Tote Frau im Krankenhaus abgegeben

sacredheart schrieb:Und wie @lysanne schrieb, würde es mich nicht wundern, wenn besagtes paar aus einer Community kommt, die bei Pflegebedürftigkeit erst mal selbst einspringt und nicht sofort nach Staat / Arzt / Feuerwehr ruft. Es scheint nur der zeitpunkt erheblich verpasst worden zu sein, an dem das eigentlich nicht mehr ging.

Das kann ich mir sehr gut vorstellen.
Ich kenne ein altes Ehepaar, beide würden einen Pflegegrad bekommen. Die Frau sogar einen höheren, sie ist sehr krank. Der Ehemann will kein Pflegegeld beantragen.
Für den Mann ist das wie Almosen bekommen (Ich habe mein Leben lang gearbeitet und meine Familie versorgt...Ich brauche den Staat nicht.)
Die Töchter können das nicht ändern. Argumente lässt der Mann nicht zu.

Trotzdem bleibt in diesem Fall die Frage offen, warum nach dem Tod der Frau nicht Hilfe geholt wurde.
Die hier aufgezählten Erklärungsmodelle lassen zu viele Fragen offen.

Z.B.: Der Mann hat vielleicht nicht bemerkt, dass die Frau gestorben ist.
Meine Frage dazu: Warum blieb er nicht da? Warum machte er sich aus dem Staub?

@frauZimt


Das Gesundheitssystem ist mir nicht ganz fremd. Und daher halte ich fast alles für möglich. Die Frau wird auch die zeit vorher nicht vital gewesen sein und vielleicht tagelang nur minimale Lebenszeichen gezeigt haben, so dass ein dementer überforderter Mann den Eintritt des Todes vielleicht gar nicht bemerkt hat.

Warum ist er dann gegangen? Vielleicht wegen Corona Angst? Vielleicht weil der Dackel alleine zu Hause war? Vielleicht weil er den cremefarbenen 200er Diesel im Halteverbot geparkt hat und später nicht wieder reingelassen wurde?

emz schrieb:Da kommt also ein Mann, der einen Rollstuhl schiebt, rein, sagt an der Anmeldung lediglich: 'Meine Frau leidet unter Luftnot, sie müssen ihr helfen', und geht umgehend weg, ohne überhaupt auf eine Antwort zu warten. Das dürfte wenige Sekunden gedauert haben. Da war kein Raum für deine Überlegungen.

Das mag so sein, erstmal. Wenn man jetzt nur den Ablauf als solchen nimmt, gebe ich Dir recht. Mann bringt Frau, sagt was uns geht gleich wieder und der Mensch bleibt an der Anmeldung mit großen Augen und Fragezeichen zurück. Aber: Ich stelle es mir nur so vor, wenn die tote Frau aus dem Sichtfeld der Person an der Anmeldung war und sie quasi nicht gesehen, wahrgenommen wurde. Was aber oft nicht der Fall ist. Oder er hat sie in einer Ecke abgestellt, sich dann zur anmeldung gemacht, kurz gesagt so und so und ist wieder weg, so dass die Frau dann erst als tot bemerkt wurde, kann ich mir aber nur schwer vorstellen. Vielleicht hat sie auch noch gelebt auf dem Weg ins KH und aus der Atemnot heraus ist sie verstorben, was er selbst aber nicht mehr mitbekommen hat. Er ging ja hinter ihr am Rolli. Im Rolli selbst hat man ja erstmal Halt, so dass man dort durchaus absacken kann. Dann hätte er erst anschließend erfahren, dass sie nicht mehr lebt sondern verstorben ist.

Nachtrag @Kreuzbergerin, sorry war zu langsam. Hab den Text erst gerade gelesen, nachdem ich schon geantwortet habe. Wahrscheinlich war es dann wirklich so, dass er sie vor sich schiebend und dann irgendwo abstellend, nicht sichtbar für die Anmeldung dort gelassen hat.

sundra schrieb:Vielleicht hat sie auch noch gelebt auf dem Weg ins KH und aus der Atemnot heraus ist sie verstorben, was er selbst aber nicht mehr mitbekommen hat.

Das erscheint mir doch etwas unwahrscheinlich, dass er mehr als einen Tag mit dem Rollstuhl unterwegs war, bis er mit der auf der Fahrt Verstorbenen im Krankenhaus ankam.

sundra schrieb:Vielleicht hat sie auch noch gelebt auf dem Weg ins KH und aus der Atemnot heraus ist sie verstorben, was er selbst aber nicht mehr mitbekommen hat.

das soll so nicht gewesen sein.
die frau war schon stunden tot. vor einem tag verstorben, heisst es.

man muss einfach abwarten.
ich glaube fest, dass ihre Identität geklärt werden kann.

sundra schrieb:Wahrscheinlich war es dann wirklich so, dass er sie vor sich schiebend und dann irgendwo abstellend, nicht sichtbar für die Anmeldung dort gelassen hat.

