Wir sollten Gefängnisse langfristig abschaffen

Ray. schrieb:Richtig das braucht man. Aber das ist das Problem des Staates und nicht das des jungen Mannes.

Sicherlich, aber leute WIE er sollten dann anders behandelt werden. Er ist durchaus ein symptom von dem, was falsch läuft.

Und jetzt denk mal: Wenn ich ein angehöriger wäre von dem mädchen und ich will jetzt lynchjustiz begehen, kann ich denselben trick anwenden.
Ich such mir 5 Kumpels, schau, wo der wohnt und dann warte ich da und schlag ihn tot. Dafür kann mich, wenn alle meine Freunde dicht halten und alle sagen 'war nacht, wir waren betrunken, hab nix gesehen, nur geschubse, war selber nicht beteiligt', dann kann uns keiner was.

Und dann sagen wir 'in dubio pro reo'. So ist das (nicht aus rache, aber vom hergang her) auch schon des öfteren passiert. Jemand wird totgeprügelt, aber keiner war es dann am Schluss.

Sowas, genau wie die Fälle mit den Rasern, lassen Menschen den Glauben an Gerichte verlieren. DAnn wird weniger angezeigt, mehr selbst in die Hand genommen und das ist ein größeres Problem als es selbst einzelne fehlurteile wären.

shionoro schrieb:mehr selbst in die Hand genommen und das ist ein größeres Problem als es selbst einzelne fehlurteile wären.

@shionoro

Da muss ich Dir widersprechen. Ein Fehlurteil ist auch unter Berücksichtigung gesellschaftlicher Folgen nie hinzunehmen.

Verurteilungen sollen nicht einfach das Empfinden der Masse reflektieren.

Von Clint Eastwood gibt es da einen neuen Film über einen Mann der zu Unrecht ins Kreuzfeuer von Justiz und noch viel mehr der Medien kam.

Wenn man nur aufgrund der Umstände dieses Raserfalls schaut würde ich sagen dass 10 Jahre ÖPNV sicher der Ausbildung von Verantwortungsgefühl nicht geschadet hätten.
Und dass wir relativ wenige Verkehrstote haben ist für mich kein Grund Totraser wieder auf die Straße loszulassen.

Ich weiss nicht mehr genau glaube es war Gregor Gysi der mal sagte:

"Ein Gericht hat dann gut geurteilt wenn Kläger und Angeklagte am Ende ein bisschen unzufrieden sind"

Das ist ein komplizierter Fall, da möchte ich nicht Richter sein.
Was auch unklar ist welche Auflagen mit der Bewährung zusammen hängen. Das könnten unter Umständen anstrengende 14 Mon. werden.
Die Gefängnis Strafe hier wäre grenzwertig und nicht unbedingt Zielführend, glaub ich.
Und bei allem Verständnis für die Hinterbliebenen und das Opfer letztendlich scheint sie freiwillig eingestiegen zu sein. Und ich befürchte das sie nicht angeschnallt war, zumindest meine Vermutung.
Ob die Geldstrafe angemessen ist kann ich nicht beurteilen da geht es normalerweise nach dem Einkommen es wurden ja nicht mal die Tagessätze angegeben. Und es werden nicht nur die Kontostande sondern auch die Einkommen geprüft.
Und wenn das Gericht nach dem Vermögen der Eltern urteilen würde dann hätten wir Gesetze ähnlich einer Sippenhaft.

Edit: und wo ich mir jetzt nicht ganz sicher bin. Das Gericht hat ihm zwar die Fahrerlaubnis zurück erteilt aber die Fahrerlaubnisbehörde als Verwaltungsbehörde kann ihm jetzt immer noch eine Sperre und Auflage zur Amtsarzt Untersuchung oder Mpu wenn sie Zweifel an der Eignung haben.

amtraxx schrieb:Und ich befürchte das sie nicht angeschnallt war, zumindest meine Vermutung.

@amtraxx

Ich hatte den Fall seinerzeit wegen der örtlichen Nähe verfolgt und da wurde berichtet dass sie angeschnallt war. Bei einem Aufprall mit 300 hilft das aber auch nicht viel.

Das hat den gleichen Effekt als wenn man bei einem Flugzeugabsturz das Tischchen hochgeklappt hat.

