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Katalonien auf dem Weg in die Unabhängigkeit?

1.911 Beiträge ▪ Schlüsselwörter: EU, Europa, Unabhängigkeit ▪ Abonnieren: Feed E-Mail

Katalonien auf dem Weg in die Unabhängigkeit?

13.10.2017 um 09:24
@taren

Die Logik, man könne über alles Reden und ausdiskutieren, stammt am ehesten aus dem Kindergarten^^

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Katalonien auf dem Weg in die Unabhängigkeit?

13.10.2017 um 09:43
@Obrien @taren @wichtelprinz @Fedaykin @frauZimt @Realo @mü @Purusha @epikur

Der Artikel 155 der spanischen Verfassung dürfte in den nächsten Tagen aktuell werden. Hier einige erläuternde Hinweise dazu:                   

Direkt aus dem dpa-Newskanal
Barcelona (dpa) - Der Artikel 155 der spanischen Verfassung wird wegen seiner Schärfe auch als "nukleare Option" bezeichnet. Er besagt, dass die Regionalregierungen des Landes dazu verpflichtet sind, die Verfassung und das allgemeine Interesse Spaniens einzuhalten.

Tut eine der 17 autonomen Regionen dies nicht, kann die Regierung in Madrid die Regionalregierung entmachten. Der Artikel berechtigt die Zentralregierung, die "erforderlichen Maßnahmen" zu ergreifen, um die autonome Gemeinschaft "zur zwingenden Erfüllung dieser Verpflichtungen und zum Schutz besagten Allgemeininteresses anzuhalten". Bevor der Artikel 155 voll angewendet werden kann, muss Ministerpräsident Mariano Rajoy allerdings einige vorgegebene Schritte einhalten.
Zunächst muss die Zentralregierung den Chef der Regionalregierung - also in Katalonien Carles Puigdemont - offiziell auffordern, die in der Verfassung verankerten Pflichten einzuhalten. Dies ist am Mittwoch geschehen. Sollte dieser sich weigern, müsste Rajoy den Senat einschalten, in dem seine konservative Volkspartei PP über eine absolute Mehrheit verfügt. Diese Mehrheit ist nötig, um die Anwendung des Artikels 155 zu billigen.

Welche Maßnahmen konkret ergriffen werden können, ist im Artikel nicht festgelegt. "Um die vorgesehenen Maßnahmen umzusetzen, kann die Regierung allen Behörden der autonomen Gemeinschaften Anweisungen geben", heißt es im 2. Absatz des Verfassungsartikels. Welche Weisungen dies genau sein könnten, müsste zunächst   festgelegt werden. Theoretisch wäre auch ein militärisches Eingreifen möglich. Dieses halten Beobachter aber bisher für unwahrscheinlich.


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Katalonien auf dem Weg in die Unabhängigkeit?

13.10.2017 um 10:58
Zitat von ObrienObrien schrieb:Die Logik, man könne über alles Reden und ausdiskutieren, stammt am ehesten aus dem Kindergarten^^
Verhandeln bedeutet ja nicht zwingend eine Einigung oder Lösung zu finden aber überhaupt nicht zu verhandeln oder diese zu verweigern ist Kindergarten.


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Katalonien auf dem Weg in die Unabhängigkeit?

13.10.2017 um 11:37
@Argus7

Klar kann sich der konservative Rajoy, mit dem ebenfalls konservativen (7:5 Mehrheit) Verfassungsgericht im Rücken, auf das Recht berufen und das wenn nötig mit aller Härte durchsetzen. Ich bezweifle nur, dass das irgendetwas löst. Der Konflikt bleibt bestehen und wird sich eher noch verschärfen.

Man muss sich einfach im Klaren darüber sein, dass die spanische Verfassung mit ihrem Zentralismus stockkonservativ ausgelegt ist und mit modernen westlichen Demokratien und propagiertem Föderalismus nicht viel gemeinsam hat. Dass deutsche und europäische Liberale nun fast kritiklos die konservative Regierung Rajoy verteidigen und die eigentlich viel liberaleren und bis jetzt noch friedlich demonstrierendenKatalanen als Hauptbösewichte darstellen, wirkt für mich in dem Zusammenhang doch sehr befremdlich und kann nur dadurch erklärt werden, dass es da hauptsächlich darum geht, was der EU mehr schadet. Aus meiner Sicht sollte sich die EU zwar klar gegen eine Sezession aussprechen (was sie ja auch tut), aber gleichzeitig Spanien zu mehr Föderalismus auffordern (was sie nicht tut). Das vormals propagierte "Europa der Regionen" wird hier kurzerhand ersetzt durch "Europa der Nationalstaaten".

