@zaphodB.Vergiss nicht die ’Ndrangheta, wenn es um italienische Mafiaorganisationen geht.
Letztere ist sehr interessant, wenn man die Thematik organisationstheoretisch angeht. Üblicherweise war/ist organisiertes Verbrechen in einer simplen, strengen Hierarchie aufgebaut; Pyramidenförmig, kann man jedes x-beliebige Organigramm eines Unternehmens danebenlegen.
Interessant bei der ’Ndrangheta ist, dass sie auf flache Hierarchien setzt, was sich aus ihrer Geschichte ergibt. Das macht sie sehr effizient und auch weniger angreifbar. Nimmt man (verhaftet man) einen einen Teil, stürzt nicht sofort die gesamte Organisationsstruktur.
Letzteres ist aber auch wieder interessant, weil neue Strukturen nach altem Muster sich schnell aufbauen; so war es immer nach Verhaftungen von italienischen Paten. Wie das wirklich funktioniert, hat niemand bisher herausgefunden. Die alte Annahme, dass es einen traditionellen "Hang" zum organisierten Verbrechen gibt, es irgendwie sozial und kulturell verankert ist, kann man nicht aufrecht erhalten, denn die italienische Stimmung ist deutlich anti-Mafia. Die sozialromantische Verklärung ala "Der Pate" kann man damit auch abhaken.
Funktioniert hat das ausschalten von "Top-Managern" lediglich in den USA. Eine funktionierende Mafiastruktur gibt es dort eigentlich nicht mehr. Gotti wurde aus dem engsten Kreis verpfiffen und das war es dann; ein gutes Beispiel, wie sensibel die Organisationsstruktur dort war. Es kam nichts nach.
Man muß die frühere US-Mafia also getrennt sehen. Nebenbei war sie kein Ableger der italienischen, sondern eine eigene Erfindung Ende des 19.JH. mit völlig anderem Selbstverständnis und Wurzeln in der Immigration. Dass sich hier nichts Neues gebildet hat, hat also einen Grund jenseits staatlichen Eingreifens.
Ich habe keine Ahnung, wie man das Phänomen Mafia wirklich begründen kann, bin damit aber in prominenter Gesellschaft. Zuletzt gelesen habe ich "Die Mafia" (Orlando im Interview) und so richtig kriegen die beiden dort den Bogen auch nicht, den Anspruch erheben sie allerdings auch nicht.
Wie es wirklich funktioniert, dass das System Mafia so lange überlebensfähig ist, liegt noch immer völlig im Dunkeln.
Nur um Geld und Macht geht es nicht, denn verhaftete Führungspersonen lebten sogar für deutsche Hartz4-Empfänger in armseligen Zuständen. Die Motivation ist also anders zu begründen.