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Gedichte: Tragik

2.709 Beiträge ▪ Schlüsselwörter: Gedichte, Lyrik, Poesie ▪ Abonnieren: Feed E-Mail

Gedichte: Tragik

04.11.2012 um 17:26

Der Werwolf

Ein Werwolf eines Nachts entwich
von Weib und Kind, und sich begab
an eines Dorfschullehrers Grab
und bat ihn: Bitte, beuge mich!

Der Dorfschulmeister stieg hinauf
auf seines Blechschilds Messingknauf
und sprach zum Wolf, der seine Pfoten
geduldig kreuzte vor dem Toten:

"Der Werwolf", - sprach der gute Mann,
"des Weswolfs"- Genitiv sodann,
"dem Wemwolf" - Dativ, wie man's nennt,
"den Wenwolf" - damit hat's ein End.'

Dem Werwolf schmeichelten die Fälle,
er rollte seine Augenbälle.
Indessen, bat er, füge doch
zur Einzahl auch die Mehrzahl noch!

Der Dorfschulmeister aber mußte
gestehn, daß er von ihr nichts wußte.
Zwar Wölfe gäb's in großer Schar,
doch "Wer" gäb's nur im Singular.

Der Wolf erhob sich tränenblind -
er hatte ja doch Weib und Kind!!
Doch da er kein Gelehrter eben,
so schied er dankend und ergeben.

Christian Morgenstern



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Gedichte: Tragik

04.11.2012 um 19:42
Belsazar
Die Mitternacht zog näher schon
in stummer Ruh lag babylon .
Nur oben in des Königs Schloss
da flackerts,da lärmt des Königs Tross .
Dort oben in dem Königssaal
Belsazar hielt sein Königsmahl .
Die Knechte saßen in schimmernden Reihn
und leerten die Becher mit funkelndem Wein .
Es klirrten die Becher,es jauchzen die Knecht
so war es dem störrischen Könige recht .
Des Königs Wangen leuchten Glut
im Wein erwuchs ihm kecker Mut .
Und blindlings reißt der Wein ihn fort
er lästert die Gottheit mit sündigem Wort .
Und er brüstet sich frech und lästert wild
die Knechteschar ihm Beifall brüllt .
Der König rief mit frechem Blick
der Diener eilte und kehrte zurück .
Er trug viel gülden Gefäß auf dem Haupt
das war aus dem Tempel Jehovas geraubt
Und der König ergriff mit frevler Hand
einen heiligen Becher gefüllt bis zum Rand .
Und er leert ihn hastig bis auf den Grund
und er ruft laut mit schäumendem Mund :
Jehova ! Die sprech ich auf ewig Hohn
ich bin der König von Babylon !
Doch kaum das grausige Wort verklang
dem König wards im Busen bang .
Das gellende Lachen verstimmte zumal
es wurde leichenstill im Saal .
Und sieh ! und sieh an weißer Wand
da kams hervor von Menschenhand
Und schrieb und schrieb an weißer Wand
Buchstaben von Feuer und schrieb und schwand .
Dere König stieren Blicks da saß
mit schlotternden Knien und totenblass ,
Die Knechteschar saß kalt durchgraut
und saß gar still , gab keinen Laut .
Die Magier kamen´,doch keiner verstand
zu deuten die Flammenschrift an der Wand .
Belsazar ward in selbiger Nacht
von seinen Knechten umgebracht .

Heinrich Heine


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Gedichte: Tragik

04.11.2012 um 19:44

Erlkönig

1.Wer reitet so spät durch Nacht und Wind?
Es ist der Vater mit seinem Kind.
Er hat den Knaben wohl in dem Arm,
Er faßt ihn sicher, er hält ihn warm.

2. Mein Sohn, was birgst du so bang dein Gesicht?
Siehst Vater, du den Erlkönig nicht!
Den Erlenkönig mit Kron' und Schweif?
Mein Sohn, es ist ein Nebelstreif.

3. Du liebes Kind, komm geh' mit mir!
Gar schöne Spiele, spiel ich mit dir,
Manch bunte Blumen sind an dem Strand,
Meine Mutter hat manch gülden Gewand.

4. Mein Vater, mein Vater, und hörest du nicht,
Was Erlenkönig mir leise verspricht?
Sei ruhig, bleibe ruhig, mein Kind,
In dürren Blättern säuselt der Wind.

5. Willst feiner Knabe du mit mir geh'n?
Meine Töchter sollen dich warten schön,
Meine Töchter führen den nächtlichen Reihn
Und wiegen und tanzen und singen dich ein.

6. Mein Vater, mein Vater, und siehst du nicht dort
Erlkönigs Töchter am düsteren Ort?
Mein Sohn, mein Sohn, ich seh'es genau:
Es scheinen die alten Weiden so grau.

7. Ich lieb dich, mich reizt deine schöne Gestalt,
Und bist du nicht willig, so brauch ich Gewalt!
Mein Vater, mein Vater, jetzt faßt er mich an,
Erlkönig hat mir ein Leids getan.