Hier mal Auszüge einer etwas differenzierteren journalistischen Arbeit zum Konflikt. Autor ist Res Strehle, Chefredaktor des linksliberalen Tagesanzeigers:

"Im Unterschied zu anderen Ländern gab es in Spanien keinen klaren Bruch mit dem Faschismus und auch keine Aufarbeitung der Gräuel, die während des Krieges beidseits, danach nur noch von der Regierung begangen wurden. Es waren der Diktator selber und sein Umfeld, die vor Francos Tod den kontrollierten Übergang zu mehr demokratischen Freiheiten in der Kontinuität eines autoritär-nationalistischen Zentralstaates planten. Als Garant, Repräsentant und Galionsfigur dafür sah Franco den nach seinem Tod einzusetzenden König Juan Carlos I. vor, der in einer spanischen Militärakademie auf sein Amt vorbereitet worden war.

Juan Carlos, dessen Königshaus nach früher gezeigten Sympathien für die Diktatur ausserhalb der Franquisten zunächst wenig Legitimität hatte, gewann ab 1981 breitere Unterstützung in der Bevölkerung. Damals beendete der König den Putschversuch des Guardia-Civil-Oberstleutnants Antonio Tejero, unterstützt vom in Amt und Würden gebliebenen franquistischen General Milans del Bosch in Valencia, und schlug sich auf die Seite der Demokratie.

Zuvor hatte er stundenlang mit der Armeeführung konferiert und sich versichert, dass der Putsch dort nur von einer Minderheit unterstützt wurde. Spanien hätte sich mit einer Rückkehr zum Faschismus in Europa von neuem isoliert und die gewünschte Annäherung an die damalige Europäische Gemeinschaft verwirkt.

Die besondere Entstehungsgeschichte des neuen spanischen Königshauses verhindert bis heute, dass der König in Krisenzeiten als Vermittler auftritt. Er wird in vielen Landesteilen als Bündnispartner der zentralistischen, konservativen Rechten im Viereck mit Kirche, Armee und Oligarchie wahrgenommen. Juan Carlos machte sich während der Finanzkrise durch einen Korruptionsskandal in der Familie, persönliche frivole Eskapaden und einen aufwendigen Lebensstil schliesslich so unbeliebt, dass er das Amt 2014 an seinen Sohn ­Felipe übergeben musste.

Aber auch Sohn Felipe schafft oder beabsichtigt es nicht, im Konflikt mit den Katalanen als Vermittler aufzutreten. Das wäre eine wichtige Rolle, um den Zentralstaat angesichts starker zentrifugaler Kräfte nicht nur mittels Repression aufrechtzuerhalten. Dafür hätten nach den Polizeiübergriffen während des verfassungswidrigen Referendums vom 1. Oktober ein paar Worte des Bedauerns über die mehreren Hundert Verletzten genügt. Stattdessen symbolisierte Felipe VI. mit dem Porträt des früheren Königs Carlos III. im Hintergrund, dass der spanische Staat für den Krisenfall militärisch gerüstet sei. Carlos III., der «aufgeklärte Despot» und Modernisierer Madrids, zeigt sich auf dem Bild des deutschen Malers Anton Raffael Mengs in voller Rüstung mit Degen.

Diese Militarisierung prägt die spanische Gesellschaft bis heute. Es gibt kein anderes europäisches Land, wo kasernierte Militärpolizei in Friedenszeiten eine so wichtige Rolle spielt wie die einst Franco-treue Guardia Civil. Als es darum ging, die illegale Abstimmung vom 1. Oktober in Katalonien zu verhindern, bildete sie die vorderste Front gegen die illegalen Stimmbürger. Dabei war für neutrale Beobachter noch halbwegs verständlich, dass die lokalen Mossos d’Esquadra, die katalanische Polizei, diese Rolle nicht übernehmen konnten, nachdem sie in ihren Reihen und auch in der Führung zahlreiche Katalanisten haben, welche die Abstimmung befürworteten. Schon weniger einsichtig war, warum diese Aufgabe nicht die zivile Policía Nacional übernahm, die der Zivilgesellschaft nicht a priori mit feindlichem Misstrauen begegnet und in ihren Reihen immerhin Gewerkschaftsfreiheit hat.