Wir können das nur vermuten, aber das würde plausibel erklären, wieso das Personal nicht bemerkt hat, dass die Frau tot ist, als der Begleiter noch anwesend war.
Ich kenne das von verschiedenen Berliner Krankenhäusern, dass die Anmeldung in den Notaufnahmen in einem eigenen Raum ist, der manchmal so eine Art Glaskasten ist. Die Rezeptionisten müssen die Türöffner betätigen, damit man als Patient reinkommt.
Denn in den Notaufnahmen gibt es oft Stress und Ärger, weil viele Leute nicht einsehen wieso sie so lange warten müssen und dann aggressiv werden.
Damit diese verärgerten Wartenden nicht einfach in die Anmeldung gehen können und ihren Ärger am Personal auslassen können, sind die Türen nur von innen vom Personal zu öffnen.
Daher denke ich, dass der Begleiter ohne die Frau in den Empfangsraum ging und nur erzählt hat, dass draußen im Warteraum seine Frau sitzt.

frauZimt schrieb:Warum blieb er nicht da? Warum machte er sich aus dem Staub?

"Etwa 60.000 Menschen in Berlin sind nicht krankenversichert. " ...
...
"Betroffen sind Menschen ohne rechtlichen Aufenthaltsstatus, ohne Recht auf einen Versicherungsschutz. Sie machen 50 bis 75 Prozent aller Nicht-Versicherten aus."

aus: https://taz.de/Ohne-Krankenversicherung-in-Berlin/!5543045/
Artikel aus Oktober 2018 !

Ich komme nicht aus Berlin. Aber in den großen Städten, auch in meiner Heimatstadt gibt es sogenannte Medi-Mobile. Ehrenamtl. Ärzte und Pfleger versorgen dort kostenlos Menschen ohne Krankenversicherung. Dort gehen aber auch Menschen hin, die eigentlich krankenversichert sind, aber aus verschiedesten Gründen nicht in eine Praxis gehen.
Soviel Phantasie braucht es doch nicht, um sich vorstellen zu können, warum die Angehörigen keine Fragen gestellt bekommen wollen und ihre Identität preisgeben wollen.

Leben in der Schattenwelt
https://www.caritas.de/hilfeundberatung/ratgeber/migration/lebenindeutschland/leben-in-der-schattenwelt (Archiv-Version vom 25.10.2020)

Nessi2002 schrieb:Ich frage mich wie das wäre wenn der mann dement war ? Könnte es sein das er den tot nicht richtig mitbekommen hat? Die frau litt vllt an atemnot und starb der mann richtete sie her um sie ins krankenhaus zu bringen

Aber ein dementer würde wohl kaum so rational denken und die Frau ins Krankenhaus bringen & dann davon laufen. Liegt natürlich immer auch etwas am Stadium aber ich halte das für recht unwahrscheinlich.

Bin sicher er wusste das sie tot ist - und hat sich deshalb aus dem Staub gemacht.

Ich erlebe sehr oft wie ältere Leute am Existenzminimum leben, aber keine staatlichen Hilfen wollen. Vielleicht ist es wirklich so "banal" und er könnte ohne ihre Rente die Miete nicht bezahlen. Gerade in Großstädten ist das ja immer mehr ein Problem.

schustermaedel schrieb:Aber ein dementer würde wohl kaum so rational denken und die Frau ins Krankenhaus bringen & dann davon laufen. Liegt natürlich immer auch etwas am Stadium aber ich halte das für recht unwahrscheinlich.

Das stimmt. Aber es muss nicht sofort Demenz sein, er kann auch schlichtweg verwirrt gewesen sein oder kognitive Defizite aufweisen, was im Alter nicht selten ist.
Was natürlich nicht heißt, dass er nicht Demenz in einem frühen Stadium hat.

schustermaedel schrieb:Bin sicher er wusste das sie tot ist - und hat sich deshalb aus dem Staub gemacht.

Davon bin ich auch überzeugt.

@tonnenfieber
Ich weiss.
das war auch vor ein paar Seiten eine Überlegung von mir.
vielleicht hatte der mann angst, bei den nachvorschungen kommt heraus, dass auch er nicht kv ist.

ich denke aber, die Geschichte hat noch einen anderen Hintergrund.

Bleibe dabei, dass der die Bestattungskosten sparen wollte.

Die Menschen wollten, dass ihre Angehörige ordentlich unter die Erde kommt. Die haben keine Angst, dass jemand erfährt, dass sie nicht KV versichert sind. Die wollen einfach in Ruhe gelassen werden, auch wenn sie aus unserer Sicht "Nachteile" dadurch haben.