8. Dem Vater grauset's, er reitet geschwind,
Er hält in den Armen das ächzende Kind,
Erreicht den Hof mit Mühe und Not,
In seinen Armen das Kind war tot.

Johann Wolfgang von Goethe




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Gedichte: Tragik

04.11.2012 um 20:02
Im düstern Auge keine Träne,
Sie sitzen am Webstuhl und fletschen die Zähne:
Deutschland, wir weben dein Leichentuch,
Wir weben hinein den dreifachen Fluch -
Wir weben, wir weben!

Ein Fluch dem Gotte, zu dem wir gebeten
In Winterskälte und Hungersnöten;
Wir haben vergebens gehofft und geharrt,
Er hat uns geäfft und gefoppt und genarrt -
Wir weben, wir weben!

Ein Fluch dem König, dem König der Reichen,
Den unser Elend nicht konnte erweichen,
Der den letzten Groschen von uns erpreßt
Und uns wie Hunde erschießen läßt -
Wir weben, wir weben!

Ein Fluch dem falschen Vaterlande,
Wo nur gedeihen Schmach und Schande,
Wo jede Blume früh geknickt,
Wo Fäulnis und Moder den Wurm erquickt -
Wir weben, wir weben!

Das Schiffchen fliegt, der Webstuhl kracht,
Wir weben emsig Tag und Nacht -
Altdeutschland, wir weben dein Leichentuch -
wir weben hinein den dreifachen Fluch -
Wir weben, wir weben!

Heinrich Heine


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Gedichte: Tragik

06.11.2012 um 15:53
Des Sängers Fluch

Es stand in alten Zeiten ein Schloß so hoch und hehr,
Weit glänzt' es über die Lande bis an das blaue Meer,
Und rings von duft'gen Gärten ein blütenreicher Kranz,
D'rin sprangen frische Brunnen in Regenbogenglanz.

Dort saß ein stolzer König, an Land und Siegen reich.
Er saß auf seinem Throne so finster und so bleich;
Denn was er sinnt, ist Schrecken, und was er blickt, ist Wut,
Und was er spricht, ist Geißel, und was er schreibt, ist Blut.

Einst zog nach diesem Schlosse ein edles Sängerpaar:
Der ein' in goldnen Locken, der andre grau von Haar;
Der Alte mit der Harfe, der saß auf schmucken Roß,
Es schritt ihm frisch zur Seite der blühende Genoß.

Der Alte sprach zum Jungen: "Nun sei bereit, mein Sohn!
Denk' unsrer tiefsten Lieder, stimm' an den vollsten Ton,
Nimm alle Kraft zusammen, die Lust und auch den Schmerz;
Es gilt uns heut' zu rühren des Königs steinern Herz."

Schon stehn die beiden Sänger im hohen Säulensaal,
Und auf dem Throne sitzen der König und sein Gemahl;
Der König furchtbar prächtig, wie blut'ger Nordlichtschein,
Die Königin süß und milde, als blickte Vollmond drein.

Da schlug der Greis die Seiten, er schlug sie wundervoll,
Daß reicher, immer reicher der Klang zum Ohre schwoll.
Dann strömte himmlisch helle des Jünglings Stimme vor,
Des Alten Sang dazwischen wie dumpfer Geisterchor.

Sie singen von Lenz und Liebe, von sel'ger, goldner Zeit,
Von Freiheit, Männerwürde, von Treu' und Heiligkeit;
Sie singen von allem Süßen, was Menschenbrust durchbebt,
Sie singen von allem Hohen, was Menschenherz erhebt.

Die Höflingsschar im Kreise verlernet jeden Spott,
Des Königs trotz'ge Krieger, sie beugen sich vor Gott,
Die Königin, zerflossen in Wehmut und in Lust,
Sie wirft den Sängern nieder die Rose von ihrer Brust.

"Ihr habt mein Volk verführet, verlockt ihr nun mein Weib?"
Der König schreit es wütend, er bebt am ganzen Leib.
Er wirft sein Schwert, das blitzend des Jünglings Brust durchdringt,
Draus, statt der goldnen Lieder, ein Blutstrahl hoch aufspringt.

Und wie vom Sturm zerstoben ist all' der Hörer Schwarm;
Der Jüngling hat verröchelt in seines Meisters Arm,
Der schlägt um ihn den Mantel und setzt ihn auf das Roß,
Er bind't ihn aufrecht feste, verläßt mit ihm das Schloß.

Doch vor dem hohen Tore, da hält der Sängergreis,
Da faßt er seine Harfe, sie, aller Harfen Preis,
An einer Marmorsäule, da hat er sie zerschellt,
Dann ruft er, daß es schaurig durch Schloß und Gärten gellt:

"Weh' euch, ihr stolzen Hallen! Nie töne süßer Klang
Durch eure Räume wieder, nie Saite noch Gesang,
Nein, Seufzer nur und Stöhnen und scheuer Sklavenschritt,
Bis euch zu Schutt und Moder der Rachegeist zertritt!

