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Bianca (26 Jahre) aus Oranienburg ermordet aufgefunden

1.122 Beiträge ▪ Schlüsselwörter: Mord, 2021, Brandenburg ▪ Abonnieren: Feed E-Mail

Bianca (26 Jahre) aus Oranienburg ermordet aufgefunden

24.02.2022 um 10:53
@kekino
Auch ich möchte danke sagen für Dein Riesenengagement, Deine Mühe und Deine Zeit. Man bekommt so ganz andere Einblicke, sehr interessant!

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Bianca (26 Jahre) aus Oranienburg ermordet aufgefunden

24.02.2022 um 12:24
Ich schrieb es oben schon. Ich bin, wie sicherlich die Meisten, entsetzt über das Urteil.

Ich habe mal eine Frage an alle.

Kann man eigentlich als Außenstehender auch Beschwerde gegen solch eine Rechtssprechung einlegen?

Letztendlich wird das Urteil ja "im Namen des Volkes" gesprochen und nicht umsonst sitzen Schöffen den Gerichten bei, die das Volk repräsentieren.

Meine Frage ist seriös gemeint.


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Bianca (26 Jahre) aus Oranienburg ermordet aufgefunden

24.02.2022 um 13:06
Zitat von KlarmannKlarmann schrieb:Kann man eigentlich als Außenstehender auch Beschwerde gegen solch eine Rechtssprechung einlegen?

Letztendlich wird das Urteil ja "im Namen des Volkes" gesprochen und nicht umsonst sitzen Schöffen den Gerichten bei, die das Volk repräsentieren.
Nein, das geht nicht.
Ich habe mal eine Seite verlinkt, auf der die rechtlichen Grundlagen zu einem Revisionsverfahren sehr gut erklärt sind.
Zur Revision im Strafrecht muss man befugt sein. Dies sind nach § 296 Abs. 1 StPO die Staatsanwaltschaft und der Angeklagte, bzw. sein Verteidiger, solange nicht der ausdrückliche Wille des Angeklagten dem entgegensteht. Antragsbefugt ist darüber hinaus die Nebenklage.
Quelle: https://revision-strafrecht.com/ablauf-eines-revisionsverfahrens/


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Bianca (26 Jahre) aus Oranienburg ermordet aufgefunden

24.02.2022 um 13:27
Danke @MiaSanMia


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Bianca (26 Jahre) aus Oranienburg ermordet aufgefunden

24.02.2022 um 18:46
Hallo in die Runde....ich muss euch leider noch bis Montag vertrösten, bis ich weiterschreiben kann. Es ist gerade viel los aber ich vergesse euch nicht.

Im Übrigen hat die Anwältin von Biancas Mutter Revision eingelegt.


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Bianca (26 Jahre) aus Oranienburg ermordet aufgefunden

24.02.2022 um 19:33
Zitat von kekinokekino schrieb:Im Übrigen hat die Anwältin von Biancas Mutter Revision eingelegt.
Ich hoffe ganz sehr, dass das Verfahren wieder aufgenommen wird. Das Urteil darf so nicht bleiben. Er muss gerecht bestraft werden für das, was er getan hat.

Danke Kekino für Deine Berichte.


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Bianca (26 Jahre) aus Oranienburg ermordet aufgefunden

24.02.2022 um 19:49
@kekino
Nimm dir soviel Zeit wie du brauchst.

Wie hier schon geschrieben wurde, sind wir dir alle dankbar, dass du die Zeit investierst und uns einen Einblick, weg von der Presse, lieferst


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Bianca (26 Jahre) aus Oranienburg ermordet aufgefunden

25.02.2022 um 14:37
Zitat von ClearWaterClearWater schrieb:Dies habe ich hier bisher noch nicht erlebt, dass jemand so detailliert formuliert.
Das stimmt, wobei insbesondere die Tatausführung schon etwas hart zu lesen war. Für mich auch unverständlich, dass der Richter im Gegensatz zum Staatsanwalt keine Mordmerkmale als erfüllt ansah. Sollte das Urteil rechtskräftig werden, ist er möglicherweise nach 2/3 der Haftstrafe wieder auf Bewährung draußen, also in weniger als 10 Jahren.


