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Christiane F./Wir Kinder vom Bahnhof Zoo: Realitätsgehalt

514 Beiträge ▪ Schlüsselwörter: Drogen, Sound, 70er ▪ Abonnieren: Feed E-Mail

Christiane F./Wir Kinder vom Bahnhof Zoo: Realitätsgehalt

20.04.2021 um 12:58
Zitat von ThoFraThoFra schrieb:Soweit mir bekannt, wird das Buch / der Film zumeist - wenn es denn überhaupt thematisiert wird - in der achten oder neunten Klasse besprochen, da sind die Jugendlichen dann so in etwa 14, 15 Jahre alt, finde ich sinnvoller.
Heutzutage ist das doch wahrscheinlich schon zu spät, oder? ^^
Zitat von ThoFraThoFra schrieb:Ob das Buch / der Film "Christiane F." sich überhaupt als Unterrichtsstoff eignet / anbietet, darüber kann man wohl geteilter Meinung sein, möchte jetzt eigentlich nicht weiter auf das Thema einsteigen, ob Buch / Film nun eher den "abschreckenden Effekt" oder eher den "neugierig machenden Effekt" erfüllen.
Das sollte man absolut berücksichtigen.

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Christiane F./Wir Kinder vom Bahnhof Zoo: Realitätsgehalt

21.04.2021 um 01:08
Wir haben das Buch "Wir Kinder vom Bahnhof Zoo" damals auch in der Schule gelesen. Ich kann mich aber leider nicht mehr daran erinnern in welche Klasse das war. Das Buch "Fragt mal Alice" haben wir auch gelesen.
Ich muss ehrlich sagen das mich beide Bücher damals nicht besonders bewegt haben. Ich fand die Erzählungen weder cool, noch abschreckend. "Fragt mal Alice" erzählt die Geschichte eines Teenagers in den USA in den 60er oder 70er Jahren. Das war mir einfach zu weit weg von meinem damaligen Leben, als das ich eine Verbindung zu der Protagonistin aufbauen konnte.
Den Film "Wir Kinder vom Bahnhof Zoo" hab ich, glaube ich, nicht in der Schule sondern privat angeschaut. Der Film hat mich schon eher berührt, obwohl ich gerne Bücher lese. Nadja Brunkhorst hat die Christiane F. wirklich sehr überzeugend gespielt. Das kam schon krass rüber.
Ich habe mir jetzt auch die neue Serie auf Amazon Prime angeschaut. Die vielen negativen Kritiken kann ich nicht ganz teilen. Ich finde es gut, dass der Film durch die Serie ein bisschen modernisiert wurde. Ich kann mir auf Grund meiner eigenen oben geschilderten Erfahrung nämlich vorstellen, dass Jugendliche die heute 13 oder 14 Jahre alt sind, sich schwer tun mit dem Film aus dem Jahr 1981.
Man darf die Serie vielleicht nicht ständig mit dem Film vergleichen und muss sich darauf einlassen.


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Christiane F./Wir Kinder vom Bahnhof Zoo: Realitätsgehalt

21.04.2021 um 22:36
@Dwarf

Das stimmt natürlich, wenn das Buch heutige Teenager lesen bzw sie den Film schauen, dann ist das sicher für sie schon etwas merkwürdig, da die heutige Jugend zum Lebensgefühl der späten 70er- (Buch) / frühen 80er-Jahre (Film) nicht unbedingt so einen Bezug hat.

Wenn im Unterricht ein Buch zum Thema Heroin(Sucht) gelesen werden soll, dann fände ich persönlich "Lass' mich die Nacht überleben" von Jörg Böckem zB keine schlechte Wahl.

"Frag' mal Alice" habe ich vor vielen Jahren übrigens auchmal gelesen, hat mir aber (auch vom Schreibstil her) nicht so wirklich zugesagt.