"Weh' euch, ihr duft'gen Gärten im holden Maienlicht!
Euch zeig' ich dieses Toten entstelltes Angesicht,
Daß ihr darob verdorret, daß jeder Quell versiecht,
Daß ihr in künft'gen Tagen versteint, verödet liegt.

"Weh' dir, verruchter Mörder! du Fluch des Sängertums!
Umsonst sei all' dein Ringen nach Kränzen blut'gen Ruhms;
Dein Name sei vergessen, in ew'ge Nacht getaucht,
Sei, wie ein letztes Röcheln, in leere Luft verhaucht!"

Der Alte hat's gerufen, der Himmel hat's gehört;
Die Mauern liegen nieder, die Hallen sind zerstört,
Noch eine hohe Säule zeugt von verschwund'ner Pracht,
Auch diese, schon geborsten, kann stürzen über Nacht.

Und rings, statt duft'ger Gärten, ein ödes Heideland:
Kein Baum verstreuet Schatten, kein Quell durchdringt den Sand;
Des Königs Namen meldet kein Lied, kein Heldenbuch:
Versunken und vergessen! - das ist des Sängers Fluch.

von Ludwig Uhland


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Gedichte: Tragik

06.11.2012 um 16:39

Resignation.

Auch ich war in Arkadien geboren,
Auch mir hat die Natur
An meiner Wiege Freude zugeschworen;
Auch ich war in Arkadien geboren,
Doch Tränen gab der kurze Lenz mir nur.

Des Lebens Mai blüht einmal und nicht wieder;
Mir hat er abgeblüht.
Der stille Gott - o weinet, meine Brüder -
Der stille Gott taucht meine Fackel nieder,
Und die Erscheinung flieht.

Da steh ich schon auf deiner finstern Brücke,
Furchtbare Ewigkeit.
Empfange meinen Vollmachtbrief zum Glücke!
Ich bring ihn unerbrochen dir zurücke,
Ich weiß nichts von Glückseligkeit.

Vor deinem Thron erheb ich meine Klage,
Verhüllte Richterin.
Auf jenem Stern ging eine frohe Sage,
Du thronest hier mit des Gerichtes Wage
Und nennest dich Vergelterin.

Hier, spricht man, warten Schrecken auf den Bösen
Und Freuden auf den Redlichen.
Des Herzens Krümmen werdest du entblößen,
Der Vorsicht Rätsel werdest du mir lösen
Und Rechnung halten mit dem Leidenden.

Hier öffne sich die Heimat dem Verbannten,
Hier endige des Dulders Dornenbahn.
Ein Götterkind, das sie mir Wahrheit nannten,
Die Meisten flohen, Wenige nur kannten,
Hielt meines Lebens raschen Zügel an.

»Ich zahle dir in einem andern Leben,
Gib deine Jugend mir!
Nichts kann ich dir als diese Weisung geben.« -
Ich nahm die Weisung auf das andre Leben,
Und meiner Jugend Freuden gab ich ihr.

»Gib mir das Weib, so teuer deinem Herzen,
Gib deine Laura mir!
Jenseits der Gräber wuchern deine Schmerzen.« -
Ich riß sie blutend aus dem wunden Herzen
Und weinte laut und gab sie ihr.

»Die Schuldverschreibung lautet an die Toten,«
Hohnlächelte die Welt;
»Die Lügnerin, gedungen von Despoten,
Hat für die Wahrheit Schatten dir geboten,
Du bist nicht mehr, wenn dieser Schein verfällt.«

Frech witzelte das Schlangenheer der Spötter:
»Vor einem Wahn, den nur Verjährung weiht,
Erzitterst du? Was sollen deine Götter,
Des kranken Weltplans schlau erdachte Retter,
Die Menschenwitz des Menschen Notdurft leiht?

Was heißt die Zukunft, die uns Gräber decken,
Die Ewigkeit, mit der du eitel prangst?
Ehrwürdig nur, weil Hüllen sie verstecken,
Der Riesenschatten unsrer eignen Schrecken
Im hohlen Spiegel der Gewissensangst.

Ein Lügenbild lebendiger Gestalten,
Die Mumie der Zeit,
Vom Balsamgeist der Hoffnung in den kalten
Behausungen des Grabes hingehalten,
Das nennt dein Fieberwahn Unsterblichkeit?

Für Hoffnungen - Verwesung straft sie Lügen -
Gabst du gewisse Güter hin?
Sechstausend Jahre hat der Tod geschwiegen,
Kam je ein Leichnam aus der Gruft gestiegen,
Der Meldung tat von der Vergelterin?« -

Ich sah die Zeit nach deinen Uhren fliegen,
Die blühende Natur
Blieb hinter ihr, ein welker Leichnam, liegen,
Kein Toter kam aus seiner Gruft gestiegen,
Und fest vertraut ich auf den Götterschwur.