Demgegenüber fuhr die Guardia Civil am Abstimmungssonntag selbst in kleinen ländlichen Dörfern mit Bussen und Heerscharen von Bewaffneten in Anti-Terror-Montur ein, packte und prügelte notfalls weg, was sich ihr in den Weg stellte, selbst Alte und Behinderte. Kein Wunder, erinnerte dies die ältere Bevölkerung an die Zeit des Faschismus. Das ist deshalb fatal, weil der Faschismusvorwurf in diesen Tagen in Katalonien ohnehin rasch und teils leichtfertig zu hören ist, oft auch nur gegen dezidierte Gegner der Unabhängigkeit. Der leichtfertig geäusserte Vorwurf hat damit zu tun, dass an Demonstrationen gegen die katalanische Unabhängigkeit bis heute Flaggen und Symbole der Falange-Anhänger auftauchen. An der Grossdemonstration vom vergangenen Sonntag in Barcelona mussten die Organisatoren einen mehr als hundertköpfigen Ordnungsdienst aufstellen, um dies zu verhindern.

Ausserdem vermissen die Anhänger der Unabhängigkeit im Konflikt mit dem Zentralstaat die für einen Rechtsstaat typische Gewaltenteilung. Die spanischen Gerichte stehen auf katalanischer Seite unter dem Generalverdacht, Handlanger der Politik zu sein. Insbesondere das Verfassungsgericht (natürlich in Madrid) hat in nahezu allen wichtigen Streitfällen gegen die Katalanen entschieden, angefangen bei dem vom nationalen Parlament angenommenen neuen Unabhängigkeitsstatut von 2006 bis zum Referendum vom 1. Oktober und der nach diesem Ergebnis geplanten Abstimmung im katalanischen Parlament.

Die Entscheide des Verfassungsgerichts nähren den Verdacht des Zentralismus. So föderalistisch, wie es die Regierung gerne darstellt, ist die Verfassung aus katalanischer Sicht nicht. Als Kronzeuge zitiert wird dabei der spanische Staatsrechtler Jorge Cagiao, Professor für spanisches Recht an der Universität Tours, der darauf hinweist, dass in Spanien einzig die Katalanisten leidenschaftliche Föderalisten sind. Im Senat etwa, vergleichbar mit dem Schweizer Ständerat, hat Katalonien gerade mal 4 von über 200 Sitzen. Hier moniert man auch ärgerlich, dass die wichtigste Verbindung im Güterverkehr zwingend über Ciudad Real und Madrid führen sollte und auch das Hochgeschwindigkeitsnetz AVE rund um Verbindungen mit der Hauptstadt konzipiert wurde, die heute teils sehr schlecht ausgelastet sind.

Katalonien stört sich zudem an seiner fehlenden Finanzautonomie. Man wäre schon zufrieden mit dem baskischen Modell, das dem Baskenland eine weitgehende Steuerhoheit gewährt. Bloss entgingen dem Zentralstaat damit sehr viel mehr Mittel aus dem Finanzausgleich als im Fall der Basken.

Die faschistische Vergangenheit Spaniens bleibt ausserhalb von Literatur und Film bis heute unaufgearbeitet. Dafür verantwortlich ist ein Amnestiegesetz aus dem Jahre 1977, das aufseiten der Franquisten Bedingung für den friedlichen Übergang zur Demokratie war. Es mag damals diesen Übergang erleichtert haben, weil die Zweige vieler Grossfamilien auf unterschiedlichen Seiten kämpften und die zu erwartende Prozessflut die spanische Gesellschaft möglicherweise zerrissen hätte. Heute würden sich die Untersuchungen allerdings auf unverjährbare Verbrechen gegen die Menschlichkeit beschränken, wo gemäss internationalem Recht keine Amnestie möglich ist.