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Christiane F./Wir Kinder vom Bahnhof Zoo: Realitätsgehalt

27.04.2021 um 10:20
ganz interessantes Interview mit dem Schauspieler von "Detlef" aus dem Originalfilm. Interessant fand ich vor allem, dass offenbar viele Statisten aus dem Film tatsächlich Junkies waren, die sie vor Ort gecastet haben:

Youtube: Christiane F. - Thomas Haustein über Drogen am Set, Sex vor Kamera, David Bowie & Raf Simons
Christiane F. - Thomas Haustein über Drogen am Set, Sex vor Kamera, David Bowie & Raf Simons
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Christiane F./Wir Kinder vom Bahnhof Zoo: Realitätsgehalt

27.04.2021 um 12:50
@Sternenkraft

Der Interview-Partner in dem von Dir verlinkten Video, Sick, ist auch ein tatsächlicher (Heroin-)Junkie, der durch seine "Shore, Stein, Papier" Videos auf YouTube bekannt wurde, er hat mittlerweile auch ein Buch über seine (Sucht-)Geschichte geschrieben.

Rezensionen zum Buch bzw zu den YouTube Videos:
Die Interviewreihe mit dem Ex-Junkie ermöglicht den direkten Einblick in eine Realität, von der man als normaler Medienkonsument sonst kaum erfahren würde. Das hier ist kein Präventionsfernsehen, keine effekthascherische Doku, aber auch keine Glorifizierung der Unterwelt. Es ist das Zeugnis eines Lebens. Viele der zwanzigtausend Clicks kommen wohl auch von Leuten, denen dieses Leben sehr fremd ist. Es ist vor allem die unprätentiöse und ehrliche Art zu erzählen, die viele Menschen das Videoblog jede Woche anklicken lässt.“
Die Menschen interessieren sich für die schonungslosen Beichten des Ex-Junkies. $ick nimmt kein Blatt vor den Mund, ist ehrlich gegenüber sich selbst, das macht seine Videos so beeindruckend, so fesselnd
Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/$ick

M E sind sowohl die YouTube Videos als auch das Buch zu empfehlen für all jene, die sich für einen realistischen Einblick in die Lebensgeschichte eines Heroin - Abhängigen interessieren.


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Christiane F./Wir Kinder vom Bahnhof Zoo: Realitätsgehalt

28.04.2021 um 03:29
Ich habe das Buch (Wir Kinder vom Bahnhof Zoo) jetzt nochmal gelesen. In der Schule wurde es auch thematisiert, ca. 8 Klasse, glaube ich. Danach hab ich es nochmal irgendwann gelesen, aber das ist bestimmt auch schon wieder 25 Jahre her. In der Schule hat es mich einfach nur schockiert. Heute, mit einigen Jahren mehr auf dem Buckel muß ich sagen - so leid es mir tut, ich kann wenig Sympathie für Christiane F. aufbringen.

Ja, ihre Kindheit war nicht schön. Schwierige Verhältnisse zuhause, ein prügelnder Vater, eine Kindheit in der Gropiusstadt, in der sämtliche Spielflächen quasi zubetoniert wurden, in denen es für Kinder kaum Möglichkeiten gab zu spielen, Kind zu sein. Die Mutter zudem überfordert. Das ist alles andere als gut, um eine gesunde Entwicklung zu fördern.

Sie wollte immer etwas Besonderes sein, dazugehören, Anerkennung erfahren, Liebe, Freundschaft, Zusammenhalt. Das ist nachvollziehbar und als sie dann Kessi, die Clique im Haus der Mitte kennenlernte, sah sie ihre Chance und ergriff sie. Sie wollte cool sein, irgendwann eine echte Fixerbraut. Heroin galt irgendwie fast schon als must have und schick in bestimmten Kreisen. Der Rest ist bekannt; ein Leben, bestehend aus Selbstbetäubung und Selbstbetrug. Der Absturz war vorprogrammiert und hätte nur durch massives eingreifen der Eltern (wie bei Kessi) eventuell verhindert werden können. Allerdings kann man auch einen Teenager nicht 24/7 an den Stuhl binden...