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Bianca (26 Jahre) aus Oranienburg ermordet aufgefunden

25.02.2022 um 14:50
Zitat von WintertimeWintertime schrieb:Das stimmt, wobei insbesondere die Tatausführung schon etwas hart zu lesen war. Für mich auch unverständlich, dass der Richter im Gegensatz zum Staatsanwalt keine Mordmerkmale als erfüllt ansah. Sollte das Urteil rechtskräftig werden, ist er möglicherweise nach 2/3 der Haftstrafe wieder auf Bewährung draußen, also in weniger als 10 Jahren.
Und genau das muss verhindert werden. Ich bin der Meinung, der Richter ist sich der Gefahr überhaupt nicht bewusst, die von diesem Mann ausgeht. Sicherheitsverwahrung nach Ablauf seiner Strafzeit ist das Einzige, was nicht nur andere sondern auch ihn schützt.

Ganz egal, wie man es dreht oder wendet.

Es heißt, Bianca wurde von hinten erstochen. War sie da nicht arg- und wehrlos? Das sollte man bei einem Date doch wohl annehmen. Sie konnte nicht wissen, was in seinem Hirn vor sich geht. Das war hinterhältig, niederträchtig und absolut skrupellos.

Und was war die Begründung nochmal, dass sie ja doch eine Teilschuld für ihre eigene Ermordung mittrug? Achja.
Stimmt, sie ging ihm auf den Keks. Alles klar.

Ich bete zu Gott, dass in der Revision ein härteres Urteil gesprochen wird.


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Bianca (26 Jahre) aus Oranienburg ermordet aufgefunden

25.02.2022 um 15:07
Ich für meinen Teil würde noch gerne die Urteilsbegründung des Richters dazu erfahren, warum und wie er die Tat als Totschlag bewertet.

Auch sind mir bislang die Ausführungen des Rechtsanwalts nicht bekannt.

Dann lässt sich der Hintergrund oder die Sichtweise des Richters bestimmt besser nachvollziehen.


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Bianca (26 Jahre) aus Oranienburg ermordet aufgefunden

25.02.2022 um 15:18
@Blaubeeren, ja, das stimmt. Ich bin ziemlich emotional.

Ich muss allerdings gestehen, dass ich noch von jemandem weiß, der bei dem Prozess dabei war und durch diesen habe ich Reaktionen des Anwaltes und die des Angeklagten berichtet bekommen. Daher bin ich sehr bestürzt.

Aber ich gebe Dir Recht. Auf die letzten Ausführungen bin ich auch gespannt.


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Bianca (26 Jahre) aus Oranienburg ermordet aufgefunden

27.02.2022 um 20:44
https://www.ardmediathek.de/video/taeter-opfer-polizei/urteil-prozess-mord-oranienburg/rbb-fernsehen/Y3JpZDovL3JiYi1vbmxpbmUuZGUvdGFldGVyb3BmZXJwb2xpemVpLzIwMjItMDItMjdUMTk6MDA6MDBfM2E5Yzc0OGItNDk1Ny00NTJhLTg1NzEtM2JiYzE0ZWI5MDFmLzI/

Hier auch nochmal eine kleine Zusammenfassung und Eindrücke vom Gerichtssaal


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Bianca (26 Jahre) aus Oranienburg ermordet aufgefunden

01.03.2022 um 16:22
@kekino
Vielen Dank! Fand es spannend, auch mal den Verteidiger zu sehen und zu hören (auch wenn das was er gesagt hat nicht wirklich neu war).

Aus dem was in der Presse stand, hat der Angeklagte mit ihm auch nicht geredet, oder?
Mich würde mal interessieren, was er in seinem Plädoyer noch so gesagt hat. Aber mach dir keinen Stress. Deine Berichte sind immer so lang und ausführlich - dafür sind wir dir mega dankbar. Ist aber auch klar, dass man dafür etwas Zeit und Ruhe braucht.


