@Fedaykin (oder "Ronald Reagan")
Noch etwas gefällig?:
Prinzip bei Druck- und Siedewasserreaktoren ... (Zitat aus einem physikblog)
Kommt es zu einer Notabschaltung, werden auf verschiedene Weisen massiv Neutronengifte in den Reaktorkern gebracht. Borsäure wird dem Kühlwasser in großen Mengen beigefügt und Regelstäbe werden herunterfallen gelassen. Hä? Regelstäbe? Regelstäbe bestehen aus Neutronengiften wie Bor oder Cadmium und befinden sich in Führungen zwischen den Brennstäben und normalerweise oberhalb des Reaktorkerns oder sind zur Regelung der Reaktivität nur teilweise eingefahren. Sie werden mit elektronischen Klammern gehalten, die beim Ausfallen des Stroms die Regelstäbe sofort herunterfallen lassen. Im Zweifelsfall verlässt man sich also auf die Naturgesetze.
Ist der Reaktor abgeschaltet heißt das aber erstmal nur, dass die Kettenreaktion unterbrochen wurde. Da die Zerfallsprodukte in den Brennstäben aber auch ohne Kettenreaktion noch radioaktive Strahlung und somit Wärme absondern, kann man nicht einfach ein Täßchen Kaffee trinken gehen. Die Kühlung muss weiter sichergestellt werden, sonst wirds dem Reaktor was warm.
Weil das Wasser mit Pumpen in den Kern befördert wird, braucht man dafür Strom.
Sollte der ausfallen, weil (wie jetzt gerade in Japan) nicht nur das eigene Kernkraftwerk sondern auch alle Kraftwerke in der Umgebung abgeschaltet wurden, muss der Strom woanders herkommen.
Die erste Stufe sind Notstromaggregate. So wie ein Krankenhaus sich im Zweifelsfall auch selber mit dem Nötigsten an Strom versorgen kann, sollen die Geräte den Kühlkreislauf sicherstellen. In Fukushima sind diese erst korrekterweise angesprungen, mit Eintreffen des Tsunamis aber abgesoffen.
Dann tritt Stufe zwei der Notstromversorgung in Kraft: Batterien. Aber wie euer iPhone auch irgendwann wieder an die Steckdose will, so wollen auch die Batterien der Pumpen irgendwann nicht mehr. Und dann wirds heikel.
Zusammengefasst: Reaktoren haben durchaus ausgeklügelte Notfalleinrichtungen, insbesondere für die Schnellabschaltung. Auf lange Sicht wird aber Strom benötigt.
Aussetzen des Kühlkreislaufs und die Kernschmelze
Setzt der Kühlkreislauf aus, wirds warm. Soweit recht einfach. Dass dadurch restliches Wasser im Kreislauf verdampft kann man sich auch noch vorstellen. Und nu?
Die Kettenreaktion ist gestoppt, es kommt also nicht knüppel-dicke mit der Wärme.
Trotzdem sind in den ersten Tagen noch 5-10% der Norm-Leistung vorhanden und der Druck steigt kontinuierlich. Um ein Platzen zu vermeiden kann der Druck kontrolliert abgelassen werden. Das Problem dabei: da steht keiner und dreht an einem Rädchen, das geht über elektrisch gesteuerte Ventile. Und die brauchen ebenso Strom.
Aber nehmen wir mal an, wir haben noch ein bisschen Rest in der Leitung und können nachregulieren. Um ein Austreten in die Umwelt zu vermeiden, ist der Reaktorkern und beim DWR der erste Kühlkreislauf in einem überdruckresistenten Sicherheitsgebäude eingeschlossen (siehe die Abbildung des DWR weiter oben). Aber auch so ein Sicherheitsgebäude hat seine Grenzen, so dass auch hier irgendwann kontrolliert abgelassen werden muss.
Das ist schon ziemlich blöd, aber die Stoffe, die dort in die Umwelt kommen, sind nur relativ kurz radioaktiv schädlich (maßgeblich Stickstoff-16). Viel schlimmer ist der Kram, der noch im Reaktor ist. Und der hört mit seiner Nachzerfallswärme ja nicht auf, nur weil wir Druck ablassen.
Kann man innerhalb der ersten Stunden nach Kühlungsausfall diese nicht wieder in Gang gesetzt werden, kann der Brennstoff so heiß werden, dass erst die Tragestrukturen und schließlich auch der Brennstoff selber schmelzen: die Kernschmelze. Spätestens jetzt darf man laut »FUCK!« rufen.
Sie ist nämlich aus zwei Gründen gefährlich: Erstens kann sie sich regelrecht durch Druckbehälter und Sicherheitsgebäude fressen und schließlich Boden und Grundwasser kontaminieren. Nicht gut.
Noch weniger gut ist zweitens: hat man es vor der Kernschmelze nicht geschafft, den Druck im Druckbehälter ausreichend zu senken, kann es durch die Abschwächung der Konstruktion zu einer Explosion kommen. Häufig entsteht vom Restkühlwasser Wasserstoff, dass durch eine Knallgasexplosion dem ganzen noch ein gutes Stück mehr Wumms gibt.
Spätestens hier ist man beim Super-GAU angelangt: Radioaktives Material wird bei der gewaltigen Explosion in die Umwelt und insbesondere hoch in die Atmosphäre abgegeben. Man hat also nicht nur die nähere Umgebung verseucht sondern mit ein bisschen Pech beim Wind ganze Gegenden.
Das gilt es natürlich möglichst zu vermeiden. Dummerweise sind gerade ältere Kernkraftwerke nicht unbedingt super darauf vorbereitet. Bei neueren Konzepten wie der Weiterentwicklung des Druckwasserreaktors, dem Europäischen Druckwasserreaktor (EPR), gibt es eine Auffangwanne, die eine eventuelle Kernschmelze zurückhalten soll. Daneben gibt es weitere verfeinerte Sicherheitskonzepte, die ein Austreten von radioaktiven Stoffen vermeiden sollen.
Helfen tut einem das bei der aktuellen Situation in Japan natürlich nichts. Dort kam es nach einem Nachbeben zu einer Explosion eines Reaktorgebäudes, die genauen Ausmaße sind aber unbekannt. Einzig eine mittlerweile eingesetzte Kernschmelze ist bestätigt worden.
Mehr zu aktuellem wahrscheinlich in einem anderen Artikel bei uns und natürlich den einschlägigen Newstickern. Es gibt einfach zu viele zu widersprüchliche Informationen, die zu schnell reinkommen.
http://www.physikblog.eu/2011/03/12/dampf-im-kessel-druck-und-siedewasserreaktoren/