Aus heutiger Sicht sind die Folgen von Spaniens fehlender Aufarbeitung seiner Geschichte fatal. Die Nachkommen und Sympathisanten der Franquisten setzen im Konfliktfall unbeirrt auf die Karte Eskalation und bevorzugen harte, gewaltsame Lösungen gegenüber langwierigen Verhandlungen und Kompromissen. Mit dieser Haltung werde Spanien in Katalonien womöglich Ruhe und Ordnung wiederherstellen, aber keine politische Lösung finden, schrieb eine Kommentatorin in der liberal-bürgerlichen «La Vanguardia» am Wochenende. Die Zeitung aus Barcelona gehört aktuell zu den wenigen besonnenen Stimmen in der spanischen Medienlandschaft.

Wer sich in diesen Tagen über die Ereignisse im ersten Programm der staatlichen TVE informiert, wird in der Schweiz den Begriff Staatsfernsehen gegenüber SRF nur noch mit Vorsicht brauchen. Was TVE 1 in Madrid zum Konflikt mit Katalonien zeigt, ist Staatsfernsehen pur: Rede des Königs in vollem Wortlaut, getaktet auf den Sendebeginn des «Telediario» um 21 Uhr. Danach kritiklose Zusammenfassung der wichtigsten Punkte durch einen Korrespondenten vor Ort, danach spotmässiges Einspielen der wichtigsten Punkte aus der Rede des Königs bis zum Ende der Sendung.

Stolz «enthüllte» TVE 1 Tage zuvor Details aus dem Propagandafilm des Innenministeriums zum gestrigen Nationalfeiertag. Der «Dia de la Hispanidad» steht unter dem Motto «Orgullo de ser español» («Stolz, Spanier zu sein») und erinnert an Kolumbus’ Landung vor 525 Jahren in der Neuen Welt. Richtig ankommen in der neuen Welt wird Spanien allerdings erst, wenn der autoritäre Zentralstaat seine Geschichte aufgearbeitet hat und den Föderalismus ernst nimmt."
https://www.tagesanzeiger.ch/ausland/europa/von-der-geschichte-eingeholt/story/23198248


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Katalonien auf dem Weg in die Unabhängigkeit?

13.10.2017 um 13:14
Zitat von PurushaPurusha schrieb:Man muss sich einfach im Klaren darüber sein, dass die spanische Verfassung mit ihrem Zentralismus stockkonservativ ausgelegt ist und mit modernen westlichen Demokratien und propagiertem Föderalismus nicht viel gemeinsam hat.
Ein überaus bemerkenswerter und historisch korrekt dargestellter Artikel von Res Stehle. Ich habe mich vor etlichen Jahren ausgiebig mit der Geschichte des "Spanischen Bürgerkrieges" befasst. Dies deshalb, weil man Vater 1936 selbst auf republikanischer Seite als Freiwilliger an diesem Krieg teilgenommen hat. Er wurde im März/April 1937 bei Valsequillo verwundet und kehrte in die Schweiz zurück. Der Befehlshaber des Bataillons Tschapajew, (XIII. Internationale Brigade) Major Otto Brunner, in welchem mein Vater kämpfte, war ein Freund meines Vaters. Er war nach dem Krieg häufig bei uns zu Gast und hat mir - ich war damals so um die zwölf Jahre alt - einiges über den Krieg in Spanien erzählt.

Dass die faschistische Vergangenheit Spaniens bis heute nicht aufgearbeitet wurde, ist ein Hinweis darauf, dass in vielen Familien und in politischen Kreisen immer noch Spannungen bestehen. Das beschreibt der Autor des Artikels ja ausdrücklich.
Zitat von PurushaPurusha schrieb:Die faschistische Vergangenheit Spaniens bleibt ausserhalb von Literatur und Film bis heute unaufgearbeitet. Dafür verantwortlich ist ein Amnestiegesetz aus dem Jahre 1977, das aufseiten der Franquisten Bedingung für den friedlichen Übergang zur Demokratie war.
Dies erklärt zum Teil die Haltung der Katalanen, die leider nicht erkennen können, dass es in unserer Zeit darauf ankommt, rein separatistisches, nationalistisches Denken zu überwinden. Die älteren Katalanen dürften auch nicht vergessen haben, dass italienische Bomber von Mallorca aus bis 1939 dutzende Angriffe auf Barcelona und Valencia flogen. Bei den drei schwersten Angriffen vom 16.-18. März 1938 kamen dabei in Barcelona zwischen 500 und 1.000 Menschen ums Leben. Bei einem Luftangriff auf Granollers am 31. Mai 1938 starben über 200 Menschen. Italienische Flugzeuge und U-Boote griffen entlang der spanischen Mittelmeerküste bis zum Kriegsende Schiffe mit Kriegsmaterial für die Republik an und versenkten viele von ihnen. Dies war Mussolinis Unterstützung für seinen Freund General Franco.