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Bianca (26 Jahre) aus Oranienburg ermordet aufgefunden

01.03.2022 um 20:13
So, nun geht es weiter mit meinem Bericht. Zugegebernermaßen haben mich auch die Weltgeschehnisse ziemlich aus der Spur gebracht und es ist doch wieder so eine krasse und tieftraurige, menschliche Absurdität, wie einerseits die Tötung eines einzelnen Menschens so detailliert untersucht und betrachtet wird, wie im Fall von B. (was richtig ist) und andererseits gerade mal wieder tausende Menschen einfach mal so getötet werden ohne dass es in individueller Weise gewürdigt wird .

Sorry, für diesen kleinen off-topic Einwurf ....ich fahre fort mit meinem Bericht von dem Verhandlungstag 22.02.22

Nach dem 2h Plädoyer des Staatsanwaltes, folgte die Anwältin der Nebenklägerin, B.'s Mutter.

Sie folgte im Prinzip allen Punkten des Staatsanwaltes und fasste sich daher wesentlich kürzer. Sie fokussierte nochmal sehr intensiv auf das für sie naheliegendste Motiv (RUHE herstellen) . Sie sprach dabei den Angeklagten so an, dass dieser tatsächlich mal Blickkontakt aufnahm und diesen ihr gegenüber auch etwas länger hielt. (Sie sagte dann so etwas, wie "schön, dass Sie mich anschauen Herr Lindemann. Das ist das erste Mal in diesem Prozess, dass Sie das tun ....er rollte dann mit den Augen und schaute doch wieder nach vorne).
Sie erläuterte das Ruhemotiv auch anhand der Zeugenaussagen, vor allem der der Mutter, die verdeutlichte, wie sehr der Familienfrieden gestört war durch B. ( aus Sicht der Zeugen).....im Saal anwesende Freunde und Familie von B. hatten da schwer zu schlucken.

Als Ergänzung zu den Ausführungen des Staatsanwaltes führte sie noch diese Argumente an, die gegen eine Affekttat sprächen:
- die unterschiedliche Wucht der Stiche. ...manche waren extrem heftig, andere eher oberflächlich....der Stechbeitel hätte bei den heftigen festgesteckt, so dass es Zeit gebraucht habe ihn wieder rauszuziehen und erneut zuzustechen. Dies hätte Besinnungsmomente geschaffen, die aber eben bewusst ignoriert worden wären.
- zudem sind die meisten Stiche von hinten ausgeführt ....sie hält es auch nur für schwer vorstellbar, dass der Stich am Hals von vorne ausgeführt wurde, viel eher ist davon auszugehen, dass B. schnell fiel und dann die weiteren Stiche im Liegen beigebracht wurden (das war eine Variante, die die Gerichtsmedizin für möglich hielt, für die Anwältin die wahrscheinlichste)

Zur Beziehungsdynamik sagte sie, dass B. und K. einfach nicht zusammen passten und sie sehr wahrscheinlich der Sex zusammenhielt. Zudem führte sie an, dass K. sich gut selber einschätzen kann und beschrieben hat. Er wäre eben nicht, wie B. flippig ...daraus hätten sich zahlreiche Probleme ergeben und er wäre sauer darüber gewesen, dass B. sich nicht an die Spielregeln halten wollte. (Motiv)

Sie hielt den Fokus im Folgenden auch noch auf die Tatwaffe, den Stechbeitel: Ihrer Meinung nach, hat er ihn selbst bei Frau K. hinterlegt. Es waren von Frau K. ja keinerlei Spuren dran (gut, von ihm und B. ja auch nicht aber irgenwie schien ihr Fokus bei Frau K. zu liegen.

