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Welches Buch lest ihr gerade?

7.166 Beiträge ▪ Schlüsselwörter: Bücher, Lesen, Literatur ▪ Abonnieren: Feed E-Mail

Welches Buch lest ihr gerade?

18.09.2021 um 17:30
Parallel dazu lese ich den neuesten Roman von Dietmar Dath.

Ihr lest gern mehr oder weniger linear und konventionell erzählte Romane mit einer zentralen Handlung, die man auch in ein paar Sätzen grob umreißen kann? Dann geht bitte weiter, diesbezüglich gibt es hier nichts zu sehen.

Dath hat mit seinem Roman dem Mathematiker Gerhard Gentzen ein Denkmal gesetzt. Mathematik zieht sich wie ein roter Faden durch das Buch, das sich aus diversen Erzählungen zusammensetzt, die das ganze letzte Jahrhundert umspannen. dabei werden alle möglichen Themen, die wichtig waren eingeflochten (Krieg, Rassismus, Klassismus, Sexismus und natürlich immer und immer wieder Mathematik)
Dath präsentiert einen funkelnden, erzählerischen Scherbenhaufen, den der Leser selbst zusammen setzen darf oder muss.
Der Erzählertonfall variiert dabei rotzig trotzig bis zur Hochsprache.
Ich bin sicher, dass das Buch viele Leser ziemlich nerven dürfte.
Ich bin aber genau so sicher, dass das Buch viele Literaturpreise verdient hätte.
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19.09.2021 um 19:02
Der Tod der Mrs Westaway

von Ruth Ware

Ein dunkles Haus. Ein mysteriöses Testament. Eine gefährliche Familie.

Abgebrannt, allein und ohne Job – mit gerade mal 22 Jahren ist Harriet Westaway, genannt Hal, am Tiefpunkt ihres Lebens. Da erhält sie den Brief eines Anwalts aus Cornwall: Sie ist im Testament ihrer Großmutter bedacht worden. Hals Großmutter ist allerdings schon lange tot – offenbar liegt eine Verwechslung vor. Aber Hal ist so verzweifelt, dass sie nach Cornwall fährt und sich als die verschollene Erbin ausgibt. Das Erbe entpuppt sich als riesiges altes Herrenhaus inmitten ausgedehnter Ländereien. Doch als Hal entdeckt, dass die Familie Westaway einige sehr dunkle Geheimnisse hat, wird ihr Plan zur tödlichen Gefahr: Denn sie kommt einem Mörder in die Quere, der sich jahrzehntelang in Sicherheit geglaubt hat.

der tod


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23.09.2021 um 14:52
hrlOriginal anzeigen (0,9 MB)

Da hatte ich mich drauf gefreut, weil Bestseller und so ...

Nach quälenden 30 Seiten der Unlustigkeit, der dödeldoof konstruierten Szenerien und der ständigen Wiederholung des Satzes "dachte Herr Lehmann" hab ich das Buch entnervt zugeklappt. Kommt morgen zurück in den öffentlichen Bücherschrank.
Ich weiß beim besten Willen nicht, was den Erfolg dieses, öhm, Romans, ausgemacht haben soll. Da finde ich einen Tommy Jaud um Längen und Klassen origineller und amüsanter.


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23.09.2021 um 15:06
Zitat von FlamingOFlamingO schrieb:was den Erfolg dieses, öhm, Romans, ausgemacht haben soll.
Höchstwahrscheinlich der Ort der Handlung: Berlin/Kreuzberg und die Tatsache, dass Regner als Musiker schon einen gewissen Bekanntheitsgrad hatte

Alle waren damals verrückt nach Berlin


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23.09.2021 um 15:11
515pqN1QpL
Das Sterben im Mittelmeer und in der Wüste, der Rechtsruck in vielen Staaten – vier zornige junge Menschen wollen diesem Wahnsinn nicht länger zusehen und entschließen sich, die Weihnachtstanne auf der Hamburger Binnenalster in Brand zu stecken. Ein Unterfangen, das nicht nur für Herausforderungen in technischer Hinsicht sorgt, sondern auch für reichlich Diskussionsstoff in der Gruppe. Daneben regieren Eifersucht, Eitelkeit und Gier, denn natürlich unterliegen auch die Protagonisten dieses Buches dem ewigen Gesetz, das da lautet: Nichts wird sich niemals nirgendwo ändern.