Was mir beim lesen übel aufstieß, war diese totale Abgeklärtheit, mit der C.F. ihr Leben schilderte. Aber viel mehr noch das betonen ihrer Abgeklärtheit. Sie wußte wo es lang ging, sie machte dieses und jenes viel besser als ihre Freunde, sie bekam viel Geld quasi für nichts, für nen Blow-oder Handjob das Vielfache von dem, was die anderen bekamen, sie ist die Dominante, die sogar die Freier völlig im Griff hat usw. Sie ist die "Heldin" am Strich, während alle anderen im Dreck untergehen.

Die Abhängigkeit von H, der Leidensdruck, der Kinderstrich - all das ist furchtbar und soll nicht verharmlost werden. Sie war ein Kind, ein Teenager und das, was sie erleben mußte, wünscht man niemandem. Und dennoch schwingt in ihren Aussagen auch immer so etwas wie Stolz mit, so kam es mir vor, zumindest bis zu einem gewissen Punkt. Daß das einige Teenager anzieht und sie in ihr ein Idol sahen, kann ich mir heute sogar sehr gut vorstellen. Das Buch verharmlost nicht direkt, aber dennoch ist da etwas, was das ganze Elend irgendwie in den Hintergrund treten läßt, im Verhältnis zu all dem, was Christiane und ihre Clique erlebten. Freiheit, Rebellion, das Sound, der Kick...

Die Passagen über die Entzüge lesen sich sehr hart, um dann aber direkt wieder von neuen Erzählungen über den direkten Weg zur Szene abgelöst zu werden, den nächsten Druck, den nächsten Kick, das nimmt dem Ganzen die Wucht, die Abschreckung. Ich weiß nicht, ob sie wirklich so abgeklärt war, wie sie damals tat, ich kann es mir nicht vorstellen. Aber durch all das kommt sie heute bei mir nicht sympathisch rüber, obwohl sie ein Opfer der Sucht war. Ich hab Mitleid, Mitgefühl mit dem Kind - aber irgendwie nicht mit der Fixerbraut, die sie sein wollte, auch wenn beides ineinander greift.

Und dieses Gefühl, diese Antipathie wird noch verstärkt durch all das, was nach dem Buch kam. Sie hatte alle Möglichkeiten, sie war jahrelang clean, reiste durch die Welt, machte Musik, hatte Geld, sie hätte etwas aus ihrem Leben machen können, trotz der schlimmen Vergangenheit. Sie war ein Star ihrer Generation. Freunde, die das Glück hatten, nicht in einem Bahnhofsklo zu verrecken oder ihrem Leben bewußt ein Ende setzten, schafften es clean zu werden und zu bleiben. Aber sie warf all das weg, immer wieder. Heute ist sie ein Altjunkie, der allen anderen die Schuld an ihrer Misere gibt, der nicht mit Vorwürfen an andere spart. Und immer wieder gab es einen angeblich "guten Grund", um wieder rückfällig zu werden. Krisen, Langeweile, Trennungen etc.

Vielleicht war es auch das Geld, was sie duch das Buch erhielt, was sie vom clean werden letztendlich abhielt. Es gab plötzlich keine Beschaffungskriminalität mehr, sie mußte sich nicht mehr verkaufen. Der Fokus lag nicht mehr darauf alles der Beschaffung des nächten Schusses unterzuordnen. Vielleicht ist sie auch an der Ikone "Cristiane F." kaputtgegangen, an der Erwartungshaltung. Christiane Felscherinow wollte nicht auf Christiane F. reduziert werden... und dennoch nannte sie ihr zweites Buch erneut so. Warum sie immer wieder den Weg in die Öffentlichkeit gesucht hat, intime Dinge vor dieser ausbreitete - ich weiß es nicht und kann es auch nicht nachvollziehen. Vielleicht weil sie weiß, daß sie niemals etwas anderes als das Mädchen vom Bahnhof Zoo sein wird, das wird ihr nachhängen bis zu ihrem Tode und wahrscheinlich auch darüber hinaus. Ihre Lebensgeschichte ist sehr tragisch, aber sie hatte viele Möglichkeiten, die Tausende andere nicht hatten. Dennoch schaffte sie es nie wirklich.

