Star-Ocean schrieb:Aber ist dieses Problem bei den Grünen nicht genau das Gleiche?
Nein. Der Vergleich hinkt. Auch wenn hier gerne auf die Grünen eingeprügelt wird und man sie in Richtung Linkspartei drängt, gibt es in der Partei mehr als genügend Realisten, die verstanden haben, dass sie sich Richtung Union bewegen müssen, wenn sie weiterhin eine Regierungsbeteiligung haben wollen. Das geschieht ja auch. Und z. B. in Baden-Württemberg und in Nordrhein-Westfalen sieht man, dass sich auch die Grünen relativ weit nach rechts bewegen können. Die Kürzungen im Sozialbereich in NRW zuletzt unterstreichen das noch einmal.
Überhaupt sind die Grünen ein gutes Beispiel für eine Partei, die irgendwann die politische Realität angenommen und sich verändert hat.
Deswegen ist eine Schwarz-Grüne-Koalition eine reale Möglichkeit.
Star-Ocean schrieb:Es wirkt, als wolle man sich um jeden Preis voneinander abgrenzen und riskiert dabei, alles andere zu opfern.
Ich glaube, dir sind die Dimensionen der AfD-Verfehlungen nicht bewusst. Die Union hat gar keine andere Wahl, als sich auf Bundes- und Landesebene deutlich von der AfD abzugrenzen. Stell dir doch einfach mal vor, Merz würde eine schwarz-blaue Koalition bilden und plötzlich haut ein Mitglied des Bundesvorstands der AfD raus: „Nicht alle Soldaten der SS waren Verbrecher“, und der fliegt nicht etwa hochkant aus der Partei, sondern tritt als Spitzenkandidat in der Europawahl an. Wie soll Merz sowas denn international erklären?
Oder wie will man denn mit einer Partei einen gemeinsamen Nenner finden, die sowas in ihrem Bundeswahlprogramm stehen hat:
Wieder Diplom, Magister und Staatsexamen – keine “Gender-Forschung” mehr
Die Gender-Forschung erfüllt nicht den Anspruch, der an seriöse Forschung gestellt werden muss. Bestehende Gender-Professuren sollen nicht mehr nachbesetzt, laufende Gender-Forschungsprojekte nicht weiter verlängert werden.
Die Änderung des bewährten Studiensystems durch die Einführung von Bachelor- und Masterstudiengänge (Bologna-Prozess) war insgesamt ein Missgriff. Die AfD fordert die Rückkehr zu den bewährten Studienabschlüssen Diplom, Magister und Staatsexamen mitsamt der entsprechenden Regularien.
[...]
Für schulpflichtige Asylbewerber muss es Ziel der Beschulung sein, diese auch für die Möglichkeit ihrer Rückkehr in ihr Heimatland vorzubereiten. De Lernfortschritt einheimischer Schüler darf nicht beeinträchtigt werden. Solange die Migranten nicht hinreichend Deutsch sprechen, um am Regelunterricht teilzunehmen, ist ein Unterricht in ihrer Muttersprache eine Option.
https://www.afd.de/wahlprogramm-bildung-wissenschaft-forschung/Und ganz frisch, dies fordert:
Die AfD nennt „ein Europa der Vaterländer“ als Ziel und lehnt „die zentralistischen Bestrebungen der Europäischen Union ab“. Die Partei hält daher „einen Austritt Deutschlands aus der Europäischen Union“ für notwendig. Die „Geschäftsgrundlage des Euro“ wird für gescheitert erklärt. „Deutschland muss aus dem Euro-System austreten“, heißt es daher. Eine nationale Währung müsse wiedereingeführt werden – „gegebenenfalls unter paralleler Beibehaltung des Euro“.
[...]
Die AfD plädiert für ein traditionelles Familienbild. Der Parteitag ließ die Familiendefinition explizit als Einheit von Vater, Mutter Kind hinzufügen. Außerdem wird sich gegen „Trans-Gender-Hype“, „Frühsexualisierung“ und eine „,woke' Gesellschaft“ ausgesprochen. Die Möglichkeit von Abtreibungen will die AfD deutlich einschränken. Familien sollen unter bestimmten Umständen eine steuerfinanzierte „Willkommensprämie von 20.000 Euro für neugeborene Babys“ erhalten.