»Cafés und Klamottengeschäfte mit schwedischen Namen schossen in den durchgentrifizierten Vierteln wie Pilze aus den Sofapolstern eines inkontinenten Alkoholikers. Wahrscheinlich der Versuch, die eigene Kindheit wiederaufleben zu lassen, als es mit Mama und Papa alle zwei Jahre nach Småland oder Öland ging, oder wenigstens hin und wieder ›Ferien auf Saltkrokan‹ und ›Pippi Langstrumpf‹ geguckt werden durften. In jedem Fall Niedlichkeitsnischen, die das Böse dieser Erde, all die Kriege und ihre unmittel- wie mittelbaren Folgen, den Plastikmüll in den Mägen der Wale, die Überschwemmungen und sonstigen Folgen der Klimakatastrophe et cetera pp. hübsch vor der Tür lassen wollten. Keine Frage, mit diesen Leuten – nennen wir sie die Generation Köttbullar – war eine tiefgreifende gesellschaftliche Veränderung nicht zu machen.«

Ein Roman über Ohnmacht und Selbstermächtigung, Angst und Überwindung, Freundschaft und Verrat.



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23.09.2021 um 15:16
Zitat von GrouchoGroucho schrieb:Höchstwahrscheinlich der Ort der Handlung: Berlin/Kreuzberg und die Tatsache, dass Regner als Musiker schon einen gewissen Bekanntheitsgrad hatte

Alle waren damals verrückt nach Berlin
Möglich, das Buch ist aus dem Jahr 2001, spielt aber zur Wende. Dennoch: Strapaziös und enervierend zu lesen, was Regener da verzapft hat. Ich senke meinen Daumen.


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23.09.2021 um 16:29
20210923 162715Original anzeigen (2,6 MB)

Der Roman eines rumäniendeutschen Autors, der in der Zwischenkriegszeit in der transsylvanischen, siebenbürgischen Hochebene unmittelbar unter den Karpaten spielt. Der Anfang erinnert mich ein bisschen an die Hirtengeschichten von Giono.


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24.09.2021 um 07:12
Zitat von FlamingOFlamingO schrieb:Nach quälenden 30 Seiten der Unlustigkeit, der dödeldoof konstruierten Szenerien und der ständigen Wiederholung des Satzes "dachte Herr Lehmann" hab ich das Buch entnervt zugeklappt.
:)
Hab mal ein Radiointerview mit Regener zu diesem Buch gehört, das war wohl um einiges kurzweiliger als das Geschreibsel an sich.
Bewundernswert, dass bis Seite 30 gelesen wurde. Wenn mich ein Werk nach 15-20 Seiten noch immer nicht gepackt hat, wird es frustriert als Fehlkauf weggelegt bzw. mit wenig Dank zurück gegeben. Mir ging es zuletzt mit 'Abendland' von Michael Köhlmeier so. Naja, 40, 50 Seiten werd ich ehrlicherweise wohl schon gelesen haben... diese verlorene Lebenszeit kann ich kaum zurückfordern, immerhin wars innerfamiliär ausgeborgt, also quasi gratis. :palm:


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24.09.2021 um 15:17
Zitat von stone1.2stone1.2 schrieb:Bewundernswert, dass bis Seite 30 gelesen wurde.
Ich hatte halt die ganze Zeit gehofft, dass es besser werden würde. Die Hoffnung zerstob jedoch zusehends.


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25.09.2021 um 08:34
2. Versuch

Sommernacht
von Lucy Foley

Vierzehn Gäste. Alle haben ein Geheimnis. Und nicht alle werden die Insel lebend verlassen.

Eine abgelegene Insel vor der wilden Küste Irlands: An einem Sommertag versammeln sich Familie und alte Freunde, um die Hochzeit von Julia und Will zu feiern. Alles ist bis ins kleinste Detail geplant, es soll ein rauschendes Fest werden – doch der Wind dreht, und ein heftiger Sturm schneidet die Insel von der Außenwelt ab. Bald macht das Gerücht die Runde, dass dieser Ort ein schreckliches Geheimnis verbirgt. Und auch unter den Gästen dringen immer unaufhaltsamer alte Feindseligkeiten und lang begrabene Geheimnisse ans Licht. Dann wird einer der Feiernden tot draußen im Moor gefunden. Und die Situation auf der Insel eskaliert ...

nacht


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25.09.2021 um 13:40
Katja Happe - Viele falsche Hoffnungen

Happe-HoffnungenOriginal anzeigen (0,2 MB)

Die nunmehrige Leiterin der KZ-Gedenk- und Begegnungsstätte Ladelund, Katja Happe, hat in den Jahren 2012 bis 2015 in einem Forschungsprojekt der Deutschen Forschungsgemeinschaft ein Standardwerk zur Judenverfolgung in den Niederlanden während der deutschen Besetzung von Mai 1941 bis Mai 1945 verfasst.