Die meisten von uns leben in solch einer Blase, dass sie sich das nicht vorstellen können. Ich bin mir auch nicht sicher, ob die Identität geklärt wird, -würde mich wundern. In jeder Stadt gibt es bereits, Beerdigungen von Menschen, die einfach hier gestorben sind, ohne irgendwelche amtlichen Spuren hinterlassen zu haben.

C4ISR schrieb:Bleibe dabei, dass der die Bestattungskosten sparen wollte.

Ich glaube das ist das letzte woran man denkt wenn seine Frau ( wenn es denn seine Frau ist) stirbt.
Ich vermute eher Hilflosigkeit, Verwirrung oder auch einen Schock des Mannes wenn ich davon ausgehe dass es sich um den Ehemann handelt.
Auch könnte es doch möglich sein dass er unter Demenz leidet!?

Cherokeerose schrieb:Ich glaube das ist das letzte woran man denkt wenn seine Frau ( wenn es denn seine Frau ist) stirbt.
Ich vermute eher Hilflosigkeit, Verwirrung oder auch einen Schock des Mannes wenn ich davon ausgehe dass es sich um den Ehemann handelt.
Auch könnte es doch möglich sein dass er unter Demenz leidet!?

Wenn die Frau in letzter Zeit ärztlich behandelt worden wäre, ließe sich das eventuell ermitteln:
Künstliche Gelenke
War ein Zahnersatz vorhanden? Wie alt?
Medikamentenrückstände im Blut?

Wenn nicht, könnte man sich schon vorstellen, dass sie nicht KV war

Ob das für den Mann ein Problem sein könnte (also das er keine KV hat und zu Nachzahlungen aufgefordert wird), hängt von seinem Alter ab, würde ich sagen.

Aber nicht KV ist ja auch nur eine Möglichkeit.
Die Leute können ganz normal versichert gewesen sein und haben dennoch keinen Arzt gesehen.

Und Demenz: zumindest hat der Mann gewusst, wohin er die Frau bringen will und hat das doch auf die Reihe gekriegt.

Ich vermute mal, dass er hoffte, dass die Ärzte im Krankenhaus denken würden, dass sie erst dort, und sei es in den paar Sekunden, bevor sie untersucht werden konnte, gestorben wäre. Vielleicht wollte er bohrende Fragen verhindern. Und sei es nur die, ob er wirklich allein in der Wohnung zurechtkommt.

Und was das Foto betrifft:

emz schrieb:Vielleicht steckt aber dahinter auch die Absicht, sie genau so darzustellen, wie sie auf der Straße zu sehen gewesen sein muss?

Sehe ich genauso. Es handelt sich schließlich nicht um einen Nachruf, sondern die Frau soll identifiziert werden. Und wenn jemand draußen zufällig an diesem Paar vorbeigekommen sein sollte, erinnert er sich vielleicht eher, als wenn die Frau für ein schöneres Foto zurechtgemacht würde. Wodurch ja auch noch Spuren verwischt würden.

Denn, auch wenn es (zumindest für mich) unwahrscheinlich scheint, dass es sich um ein Tötungsdelikt handelt, darf die Polizei das ja nicht ausschließen. Und nach fast 3 Wochen werden sie sicher genauere Erkenntnisse bzgl. der Todesumstände haben.

schustermaedel schrieb:Aber ein dementer würde wohl kaum so rational denken und die Frau ins Krankenhaus bringen & dann davon laufen.

Naja aber sonderlich rational verhält er sich aber auch damit meiner meinung nach nicht.

AlteTante schrieb:Ich vermute mal, dass er hoffte, dass die Ärzte im Krankenhaus denken würden, dass sie erst dort, und sei es in den paar Sekunden, bevor sie untersucht werden konnte, gestorben wäre.

Das könnte natürlich auch sein aber wäre er dann weg gelaufen wenn er der meinung gewesen wäre das sie nicht merken das sie doch schon länger tot war

@Nessi2002
Er wollte vielleicht unangenehmen Fragen aus dem Weg gehen. Und sei es: "Warum kommen Sie erst jetzt?"

Nessi2002 schrieb:Naja aber sonderlich rational verhält er sich aber auch damit meiner meinung nach nicht.

Die wenigstens "fortgeschritten" Dementen würden es schaffen überhaupt noch einen Arzt zu rufen.
Hatte mal eine Pat. im KH die zu uns kam, total verwahrlost und abgemagert. Hat 3 Wochen neben ihrem toten Mann gelebt.

Sein Verhalten, die Frau ins KH zu bringen, das nächstgelegene (?) überhaupt zu finden und dann wegzulaufen spricht für mich gegen eine Demenz.
Kognitive alterstypische Einschränkungen Ja, aber eher keine Demenz.

schustermaedel schrieb:Die wenigstens "fortgeschritten" Dementen würden es schaffen überhaupt noch einen Arzt zu rufen.

Es gibt verschiedene Formen der Demenz.
So pauschal lässt sich das ja nicht sagen.
Es war nur eine Überlegung