Einsteigen und Mitfahren ist ja noch kein Einverständnis für so einen Schweinefahrstil. Wer die Strecke kennt weiss dass die nicht für 300 geeignet ist.

sacredheart schrieb:Ich hatte den Fall seinerzeit wegen der örtlichen Nähe verfolgt und da wurde berichtet dass sie angeschnallt war. Bei einem Aufprall mit 300 hilft das aber auch nicht viel.

AH ok Danke diese Info konnte ich bisher nicht finden. Finde es seltsam das er unverletzt raus kommt und sie raus geschleudert wurde deshalb meine Vermutung.

@sacredheart

Naja Fehlurteile nehmen wir ja immer in Kauf, irgendwie. Wir haben ja auch jetzt Urteile, die getroffen werden, weil die Indizien stark dafür sprechen, obwohl es keinen eindeutigen Beweis gibt (deswegen wurde z.b. Alaa S verurteilt.

https://taz.de/BGH-bestaetigt-Urteil-zu-Messerattacke/!5681432/

Da gab es als einzigen wirkliche beweis nur eine aussage eines Dönerverkäufers, der die später zurückgezogen hat. Das Gericht glaubte, er habe die zurückgezogen, weil druck auf ihn ausgeübt wurde und hat trotzdem verurteilt. Da kann man aber nicht sagen, dass 'kein zweifel' habe herrschen können und sich der Dänerverkäufer vielleicht wirklich nicht sicher war.

Das gibt den Raum für ein Fehlurteil, aber hier hat man das gemacht, weil die Evidenz schon deutlich dafür sprach (es passte irgendwie alles zusammen) und man sicher auch nicht wollte, dass der Täter damit erfolg hat, wenn seine Freunde druck auf Zeugen ausüben.

Sowas meinte ich damit. Oder eben das schaffen von Straftatsbeständen, die möglicherweise einzelne Menschen kriminalisieren, die wirklich unschuldig sind. Das machen wir ja z.b. bei der überzogenen Notwehr so. Da wird man auch einige fehlurteile treffen (weil richter menschen sind) und bei diesen Fehlurteilen werden wir leuten, die sich wirklich nur verteidigt haben, sagen, sie haben aber nicht das geringste mittel gewählt, und sie hätten doch dies oder jenes tun können.

Trotzdem muss man das manchmal so machen, um schlimmeres zu verhindern. Würden wir notwehr grundsätzlich immer bis zum äußersten erlauben (also einen umbringen, der dich nur ausrauben will), dann hätten wir ggf. viel größere Probleme.

Und bei manchen straftaten, die unheimlich schwer zu ahnden sind, glaube ich, dass wir neue straftatbestände und andere herangehensweisen brauchen, um wirklich gerecht überhaupt bestrafen zu können.

sacredheart schrieb:Ja. Genau das glaube ich. Man wird sicher seine Konten prüfen. Upps plötzlich arm. Und das wars dann. Fahrlässige Tötung zum Special price.
Irgendwie zum Kotzen.

Mittlerweile wurde es ja bereits erklärt, dass dem nicht so ist.

shionoro schrieb:Und bei manchen straftaten, die unheimlich schwer zu ahnden sind, glaube ich, dass wir neue straftatbestände und andere herangehensweisen brauchen, um wirklich gerecht überhaupt bestrafen zu können.

Gerechtigkeit in Verbindung mit bestrafen kann man nicht erreichen. Keine Straftat ist wie die andere und kein Täter wie der andere. Es muss also Spielraum geben. Auch ist Gerechtigkeit ein empfinden welches durch persönliche Erfahrungen geprägt ist. Schaue ich aus opfersicht sieht vieles anders aus als die nüchterne Darstellung von Beamten zB.

Ray. schrieb:Gerechtigkeit in Verbindung mit bestrafen kann man nicht erreichen. Keine Straftat ist wie die andere und kein Täter wie der andere. Es muss also Spielraum geben. Auch ist Gerechtigkeit ein empfinden welches durch persönliche Erfahrungen geprägt ist. Schaue ich aus opfersicht sieht vieles anders aus als die nüchterne Darstellung von Beamten zB.

Gerechtigkeit in den Augen der Bevölkerung schon. Wenn ein Täter quasi nicht bestraft wird für etwas, was viele Leute schlimm finden, ist da ein missverhältnis.
Das hat auch mit Nüchternheit nichts zu tun.

Hätte ich das gemacht, was der gemacht hat, der ich für mein Geld arbeite und ein gewisses einkommen hab, dann würden die mich härter bestrafen, obwohl ich mir keine schönen leasingwagen leisten kann.