Sie betonte immer wieder, dass ihre Position es erlaube zu spekulieren und Szenarien zu entwerfen. So beschrieb sie den Tattag auch in der Variante, dass K. B. zum Bunker lockte, diese wäre ihm überallhin gefolgt auch an Plätze, die sie eigentlich nicht mag ( Teilbestandteil des Arglosigkeit Arguments)
Außerdem gab sie an, verwirrt gewesen zu sein über die Art wie einzelne Sachen von B. aufgefunden wurden. Warum sie so zerstreut im Wald lagen. " Sollte das so sein Herr Lindemann, wollten Sie es wie einen Überfall aussehen lassen? Sagen Sie es uns " Natürlich zeigte er keinerlei Reaktion.

Ansonsten alles faktische identisch mit der Argumentation des SA.



Nun, das Plädoyer des Verteidigers:

Hier hielten erstmal alle die Luft an als dieser sagte: "Mein Mandat hat die Geschädigte getötet, daran besteht auch bei mir kein Zweifel"
Sehr wohl habe er aber Zweifel daran, dass es ein Mord war.

Allgemein bemängelte er, dass viel spekuliert worden wäre, man defacto aber nicht wirklich weiß, wie die Situation im Bunker gewesen ist.

Dann bemängelte er, dass über die psychischen Belastungen des Angeklagten einfach so hinweggegangen wurde und als nichtig deklariert wurde.
Er bemühte sich dann noch einmal deutlich zu machen, wie schwerwiegend diese doch seien
Er gab z.B. an, dass es zu dem "sexuellen Mißbrauch" Jugendamtseinlassungen gäbe und deswgen ja auch Hilfen damals anberaumt wurden (der psychologische Gutachter gab ja an, dass er keinerlei dokumentierte Nachweise für den Mißbrauch vorgefunden hätte und auch die Mutter keine konkreten Angaben machen konnte...fand ich deswegen schon komisch, dass er damit jetzt kam und keiner irgendetwas sonst dazu wusste)
Sein Mandant wäre nicht sehr durchsetzungsfähig, zudem habe er eine große Empfindlichkeit (er verwies auf den Gutachter, der eine Akzentuierung schizoider Persönlichkeitszüge attestierte aber sehr deutlich sagte, dass es keine Qualität einer Persönlichkeitsstörung wäre)
Problemen würde er aus dem Weg gehen wollen und mit Rückzug reagiert.

B. dagegen wäre (und hier verwies er rätselhafter Weise auch auf den psychiatrischen Gutachter, der aber gar nichts zu B's Persönlichkeit sagte, es war nur 1 Zeuge, ein Arbeitskollege von K. der so von B. sprach) zwar stimmungslabil aber sehr durchsetzungsfähig gewesen.

Mit anderen Worten: K. war B. unterlegen und deswegen versuchte er sie zu meiden, diese ließ das aber nicht zu.

Aus seiner Sicht spreche die online Suche nach dem Bunker nicht für eine Tatplanung sondern wäre vorgenommen worden, weil K. ja einen freien Tag hatte und diesen mit einer Fahrradtour verbringen wollte, er wäre auf der Suche nach lost places gewesen

Seinen Stechbeitel hatte er dabei, weil er immer eine Art Werkzeug dabei hatte und auch diesen Stechbeitel (da habe ich mich immer gefragt, wie sie darauf kommen, denn die Zeugen sprachen eigentlich eher von Messern und Fahrradwerkzeug) ...angeschliffen wäre dieser, weil K. ihn eben auch als Werkzeug in anderen Kontexten benutzen wollte.

Dass B. " arglos " in diesen Treffen gegangen wäre hält er für ausgeschlossen. Zum einen argumentierte er mit ihrem Nichtbescheidsagen (sie habe bewusst das Treffen verheimlicht, weil sie wusste, dass andere sie davon abhalten würden, weil K. eben aggressiv werden kann) und mit ihrer Kenntnis über K.'s Verhaltensweisen. Sie hatte schon oft Streit mit ihm und wusste, dass er auch aggressiv werden kann (Kellertreppe). Sie habe sich bewusst diesem Risiko ausgesetzt.

