nocheinPoet
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Begriff "Existenz" physikalisch oder auch philosophisch "nebulös?
um 17:37Ich denke ich kann ja mal die Rubrik Philosophie ein wenig bespaßen, nicht wirklich eine große Sache, aber man kann ja mal was zu schreiben. Beginnt mit einer Aussage eines Users in einem anderen Thread, und was ich dazu so sachlich auf Tasche hätte, ist in dem anderen Thread eben dann doch zu weit vom Thema dort entfernt, als haue ich es mal hier rein, die Aussage war:
Zur zweiten Frage, das ist doch ein Strohmann, es ging um den Begriff "Existenz", und der ist in der Physik nicht nebulös, wie ich weiter schrieb, ist womöglich aber das, was das existiert von der Beschreibung selber eventuell nebulös. Wobei nun nebulös nicht wirklich eine physikalische Beschreibung ist. Ich hatte das ja mit dem Elektron im anderen Thread beschrieben, was nun wirklich ganz genau, ein Elektron ist, mag schwer zu erklären sein, als Modell und theoretisch kann es recht gut und klar beschrieben werden, aber es liefert eben nicht wirklich eine Erklärung zum Greifen.
Zur dritten Frage, ich würde schon ja sagen, die Frage ist auch seltsam konstruiert.
Zur vierten Frage, ich würde da eher fragen, existiert eine Kraft, oder existieren Kräfte und ja, sie existieren. Wenn Du fragst, ist Kraft eine Existenz, dann wird das mehr verstofflicht, oder verdinglicht, nicht alles was existiert, kann man aber anfassen. Schmerzen existieren, sie sind existent, man kann sicher sagen, die Existenz von Schmerzen steht außerfrage.
Also doch, ich kann da schon was zu sagen.
Existenz ist nicht nebulös. Nebulös ist, was als existent verstanden wird – und wie man es versteht.
Schauen wir zu "Existenz" noch eben in der Logik. In der Prädikatenlogik erster Stufe symbolisiert der Existenzquantor ∃ die Existenz mindestens eines Objekts, das eine gegebene Eigenschaft erfüllt, etwa ∃x (P(x)), was "es gibt ein x, für das P(x) gilt" bedeutet. Existenz ist hier ein formales Prädikat, das keine inhaltliche Beschreibung erfordert, sondern rein quantifizierend wirkt. Kant betonte bereits, dass Existenz kein reales Prädikat ist, sondern eine Setzung der Realität. Das hatte ich oben ja auch schon so geschrieben, aber hier noch mal etwas "tiefer".
Und ein kurzer Blick zu "Existenz" in der Mengenlehre. In der Zermelo-Fraenkel-Mengenlehre (ZF) wird die Existenz der leeren Menge durch ein spezielles Axiom postuliert, da sie sonst nicht aus anderen Axiomen folgt. Weitere Axiome wie das Paarmengenaxiom oder das Potenzmengenaxiom garantieren die Existenz komplexerer Mengen aus gegebenen. Kontroversen entstehen bei der Existenz unendlicher Mengen, die durch das Unendlichkeitsaxiom gesichert wird, was die Grundlage für die Mathematik bildet.
Also auch noch mal eben ganz kurz und abschließend "Existenz" im mathematischen Kontext angerissen. Mathematische Existenzbeweise zeigen oft die Vorhandensein von Objekten ohne explizite Konstruktion, wie beim Zwischenwertsatz, der die Existenz einer Nullstelle für stetige Funktionen behauptet. In der Algebra sichert der Fundamentalsatz die Existenz komplexer Wurzeln für jedes Polynom. Existenzfragen können konstruktiv (z. B. intuitionistische Logik) oder nicht-konstruktiv (klassische Logik) behandelt werden, was zu Debatten über "reale" Existenz führt.
