TonyPetrocelli schrieb:Er sucht mit dem Vater gemeinsam nachts noch nach Reiner, spätestens da musste ihm klar sein, das die Polizei die ein oder andere Frage an ihn hat, oder nicht? Er war Gast im Thomas Eck, er hat aktiv mit gesucht, er hat dem Jungen eine Tüte Chips spendiert und da hat er nichts Wesentliches zum Fall auszusagen?
Ich denke das er zumindest als Zeuge einiges hätte beitragen können. Er kannte über den Vater vielleicht auch Informationen über den Jungen, die der Vater selbst so den Ermittlern z.B. aus Scham oder Stolz nicht mitgeteilt hätte, in der kneipe beim zechen aber schonmal preisgegeben hat. Die Frage ist ja auch, wie gut kannte dieser ominöse "Gerhard" Reiners Vater? War er der bevorzugte Kumpan, mit dem Reiners Vater in der Kneipe zechte und über alles sprach?
Es geht hier ja nicht ausschließlich um die Ereignisse dieses speziellen Tages in dieser speziellen Kneipe. Es geht ja auch immer um ein Gesamtbild der Situation. Was war Reiner für ein Kind, welchen Charakter hatte er, welche Gewohnheiten, welche Interessen und Wünsche, welches Verhältnis zu seiner Familie (Eltern, Geschwister, Verwandte etc.), zu Schulfreunden, Vereinskameraden etc. Da erzählt ein Vater auch nicht immer alles. Z.B. ob ihm vielleicht mal die Hand "ausgerutscht" ist, wie er seine Frau behandelte oder sie ihn, wie sich das auf Reiner ausgewirkt haben könnte. Da kann so ein "Kneipenkumpan" schon als Zeuge wichtig werden um zu verstehen, wer den Jungen auf seinem Heimweg wie gelockt haben könnte und wo die Tat ggf. stattgefunden hat.
TonyPetrocelli schrieb:Da die Redakteure von Aktenzeichen XY ungelöst mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit keine Produktionszeit übrig hatten im Filmbeitrag um den Mord an Reiner Koch, gehe ich davon aus, das besagter Gast "Gerhard" sowohl damals als auch heute von Relevanz für den Fall ist, ob als Zeuge oder mutmaßlicher Täter sei dahin gestellt.
Das denke ich auch. Absolut.
HolzaugeSHK schrieb:Man hat sich doch bestimmt nicht die ganze Zeit am Tisch oder Tresen angeschwiegen oder nur über das Wetter geredet? Hat Gerhard nicht mal was Privates über sich preisgegeben - Familie, Beruf oder Hobbies?
Ich persönlich gehe davon aus, dass Stammgäste auch viel über private Probleme oder die Situation im Job gesprochen haben. Vielleicht nicht direkt am ersten Abend wenn man sich am Tresen kennenlernt. Da werden dann eher Allgemeinplätze beackert und nicht Familieninterna oder sehr persönliche Dinge besprochen. Da geht es dann um Wetter, den Sport, die allgemeine Situation im Kiez, im Beruf, in der Politik und dergleichen. Aber wenn "Gerhard" und Reiners Vater sich einige Wochen, vielleicht sogar Monate oder Jahre kannten, dann muss der Vater und auch die Wirtin einiges zu "Gerhard" gewusst haben. Zumindest als was er wo arbeitet, in welchem Bezirk er wohnt, ob er Familie hat und solche Dinge. Wenn er dann nach dem Verbrechen plötzlich nicht mehr regelmäßig kommt, ist das -in meinen Augen- schon sehr auffällig.
HolzaugeSHK schrieb:war Gerhard vielleicht nur beruflich in Berlin unter der Woche und hatte seinen Lebensmittelpunkt außerhalb von Berlin im Bundesgebiet? Vielleicht hat er überhaupt Nichts mitbekommen von der Suche nach ihm?
Das ist eine interessante Frage. Es kann natürlich sehr gut sein, dass er tatsächlich nur einige Tage oder Wochen auf Montage war oder für eine befristete Zeit einen Job fern seines eigentlichen Wohnortes angenommen hatte. Das würde dann zumindest erklären, warum er zeitnah nach der Tat mutmaßlich verschwand und es den Ermittlern nicht gelang, ihn ausfindig zu machen.