All meine Freuden hab ich dir geschlachtet,
Jetzt werf ich mich vor deinen Richterthron.
Der Menge Spott hab ich beherzt verachtet,
Nur deine Güte hab ich groß geachtet,
Vergelterin, ich fordre meinen Lohn.

»Mit gleicher Liebe lieb ich meine Kinder!«
Rief unsichtbar ein Genius.
»Zwei Blumen,« rief er, »hört es, Menschenkinder,
Zwei Blumen blühen für den weisen Finder,
Sie heißen Hoffnung und Genuß.

Wer dieser Blumen eine brach, begehre
Die andre Schwester nicht.
Genieße, wer nicht glauben kann. Die Lehre
Ist ewig, wie die Welt. Wer glauben kann, entbehre!
Die Weltgeschichte ist das Weltgericht.

Du hast gehofft, dein Lohn ist abgetragen,
Dein Glaube war dein zugewognes Glück.
Du konntest deine Weisen fragen,
Was man von der Minute ausgeschlagen,
Gibt keine Ewigkeit zurück.«


Schiller




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Gedichte: Tragik

06.11.2012 um 16:41

Sehnsucht

Es schienen so golden die Sterne,
Am Fenster ich einsam stand
Und hörte aus weiter Ferne
Ein Posthorn im stillen Land.
Das Herz mir im Leib entbrennte,
Da hab ich mir heimlich gedacht:
Ach, wer da mitreisen könnte
In der prächtigen Sommernacht!

Zwei junge Gesellen gingen
Vorüber am Bergeshang,
Ich hörte im Wandern sie singen
Die stille Gegend entlang:
Von schwindelnden Felsenschlüften,
Wo die Wälder rauschen so sacht,
Von Quellen, die von den Klüften
Sich stürzen in die Waldesnacht.

Sie sangen von Marmorbildern,
Von Gärten, die überm Gestein
In dämmernden Lauben verwildern,
Palästen im Mondenschein,
Wo die Mädchen am Fenster lauschen,
Wann der Lauten Klang erwacht
Und die Brunnen verschlafen rauschen
In der prächtigen Sommernacht.

Joseph von Eichendorff




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07.11.2012 um 16:28

Altes Lied

Du bist gestorben und weißt es nicht,
Erloschen ist dein Augenlicht,
Erblichen ist dein rotes Mündchen,
Und du bist tot, mein totes Kindchen.

In einer schaurigen Sommernacht
Hab ich dich selber zu Grabe gebracht;
Klaglieder die Nachtigallen sangen,
Die Sterne sind mit zur Leiche gegangen.

Der Zug, der zog den Wald vorbei,
Dort widerhallt die Litanei;
Die Tannen, in Trauermäntel vermummet,
Sie haben Totengebete gebrummet.

Am Weidensee vorüber gings,
Die Elfen tanzten inmitten des Rings;
Sie blieben plötzlich stehen und schienen
Uns anzuschaun mit Beileidsmienen.

Und als wir kamen zu deinem Grab,
Da stieg der Mond vom Himmel herab.
Er hielt eine Rede. Ein Schluchzen und Stöhnen,
Und in der Ferne die Glocken tönen.

Heinrich Heine




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Gedichte: Tragik

07.11.2012 um 20:01

Nur nicht aus Liebe weinen

Es ist ja ganz gleich wen wir lieben
und wer uns das Herz einmal bricht.
Wir werden vom Schicksal getrieben
und das Ende ist immer Verzicht.

Wir glauben und hoffen und denken,
dass einmal ein Wunder geschieht.
Doch wenn wir uns dann verschenken,
ist es das alte Lied:

Nur nicht aus Liebe weinen,
es gibt auf Erden nicht nur den einen,
es gibt soviele auf dieser Welt,
ich liebe jeden, der mir gefällt.

Und darum will ich heut Dir gehören.
Du sollst mir Treue und Liebe schwören.
Wenn ich auch fühle, es muss ja Lüge sein,
ich lüge auch und bin Dein.

Wir kamen von Süden und Norden,
mit Herzen so fremd und so stumm.
So bin ich die Deine geworden,
und ich kann Dir nicht sagen Warum.

Denn als ich mich an Dich verloren,
hab ich eines andern gedacht.
So ward die Lüge geboren,
schon in der ersten Nacht.

Nur nicht aus Liebe weinen,
es gibt auf Erden nicht nur den einen,
es gibt soviele auf dieser Welt,
ich liebe jeden, der mir gefällt.

Und darum will ich heut Dir gehören.
Du sollst mir Treue und Liebe schwören.
Wenn ich auch fühle, es muss ja Lüge sein,
ich lüge auch und bin Dein.

Zarah Leander




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Gedichte: Tragik

08.11.2012 um 17:06

Der andre Mann

Du lernst ihn in einer Gesellschaft kennen.
Er plaudert. Er ist zu dir nett.
Er kann dir alle Tenniscracks nennen.
Er sieht gut aus. Ohne Fett.
Er tanzt ausgezeichnet. Du siehst ihn dir an ...
Dann tritt zu euch beiden dein Mann.