Ich ziehe meinen Hut vor jedem der es schafft sich seiner Sucht zu stellen, sie zu bekämpfen, das Leben trotz allem wieder auf die Reihe zu kriegen. Bei ihr bleibt bei mir leider als Fazit der Bücher, der Interviews und Nachrichten, die man der Presse entnehmen konnte nur das Gefühl, daß sie sich niemals wirklich mit ihrem Leben auseinandergesetzt hat und das wohl auch nie wollte.


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Christiane F./Wir Kinder vom Bahnhof Zoo: Realitätsgehalt

28.04.2021 um 09:34
@Photographer73

Dein Beitrag trifft bei mir genau ins Empfindungs-Schwarze.
Mir ist auch das Mitleid für die Fixerin und die erwachsene Christiane F. abgegangen. Für das "in die Szene abrutschende" Kind ist es noch da, allerdings ist das lange her und Möglichkeiten, sich ein gutes, schönes Leben aufzubauen, hatte sie mehr als so manch anderer. Daher kann ich kein Mitgefühl aufbringen, für jemanden, dessen WUNSCH es ist Heroin zu nehmen. Diese Selbstüberschätzung im Umgang damit hat sie ja auch bis heute behalten.
...... Sie kann locker auch ohne aber wenn sie Bock drauf hat, dann hat sie Bock drauf"
..... Sie, die große Christiane F. ließe sich nicht bevormunden, nichts diktieren - jeder würde sie nur brechen wollen, Fragen - Ratschläge- gut gemeinte Hilfshände werden von ihr weggebissen weil sie bräuchte das nicht, sie wäre Herrin ihrer Lust-Sucht.
Das fatale daran ist, dass sie, durch ihre eigene Berühmtheit und ihren Status immer mehr Hilfe bekam als andere Suchtkranke, die völlig allein dahinvegetieren. Ich glaube, da ist (oder war lange Zeit) auch die Angst im Spiel, dass wenn sie nicht mehr die Suchtkranke Christiane F. ist, ihr der Berühmheitstatus abgeht. Als müsste sie an Drogen, egal welche, festhalten um das zu bleiben was sie war - daher könnte das auch so von ihr verteidigt worden sein "ich brauche keine Hilfe, ich lasse mir von niemanden was sagen"
Stimmt auch, in DEM Bereich musste man ihr nichts sagen, denn wenn sie einen Weg immer konsequent allein gegangen ist, dann den. Da konnte ihr auch niemand reinreden weil das nunmal ihre Welt ist/war.

Wer das Anschaffen auf dem Kinderstrich selbst jetzt noch als so lapidar hinstellt und im Interview erwähnen muss, dass man ja auch viele viele coole Leute kennengelernt hätte - nette Freier, die man angeblich regieren und dominieren konnte wie man wollte, der hat den Bezug zur Realität völlig verloren. Das waren Pädophile die ihre sexuellen Bedürfnisse in suchtkranken, verzweifelten Kindern gesucht haben. Davon ist keiner nett oder ein cooler Typ. Das sind widerliche Schweine und anders haben sie, aus meiner Sicht auch nicht betitelt zu werden. Welch Schlag ins Gesicht muss es für andere Kinder sein, die solchen Monstern ausgesetzt sind und vllt nicht so vorgespielt cool wie Christiane F. "die Zügel in der Hand haben und dominieren" sondern einfach bestialisch missbraucht und misshandelt werden. Vielleicht sogar ohne Eigenverschulden so wie eine Sucht.

Nein, ich kann ihr "cooles" After-Auftreten gerade in dem Punkt keinesfalls gutheißen! Und verstehen kann ich es auch nicht.