Etwa drei Viertel der in den Niederlanden lebenden Menschen, welche die Nationalsozialisten nach ihren rassistischen Kriterien als "Juden" kennzeichneten, wurden ermordet. Dies ist die höchste Mordquote in den besetzten Gebieten West- und Nordeuropas. Insgesamt wurden 102.994 niederländische "Juden" sowie etwa 4.000 Nicht-Niederländer deportiert, von denen insgesamt nur etwa fünftausend überlebten. Insgesamt lebten in den Niederlanden 140.552 Menschen, welche von den Nationalsozialisten als "Juden" bezeichnet wurden, dazu 14.549 "Halbjuden" sowie 5.179 "Vierteljuden". Die statistische Akribie der deutschen Nationalsozialisten erstaunt immer wieder.

Nach der Kapitulation der niederländischen Armee (nach der Bombardierung Rotterdams wurde noch mit der Bombardierung Utrechts gedroht) flohen die Regierung und Königin Wilhelmina nach Großbritannien, das Parlament wurde aufgelöst. Die politische Führung als Reichskommissar übernahm der aus Österreich stammende Arthur Seyß-Inquart, als niederländische Marionetten dienten in der Verwaltung Generalsekretäre, die niederländische Polizei wurde deutschen Weisungen unterstellt. Mitglieder der niederländischen Nationalsoziallistischen Bewegung (NSB) fungierten als Bluthunde (wie die SA in Deutschland).

Die aus jüdischen Familien stammenden Niederländer waren zumeist seit dem 16. Jahrhundert, als Religionsfreiheit eingeführt wurde, in den Niederlanden, sowohl aus Portugal stammende sephardische Juden als auch aus Mittel- und Osteuropa stammende askenasische Juden. Viele Familien waren im Laufe der Zeit zum christlichen Glauben übergetreten, die meisten verstanden sich in ihrer Identität als Niederländer. Letzteres war mit ein Grund, warum sie - im Gegensatz zu den aus Deutschland und Österreich geflohenen Juden - sich zunächst nicht sonderlich bedroht fühlten. Sie konnten sich nicht vorstellen, dass die Deutschen gegen Niederländer vorgehen wie gegen deutsche Juden.

Dies entpuppte sich schnell als Trugschluss. Zunächst war die Kategorisierung als "Jude" strenger als in den Nürnberger Gesetzen (ein Großelternteil reichte), erst nach einigen Monaten wurde auf zwei Großelternteile korrigert. "Juden" wurden - wie in Deutschland - aus staatlichen Posten vertrieben, Selbständigen wurde das Gewerbe für "Nichtjuden" verboten. Die Verschärfungen gingen im Schnelldurchlauf vor sich. Nach dem erfolglosen Versuch, im Februar 1942 in Amsterdam ein Getto einzurichten, sowie einer "Judenrazzia" am 22. und 23. Februar desselben Jahres, traten am 25. und 26 Februar Arbeiter und Geschäftsleute in Amsterdam, Utrecht, Hilversum, Haarlem und weiteren kleineren Städten in Generalstreik. Dass es den Deutschen ernst war, zeigte sich daran, dass über Noord-Holland das Kriegsrecht ausgerufen wurde. Insgesamt wurden 800 junge männliche Juden in die KZs Buchenwald und Mauthausen verschleppt. Da die Deutschen noch Todesanzeigen aus den KZs in die Niederlande schickten, war der jüdischen Gemeinde bald klar, dass es sich bei diesen KZs um Mordmaschinen handelt. Sie hatte recht: insgesamt überlebte ein einziger.

Die von den Niederlanden nach internationalem Recht in Deutschland eingesetzte Schutzmacht Schweden versuchte noch, deren Schicksal nachzuvollziehen. Um dies zu verhindern, schwenkte Deutschland um und deportierte nur mehr ins nicht zu Deutschland gehörende besetzte Generalgouvernement Polen. Ins Ausland reichte der Arm einer Schutzmacht nicht.