Im Familienkapitel ihres Programms spricht sich die AfD zudem dafür aus, die derzeitige Rechtslage beizubehalten, wonach Schwangerschaftsabbrüche zwar rechtswidrig, in den ersten zwölf Wochen aber straffrei sind, wenn die Frau sich zuvor beraten lässt. Während der Schwangerschaftskonfliktberatung sollen Frauen aber Ultraschallaufnahmen des Kindes gezeigt werden, „damit diese sich über den Entwicklungsstand des Kindes im Klaren sind“.
https://www.welt.de/politik/deutschland/article255104892/Parteitag-in-Riesa-Familie-besteht-aus-Mutter-Vater-Kinder-Wo-die-AfD-das-Wahlprogramm-nachschaerfte.htmlNeben den ganzen Steuersenkungsplänen, Grenz- und Militärausbauplänen und dem Versprechen, die Schuldenbremse einzuhalten, ist doch offensichtlich, dass man nur sagen kann: Nein, mit denen nicht.
Star-Ocean schrieb:Ich habe das Gefühl, dass es 2029 noch schwieriger wird, wenn die nächste Koalitionsrunde nicht in der Lage ist, Deutschland wirtschaftlich wieder voranzubringen und bei Migration sowie Sicherheit klare, nachvollziehbare Lösungen zu präsentieren. Ohne sichtbare Fortschritte wird vielen Wählern das Gefühl fehlen, dass ein guter Kompromiss erzielt wurde, eben offenbar genau für viele der Hauptgrund, die AfD zu wählen, viele andere Interessante Themen die so polarisieren hat sie ja nicht.
Dann haben wir schnell belgische, italienische oder mittlerweile österreichische Verhältnisse. Sprich instabile Regierungskonstellationen. Davor graut es mir.
Wird die AfD nach diesem ganzen seltsamen und nicht finanzierbaren Versprechungen auch noch belohnt, dann ist wirklich Hopfen und Malz verloren.
@TopicDie AfD hat aber auch noch folgendes beschlossen:
[...]
Bekräftigt wird im Programm die AfD-Position, die gesprengten Nord-Stream-Leitungen in der Ostsee zu reparieren und die Russland-Sanktionen aufzuheben. Von einer "Wiederherstellung des ungestörten Handels mit Russland" ist die Rede.
Eine explizite Verurteilung des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine im Wahlprogramm lehnt die Partei ab.
[...]
Der Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit sollte nach dem Willen der AfD nur durch Geburt als Kind zumindest eines deutschen Elternteils sowie als "Ermessensentscheidung im Interesse des Gemeinwesens" möglich sein.
Weitere Punkte im Wahlprogramm der AfD:
Die AfD ist gegen eine Aufweichung der Schuldenbremse
Langfristig ist die AfD für ein europäisches Militärbündnis als Alternative zur NATO, bis dahin bekennt sie sich zur NATO-Mitgliedschaft Deutschlands
Bürgergeld für Ausländer soll es erst nach zehn Jahren Beschäftigung in Deutschland geben
Die AfD ist gegen jede Form der Impfpflicht, explizit auch gegen die für Kita- und Schulkinder geltende Masern-Impfpflicht
Sie will den Versandhandel mit rezeptpflichtigen Medikamenten verbieten
Arbeitslosengeld soll es erst nach drei Jahren Beschäftigung geben und zunächst auf sechs Monate begrenzt sein
Der Bau von Minaretten und der Muezzinruf sollen verboten werden
Die Partei will ein Kopftuchverbot in öffentlichen Einrichtungen, vor allem in Schulen
[...]
https://www.n-tv.de/politik/AfD-fordert-lieber-keinen-Dexit-aber-Rueckkehr-zur-Wehrpflicht-article25482660.htmlIch denke, deutlicher kann man nicht ausdrücken, dass man regierungsunfähig ist und eigentlich nur spalten will.