Ich hätte mir gewünscht, bei allen Büchern die es da so gab, Interviews, Berichte etc. das sie auch nur in einem gesagt hätte "Ja ich bin Suchtkrank und ich hab noch nie mein Leben auf die Reihe gekriegt"
Denn das wäre Realität. Das wäre ein erster Schritt in Sachen Fortschritt. Für sich und die ganze H-Szene. Denn jetzt steht sie da wie die, die Heroin irgendwie im Griff hätte. Ein Vorbild für jeden H'ler. Das hatte sie aber nie und ihre Psychosen belegen das auch.


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Christiane F./Wir Kinder vom Bahnhof Zoo: Realitätsgehalt

28.04.2021 um 11:07
Zitat von electric_artelectric_art schrieb am 13.04.2021:@pharmi:
Ich fänd es interessant die Drogenszene mal ohne Beschönigung aus deiner Sicht zu hören, wenn du bereit wärst dazu etwas zu sagen. Wenn nicht, kann ich das natürlich auch verstehen.
Srry aber du scheinst die/der Einzigste zu sein der/die sich hier dafür interessiert. Das und die Sorge mich mal wieder Seitenweise mit den wohlbekannten Senfspritzern rumärgern zu müssen hält mich erstmal davon ab zu berichten.
Vielleicht änder ich ja noch meine Meinung aber vorerst wart ich ab ob da vielleicht noch andere interesse haben bevor ich meine Energie da reinstecke.

Außerdem wäre es nett wenn hier nicht jeder (bzw. garkein) Heroinkonsument als Junkie bezeichnet werden würde. Menschen die von Opiaten abhängig sind nennt man Morphinisten. Bei mehrfachabhängigkeit halt polytoxe morphinisten. Junkie empfind ich als extrem beleidigend denn in meinen Augen gibt es keinen Müllmenschen. Es gibt genug Begriffe um unsereiner zu bezeichnen: Opiatler, Giftler, Fixer, Heroinabhängiger, Suchtkranker usw.
Solche Begriffe wie Junky tragen nur zur stigmatisierung bei und schmeissen pauschal alle Opiatler in den selben dreckigen topf.
Erinnert mich auch immerwieder an den Begriff des "unwerten Lebens" welchen die Nazis geprägt haben.


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28.04.2021 um 12:56
@Streuselchen
Woher weißt du, dass es ausschließlich ein Wunsch von ihr ist, Heroin zu konsumieren und sie auch ohne könnte? Oder sind das ihre Aussagen? Wenn ja, dann kann ich diese Aussagen auch nicht verstehen. Denn Heroin nur zum Spaß zu nehmen, ist nicht wirklich gut und zieht die Menschen, die es gegen tiefgreifende psychische Probleme verwenden in den Dreck. Und mit Heroin meine ich jetzt auch andere Opiate. Nur ist es eben so, dass die Menschen, die Opiate gegen psychische Probleme verwenden, oftmals nur Zugriff auf Heroin haben, weil die pharmazeutischen Opiate noch schwieriger zu bekommen sind.


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Christiane F./Wir Kinder vom Bahnhof Zoo: Realitätsgehalt

28.04.2021 um 13:01
Zitat von Scott78Scott78 schrieb:Woher weißt du, dass es ausschließlich ein Wunsch von ihr ist, Heroin zu konsumieren und sie auch ohne könnte? Oder sind das ihre Aussagen? Wenn ja, dann kann ich diese Aussagen auch nicht verstehen.
Ja, das waren ihre Aussagen in einem Interview in den 90er Jahren. Sie sieht sich da als kontrollierende Macht über sich selbst und meint sie könnte es nehmen wann sie wollte und das sie sich auch von anderen nichts diktieren lassen würde. Nach ihrer 6 jährigen Beziehung mit einem Griechen - und währenddessen gab es dann auch nochmal Interviews, wo sie das gleiche wiederholte.
Zitat von Scott78Scott78 schrieb:Und mit Heroin meine ich jetzt auch andere Opiate. Nur ist es eben so, dass die Menschen, die Opiate gegen psychische Probleme verwenden, oftmals nur Zugriff auf Heroin haben, weil die pharmazeutischen Opiate noch schwieriger zu bekommen sind.
Wenn diese Einsicht irgendwie durchgesickert wäre, dann hätte ich das noch eher verstehen können als ihre getätigten Aussagen darüber