Im Januar 1942 war der endgültige Vernichtungsbeschluss der "europäischen Juden" bei der Wannseekonferenz zur Durchführung besiegelt. In den Niederlanden begann der Deportierungsprozess mit einem hinterhältigen juristischen Kniff. Die deutschen Besatzer ließen niederländischen "Juden" eine Einwilligungserklärung zur Emigration unterzeichnen. Dies war eine böswillige Täuschung, da die Unterzeichnenden an die Schweiz, Palästina oder die USA, also freie Gebiete dachten. Auch wurden die niederländischen "Juden" in insgesamt 50 Arbeitslagern konzentriert, um handlich einen Deportations-Pool zur Verfügung zu haben. Durchgangslager für die Transporte wurde Westerbork südlich von Groningen. Dieses Lager war ursprünglich ein niederländisches Flüchtlingslager für Deutsche und Österreicher, welches die deutschen Besatzer zu einem Konzentrationslager umfunktionierten.

Mitte Juli 1942 rollten die ersten Züge nach Auschwitz-Birkenau, nach Plan waren drei Züge pro Woche vorgesehen. Die Aufforderung zum "Arbeitseinsatz" wurde zu Beginn noch per Post zugestellt. Der von den deutschen Besatzern eingesetzte Jüdische Rat unterstützte die Deportationen, weil er hoffte, durch sogenannte "Freistellungen" (Mitglieder des Jüdischen Rats selbst, Rüstungsarbeiter, Diamantenspezialisten sowie Arbeiter im Elektronikwerk Philips, das selbst darauf achtete, "seinen" Zwangsarbeitern menschenwürdige Lebensbedingungen zu gewähren und vor der Deportation zu schützen) möglichst viele von den Deportationen bewahren zu können. Widerstand wurde aus den Erfahrungen mit den Mauthausen-Toten nicht ins Auge gefasst. Etwa 20.000 "Juden" kamen der Aufforderung zum "Arbeitseinsatz" nicht nach und tauchten unter. Am berühmtesten ist aufgrund des Tagebuchs der jungen Anna die deutsche Flüchtlingsfamilie Frank. Da regelmäßig viel weniger "Juden" zum Abtransport erschienen, als Post erhalten haben, wurde schließlich die niederländische Polizei beauftragt, die Aufgeforderten festzunehmen und dafür zu sorgen, dass sie ins Lager Westerbork verfrachtet werden.

Der Versuch, den Aufforderungen zu entkommen, wurde erhöht, als im Juni 1942 die BBC von Massenmorden in polnischen Lagern berichtete. Von bereits 700.000 Erschossenen und Vergasten war die Rede. Die Alliierten informierten offiziell am 17. Dezember 1942 die Weltöffentlichkeit von den systematischen Massenmorden.

Angesichts des Kriegsverlaufs erhöhte im Februar 1943 das Reichssicherheitshauptamt in Berlin die Schlagzahl der zu ermordenden "Juden", und bis Oktober des Jahres wurden Züge von Westerbork ins Vernichtungslager Sobibor geführt. Innerhalb eines gut halben Jahres wurden 34.313 "Juden" in 19 Transporten aus den Niederlanden nach Sobibor verschleppt, weniger als 20 überlebten.

September 1943 waren bereits so viele niederländische "Juden" deportiert, dass der Jüdische Rat aufgelöst wurde, dessen Mitglieder selbst interniert und deportiert wurden. Nur wenigen gelang es, im Land zu bleiben oder sich ins Ausland absetzen zu können. Kontext war das Ziel, die Niederlande "judenfrei" zu haben. "Juden", die in "Mischehe" lebten, wurden vor die Wahl gestellt, deportiert zu werden oder sich sterilisieren zu lassen. Danach wären sie von jeglichen Restriktionen befreit. Einige Frauen und Männer nahmen dieses zynische Angebot wahr.

Während 1944 noch Züge nach Auschwitz rollten, begannen die deutschen Machthaber nach der Invasion der Alliierten in der Normandie Verhandlungen aufzunehmen. Verdiente "Juden" (was immer die deutschen Behördern darunter verstanden) wurden ins Musterlager Theresienstadt bei Prag verfrachtet, in der Hoffnung, dort in Frieden leben zu können, was jedoch ein Trugschluss war. 3000 der 4000 nach Theresienstadt deportierten Niederländer wurden nach Auschwitz weitergeleitet, wo die meisten ermordet wurden. Das Lager hatte nur die Funktion, gegenüber der Weltöffentlichkeit via Rotem Kreuz ein Lager ohne Zwang und Hunger zu präsentieren. Dass es eine hohe Fluktuationsrate wegen der Transporte nach Polen gab, war nicht relevant.

