische Grundannahme. Statistische Gesetze verschieben das Problem des freien Willens nur, sie lösen es nicht. Das ist jetzt mein letzter Kommentar dazu, da völlig OT.

@paxito
Völlig OT in Bezug auf was? Den Thread-Titel oder den EP?
Dem TE folgend würde ich eher meinen: Alles kann, nichts geht. Jeder, wie er muss oder meint ;)

Nemon schrieb:Alles kann, nichts geht.

Hieß das nicht ein wenig anders? ;) Jeder hat seine Wahrheit.
Und nur weil etwas wahr ist, muss ich es noch lange nicht glauben!111!

FlamingO schrieb:Hieß das nicht ein wenig anders? ;)

Was mal war, ist obsolet. Wir stehen jetzt vor neuen Fragen!

Nemon schrieb:Wir stehen jetzt vor neuen Fragen!

Manche sitzen auf alten Antworten.

paxito schrieb:Weil es keine sinnvolle Definition oder auch nur ein Verständnis des freien Willen gibt der sich mit dem Determinismus vereinbaren lässt.

Das muss er ja gar nicht. Es genügt eine Definition, auf die sich alle einigen könnten.

paxito schrieb:wenn die Entscheidung nicht bereits vorher feststand.

Und woher willst Du wissen, ob sie vorher fest stand. Und wie sollte sie vorher fest gestanden haben? Und we oder was sollte diese Entscheidung vorher fest gesetzt haben?

Unter dieser Bedingung wäre die Entscheidung in der Tat nicht frei, aber diese Bedingung stell(t)e ich ja gar nicht.

paxito schrieb:Wahrheit ist nicht freier Wille, das gehört hier nicht her.

Vor Allem habe ich es auch nicht behauptet.

FlamingO schrieb:Und nur weil etwas wahr ist, muss ich es noch lange nicht glauben!111!

Oder wie Heinz Erhardt es so schön formulierte: Sie dürfen nicht alles glauben, was sie so denken. :D

off-peak schrieb:Oder wie Heinz Erhardt es so schön formulierte: Sie dürfen nicht alles glauben, was sie so denken. :D

Erhardt wusste auch: Da fuhr der alte Lord mit seinem Ford fort. Und die gute Misses bekam ein paar Kisses.

Einsichten. Wahrheiten. Zu gering eingeschätzt betreffend der Curricula!

Wie will man wissen was wahr ist, wenn man nicht weiss was wahr ist ?
Man müsste also wissen was wahr ist, um zu wissen was wahr ist.
Wenn man aber wußte was wahr ist, bevor man wußte was wahr ist, wieso fand man erst heraus, was wahr ist ?

Gerlind schrieb:Wie will man wissen was wahr ist, wenn man nicht weiss was wahr ist ?

Der gleiche Gedanke kam mir auch beim Lesen des Eigangsposts. Nur hielt ich es für ein wenig zu banal, bloss einen Satz zu posten. :D

satansschuh schrieb:Der gleiche Gedanke kam mir auch beim Lesen des Eigangsposts. Nur hielt ich es für ein wenig zu banal, bloss einen Satz zu posten. :D

Und jetzt, nach etwas über 4 Wochen, sind es schon zwei Sätze. :Y:
Wenn sich das so immer weiter verdoppelt, ist das exponentielles Wachstum wie in der Schachbrett-Reiskorn-Geschichte: 1 Reiskorn auf dem ersten Feld des Schachbretts, 2 Reiskörner auf dem zweiten Feld, 4 auf dem dritten, 8 auf dem vierten usw. Das gäbe monumentale Textwände.

Gerlind schrieb:Wie will man wissen was wahr ist, wenn man nicht weiss was wahr ist ?

Früher galten Blitz und Donner lange als Götterzorn, bis dann die Menschen irgendwann dahinterkamen, was diese Phänomene tatsächlich verursacht. Als "wahr" Anerkanntes ist weniger eine unabänderliche Wahrheit, mehr eine möglichst exakte Annäherung an diese. Was wir als Wirklichkeit annehmen, ist nur eine Abbildung der Realität.

FlamingO schrieb:Früher galten Blitz und Donner lange als Götterzorn, bis dann die Menschen irgendwann dahinterkamen, was diese Phänomene tatsächlich verursacht. Als "wahr" Anerkanntes ist weniger eine unabänderliche Wahrheit, mehr eine möglichst exakte Annäherung an diese. Was wir als Wirklichkeit annehmen, ist nur eine Abbildung der Realität.

Wie will man wissen, ohne das man weiß, was "die Realität" sei, dass man sich ihr genähert hätte ?

FlamingO schrieb:Und jetzt, nach etwas über 4 Wochen, sind es schon zwei Sätze. :Y:
Wenn sich das so immer weiter verdoppelt, ist das exponentielles Wachstum wie in der Schachbrett-Reiskorn-Geschichte: 1 Reiskorn auf dem ersten Feld des Schachbretts, 2 Reiskörner auf dem zweiten Feld, 4 auf dem dritten, 8 auf dem vierten usw. Das gäbe monumentale Textwände.

Glaub ich weniger. Ich neige dazu, mich kurzzufassen. ;)

FlamingO schrieb:Als "wahr" Anerkanntes ist weniger eine unabänderliche Wahrheit, mehr eine möglichst exakte Annäherung an diese.

Ist das als "wahr" Anerkannte nicht schlicht eine Konvention? Das worauf man sich zu einem bestimmten Zeitpunkt geeinigt hat? Ob nun Naturwissenschaft oder christliche Theologie, welches von beidem dichter an der "unabänderlichen Wahrheit" ist lässt sich nicht entscheiden. Aber beide behaupten natürlich, sie hätten Recht.

Gerlind schrieb:Wie will man wissen, ohne das man weiß, was "die Realität" sei, dass man sich ihr genähert hätte ?

Wenn überhaupt, dann dadurch das die eigenen Angaben möglichst gut den Tatsachen entsprechen, also widerspruchsfrei sind.

satansschuh schrieb:Glaub ich weniger. Ich neige dazu, mich kurzzufassen.

Löblich 👍

paxito schrieb:Wenn überhaupt, dann dadurch das die eigenen Angaben möglichst gut den Tatsachen entsprechen, also widerspruchsfrei sind.

Wie will man wissen, ohne das man weiß, was "Tatsache " sei, dass man sich ihr genähert hätte ?


Im Moment sehe ich es auch so, dass man ein ähnliches Sprachspiel spielt (Konvention), um von "Wahrheit" zu sprechen.

paxito schrieb:Ist das als "wahr" Anerkannte nicht schlicht eine Konvention?

Gewiss. Man hat sich darauf verständigt, eine Aussage als wahr anzunehmen, wenn sie keine inneren Widersprüche aufweist bzw. wenn informierte Experten sich über den Wahrheitsgehalt einig sind.
Aber was ist mit einem Lügner, der sagt, er lügt?
Lügt er?
Wenn er lügt, dann lügt er nicht; wenn er nicht lügt, dann lügt er.
Auch ich kann ganz einfach behaupten: Mein erster Satz war falsch. Und?

Gerlind schrieb:Im Moment sehe ich es auch so, dass man ein ähnliches Sprachspiel spielt (Konvention), um von "Wahrheit" zu sprechen.

Hast du evtl. Alternativvorschläge im Kopf? Ich wüsste nicht, welche außersprachlichen Verständigungsmittel- und Formen sich anböten, um sich auf Wahrheiten zu verständigen.