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28.04.2021 um 13:08
@Streuselchen
Das ist dann natürlich befremdlich. Denn wenn sie das so konsumieren kann, wie sie möchte und es auch eigentlich nicht bräuchte, stellt sich mir die Frage, warum sie es dann überhaupt konsumiert. Möglicherweise braucht sie es doch und kann es sich nicht eingestehen, psychisch krank zu sein und im Heroin einen Ersatz zu finden, den sie so im alltäglichen Leben nicht findet/finden kann. Aber ich kenne diese Frau nicht und kann das deswegen auch nicht beurteilen.


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Christiane F./Wir Kinder vom Bahnhof Zoo: Realitätsgehalt

28.04.2021 um 14:10
Zitat von Scott78Scott78 schrieb:Möglicherweise braucht sie es doch und kann es sich nicht eingestehen, psychisch krank zu sein und im Heroin einen Ersatz zu finden, den sie so im alltäglichen Leben nicht findet/finden kann. Aber ich kenne diese Frau nicht und kann das deswegen auch nicht beurteilen.
Nun wie gesagt, dazu habe ich eine eindeutige Meinung. Sie hat Zeit ihres bisherigen Lebens immer Hilfe angeboten bekommen und sie aus Überzeugung abgelehnt - Angebote die großes Geld verschafften allerdings angenommen.
Mir gehts um ihre Kommunikation nach außen - die finde ich nicht in Ordnung weil sie ein falsches Bild für alle anderen Suchtkranken hinterlässt, die sich an ihr evtl. orientieren. Ob das aus einer psychischen Erkrankung heraus resultiert, oder aber der Verdrängung geschuldet ist, ist für mich dabei unerheblich. Ich finde einfach nicht okay was sie transportiert.


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Christiane F./Wir Kinder vom Bahnhof Zoo: Realitätsgehalt

28.04.2021 um 15:17
@Streuselchen
Das kann man so sehen, wenn man das reine Verhalten eines Menschen als Maßstab nimmt. Das finde ich aber gerade bei Personen, die man nur aus der Öffentlichkeit kennt, etwas problematisch. Niemand weiß, wie sie sich fühlt und wie sehr sie von den von der Öffentlichkeit kritisierten Maßnahmen wirklich selbst profitiert hat und von den aus ihrer Sicht vielleicht nur vermeintlichen Hilfen nicht profitiert hat.


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28.04.2021 um 15:32
@Photographer73


Sympathie ist vllt auch nicht das, was Christiane F. haben wollte, als sie sich dazu entschieden hatte, ein Buch über ihr bisheriges Leben zu veröffentlichen. Möglicherweise ging es ihr neben Geld v.A. um Nachvollziehbarkeit. Für mich spielt es nur zurückgesetzt eine Rolle, wegen welchen Kriterien der Selbstwert eines Menschen Schaden getragen hat. Manche Seelen sind trotz Leid in der Lage gewisse Ressourcen zu aktivieren, manche zerbrechen daran, wieder andere fallen zeitweise in Phasen zurück, in welchen die Wunden wieder blank liegen.

Ob es „cool“ ist, durch harte Drogen eine gewisse Stellung in dieser Gesellschaft zu erreichen, lasse ich einmal dahingestellt. Bei dem Begriff der Selbstbetäubung bin ich bei dir. Die Verlockung, durch solche Substanzen zumindest zeitweise etwas Lockerung durch Betäubung zu erfahren, erinnert mich oft eher an eine Art der Selbstmedikation und war und ist mMn gesellschaftlich immer üblich. Je mehr diese Art der „Erleichterung“ aber dominant wird, desto missbräuchlicher und gefährlicher wird sie für den Konsumenten werden. Für mich selber habe ich die Überzeugung, je weniger andere Lösungswege gefunden werden können, desto größer wiegt auch die innere Verzweiflung und die erfahrenen Traumata. Nicht alle können diese innere Leere also konstruktiv kompensieren. Es gibt viele, viele berühmte Beispiele, deren Namen ich nicht nennnen möchte, die ihr Leben nur auf einem fragilen, äußerst schmalen Grad meistern können. Nicht jeder hat die geniale Möglichkeit, ein Hotelzimmer dauerhaft anzumieten...