Zudem halte er es für wahrscheinlicher, dass der Bunker eher für B's Zwecke, eine mehr oder weniger erzwungene Aussprache geeigneter war (im Bunker konnte K. nicht wegrennen) und so entwarf er das Szenario, dass auch K. schon anbrachte, dass er wegwollte und sie ihn aufhalten wollte. Deswegen wären auch Fasern seiner Kleidung unter ihren Fingernägeln gefunden worden ( auch sehr komisch, denn ich hatte mir notiert beim Verlesen der Textilanalyse, dass diverse Kleidungsfasern unter B's Fingernägeln gefunden wurden aber KEINE K.'s Kleidung zuzuordnen war.)

Er entwarf das Szenario eines extremen Streites (emotionale Auffladung) , welcher auch wegen der Lautstärke und der zusätzlichen Enge des Bunkers so einen extremen Stress bei seinem Mandanten hervorgerufen hätte, dass er eben doch im Affekt und in Besinnungslosigkeit die Tötung vornahm (hier widersprach er auf völlig unfachliche Weise den sehr fachlichen und sehr konkreten Aussagen des Gutachters)

Er führte dann noch anhand der Spuren und forensischen Erkenntnisse aus, warum er dies für naheliegend hält.
Dies kam mir aber so hanebüchen vor, dass ich es mir ehrlich gesagt, gar nicht gemerkt habe. Im Prinzip kann man sagen, er deutete alles um .

Am interessantesten an seinen Ausführungen war die Reaktion des Angeklagten: zum ersten Mal bemerkte man so etwas wie Emotion bei ihm. Er war die ganze Zeit hochrot, sein Kehlkopf vibrierte, so als müsste er Tränen unterdrücken (meine Begleitung meinte, er würde auch weinen- ich konnte das nicht so genau sehen, dafür saß er dann doch zu weit weg, möglich ist es aber.)
Es könnte dafür sprechen, dass die Schilderungen des Anwaltes tatsächlich eine Art Wiedererleben hervorbrachten und der Angeklagte sich in den Ausführungen wiederfand.......allerdings wirkte es auf mich eher wie Selbstmitleid.
Reue oder Bedauern zeigte er nämlich an keiner Stelle.
Er hatte ja das letzte Wort und das einzige, was er mit piepsiger Stimme sagte, war: ich möchte mich meinem Anwalt anschließen.

Was bedeutet: er gesteht die Tat ein.....und trotzdem richtet er nicht eine Silbe an die Hinterbliebenen ....krass!

Dann gab es eine ca. 2h Pause bevor es zur Urteilsverkündung kam

Als sich alle zu 15:30 Uhr wieder zusammenfanden, war es so gespannt ruhig, dass es kaum auszuhalten war.

Dann kam die Ansage, dass das Urteil auf Totschlag lautet und ich dachte nur " Oh nee, nicht wahr"

Die Begründung fing auch damit an, dass der Angeklagte ja eine Persönlichkeitsstörung hätte ( der Gutachter hatte genau DAS ausgeschlossen, fand ich so ärgerlich, wie sich die Kammer einfach über die fachliche Einschätzung hinwegsetzte und selber fachsimpelte")
Er hätte keinerlei Bewältigungsstrategien für solche Situationen gelernt, war überfordert
Es wurde auch nochmal konstatiert, dass hier zwei Menschen zusammen waren, die unterschiedlicher nicht sein konnten und deren einziger Beziehungspunkt vermutlich der Sex war, den beide mit entsprechenden Vorlieben genossen . Man bestätigte nochmal, dass die Sexpraktiken noch im Normbereich lägen.