Da aber der Faschismus in Spanien in einer von Franco gewollten parlamentarischen Monarchie aufging, hat sich das Land die geschichtliche Aufarbeitung erspart. Erkennbar ist dies auch daran, dass die spanische Nationalhymne keinen Text hat, weil man sich nicht auf einen für beide Teile akzeptablen Text einigen konnte.


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Katalonien auf dem Weg in die Unabhängigkeit?

17.10.2017 um 08:27
Am Montag  wurde Untersuchungshaft  gegen  Jordi Sánchez und Jordi Cuixart verhängt....den beiden  Anführern der  katalonischen  Nationalversammlung  wird aufrührerisches Verhalten im Zusammenhang  mit dem Unabhängigkeitsbegehren  vorgeworfen.

http://www.n-tv.de/politik/Katalanische-Separatistenfuehrer-inhaftiert-article20086761.html


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Katalonien auf dem Weg in die Unabhängigkeit?

18.10.2017 um 10:55
Zitat von querdenkerSZquerdenkerSZ schrieb:Am Montag  wurde Untersuchungshaft  gegen  Jordi Sánchez und Jordi Cuixart verhängt....den beiden  Anführern der  katalonischen  Nationalversammlung  wird aufrührerisches Verhalten im Zusammenhang  mit dem Unabhängigkeitsbegehren  vorgeworfen.
Ich sehe mich in einer Situation, die mir überhaupt nicht gefällt. Indem ich die Abspaltung Kataloniens als großen Fehler kritisiere, unterstütze ich dadurch gleichzeitig den spanischen Ministerpräsidenten Rajoy und seine "Partido Popular". Eine Partei, die in einen großen Korruptionsskandal verwickelt ist, wie aus dem hier verlinkten Artikel der "taz" hervor geht.

http://www.taz.de/!5437350/

Fakt ist andererseits, dass Rajoy sich völlig zu Recht auf die spanische Verfassung beruft, die ihn ja explizit dazu verpflichtet, die Einheit Spaniens zu verteidigen. Die verhafteten Sezessionisten Sánchez und Cuixart mögen zwar patriotische Katalanen sein, aber ob dieser - wie ich meine - falsch verstandene Patriotismus dem Land Spanien insgesamt nützt, darf doch sehr bezweifelt werden.

Die EU wurde nicht zuletzt deshalb gegründet, um diesen kleinbürgerlichen nationalen Egoismus, der unserer Welt doch in zwei Weltkriegen so viele Opfer gekostet hat, zu überwinden. Aber offenbar hat sich die Einsicht, dass nur im Verbund mit anderen demokratischen Ländern ein friedliches Zusammenleben der Völker zu sichern ist, noch nicht überall durchgesetzt.
Abspaltungstendenzen in Belgien, Norditalien, Korsika, Venetien, den Färöer und wo auch immer belegen leider, dass die Begriffe Patriotismus und Nationalismus immer noch - weshalb eigentlich? - als positive Eigenschaften gesehen und bewertet werden. Diese einst vielgepriesenen Eigenschaften haben sich längst in ihr Gegenteil verwandelt. Leider haben dies einige Menschen noch nicht erkannt. So z.B. der US-Präsident Donald Trump, der uns mit seinem "America first" ein geradezu treffendes Beispiel für antiquiertes und überholtes national-egoistisches Denken liefert. Ich meine, dass dies falsch verstandene Heimatliebe ist. Die Liebe zur Heimat, dem Ort, wo man geboren wurde, sei jedem Menschen unbenommen. Man sollte die Liebe zur Heimat nur nicht mit überholtem Patriotismus und Nationalismus verwechseln.


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Katalonien auf dem Weg in die Unabhängigkeit?

18.10.2017 um 11:18
Zitat von Argus7Argus7 schrieb: Patriotismus und Nationalismus immer noch - weshalb eigentlich? - als positive Eigenschaften gesehen und bewertet werden.
weil es moeglicherweise zeitgemaess und doch realistisch ist. Demokratien gab es in der Geschichte. Ohne ein gewisses Nationalbewusstsein kann ein Volk schnell untergehen. Das Misstrauen ist also immer zurecht da. Wieso soll man daran glauben, dass man im Staatenverbund immer besser dasteht?

