Suppengespenst schrieb:nur stört mich dann wieder,dass sie trotz der vielen Jahre nicht übermäßig stark in die Dorfgemeinschaft eingebunden waren.
Wir wissen das doch alles gar nicht. Ich glaube, die Eltern von Philippe hatten irgendwo in einem Nachbardorf ein Sommerhaus. Das ist in Frankreich nicht so ungewöhnlich. Kennt man aus alten französischen Filmen.
Man muss sich einfach die Soziologie einer solchen Gemeinschaft vorstellen. Die einen wohnen das ganze Jahr über dort. Der Sommer ist knallvoll mit Arbeit in der Landwirtschaft, der Winter bedeutet Holz reinschleppen und Schneeschippen. So, und dann kommen in den Ferien die Städter, die ihre Tomatenpflanzen im Kräuterbeet haben, die das Leben in der Stille idyllisch finden, deren Kinder Abitur machen, und die im Liegestuhl in der Sonne liegen.
Und dann putzen sie auch noch die Kirche! Man könnte froh darüber sein, aber man könnte auch denken, dass denen das alles nicht fein genug war.
Du schreibst selbst, dass es Dörfer gibt, in welchen man nach der 3. Generation noch zugereist ist. Das kenne ich auch. Meine Eltern haben jahrzehnte in einem Ort gelebt, in welchem sie viel Nachbarschaftshilfe betrieben, mein Vater hat Bürgerinitiativen gegründet, er hat durchgesetzt, dass zwei Fußgängerampeln an eine Bundesstraße gesetzt wurden, damit die Schüler sicher zur Schule kamen. Aber sie blieben Zugereiste. Das lag nicht an ihnen. Es lag an der Bevölkerung. Ich kenne es auch aus eigener Erfahrung mit einem Haus an der Nordsee, eine Bruchbude, die keiner wollte, von uns liebevollst restauriert, wir, an dem Leben in einem Fischerdorf interessiert, offen, kommunikativ, blieben eben die Städter. Wir konnten machen, was wir wollten. Ich könnte jetzt zig Beispiele nennen, in denen das ähnlich war.
Das wird dort nicht anders gewesen sein. Alle Kinder von Vedovinis spielten diverse Instrumente, hatten oder machten Abitur. Selbst wenn das die Familie nicht in den Vordergrund spielte, könnte ein gewisser Neid entstehen, weil die Dorfbewohner selbst gar keine Zeit hatten und haben, Shakespeare oder La Fontaine zu lesen.
Da muss sich jeder Dorfbewohner vielleicht auch mal die Frage gefallen lassen, ob es ihm lieber wäre, ein weiteres Haus verfallen zu lassen, anstatt sich mal mit dem Leben anderer Menschen auseinanderzusetzen. Was wird den Vedovinis denn eigentlich vorgeworfen? Dass die Kinder Musikinstrumente spielen?