Ansonsten folgten die Argumente vorrangig der Verteidigung:
- es wurde viel spekuliert aber weder die Art wie die Begegnung hergestellt wurde noch was genau sich abspielte, ließ sich eindeutig rekonstruieren
- der Richter ging davon aus, dass für diesen Tag eigentlich nur B. Pläne hatte und sich das Treffen spontan und aus dem Tagesgeschehen heraus entstand
- es sei naheliegend, dass der Bunker als lost place gegoogelt wurde und auch, dass der Stechbeitel dabei war ist naheliegend, da es zu K.'s Gewohnheiten gehörte. Zudem würde es wenig Sinn ergeben, einen Stechbeitel extra anzuschleifen, da K. ja auch Messer habe und diese grundätzlich geeigneter und naheliegender wären für einen geplanten Mord
- zum Tathergang kann man nichts eindeutlges sagen aber die These, dass K. fliehen wollte bzw. sich dem Gespräch entziehen wollte, wäre nachvollziehbar, da es seinem Grundverhalten und der vorausgegangenen Beziehungsdynamik entsprechen würde
- jedoch ist eindeutig eine Tötungsabsicht zu erkennen und auch eine Affekttat wurde ausgeschlossen
Man kann jedoch nicht eindeutig wissen und belegen, dass sie geplant war

Das Mordmerkmal Heimtücke sei nicht gegeben, da
- nicht davon auszugehen ist, dass B. arglos war, da sie den Angeklagten und dessen Verhalten gut gekannt habe - bewusstes Risiko eingegangen (hier wurde also auch der Argumentation des Verteidigers gefolgt, was mich richtig ärgerte, da man hier dem Opfer indirekt quasi mehr Verantwortung zuschiebt als dem Täter, der ja so wenig Bewältigungsstrategien hat ....zudem ist es ja auch sehr spekulativ...das Einzige, was ich nachvollziehbar finde ist , zu sagen: man kann nicht eindeutig feststellen, dass B. arglos war und darum ging es wohl letztendlich auch)
- man wisse auch nicht genau, was sich vor dem Bunker abspielte und wie B. in den Bunker kam, auch hier gäbe es verschiedene Interpretationsspielräume und man kann nicht eindeutig davon ausgehen, dass B. arglos war

Daraus folgt, dass auch die Ausnutzung von Arglosigkeit möglich aber nicht eindeutig feststellbar ist.

Deswegen bliebe nur Totschlag als Straftatbestand, dieser wäre aber so schwerwiegend, dass er im oberen Strafmaßbereich liegt.
Es gäbe wenig, was zu Gunsten des Angeklagten sprechen würde (eigentlich nur, dass er vorher nicht derartig straffällig war) und vieles gegen ihn:
-zielgerichtetes Handeln mit hoher krimineller Energie , daher keine Affekttat
- er wusste, zu welchen Reaktionen er neigt, hätte sich daher gar nicht mit B. an so einem Ort treffen sollen (hier doch mal etwas Verantwortungszuschreibung an den Angeklagten)
- es wäre möglich gewesen die Situation auch ohne Tötung zu lösen (hätte sie wegschubsen können)
- sein Nachtatverhalten (keine Hilfe, normales Leben weitergeführt, Strafvereitelung)
-und vorallem keinerlei Anzeichen von Reue. Die emotionale Teilnahmelosigkeit würde betroffen machen und die Kammer ratlos zurücklassen. Der Richter: Vorher so viele Emotionen und nun plötzlich gar keine mehr sondern nur Leere

Er klärte dann noch auf, dass niemand den Verlust der Getöteten widergutmachen kann , die Justiz aber für Rechtsfrieden zu sorgen habe.
Der Zeitraum des Strafmaßes solle auch Herrn Lindemann dienen, Hilfe anzunehmen und an seinem Verhalten zu arbeiten
Kosten gehen zu seinen Lasten
Dann noch die Belehrung über die Revisionsmöglichkeit

Und damit war es zu Ende und jeder versuchte das alles für sich einzuordnen. Die Fernsehleute und andere Journalisten stürzten sich auf die Prozessbeteiligten. Vor dem Saal wurden Freunde von B. interviewt...alle zeigten ihre Unzufriedenheit mit dem Urteil.

Nun darf man gespannt sein, was der BGH befindet und ob es noch mal zu einer weiteren Verhandlung kommt.