Und du vergleichst sie in deinem Gemüte.
Dein Mann kommt nicht gut dabei weg.
Wie er schon dasteht -- du liebe Güte!
Und hinten am Hals der Speck!
Und du denkst bei dir so: "Eigentlich ...
Der da wäre ein Mann für mich."

Ach, gnädige Frau! Hör auf einen wahren
und guten alten Papa!
Hättst du den Neuen: in ein, zwei Jahren
ständest du ebenso da!
Dann kennst du seine Nuancen beim Kosen;
dann kennst du ihn in Unterhosen;
dann wird er satt in deinem Besitze;
dann kennst du alle seine Witze.
Dann siehst du ihn in Freude und Zorn,
von oben und unten, von hinten und vorn ...
Glaub mir: wenn man uns näher kennt,
gibt sich das mit dem happy end.
Wir sind manchmal reizend, auf einer Feier ...
und den Rest des Tages ganz wie Herr Meyer.
Beurteil uns nie nach den besten Stunden.

Und hast du einen Kerl gefunden,
mit dem man einigermaßen auskommen kann:
dann bleib bei dem eigenen Mann!

Kurt Tucholsky




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Gedichte: Tragik

08.11.2012 um 18:02

Ein ganz kleiner Mann

Es war einmal ein ganz kleiner Mann
Nicht heute, nein, so irgendwann
Der saß allein in seinem Haus
Und schaute hier zum Fenster raus.
Überlegte, was zu tun wohl sei
Zwischendurch und nebenbei
Während auf dem Herde eine Suppe stand
Mit einer einzigen Kartoffel, die sich darin wandt

Die Suppe köchelte so vor sich hin
Der ganz kleine Mann schaute ab und zu mal zum
Topfe, war die Kartoffel noch darin
Das kleine Haus hatte nur einen Raum
Den kleinen Mann störte dies aber kaum
Er mochte es, wenn es nicht zu groß
Die Weite, das Unbekannte sah aus, wie im Hals ein
Kloss
Die Einsamkeit, so hieß der Frosch im Schlund
Somit war’s im Hause fad und auch nicht sonderlich
bunt
Inmitten von diesem grau in grau
Saß auf einem kleinen Regal sein Freund – ein
Plastikhund
Wenn er ihn drückte machte dieser leise “wau”
Und dessen Augen funkelten rund und blau

Auf dem Regal stand sonst nichts mehr
Doch auch dies störte den kleinen Mann nicht sehr
Fenster im Haus, da gab es zwei
Im Sturm vor Jahren brach eines dabei

Ein Riss, der kam mit leisem “knack”
Der ganz kleine Mann klebte diesen dann ab
Im Raum selbst, da stand der Herd
Schon alt, aber nicht von Wert

Ein Bett und ein alter Schrank an der nächsten Wand
Verdunkelte das Zimmer wie mit einem schwarzem
Band
Ein kleines Schränkchen neben dem Bett
Wirkt bieder, alt und auch nicht nett




Die Tür, im kleinen Rahmen
Passt dort genau hinein
Besuche, wenn sie kamen
Mussten sich hier bücken, nicht so wie daheim

Beim Auf- und Zumachen quietscht sie leise
Ein Klagelied auf ihre Weise
Frohe Tage gab es die letzten Jahre kaum
Um dies Haus herum, ein kleiner alter Zaun

Vorne am Haus , eine rostige kleine Glocke
Über dem einzigen Stuhl im Innern, eine alte Socke
Auf dem Tisch nur ein Teller steht
Der Garten ums Haus – vom Winde verweht

So sitzt der ganz kleine Mann hier drin und schaut zum Fenster raus
Die Einsamkeit – sie nagt mit Graus


Aber sicher, eine Liebste hatte er
Doch das ist schon Jahre her
Das Leben – viel zu kurz war es zu zweit
Es geschah so schnell – keiner war jemals bereit

Der Schnitt kam unverhofft und viel zu schnell
Was übrig blieb war des Plastikhundes Gebell

Wegen des Tieres kam es eines Abends zu einem Streit
Man sprach nicht mehr miteinander – die Seelen
entzweit
An diesem Abend ging man sogar getrennt ins Bett
Die Verstimmung so tief – gar nicht nett

Es gab zur Nacht auch keinen Kuss
Im Grunde war an diesem Abend Schluss
Eine Versöhnung verlief im Sand
Jeder blieb dort, wo er gerade stand

Der Mann ging raus, die Tür fiel laut ins Schloss
Auf einmal war er da, im Hals, der Kloss


Der ganz kleine Mann lief im Garten rund ums Haus
Seine Liebste schaute nicht mal mehr zum Fenster raus