Nach der Logik koennten wir doch einfachmal alle Staaten abschaffen. Wozu braucht man Belgien? Wozu braucht man Deutschland? Nennen wir alles zusammen EU und sagen das es doch zeitgemaess ist.

Was macht man wenn die EU ploetzlich diktatorisch wird, dann ist man gefangen in dem Konstrukt und kann sich nichtmal militaerisch wehren?


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Katalonien auf dem Weg in die Unabhängigkeit?

18.10.2017 um 11:33
Zitat von epikurepikur schrieb:Was macht man wenn die EU ploetzlich diktatorisch wird, dann ist man gefangen in dem Konstrukt und kann sich nichtmal militaerisch wehren?
dasselbe was man macht wenn Deutschland plötzlich diktatorisch werden würde?


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Katalonien auf dem Weg in die Unabhängigkeit?

18.10.2017 um 11:37
Zitat von Taln.ReichTaln.Reich schrieb:dasselbe was man macht wenn Deutschland plötzlich diktatorisch werden würde?
dann ist es besser ein eigenes Land zu haben wie die Schweiz.

Wenn es aerger in Deutschland gibt, dann kann man einfach die Grenzen schliessen und hat Ruhe und keine deutschen Truppen im Land.

Deutschland haette kein Argument, dass es gegen die Verfassung ist aus Deutschland auszutreten.

Vielleicht sollte Bayern und Sachsen die Chance nutzen.


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Katalonien auf dem Weg in die Unabhängigkeit?

18.10.2017 um 12:03
Wie soll denn die EU eine DIktatur werden? Erzähl mal...


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Katalonien auf dem Weg in die Unabhängigkeit?

18.10.2017 um 17:50
Zitat von Argus7Argus7 schrieb:Die EU wurde nicht zuletzt deshalb gegründet, um diesen kleinbürgerlichen nationalen Egoismus, der unserer Welt doch in zwei Weltkriegen so viele Opfer gekostet hat, zu überwinden. Aber offenbar hat sich die Einsicht, dass nur im Verbund mit anderen demokratischen Ländern ein friedliches Zusammenleben der Völker zu sichern ist, noch nicht überall durchgesetzt.
Abspaltungstendenzen in Belgien, Norditalien, Korsika, Venetien, den Färöer und wo auch immer belegen leider, dass die Begriffe Patriotismus und Nationalismus immer noch - weshalb eigentlich? - als positive Eigenschaften gesehen und bewertet werden. Diese einst vielgepriesenen Eigenschaften haben sich längst in ihr Gegenteil verwandelt. Leider haben dies einige Menschen noch nicht erkannt. So z.B. der US-Präsident Donald Trump, der uns mit seinem "America first" ein geradezu treffendes Beispiel für antiquiertes und überholtes national-egoistisches Denken liefert. Ich meine, dass dies falsch verstandene Heimatliebe ist. Die Liebe zur Heimat, dem Ort, wo man geboren wurde, sei jedem Menschen unbenommen. Man sollte die Liebe zur Heimat nur nicht mit überholtem Patriotismus und Nationalismus verwechseln.
Hab dazu mal kürzlich ein treffliches Zitat gehört.

"Heimat ist Region. Nation nur Illusion"

Es gab in der Geschichte wohl gute Gründe für den Nationalismus, aber ob er jetzt nicht langsam abgelegt werden sollte, und die Nation viel mehr als "politische Verwaltungseinheit" gesehen werden sollte, denn als hohes Staatsgut, ist zumindest mal eine Frage wert.


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Katalonien auf dem Weg in die Unabhängigkeit?

19.10.2017 um 07:07
@Philipp
Europa hat ein Problem, es ist immer noch nicht klar wohin die Reise gehen soll. Es wird viel erzählt, soviel das jeder sich einen Teil aussuchen darf und desshalb ans Projekt Europa glauben soll/kann.


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Katalonien auf dem Weg in die Unabhängigkeit?

19.10.2017 um 09:39
@wichtelprinz
Ich persönlich bin auch eher ein Freund der Richtung "Europa der Regionen", wobei hier offenbar einige Staaten nicht wirklich gewillt sind, Macht weg zu geben. Und auch von Brüssel hört man nicht wirklich viel, was diesen Weg bestätigen würde. Man ist da wohl eher damit beschäftigt zu konsolidieren, damit einem das fragile Gebilde nicht um die Ohren fliegt.