Ein weiteres Ziel der Deportationen wurde das Konzentrationslager Bergen-Belsen südöstlich von Bremen. Angepriesen wurde es als "Austauschlager". Den von Januar bis September 1944 dorthin verfrachteten Menschen wurde in Aussicht gestellt, mit in Palästina internierten Deutschen ausgetauscht zu werden. Was aber für die meisten nicht der Fall war. Von den etwa 1.500 Niederländern, die nach Bergen-Belsen deportiert wurden, wurde für 222 das vorgegaukelte Ziel Palästina zur Realität. Am 10. Juli 1944 erreichten sie Haifa. Das Lager war chronisch überbelegt, und die Versorgung mit Lebensmitteln war dermaßen prekär, dass unzählige gefangen Gehaltene verhungerten. Selbst nach der Befreiung 1945 war der Gesundheitszustand vieler so erbärmlich, dass sie in den nächsten Monaten verstarben. Sie konnten nicht gerettet werden.

Die Befreiung der Niederlande selbst gestaltete sich schwierig. Im September 1944 befreiten die Alliierten den Süden der Niederlande, beschlossen jedoch wegen des heftigen deutschen Widerstands, den Rhein erst im Frühjahr 1945 zu übersetzen. Der Norden der Niederlande blieb besetzt. Nach einem Eisenbahnerstreik beschlossen die deutschen Besatzer, die Lebensmittel- und Brennstoffversorgung für drei Monate auszusetzen. Für die Menschen im Norden der Niederlande begann ein Hungerwinter, für die untergetauchten "Juden" ein Kampf gegen das Verhungern.

Die Alliierten überquerten schließlich am 23. März 1945 den Rhein bei Remagen, kanadische und britische Truppen zogen nach Nordwesten Richtung der noch besetzten Niederlande. Am 5. Mai kapitulierte schließlich die deutsche Wehrmacht. Nicht alle deutschen Truppenteile hielten sich an den Waffenstillstand. So schossen am 7. Mai 1945 deutsche Soldaten in Amsterdam in eine feiernde Menschenmenge. Bei diesem Terroranschlag kamen 20 Menschen ums Leben, mehr als 100 wurden verletzt.

Die erste Zeit nach der Befreiung war weiterhin eine schwere Zeit, die meisten von den Deutschen als "Juden" deklarierten Niederländer waren tot, die Überlebenden hatten nichts mehr. Sie mussten versuchen, ihr geraubtes Eigentum zurückzuerhalten, die Reintegration ins Erwerbsleben musste in Angriff genommen werden. Besondere Zuwendungen lehnte der niederländische Staat ab, da für ihn alle Niederländer gleichberechtigt waren und er nicht gewillt war, niederländische Staatsbürger in Ethnien unterschiedlichen Rechts einzuteilen. Dadurch wäre ein Grundprinzip der Niederlande aufgehoben worden.

Anders das Problem mit den aus Deutschland und Österreich geflohenen "Juden". Diesen wurde vom deutschen Staat im November 1941 die Staatsbürgerschaft aberkannt und sie waren staatenlos. Nach anfänglichen Ressentiments wurde ihnen nach allgemeinem Bekanntwerden der massenhaften Vernichtung eine Integration in die Niederlande erleichtert, so sie beabsichtigten, zu bleiben.

Von den mit den deutschen Besatzern kollaborierenden Niederländern wurden noch im Jahr 1945 etwa 100.000 inhaftiert. Die Behörden und die Polizei wurden entnazifiziert, vor allem betraf dies Mitglieder der NSB. Täter hohen Ranges (Leiter von Lagern, aber auch der Vorsitzende der NSB, Anton Mussert) wurden zum Tode verurteilt und hingerichtet. Arthur Seyß-Inquart wurde am Nürnberger Prozess zum Tode verurteilt und hingerichtet. Hochrangige deutsche Besatzer kamen im Nachkriegsdeutschland vor Gericht.