Auf dem Weg zum Bette rutschte sie aus
Mit Ungeschick
Brach ihr zartes kleines Genick
Und hauchte leis so ihr kurzes Leben aus

Der kleine Mann ging im Garten rund
Im Arm den kleinen Plastikhund
Der Mann zeigte auf eine Blume und sagte: “Schau”
Der Hund wurde gedrückt und dieser machte leise
“wau”
Dabei vergaß der ganz kleine Mann den Streit
Und machte sich zu einem neuen Versuch bereit
Den Streit zu schlichten, ja das war sein Begehr
Mit Wut im Bauch ins Bett, das störte ihn sehr

Er ging zur Tür und machte diese auf
Eine Diskussion, ein Wiederwort, das nahm er ihn Kauf
Nun mit Mut hinein und die Sache gerade biegen
Sah er auf dem Boden seine Liebste liegen

Ihr zartes Gesicht vom Schmerz verzerrt
Ein Stuhlbein hatte das Unglück beschert
Gestolpert war sie mit Unbedacht
Der kleine Bettpfosten hatte den Rest gemacht


Das war schon lange her
Seitdem sprach der kleine Mann nicht mehr
Er saß und sitzt nur auf dem einzigen Stuhl im Raum
Die Zeit allein – es gleicht eines Alpes Traum

Sitzt da und überlegt
Ab und an die Lippen zu einem Wort bewegt
Doch bleibt er stumm
Und sitzt nur hier herum

Freude gibt es in diesem Haus nicht mehr
Und dieses stört den ganz kleinen Mann doch sehr


Die Blätter vom Baume im Winde sich wiegen
Sich im Wechsel der Natur sich an dem Aste schmiegen
Der Baum, der hat schon viel gesehn
Blätter im Geäst, sie kommen und geh’n
Aus einem Ast war das besagte Stuhlbein gemacht
Und was hat’s gebracht
Der kleine Mann hatte diesen Stuhl gebaut
Und erbarmungslos den Trank zum Tode gebraut

Die Liebste selbst schenkte ihm den Hund
Als sie lebte, war sein Fell noch bunt
Doch wie das Leben aus ihr gewichen
Die Farbe aus dem Fell geblichen

Nun ist der Hund aus Plastik grau
Das einzige, was er noch macht, wenn man ihn drückt
ist “wau”
Doch hier im Haus wird nichts gedrückt und berührt
Die Suppe auf dem kleinen Herd ist das einzige, was
sich jetzt noch rührt
Am besagten Abend brachen das Glas und sein Herz
entzwei
Dem Baum war’s eher einerlei

Der ganz kleine Mann dachte ab und an
Den Baum zu fällen, den sein Holz war schuld daran
Aber er brachte dieses nicht uebers Herz
Zu groß war dieser Seelenschmerz

So ließ er ihn stehen
Sah die Zeiten vom Fenster aus im Baum vorübergehen

Der Frust über die Nichtversöhnung saß so tief
Am besagten Abend ging aber auch alles schief

Der Mann mit der Sense kam am Abend an
Und zerschnitt schroff den Lebensfaden der Liebsten
dann
Wobei sich der Rest dann zugetragen hat
Die Liebste fiel wie die Dame beim Schach “matt”

Nur der leise “knack” war im Raum zu hören
Die Natur draußen ließ sich gar nicht stören

Nun saß der ganz kleine Mann am Fenster hier
Schaute zum Herd und dann auf den Tisch – dort lag
ein Papier
Es war eine Zeitung, diese war von heut
Gelesen von ihm und anderen Leut’

In die Zeitung hatte er was setzen lassen
Die Worte fein gewählt – ja, das würde passen

“Habe einen kleinen Plastikhund – der war mal bunt”
“Ich brauche ihn nun nicht mehr – komm vorbei und
schau”
Er denkt sich “Ich vermisse meine Liebste” – Der Hund
macht “wau”

Der kleine Mann steht auf, geht zur Suppe und tut sich
auf
Der Hund geht umsonst weg, er nimmt’s in Kauf

Der Hund aus Plastik war der Anfang vom Ende
Mit dem Verschenken, denkt er, kommt die Wende

Eine Stunde später, jemand kam, den Hund gibt’s nicht
mehr
Das Regal – nun komplett grau und leer
Dem ganz kleinen Mann wird klar, er ist nun ganz allein
im Haus
Der Frosch im Hals, er wächst, es ist ein Graus

Es verstärkt sich jäh der Frust
Bleibt sie aus, die erdachte Lust

Und in den Garten zu gehen
Zwischen den Blumen zu stehen

Im Grase liegen
Den Blumen zuzuschauen, wie sie sich wiegen

Diese Freude will und will nicht kommen
Ihm schwindelt, er taumelt wie benommen

Plötzlich klopft es an der Türen
Der kleine Mann geht nicht hin – gefesselt von
unausgesprochenen Schwüren
Das Klopfen, es geht weiter
Die Schwüre wurden leiser
Er steht, geht zur Tür und macht sie auf
Er bemerkt das Quietschen in seinem Ohr
Ein noch kleineres Mädchen steht davor
In der Hand eine klitzekleine Vase mit einer roten
Minirose
In der anderen Hand eine mit Pralinen gefüllte Dose
“Ich habe den Hund bekommen, dafür bedanke ich
mich sehr”
Dem kleinen Mann entflieht ein Lächeln. Dies freut ihn
noch mehr