Die drei Absätze nur um es ein wenig weiter zu vertiefen, man könnte zu jedem wohl Bücher schreiben. Wichtig ist mir, Physik baut auf Mathematik eben auf, Philosophie geht tiefer, liegt darunter, und generell finde ich die Frage nach der Existenz im philosophischen Kontext unglaublich interessant. Auch wenn man weiter dann in die Physik geht, der Urknall, was war davor, wie kann aus dem Nichts etwas kommen, das existiert?
Ich komme hier immer wieder zu dem Ergebnis, dass Existenz immer gegeben ist, eine Aussage wie nichts existiert nicht, oder nichts kann nicht existieren ist schon, ich sage mal wo schon schwierig. Die Ursache ohne Ursache, causa prima, solche Vorstellungen finde ich schwer greifbar.
Und auf der Sachebene kann ich dem nicht wirklich zustimmen, im Gegenteil, gerade in Bezug auf Physik ist der Begriff doch recht klar definiert. Hier erstmal meine Antwort dazu aus dem anderen Thread:shakazulu2 schrieb:Der Begriff "Existenz" bleibt in Bezug auf Physik vollständig nebulös.
nocheinPoet schrieb:Ja, nun Existenz von Welt-Objekten, aber doch, ich denke schon, der Begriff "Existenz" ist nicht vollständig nebulös in der Physik. Ab 5 σ (5 Sigma) spricht man in der Physik dann doch schon mal von einer sehr hohen statistischen Entdeckungswahrscheinlichkeit für eine Phänomen oder die Existenz von einem Teilchen, so eben auch das Higgs-Boson. Es ist weniger der Begriff "Existenz" was nebulös ist, sondern das was da dann existiert. Also Dein "Welt-Objekt".
Nummerierung von mir hinzugefügt, so eine Reihe Fragen hat immer was von Eristik, aber gegessen, zur ersten Frage, physikalisch ist das eine recht klare Hausnummer, da spricht man nicht von nebulös, sondern von existent. Es gibt klare Vorgaben, von dem was gesucht wird, was beschrieben werden soll, man macht Experimente und da misst man etwas, diese Ergebnisse sind eben existent. Also man macht eine Experiment und man findet etwas oder eben nicht, natürlich ist es nun mal Physik und in dem Bereich geht man mit Wahrscheinlichkeiten an die Dinge rann.shakazulu2 schrieb:
- Ist es nun eine Tatsache, dass die Welt Higgs-Boson-Teilchen enthält oder wurde lediglich ein Effekt (sprich Wechselwirkung) über die Vorstellung eines Higgs-Boson-Teilchens und einen daran angelehnten Versuchsaufbau festgestellt?
- Wenn du eingestehst, dass unklar ist, was existieren soll, wie sollen dann gesichert Teilchen existieren?
- Ist "die Kraft" ein vorliegender Weltanteil?
- Ist "Kraft" eine Existenz?
=> Du kannst es nicht sagen.
Zur zweiten Frage, das ist doch ein Strohmann, es ging um den Begriff "Existenz", und der ist in der Physik nicht nebulös, wie ich weiter schrieb, ist womöglich aber das, was das existiert von der Beschreibung selber eventuell nebulös. Wobei nun nebulös nicht wirklich eine physikalische Beschreibung ist. Ich hatte das ja mit dem Elektron im anderen Thread beschrieben, was nun wirklich ganz genau, ein Elektron ist, mag schwer zu erklären sein, als Modell und theoretisch kann es recht gut und klar beschrieben werden, aber es liefert eben nicht wirklich eine Erklärung zum Greifen.
Zur dritten Frage, ich würde schon ja sagen, die Frage ist auch seltsam konstruiert.
Zur vierten Frage, ich würde da eher fragen, existiert eine Kraft, oder existieren Kräfte und ja, sie existieren. Wenn Du fragst, ist Kraft eine Existenz, dann wird das mehr verstofflicht, oder verdinglicht, nicht alles was existiert, kann man aber anfassen. Schmerzen existieren, sie sind existent, man kann sicher sagen, die Existenz von Schmerzen steht außerfrage.