Das Buch von Happe lässt einen manchmal fast das Atmen vergessen. Ich selbst habe noch kein so ausführliches Werk darüber gelesen, wie die deutsche Besatzung und die Deportationen organisiert waren. Sprachlich ist der Text sehr lesbar gestaltet, ohne jedoch auf Wissenschaftlichkeit zu verzichten. Drei Jahre lang hat Katja Happe in verschiedenen Archiven Dokumente ausgehoben. In der Rezension auf H/Soz/Kult werden manche Wiederholungen kritisch angemerkt, die mir jedoch beim Lesen durchaus geholfen haben. Was ich anmerken möchte, ist die Unstimmigkeit in der Bewertung des Verhaltens der Niederländer. Es wird beklagt, dass sie sich mehr oder weniger kaum um das Schicksal ihrer jüdischen Landsleute gekümmert haben, dann liest man jedoch, dass wegen der Judenaktionen der deutschen Besatzer es einen Generalstreik gegeben hat, viele Niederländer auch aus Selbstlosigkeit (nicht wegen Geldgier) jüdische Menschen versteckt haben und dass die Widerstandsbewegung sehr wohl auch wegen Deportationen und Massenmorde ihre Aktionen verschärft hat. Dies ist nicht ganz stimmig und bedürfte einer differenzierteren Studie. Jedoch schmälert dies nicht den Wert dieser von Happe vorgelegten Gesamtschau.


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25.09.2021 um 14:30
Zitat von NarrenschifferNarrenschiffer schrieb:von Mai 1941 bis Mai 1945
Korrektur: von Mai 1940 bis Mai 1945


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25.09.2021 um 20:11
 59
Lem - Eden
Sehr simpler Plot (Raumschiff strandet auf einem fremden Planeten, und die Raumfahrer erleben allerlei
Abenteuer), trotzden anspruchsvoll und spannend


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25.09.2021 um 20:16
Zitat von parabolparabol schrieb:anspruchsvoll und spannend
In einer nostalgischen alten dtv-Ausgabe mit dem Umschlag von Celestino Piatti...


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25.09.2021 um 20:51
Zitat von parabolparabol schrieb:Lem - Eden
Diesen Roman habe ich noch nicht gelesen. Aber die entdeckte außerirdische Gesellschaft als Diktatur scheint ein typischer Lem zu sein: irdische Beobachtungen werden ins Außerirdische verlegt, um der Zensur zu entgehen. Lem war sowas von genial.


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25.09.2021 um 21:19
Leseförderung in der Berufsbildung

Lesefoerderung

2006 wurde dieser Band herausgegeben, als in Deutschland und anderen europäischen Staaten der PISA-Schock die Bildungssysteme erschütterte. 25 Prozent der deutschen 15-Jährigen sind als funktionale Analphabeten ausgewiesen worden. Die Reaktion: Leseförderungsaktionen wurden ins Leben gerufen. Dieser Band dokumentiert ein solches Projekt einer Berufsbildungsschule in Jülich, Nordrhein-Westfalen.

Nach einer Einführung in die Texttheorie und den wissenschaftlichen Stand bezüglich Lesekompetenz und Leseförderung wird ein Konzept vorgestellt, das drei Ebenen umfasst: Leseförderungsunterricht, Fortbildungsstrategien für Lehrende sowie Schulentwicklungskonzepte. Die Beiträge sind definitiv auf dem Stand der damaligen Forschungen und Jülich war wohl ein Musterprojekt.

Bei den vorgestellten Unterrichtseinheiten der Leseförderung frage ich mich, ob dies wirklich begeistert von den Jugendlichen aufgenommen wurde. Texte werden zerlegt und befragt, als ob man es mit Idioten zu tun hätte (Grundschulpädagogik). Und bei einem der präsentierten Lehrbuchtexte stellt sich mir die Frage, ob das Nichtversehen wirklich an den Jugendlichen und einer mangelnden Grundschulbildung liegt. Hier ein Beispiel über eine Fräsmaschine.

Fraesmaschine

Da kann ich nur Stefano Guazzo aus La conversación civil (Höfliche Unterhaltung) (1574), was mir soeben im Zitat von Aleida Assmann entgegengetreten ist, wiedergeben:
Und wer im Lesen auf einmal auf eine schwierige und unverständliche Stelle stößt, der kann das Buch nicht bitten, sich zu erklären, sondern muss unbefriedigt davongehen und sich sagen: Wenn du dich nicht verstehen lassen willst, dann werde ich dich eben nicht verstehen!
Aber Guazzo hatte auch nicht die Lesestrategien der Schulen des 21. Jahrhunderts. Die sind auf jeden Fall eine gute Einkommensquelle für Verlage und Spezialist:innen. Defizite werden immer gefunden.