Nightrider64 schrieb:Ich denke mal, das es auf seinerzeit auf Plausibilität untersucht, ob wann und warum der auffindende Polizist an der Jesse Owens Allee war
Das kann sein, muss aber nicht. Als Polizist gehörte er ja quasi zu der "Ermittlerfamilie" und gegen einen Kollegen überhaupt einen Verdacht zu haben oder ihn zu überprüfen verbot sich dann sozusagen von selbst. Gerade zu dieser Zeit war ja der Chorgedanke weit verbreitet, die Truppenzugehörigkeit und Kameradschaft unter Kollegen sehr eng. Da hätte man sich unter Kollegen im Zweifel immer gedeckt und nicht angeschwärzt. Ich vermute deshalb, man hat ihn gar nicht überprüft und auch nie nur annähernd in Erwägung gezogen das er etwas mit der Tat zu tun haben könnte. Das ist -zugegeben- hoch spekulativ von mir. Aber auszuschließen ist es nicht. Man sollte da mal in alle Richtungen denken.
Nightrider64 schrieb:Wenn das Verbrechen Lärm verursacht haben muss, bsp. Hilfeschreie, hätten ander Leute dies wahr genommen. Daneben hätte der Täter an keinem Platz dieses Parkes sicher sein können, das nicht jeden Moment irgend jemand um die Ecke kommt.
Vielleicht konnte man den Park so als Tatort ausschließen. Aber Leute die sich in diesem Park zu jener Zeit aufhielten auch? Wenn Reiner auf seinem Weg durch den Park z.B. per Zufall auf den Täter traf, dann könnte sich dieser ja dort zuvor aufgehalten haben oder er führte seinen Hund dort aus. Ich würde es als Ermittler deshalb nicht ausschließen, dass der Täter aus dem Umfeld der regelmäßigen Parkbesucher stammte.
Nightrider64 schrieb:Da gebe ich Dir recht.
Seinerzeit war man kriminalistisch noch nicht so weit, das miut Profiling zu untersuchen.
Ich denke die Cold Case Einheit hat sich auch einige sexuell bedingten Fälle mit gleichen Muster angeschaut, soweit die Aktenlage dies erlaubt.
Das hoffe ich. Denn vielleicht gibt es irgendwo einen Fall den man bislang noch nicht mit diesem in Verbindung gebracht hat.
Nightrider64 schrieb:Die Wirtin meiner Berliner Stammkneipe hat mir unlängst in einem ganz anderem Zusammenhang erklärt: " Was ihr in Ihrer Kneipe geäußert wird, bleibt auch in Ihrer Kneipe"
Das ist ein ungeschriebenes Gesetz hier, wie Du schon vermutest hast.
So eine Art Omertà der Kiezwirte. Zu welchem Zweck? Wahrscheinlich weil sich Gäste dort das Herz ausschütteten, private Dinge preisgaben und ein tratschender Wirt automatisch seine Stammgäste verloren hätte? Ist das so richtig von mir verstanden? Ich meine, wir reden ja hier nicht über eher kleine private oder berufliche Probleme, sondern über den bestialischen Mord an einem Kind. Da würde ich persönlich schon erwarten, dass da einer Wirtin schon daran gelegen ist, dass dieses Verbrechen aufgeklärt wird. Erst recht dann, wenn dies einen Stammgast als Zeugen oder sogar als möglichen Täter betreffen könnte.
JamesRockford schrieb:Kann das damit zusammenhängen, dass der Zeuge Reiner unterhalb des Parks um 18:20 gesehen hat? Zeitlich wäre das knapp, wenn das Training bis 18 Uhr ging, Reiner sich noch umziehen und waschen/duschen musste, und der Fußweg durch den Park ca. 10 Minuten dauerte. Aber das wäre für mich die einzige Erklärung.
Das Zeitfenster war knapp. Das stimmt. Aber es war sicher nicht unmöglich. Ich denke das es nicht aus diesem Grund ausgeschlossen werden kann.
JamesRockford schrieb:Vermutlich ist Reiner freiwillig mitgegangen in einen Keller, einen Schuppen oder eine Wohnung in Erwartung von irgendetwas, was ihm in Aussicht gestellt wurde.
Da bin ich mit dir d'accord. Entweder aus diesen Gründen oder der Täter war eine Respektsperson. Das kann ein Uniformträger gewesen sein, ein Lehrer, ein bekannter Würdenträger, ein Trainer aus dem Verein, jemand der im Kiez Respekt genoss. Das ist gerade so mein Gedanke.