Also doch, ich kann da schon was zu sagen.
Eventuell hast Du da eine sehr eigene Definition von Existenz, ich gehe da gleich weiter unten noch mal genauer drauf ein, dafür ja auch der Thread hier. Es mag sein, dass für Dich da was im Unklaren liegt, aber ich würde das nicht so verallgemeinern. Du hast für meinen Geschmack auch wo zu viel "Welt" drin, und ich würde mal bestreiten, dass echte Physiker Dir bei dem letzten Satz und der Aussage da so zustimmen würden. Auch das, nicht denken, rechnen, ist etwas befremdlich.shakazulu2 schrieb:Die Vorstellung von Teilchen und Kräften ermöglicht einen Umgang mit der Welt, aber ob die Welt diese Vorstellungen in Form von "Existenz" erfüllt, liegt im Unklaren. Für die Experimente der Quanten-Physik gibt es schon gar keine brauchbaren Vorstellungen mehr, sondern nur noch Wertermittlung - Motto: "nicht denken, rechnen".
nocheinPoet schrieb:Aber hier an dem Punkt gehe ich generell doch lieber in die Philosophie und hinterfrage die Dinge auf einer Ebene tiefer.
Nur weil Du da nicht was erkennen kannst, oder "entnehmen", wie Du schreibst, bedeutet das nun nicht, dass da nichts drin ist. Aber ich kann Dir gerne noch mal genauer hier schreiben, was ich unter tiefer verstehe.shakazulu2 schrieb:Aus deinem Beitrag kann ich nicht entnehmen, dass du von irgendeiner Ebene aus startest. Was soll von da aus "tiefer" sein?
- Existenz als formale Kategorie ist klar
"Existenz" bedeutet schlicht: "ist" im Sinne von Realität, Vorhandensein, Sein-da.
In der Logik (z. B. bei Kant oder Frege) ist Existenz ein Quantor: ∃x (P(x)) → Es gibt ein x, das die Eigenschaft P hat.
Das ist nicht vage – es ist eine formale, klare Aussage. Existenz ist also nicht nebulös – sie ist ein logisches Prädikat. - Nebulös wird es bei der Zuordnung von Existenz
Was tatsächlich nebulös ist, ist nicht die Existenz an sich, sondern:Nebulöses Warum? Was genau "existiert"? Zahlen? Ideen? Gott? Das Unbewusste? Mögliche Welten? Wie existiert es? Materiell? Mental? Als Möglichkeit? Als Relation? Wer entscheidet? Beobachter? Sprache? Physik? Glaube?
→ Das "Was" und "Wie" der Existenz ist das Nebulöse – nicht die Existenz selbst.
Habe da mal was als Diskussionsgrundlage in eine Tabelle gedrückt. Ist das nun etwas tiefer, eventuell hilft es so ja. - Mal zu Heidegger, der würde es wohl ähnlich sehen:
Heidegger sagt nicht, dass Existenz nebulös ist – ganz im Gegenteil, "das Sein ist das Nächste. [...] Aber gerade das Nächste bleibt dem Menschen das Fernste." (Was ist Metaphysik?)
Sein (und damit Existenz) ist das Evidenteste – wir leben ja darin. Aber wir vergessen es, weil wir uns in das Seiende (Dinge, Begriffe, Theorien) verlieren.
→ Nebulös ist nicht die Existenz, sondern unsere Verdeckung des Seins durch das Seiende. - Mal ein konkretes Beispiel:
Aussage: "Gott existiert" → formal klar.
Nebulös wird es bei:
Was bedeutet "Gott"?
Was bedeutet "existieren" in diesem Fall? (wie ein Tisch? wie Liebe? wie ein Gedanke?)
Welche Kriterien gelten?