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Bianca (26 Jahre) aus Oranienburg ermordet aufgefunden

02.03.2022 um 09:49
Danke @kekino für deinen Bericht..
Zitat von kekinokekino schrieb:Außerdem gab sie an, verwirrt gewesen zu sein über die Art wie einzelne Sachen von B. aufgefunden wurden. Warum sie so zerstreut im Wald lagen. " Sollte das so sein Herr Lindemann, wollten Sie es wie einen Überfall aussehen lassen? Sagen Sie es uns " Natürlich zeigte er keinerlei Reaktion.
Das habe ich auch vermutet, er wollte es mglw. wie ein Raubüberfall aussehen lassen.
Zitat von kekinokekino schrieb:Zudem würde es wenig Sinn ergeben, einen Stechbeitel extra anzuschleifen, da K. ja auch Messer habe und diese grundätzlich geeigneter und naheliegender wären für einen geplanten Mord
Möchte seine Tat jetzt nicht beschönigen, auch wenn es komisch rüberkommt, wenn er mit Vorsatz Bianca hätte töten wollen, dann hätte er ein Messer mitgenommen, mMn..


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Bianca (26 Jahre) aus Oranienburg ermordet aufgefunden

02.03.2022 um 12:12
Zitat von MissWexfordMissWexford schrieb:Möchte seine Tat jetzt nicht beschönigen, auch wenn es komisch rüberkommt, wenn er mit Vorsatz Bianca hätte töten wollen, dann hätte er ein Messer mitgenommen, mMn..
Das ist nicht komisch, das Gericht hat es ja auch so bewertet. Allerdings finde ich nicht, dass dies nicht zwangsläufig ausschließt, dass er es nicht doch geplant hatte. Es wurde jetzt zwar der Beitel als Tatwaffe betrachtet aber die Gerichtsmedizin hat auch nicht ausgeschlossen, dass die Wunden mit einem Messer beigefügt wurden oder sogar zwei Werkzeuge benutzt wurden.
Ich halte den Angeklagten nicht für so schlau und vorausschauend aber vielleicht hat er auch bewusst ein Verwirrspiel gespielt und das Messer liegt noch irgendwo im Grabowsee oder sonstewo.


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Bianca (26 Jahre) aus Oranienburg ermordet aufgefunden

02.03.2022 um 12:45
Zitat von kekinokekino schrieb:Es wurde jetzt zwar der Beitel als Tatwaffe betrachtet aber die Gerichtsmedizin hat auch nicht ausgeschlossen, dass die Wunden mit einem Messer beigefügt wurden oder sogar zwei Werkzeuge benutzt wurden.
Ach so, dann sieht die Sache natürlich anders aus, wenn das die Gerichtsmedizin nicht ausschließen konnte.
Zitat von kekinokekino schrieb:Ich halte den Angeklagten nicht für so schlau und vorausschauend aber vielleicht hat er auch bewusst ein Verwirrspiel gespielt und das Messer liegt noch irgendwo im Grabowsee oder sonstewo.
Für besonders schlau halte ich ihn auch nicht…
Gut, dass die Anwältin von Biancas Mutter Revision eingelegt hat.


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Bianca (26 Jahre) aus Oranienburg ermordet aufgefunden

02.03.2022 um 16:28
Zu dem angeschliffenen Stechbeitel. Ich muss sagen, ich finde einen angeschliffenen Stechbeitel jetzt nicht so ungewöhnlich.
Ich hab ursprünglich in meiner 1. Ausbildung Stuckateurin gelernt. Wir haben Beitel und Spachtel teilweise auch vorsichtig scharf geschliffen. Es ließ sich damit besser arbeiten, umbringen wollten wir damit niemanden.
Ich glaube nicht, dass er den Beitel angeschliffen hat, um damit zu töten, sondern ursprünglich zu Arbeitszwecken.