Ihm gefallen die Vase und die Rose
Besser noch als die mit Pralinen gefüllte Dose
Welche Frisch
Doch letzteres stellt er auf den kleinen Tisch
Und ohne ein weiteres Wort
Die Vase mit der Rose stellt er auf das zuvor graue und
leere Board
Dann geht er stumm zum Bett
Ein kleines Schränkchen, welches ja daneben steht
Öffnet es und holt ein Bild, mit der Liebsten drauf
heraus
Der Abend kommt in seinen Sinn zurück – oh Graus
Doch die Liebste lächelt auf dem Bild
So wie Mona Lisa – eigentlich ganz mild

Es stellt das Bild zur Vase mit der Rose – nur daneben

(Seine Lippen bewegen sich zu einem Wort)
Zulange stumm war es an diesem Ort
Und sagt ganz leise: “ Du hast doch nichts dagegen”
“Jetzt habe ich einen guten Grund, um in den Garten
zu gehn”
“Um dir täglich nach frischen Rosen zu sehn”
“Nun bist du wieder hier, siehst und hörst mir zu und
das ist nett”
“So muss ich heut Abend nicht allein ins Bett”

Die Rose in der Vase zieht den Blick auf sich
“Meine Liebste – ich liebe dich”
“Du bist mein Sonnenschein”
“Bescheine meine kleine Rose, ich lass dich morgen
auch gleich rein”

“Ich kann es kaum ertragen”
“Doch will ich es noch einmal wagen dich zu fragen”
“An diesem Abend, wir waren eins dann zwei”
Mein Herz wurde traurig – es brach dabei”
“Ist es vermessen dich um Verzeihung zu fragen?”
“Und unsere Herzen wieder zusammen zu tragen?”

So steht der ganz kleine Mann vor dem Bild im Glas
Welches steht neben der Rose in der Vas’
Die Liebste, sie lächelt mild
Er fühlt – die Freude kommt – und das schönste ist –
sie bleibt
Der kleine Mann sich seine Hände reibt
Ihm ist zum Tanzen wild zumute doch lässt er dieses
lieber sein
Denn im Raum steht noch ein Stuhl mit tückischem Gebein

Er freut sich innerlich und folgt dem Schein der Sonne
Dieser fällt in jedem Morgen nun auf die Rose mit
frischer Wonne
Und Jagt aus diesem kleinen Haus
Den Frosch aus dem Halse heraus

Dies war die Geschichte vom ganz kleinen Mann
Der ab und an aus dem Fenster schaute
Und dann
Wenn der Morgen graute
In seinem Garten ging und eine Rose nahm
So blieb sein Herze wieder wohlig und warm

Und in dem Haus, Welch frohe Kund
Man vernahm, es ward wieder bunt

von Michael Kugler




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Gedichte: Tragik

09.11.2012 um 20:17

Spuk

Der Sturm erstarb.
Die Woge singt ihr zitternd Lied dem Abendrot.
Über die dunkle Düne klingt ein Schluchzen
wie aus letzter Not . . .

Der kühle Hauch des Wassers streift
mich scheu wie ein verstoßner Schmerz,
und spukhaft aus dem Dämmer greift
mir eine blasse Hand ans Herz.

Clara Müller-Jahnke




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Gedichte: Tragik

11.11.2012 um 11:08

Der Zwerg


Hang an Hang, und Hang an Feld und Felder,
Strauch an Baum, und Wald an Wälder,
Tal an Berg und Tal an Berg:
Erden-Weite-Breite rundherüberall:

Und der Mensch, der Zwerg:

Tappt verschüchtert,
Geht ernüchtert,
Stolzt voll Dünkel hier und dort,
Schürft sich Lehm und backt sich Ziegel,
Häuft aus Mauern, Dächern seinen Ort.
Schließt mit Schloß und Riegel
Sorgevoll sein Haus,
Klopft und bohrt darin herum –
Dünkt sich klug und andre dumm –
Geht kaum aus der Straße raus – –

Draußen reiht sich Feld an Feld:
Draußen weitet sich die Welt:
Ungeheure Runde!

Gerrit Engelke




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Gedichte: Tragik

11.11.2012 um 11:34

AM FENSTER

Einmal wissen dies bleibt für immer
Ist nicht Rausch der schon die Nacht verklagt!
Ist nicht Farbenschmelz noch Kerzenschimmer
Von dem Grau des Morgens längst verjagt!

Einmal fassen tief im Blute fühlen
Dies ist mein und es ist nur durch dich!
Nicht die Stirne mehr am Fenster kühlen
Dran ein Nebel schwer vorüber strich!