Wiederholte Entgiftungen, Substitution, die zahllosen Versuche das Ganze irgendwie kontrolliert zu bekommen, Rückfälle sind die Stationen die zeigen, dass Menschen sich nicht aufgeben und damit zufrieden geben wollen, letztlich zum fremdkontrollierten Spielball zu werden. Jede Regung, jeder Drang, jeder Versuch ist in meinen Augen zu jeder Zeit bedingungslos zu unterstützen, ganz gleich, ob er/sie kurze Zeit später wieder mal eingeholt wird.

Das es dir aufstiess, dass sie das Leben, welches sie nun mal lebt/e, auch entsprechend selbstbewusst darzustellen wusste, ist wahrscheinlich auch darin begründet, dass ihr Buch niemals diese Aufmerksamkeit erzielen hätte können, wäre es als eine weitere destruktive Talfahrt geschrieben worden. Gerade die Auf und Abs, die Distanz zu all den anderen, die es nicht schafften, die temporäre Kontrolle, dass sie kein Umfeld hatte, welches sie auf den rechten Weg zurückbringen hätte können und nur sich selbst überlassen war, bringen Ruhm und Ehre.

Die geforderte Auseinandersetzung mit sich selbst kann für den einen befreiend sein, für andere wäre es vllt der sichere Untergang, da Dinge zum Vorschein kommen, deren Anblick man nicht ertragen würde.

Den Chancen, die sie sich selbst erarbeitete, hat sie wahrscheinlich zu verdanken, dass sie überlebt hat. Für mich ist das die positive Botschaft.
Als Außenstehender sehe ich die Chance, eine gewisse Milde und Akzeptanz zu entwickeln, gerade im Hinblick auf unsere individuellen Lebenskonzepte, die wiederum nicht zufällig so verlaufen…

@Streuselchen


Dein Beitrag hat mich etwas irritiert, da ich deine Worte, wie du das menschliches Schicksal von Chritiane F. wertest, manchmal ziemlich unterkühlt wahrnehme. Ich kenne solche Worte auch, wenn man von Schmarotzern spricht und eigentlich Arbeitslose meint, die längst ihr Leben gebacken bekommen hätten müssen. Haben aber "einige" nicht, trotz aller Chancen und gerade dann wächst mein Mitgefühl, da jeder Tag mehr, für die allermeisten eine beschissene Zumutung bedeutet. Das gerade auch psychische Erkrankungen da mit reinspielen und in vielen Fällen der entscheidende Grund für ein Nichtvorwärtskommen sind muss ich dir nicht erzählen...

Ich habe selbst Geschichten hinter mir und kann rückblickend sagen, dass gerade der Kontakt zu all den anderen mitgekränkten Kollegen, die ich in den Kliniken und Gruppen getroffen habe, zu einer Milde und einer Akzeptanz mir selbst gegenüber geführt haben, mit der ich dann auch andere wieder besser stehen lassen konnte. Irgendwann ist dieses wertende Aufspalten in Konjunktive wie Schokolade geschmolzen und damit auch ein großer Druck gewichen. Es hat lange gedauert, bis ich HALBWEGS sagen konnte, ich werde niemals ein „normal“ tickender Mensch sein und mich genauso, mit all meinen Fehlern im GROSSEN UND GANZEN stehen lassen konnte.