→ Die Existenzprädikation ist klar – das Referenzobjekt ist nebulös.
Ich möchte aber nun keine Metadiskussion über die Frage ob Gott existiert, da haben wir schon ganz sicher mindestens einen Thread hier im Forum zu. - Meine Aussage konkreter formuliert:
"Existenz ist nicht nebulös. Nebulös ist, was als existent verstanden wird – und wie man es versteht."
Das ist philosophisch exakt und steht in der Tradition von:
Kant: Existenz ist kein reales Prädikat (keine Eigenschaft), sondern eine Setzung.
Quine: „To be is to be the value of a bound variable“ – Existenz ist logische Bindung, nicht Inhalt.
Wittgenstein: Die Schwierigkeit liegt in der Sprache, nicht im Sein.
Eventuell wird "Existenz" nebulös, weil zwei Ebenen vermischen werden:- die formale Ebene ("Etwas ist") → klar
- die ontische Ebene ("Was ist dieses Etwas?") → oft nebulös
Ich trenne es und dann ist es auch philosophisch sauber.
Existenz ist nicht nebulös. Nebulös ist, was als existent verstanden wird – und wie man es versteht.
Schauen wir zu "Existenz" noch eben in der Logik. In der Prädikatenlogik erster Stufe symbolisiert der Existenzquantor ∃ die Existenz mindestens eines Objekts, das eine gegebene Eigenschaft erfüllt, etwa ∃x (P(x)), was "es gibt ein x, für das P(x) gilt" bedeutet. Existenz ist hier ein formales Prädikat, das keine inhaltliche Beschreibung erfordert, sondern rein quantifizierend wirkt. Kant betonte bereits, dass Existenz kein reales Prädikat ist, sondern eine Setzung der Realität. Das hatte ich oben ja auch schon so geschrieben, aber hier noch mal etwas "tiefer".
Und ein kurzer Blick zu "Existenz" in der Mengenlehre. In der Zermelo-Fraenkel-Mengenlehre (ZF) wird die Existenz der leeren Menge durch ein spezielles Axiom postuliert, da sie sonst nicht aus anderen Axiomen folgt. Weitere Axiome wie das Paarmengenaxiom oder das Potenzmengenaxiom garantieren die Existenz komplexerer Mengen aus gegebenen. Kontroversen entstehen bei der Existenz unendlicher Mengen, die durch das Unendlichkeitsaxiom gesichert wird, was die Grundlage für die Mathematik bildet.
Also auch noch mal eben ganz kurz und abschließend "Existenz" im mathematischen Kontext angerissen. Mathematische Existenzbeweise zeigen oft die Vorhandensein von Objekten ohne explizite Konstruktion, wie beim Zwischenwertsatz, der die Existenz einer Nullstelle für stetige Funktionen behauptet. In der Algebra sichert der Fundamentalsatz die Existenz komplexer Wurzeln für jedes Polynom. Existenzfragen können konstruktiv (z. B. intuitionistische Logik) oder nicht-konstruktiv (klassische Logik) behandelt werden, was zu Debatten über "reale" Existenz führt.
Die drei Absätze nur um es ein wenig weiter zu vertiefen, man könnte zu jedem wohl Bücher schreiben. Wichtig ist mir, Physik baut auf Mathematik eben auf, Philosophie geht tiefer, liegt darunter, und generell finde ich die Frage nach der Existenz im philosophischen Kontext unglaublich interessant. Auch wenn man weiter dann in die Physik geht, der Urknall, was war davor, wie kann aus dem Nichts etwas kommen, das existiert?
Ich komme hier immer wieder zu dem Ergebnis, dass Existenz immer gegeben ist, eine Aussage wie nichts existiert nicht, oder nichts kann nicht existieren ist schon, ich sage mal wo schon schwierig. Die Ursache ohne Ursache, causa prima, solche Vorstellungen finde ich schwer greifbar.