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Katalonien auf dem Weg in die Unabhängigkeit?

20.10.2017 um 11:22
Zitat von epikurepikur schrieb:weil es moeglicherweise zeitgemaess und doch realistisch ist. Demokratien gab es in der Geschichte. Ohne ein gewisses Nationalbewusstsein kann ein Volk schnell untergehen. Das Misstrauen ist also immer zurecht da. Wieso soll man daran glauben, dass man im Staatenverbund immer besser dasteht?
Es ist doch - für mich zumindest - nicht zu übersehen, dass egoistisches nationalistisches Denken überholt ist. Es diente einst - in einer feindlichen Umwelt - dem Schutz eines Landes. Somit erfüllte ein egoistischer und patriotischer Nationalismus unter den gegebenen Umständen in früheren Zeiten durchaus einen nachvollziehbaren Zweck.

Nun ist es aber so, dass sich zum Glück auch die Zeiten ändern. Länder die sich dereinst bekriegten sind zu Verbündeten geworden. Die Erbfeinde Frankreich und Deutschland haben sich in einem neu entstandenen Europa - zusammen mit anderen Ländern - vereint. Das beweist, dass es sehr wohl möglich ist, bestehende Konflikte auf friedliche Art und Weise zu lösen. Ein verändertes auf Vernunft basierendes Denken hat dies möglich gemacht. Anstelle des Jeder-für-sich-Denkens trat außerdem die Erkenntnis, dass man in der Gemeinschaft stärker ist und man gesteckte Ziele gemeinsam besser erreichen kann. Somit ist der Nachweis geführt, dass ein gemeinsames Zusammenwirken vieler Länder allen Vorteile bringt.

Das will nicht heißen, dass man in einer europäischen Gemeinschaft seine nationale Identität aufgeben oder verleugnen muss. Das nationalistische Denken hat aber nicht mehr die Bedeutung, die es zuvor mal hatte. Es hat nicht mehr Funktion, einen Schutz nach außen zu entfalten. Die einzelnen Nationalitäten stehen nicht mehr im Wettbewerb zueinander, sondern haben jetzt ein gemeinsames, supranationales Ziel. Die einzelnen Länder sind nicht mehr Einzelkämpfer, sondern sind jetzt zu Teamplayern geworden.

Diese veränderte Aufgabe und Zielsetzung haben leider noch längst nicht alle Menschen in Europa verstanden. Wie sonst konnte es einem Politiker wie Herrn Gauland (AfD) einfallen, den dämlichen Satz in die Welt hinaus zu posaunen: "Wir holen uns unser Land zurück!" Dieser Mann hat offensichtlich die Veränderungen in unserer Welt nicht mitbekommen.

Aber auch die Separatisten in Katalonien haben die Entwicklung in Europa verschlafen, sonst würden sie nicht ihre Unabhängigkeit fordern. Nicht nur, dass sich ihnen die damit verbundenen wirtschaftlichen Nachteile offenbar nicht erschließen, sie erkennen auch nicht, dass egoistische nationalistische Strömungen in einem gewandelten Europa ihren Sinn längst verloren haben. Selbstverständlich muss jeder nationalen oder ethnischen Minderheit in Europa die vollen demokratischen Rechte zugestanden werden. Sollte dies nicht der Fall sein, wäre ich der Letzte, der sich einer solchen Forderung widersetzen würde. Im Falle Kataloniens sehe ich allerdings keinen ernsthaften Grund, der eine Sezession begründen und rechtfertigen könnte.


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Katalonien auf dem Weg in die Unabhängigkeit?

20.10.2017 um 11:29
Zitat von Argus7Argus7 schrieb:Nun ist es aber so, dass sich zum Glück auch die Zeiten ändern. Länder die sich dereinst bekriegten sind zu Verbündeten geworden. Die Erbfeinde Frankreich und Deutschland haben sich in einem neu entstandenen Europa - zusammen mit anderen Ländern - vereint. Das beweist, dass es sehr wohl möglich ist, bestehende Konflikte auf friedliche Art und Weise zu lösen. Ein verändertes auf Vernunft basierendes Denken hat dies möglich gemacht. Anstelle des Jeder-für-sich-Denkens trat außerdem die Erkenntnis, dass man in der Gemeinschaft stärker ist und man gesteckte Ziele gemeinsam besser erreichen kann. Somit ist der Nachweis geführt, dass ein gemeinsames Zusammenwirken vieler Länder allen Vorteile bringt.
Klingt danach als waere es ein Fehler gewesen die Sowjetunion aufzuloesen bzw. alle anderen Imperien.