@shionoro
Dann muss man wohl in Zukunft die Bevölkerung fragen bevor es zu einer Verurteilung kommt? Recht wird in Deutschland zum Glück den Profis überlassen und nicht dem Bürger.

Nun hätte ich das gemacht wäre ich bis zum Ende im Knast und das sowohl ich mir nicht mal ein Auto leisten kann. Das sagt einem aber weniger etwas über die Vermögenswerte der Person.

@Ray.

Und wie haben sich die Profis das recht ausgedacht bzw. die Strafen für Vergehen?

@shionoro
Keine Ahnung, allerdings ist man wohl kaum durch die Straßen gegangen und hat Passanten gefragt.

Ray. schrieb:Keine Ahnung, allerdings ist man wohl kaum durch die Straßen gegangen und hat Passanten gefragt.

Man hat aber sehr wohl die Strafen schon danach eingeteilt, wie schlimm und gemein das ist, was einer gemacht hat. Darum bekommst du eine weniger hohe Strafe für Totschlag als für Mord, obwohl du in beiden fällen einen Menschen umgebracht hast.
Nur, weil du bei Totschlag im Affekt gehandelt hast und beim Mord nicht.

Welche strafen jemanden ereilen, ist eine konsensfrage und sollte sich durchaus AUCh (nicht nur) am Gerechtigkeitsempfinden messen lassen. Das heißt nicht, das sman jemanden lynchen sollte, nur weil die leute sauer sind.

Das heißt aber, ein Justizsystem, in das die menschen den glauben verlieren, weil scheinbar manche täter überhaupt gar keine ernsthafte strafe bekommen, die irgendwie akzeptable wäre, ist ein schlechtes System.

Man könnte Knastis auf einen kleineren Planeten schicken! Wie bei der Film-Serie Alien(s) zusehen.

@tomkyle

Wir könnten aber auch in einer schöneren Welt miteinander leben, als in der von Alien.

@shionoro
Wann, hat der Mensch, jemals gezeigt das er Friedlich kann!?

@tomkyle

Naja in Deutschland geht es doch durchaus relativ friedlich zu. Friedlicher als historisch gesehen, friedlicher als anderswo auc. Das kann man maximieren.

@shionoro
Och, das kenne ich aber anders! Auch in persönlicher Hinsicht!
Dazu kommen schöne Nachbarschafts-Streiteren wo der eine Nachbar nicht mit dem anderen kann und gleich mit einem Anwalt droht, weil 1 Ast über die Grundstücksgrenze ragt.

Wollen wir damit Anfangen friedlich zu definieren?
Nehmen wir den Strassenverkehr, wie friedlich es da zu geht.
Verbrecher wird es immer geben, so lange der Mensch existiert.

@tomkyle

Würdest du sagen, nachbarschaftsstreitigkeiten sind von ihrer intensität her mit steinigungen, dem zweiten weltkrieg oder der französischen Revolution zu vergleichen?

@shionoro
Ich sage nur der Mensch ist schwer re-sozialisierbar. Ich glaube, so heisst es?
Für den Menschen im Allgemeinen ist es schwierig friedlich zu bleiben, auf lange Sicht.
Deswegen wird die Abschaffung von Gefängnissen nichts bringen.
Ob ich nun mit Panzern auf andere losgehe oder mit einer Heugabel oder zumeist Frauen zur Hexe verkläre...

Kriege, sind manchmal nötig um Frieden zu schaffen. Ich weiss, das ist für viele Menschen nicht begreifbar.
Dennoch sind wir einer Meinung das 1 Jahr länger schädlich wäre, die Hitler längee an der Macht geblieben wäre.
Es ist wahrscheinlich unbestreitbar, dass ganz ohne die USA, 1949, das Grundgesetz nicht gekommen wäre.
Militärisch gesehen leben wir friedlich. Aber Gesellschaftspolitisch?
In der christlichen Kirche wird Nächsten-Liebe geprädigt.
Wie schaut deine persönliche nächstenliebe aus?
Steckst du zurück und hälst den Mund bevor du Fluchst?

@tomkyle

Nur ist ja die Frage, ob mit vernünftiger Präventionsarbeit, vernünftiger Sozialpolitik und einer Konsensorientierten herangehensweise große Gewaltausbrüche wie der zweite Weltkrieg oder auch kleinere wie hohe kriminalitätsraten vermeidbar wären.

Ich denke schon, denn wie wir sehen, haben wir jetzt andere politische system und andere gesellschaften, und viel mehr frieden.