Einmal fassen tief im Blute fühlen
Dies ist mein und es ist nur durch dich!
Klagt ein Vogel, ach auch mein Gefieder
Näßt der Regen flieg ich durch die Welt!

Hildegard Maria Rauchfuß




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Gedichte: Tragik

11.11.2012 um 17:36
Nicht ein einziges Mal wieder.

Nicht ein einziges Mal wieder,
blickt das Ego jemals nieder,
auf die Werke seines Daseins,
darum schreit es und erwidert,
fühlen und erleben, leben und denken,
genießen und lachen, sich nicht beschränken
doch wird es dann merken, wenn nicht schon beim Sterben,
das Streben vom Herzen zu leben auf Erden
wird nicht erreicht.


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Gedichte: Tragik

11.11.2012 um 17:39

Unerreichbar?

An meinem dunklen Liebeshimmel,
bist Du der aller leuchtend' Stern,
in meinem Herzen herrscht Gewimmel,
denn Du mir nah und doch so fern!

Wie gern ich würde Dich erreichen,
das Licht und Dich für mich gewinnen,
wie kann ich Dir das Herz erweichen,
wie kann mein Herz dem Bruch entrinnen?

Baufritze




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Gedichte: Tragik

11.11.2012 um 17:42

Die Klage

Nun geht der Jammer
Die Not, die Schande
Durch Haus und Kammer,
Durch Markt und Lande;

Zerbricht die Städte,
Die klugerbauten,
Ruhm, Ränk und Räte,
Darauf, wir trauten.

In Graus und Aschen,
Vom Strahl getroffen,
Das frevle Haschen,
Das dreiste Hoffen.

Nun müsst ihr tragen,
Was andre litten,
Verlorne Klagen,
Verworfne Bitten,

Verfehltes Lieben,
Verwirkte Treue,
Der nichts geblieben
Als Schmach und Reue

Vergebnen Grämens,
Das keiner segnet,
Voll stummen Schämens,
Dem Zorn begegnet.

Wir wurden Meister
Und blieben Toren,
Die Höllengeister
Ans Licht beschworen;

Der Trotz wollt's wenden
Mit Lug und Truge
Und muss doch enden
Nach Recht und Fuge.

Das freche Prahlen
Des Übermutes,
Geseufz und Qualen
Vergossnen Blutes,

Geschrei und Zähren,
Ihr müsst sie gelten;
Da frommt kein Wehren,
Da hilft kein Schelten.

Wo wollt ihr hausen?
Wo wollt ihr hinnen?
Habt Hasser draussen
Und Henker drinnen,

Da Burg und Bürger
Sich nichts mehr bürget,
Der Mord den Würger
Im Nacken würget.

Verstrickt im Knäuel
Der Schadenfrone,
Dir selbst zum Greuel,
Der Welt zum Hohne,

Sieh all das Deine
Ins Elend wandern.
Ja, Deutschland, weine,
Ja, lacht, ihr andern!

Rudolf Alexander Schröder




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Gedichte: Tragik

12.11.2012 um 17:00

Zu spät

Sie haben dich fortgetragen,
Ich kann es dir nicht mehr sagen,
Wie oft ich bei Tag und Nacht
Dein gedacht,
Dein und was ich dir angetan
Auf dunkler Jugendbahn.
Ich habe gezaudert, versäumet,
Hab immer von Frist geträumet;
Über den Hügel der Wind nun weht:
Es ist zu spät.

F. T. Vischer




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Gedichte: Tragik

12.11.2012 um 17:01

Wie an dem Tag, der dich der Welt verliehen,
die Sonne stand zum Gruße der Planeten,
bist alsobald und fort und fort gediehen,
nach dem Gesetz, wonach du angetreten.
So musst du sein, dir kannst du nicht entfliehen,
so sagten schon Sibyllen, so Propheten;
Und keine Zeit und keine Macht zerstückelt
geprägte Form, die lebend sich entwickelt.

J.W. Goethe




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Gedichte: Tragik

12.11.2012 um 17:06

Menschen bei Nacht

Die Nächte sind nicht für die Menge gemacht.
Von deinem Nachbar trennt dich die Nacht,
und du sollst ihn nicht suchen trotzdem.
Und machst du nachts deine Stube licht,
um Menschen zu schauen ins Angesicht,
so musst du bedenken: wem.

Die Menschen sind furchtbar vom Licht entstellt,
das von ihren Gesichtern träuft,
und haben sie nachts sich zusammengesellt,
so schaust du eine wankende Welt
durcheinandergehäuft.
Auf ihren Stirnen hat gelber Schein
alle Gedanken verdrängt,
in ihren Blicken flackert der Wein,
an ihren Händen hängt
die schwere Gebärde, mit der sie sich
bei ihren Gesprächen verstehn;
und dabei sagen sie: Ich und Ich
und meinen: Irgendwen.

Rilke




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