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25.09.2021 um 23:12
Zitat von TsurukawaTsurukawa schrieb:In einer nostalgischen alten dtv-Ausgabe mit dem Umschlag von Celestino Piatti...
Ich lese jetzt allerdings eine Ausgabe mit einem anderen Cover.
Das Cover habe ich gepostet, weil ich es für besonders gelungen halte.
Zitat von NarrenschifferNarrenschiffer schrieb:Diesen Roman habe ich noch nicht gelesen. Aber die entdeckte außerirdische Gesellschaft als Diktatur scheint ein typischer Lem zu sein: irdische Beobachtungen werden ins Außerirdische verlegt, um der Zensur zu entgehen.
Lem kritisiert zwar die Diktatur aber er kritisiert auch gesellschaftliche Vorgänge allgemein, nämlich dass gesellschaftliche oder technologische Entwicklung nicht zwangsläufig zu einer Verbesserung führen.


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26.09.2021 um 14:14
Zitat von parabolparabol schrieb:Lem - Eden
Interessant ist auch die Perspektive, aus der die Handlung erzählt wird
Die linear entwickelten, im Wechsel auf dem Raumschiff und während der vier Exkursionen spielenden Handlungen der Protagonisten werden in personaler Form aus deren Perspektive geschildert. So erhält der Leser ein ähnlich fragmentarisches Bild vom Planeten wie die Astronauten
Wikipedia: Eden (Roman)


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26.09.2021 um 20:30
Aleida Assmann - Menschenrechte und Menschenpflichten

Assmann-Menschenrechte

Die Konstanzer Literatur- und Kulturwissenschafterin Aleida Assmann veröffentlichte 2018 beim Wiener Picus-Verlag einen Wiener Vortrag zum Thema Menschenpflichten sowie weitere kleine Schriften zu den Begriffen "Höflichkeit, Anerkennung, Respekt und Empathie".

Insgesamt sind die Texte sehr abstrakt und wenig konkret, sie vermissen eine gewisse Tiefe. Die Hauptthese gruppiert sich um die 1997 veröffentichte Allgemeine Erklärung der Menschenpflichten, welche postuliert, dass Menschenrechte nur dann verwirklicht werden können, wenn Pflichten eingehalten werden.

Aus altägyptischen, biblischen und philosophischen Quellen extrapoliert Assmann einen Grundkatalog, der auf der Goldenen Regel der Ethik beruht. Daraus leitet sie Mindestpflichten für alle Gesellschaften ab:

- Pflicht zur Unterweisung Ungebildeter (zur Schulung)
- Pflicht zur Nahrungsspende an Hungernde
- Pflicht zur Bekleidung aller Menschen
- Pflicht zur Quartiergabe für alle
- Pflicht zur Betreuung Inhaftierter
- Pflicht zur Bestattung von Toten

Das Neue Testament und Immanuel Kant bieten für sie Leitsätze für den Einzelnen:
Alles, das ihr wollet, das euch die Leute tun sollen, das tut ihr ihnen. (Mt. 7,12)

Handle nur nach derjenigen Maxime, durch die du zugleich wollen kannst, dass sie ein allgemeines Gesetz werde. (Immanuel Kant)
Der Rest ist ein Herantasten an postkoloniale Thesen, die sich an oben genannten Kernbegriffen abarbeiten und für Assmann keine veralteten Begriffe darstellen. Am Ende des Buches tritt sie dem Konzept mulitikultureller Parallelgesellschaften entgegen und hofft auf eine plurikulturelle Gesellschaft einer Diversität, die auf Höflichkeit, Anerkennung, Respekt und Empathie gegründet ist.


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27.09.2021 um 10:01
CYMERA 20210927 095706Original anzeigen (0,9 MB)

"Was wenn alles - jedes Lebewesen, jede Handlung und sogar der Tod - von einer zentralen Macht gesteuert wird? Dann kann man nur hoffen, dass diese Macht nicht das Böse ist..."

Heute angefangen nachdem ich "Folter ab dem Mittelalter" durch hatte. War auch interessant aber sehr keksig trocken im Abgang. Daher jetzt wieder was nervenreizendes. Da ich es geliehen bekommen habe, mit dem Hinweis dass es sehr sehr spannend ist, hab ich keinen Zweifel, dass es mich abholen wird. ^^


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