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Katalonien auf dem Weg in die Unabhängigkeit?

20.10.2017 um 11:30
Zitat von PhilippPhilipp schrieb:Hab dazu mal kürzlich ein treffliches Zitat gehört. "Heimat ist Region. Nation nur Illusion" Es gab in der Geschichte wohl gute Gründe für den Nationalismus, aber ob er jetzt nicht langsam abgelegt werden sollte, und die Nation viel mehr als "politische Verwaltungseinheit" gesehen werden sollte, denn als hohes Staatsgut, ist zumindest mal eine Frage wert.
Eine sehr gute Definition, die sich aber noch nicht umfassend durchgesetzt hat. Es fällt den Menschen offenbar schwer, sich von überholtem Denken zu verabschieden. An der Fähigkeit, über mehr als nur eine Ecke herum zu denken, muss wohl noch gearbeitet werden.

Begriffe wie "Nationalismus" und "Patriotismus" können sich unter veränderten politischen Gegebenheiten sehr wohl ändern.
Diese Veränderungen zu erkennen, zeichnet den zum Denken befähigten Menschen aus.


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Katalonien auf dem Weg in die Unabhängigkeit?

20.10.2017 um 11:32
Zitat von Argus7Argus7 schrieb:Eine sehr gute Definition, die sich aber noch nicht umfassend durchgesetzt hat. Es fällt den Menschen offenbar schwer, sich von überholtem Denken zu verabschieden. An der Fähigkeit, über mehr als nur eine Ecke herum zu denken, muss wohl noch gearbeitet werden.
Das "ueberholte Denken" versucht man in Irak zu kreieren und man beschwert sich, dass die Iraker doch kein Nationalbewusstsein haben, sondern in Staemmen und Religionen denken.

So ueberholt scheint dass dann doch nicht zu sein.


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Katalonien auf dem Weg in die Unabhängigkeit?

20.10.2017 um 11:38
Zitat von epikurepikur schrieb:Klingt danach als waere es ein Fehler gewesen die Sowjetunion aufzuloesen bzw. alle anderen Imperien.
Kein Fall ist mit dem anderen zu vergleichen. Aus der Sicht der ehemaligen UdSSR mag es ein Fehler gewesen sein, diesen Verbund aufzulösen. Da aber etliche der ehemaligen Länder in der Sowjetunion sich von der Zentralregierung in Moskau unterdrückt fühlten - dies teilweise sicher zu Recht - war die Auflösung der UdSSR für diese abgefallenen Länder ein Glücksfall.
Man muss dabei auch ins Kalkül ziehen, unter welchen Umständen die Länder Aufnahme in der UdSSR fanden. Nicht alle der heute selbständigen Länder sind freiwillig Teil der UdSSR geworden.


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Katalonien auf dem Weg in die Unabhängigkeit?

20.10.2017 um 11:55
Zitat von epikurepikur schrieb:Das "ueberholte Denken" versucht man in Irak zu kreieren und man beschwert sich, dass die Iraker doch kein Nationalbewusstsein haben, sondern in Staemmen und Religionen denken.So ueberholt scheint dass dann doch nicht zu sein.
Im Irak sind es wohl eher die religiösen Differenzen, die einem vereinigten Irak entgegen stehen. Schiiten und Sunniten, aber auch die nach Unabhängigkeit strebenden Kurden, sind wohl schwerlich unter einen Hut zu bringen.

Seien wir froh, dass wir in unserem Europa - zumindest einige von uns - gelernt haben, nationalistisches Denken zu überwinden. Sowohl der Nationalismus als auch der Patriotismus repräsentieren rein egoistisches, rückwärts gerichtetes Denken und Verhalten. Beides Eigenschaften, die in einem vereinigten Europa nicht mehr von Nutzen sein können. In einem modernen Europa werden andere als diese überholten egoistischen Tugenden gebraucht.   


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