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Bianca (26 Jahre) aus Oranienburg ermordet aufgefunden

02.03.2022 um 16:44
@kekino
Vielen Dank! Das ist wirklich spannend. Ich kann das Urteil nun etwas nachvollziehen, auch wenn ich es nicht gut heiße.

Es gibt einfach keine eindeutigen Beweise für einen Mord. Die Indizienkette lässt durchaus andere Interpretationen zu.
Zitat von kekinokekino schrieb:es sei naheliegend, dass der Bunker als lost place gegoogelt wurde und auch, dass der Stechbeitel dabei war ist naheliegend, da es zu K.'s Gewohnheiten gehörte.
Selbst dass der Bunker gegoogelt wurde und K. den Stechbeitel dabei hatte (was beides für eine Planung spricht), kann in einem anderen Szenario ganz anders aussehen.

Ich finde den Verteidiger schon sehr kreativ. Aber letztendlich muss die Schuld bewiesen werden, nicht die Unschuld. Wahrscheinlich lautete das Urteil aus diesem Grund „nur“ Totschlag. Immerhin wurde hier mit 12,5 Jahren recht hoch angesetzt.
Zitat von kekinokekino schrieb:Dass B. " arglos " in diesen Treffen gegangen wäre hält er für ausgeschlossen. Zum einen argumentierte er mit ihrem Nichtbescheidsagen (sie habe bewusst das Treffen verheimlicht, weil sie wusste, dass andere sie davon abhalten würden, weil K. eben aggressiv werden kann) und mit ihrer Kenntnis über K.'s Verhaltensweisen. Sie hatte schon oft Streit mit ihm und wusste, dass er auch aggressiv werden kann (Kellertreppe). Sie habe sich bewusst diesem Risiko ausgesetzt.
Das ist ein netter Erklärungsversuch. Dennoch denke ich eher, dass sie vor Liebe blind war und die Alarmsignale nicht erkannt hat. Denn sonst wäre B. nicht in den Bunker geklettert. Sie wird sich sicher gefühlt haben.
Leider ist das auch nur eine von vielen Interpretationsmöglichkeiten.

Das Schweigen von K. ist schon clever. Es wird schwierig, da handfeste Beweise zu finden, die für eine Verurteilung wegen Mordes ausreichen.

Bin gespannt, wie die höhere Instanz die das alles deutet.


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Bianca (26 Jahre) aus Oranienburg ermordet aufgefunden

02.03.2022 um 18:18
Zitat von MiaSanMiaMiaSanMia schrieb:Vielen Dank! Das ist wirklich spannend. Ich kann das Urteil nun etwas nachvollziehen, auch wenn ich es nicht gut heiße.

Es gibt einfach keine eindeutigen Beweise für einen Mord. Die Indizienkette lässt durchaus andere Interpretationen zu.
Mir geht es genauso. Man kann eben Dinge besser werten, wenn man alle Seiten und Facetten des Falls mal betrachtet hat. Dies ist uns als Öffentlichkeit ja nur erschwert durch die mediale Berichterstattung möglich. Da hatten wir Glück mit @kekino, dass er/ sie uns die Prozesstage und das Urteil samt Begründung und Plädoyers so umfänglich berichtet hat. Auch von mir nochmals vielen Dank dafür.

Und ja, es geht um das was nachgewiesen werden kann, und der Richter ist in der Würdigung der Beweise frei.
Eine komplette absolute Gerechtigkeit kann es leider nie geben. Ist einem Menschen das Leben genommen worden, kann es leider nie wieder gut gemacht werden. Der Verlust bleibt für immer und keine Strafe könnte das wieder ausgleichen. Es ist leider sehr schmerzlich für Angehörige und diejenigen, die zurückbleiben. Insbesondere für ihr Kind.

Der Richter hat das ja auch so nochmal sehr treffend, wie ich finde, gesagt.
Zitat von kekinokekino schrieb:Er klärte dann noch auf, dass niemand den Verlust der Getöteten widergutmachen kann , die Justiz aber für Rechtsfrieden zu sorgen habe.



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