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Christiane F./Wir Kinder vom Bahnhof Zoo: Realitätsgehalt

28.04.2021 um 15:38
Meine Tante war früher in der Szene.Ich weiß nicht, ob es Berlin war, aber hauptsächlich Hamburg und Frankfurt. Sie kommt sogar aus einem ziemlich guten Elternhaus, aber durch ihren Halbcousin lernte sie erst Cannabis und als das nicht mehr reichte andere Drogen kennen. Sie war eine lange Zeit auf Heroin, was seine Spuren bis heute hinterlässt. Sie ist durch eine Spritze HIV Positiv, der großteil ihrer früheren Partner lebt nicht mehr, sie ist auf einem Auge blind (weshalb genau kann ich nicht sagen), hat einen angewinkelten Arm, welchen sie nicht mehr Bewegen kann und bekam schon mit 20 graue Haare. Heute ist sie zum glück nicht mehr abhängig.
Soweit ich weiß, beklaute sie damals sogar Verwandte, weil sie das Geld für den nächsten Schuss brauchte. Aber es gibt ein ´´happy´´ end. Sie wohnt in süddeutschland in einer Wohngruppe für ´´behinderte´´, mit ihrem Mitbewohner zusammen, ist clean und hat ein stabiles Umfeld.


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Christiane F./Wir Kinder vom Bahnhof Zoo: Realitätsgehalt

28.04.2021 um 16:37
Zitat von MokaEftiMokaEfti schrieb:Dein Beitrag hat mich etwas irritiert, da ich deine Worte, wie du das menschliches Schicksal von Chritiane F. wertest, manchmal ziemlich unterkühlt wahrnehme. Ich kenne solche Worte auch, wenn man von Schmarotzern spricht und eigentlich Arbeitslose meint, die längst ihr Leben gebacken bekommen hätten müssen. Haben aber "einige" nicht, trotz aller Chancen und gerade dann wächst mein Mitgefühl, da jeder Tag mehr, für die allermeisten eine beschissene Zumutung bedeutet. Das gerade auch psychische Erkrankungen da mit reinspielen und in vielen Fällen der entscheidende Grund für ein Nichtvorwärtskommen sind muss ich dir nicht erzählen...
Naja stop, nun vermischt du da was, was unfair gegenüber meiner Person ist. Über Arbeitslosigkeit habe ich mich hier mit keinem Wort ausgelassen und das ist auch nicht der Punkt. Weiter schreibe ich nicht umsonst "Suchtkrank".
Allein der Versuch, mich hier mit Arbeitslosbashern in eine Ecke drängen tu wollen ist etwas, was ich sonst mit Ignoranz strafe.

Auch habe ich nicht empathielos über ihr Schicksal geschrieben. Ich schrieb das ich nicht gutheiße wie sie es verkauft. Und das darf ich wohl?
Ein großer Punkt ist dabei der Kinderstrich und das Umgehen damit in der Öffentlichkeit. Was soll das erwähnen dass da auch coole (Pädophile - sexuelle Missbraucher) Freier dabei waren, das erwähnen das alles nicht so schlimm war weil ja schließlich sie immer den Ton angegeben hätte?
Das sind durchaus Kommunikationen die ich kritisieren kann und werde - völlig unabhängig ihrer Verfassung denn nicht alles was sie tut und äußert trägt die Suchtschutzhülle. Irgendwo ist dann auch einfach mal eine Grenze (in meinem Mitgefühl) und gemachte Fehler dürfen klar benannt werden, ohne das man hier Empathielosigleit unterstellt bekommt.
Zitat von MokaEftiMokaEfti schrieb:Den Chancen, die sie sich selbst erarbeitete, hat sie wahrscheinlich zu verdanken, dass sie überlebt hat. Für mich ist das die positive Botschaft.
Als Außenstehender sehe ich die Chance, eine gewisse Milde und Akzeptanz zu entwickeln, gerade im Hinblick auf unsere individuellen Lebenskonzepte, die wiederum nicht zufällig so verlaufen…
Sehe ich komplett anders.
Die Chance darüber zu sprechen hat sie sich nicht erarbeitet - es war eine Zufallsbegenung vor Gericht, die Autoren und Christiane F. zusammenbrachte. Der mitsich bringende Geldsegen und der Ruhm im weiteren dann evtl der Grund warum sie überlebte, wo andere bereits den Drogentod erwartet hatten.
Ihre eigenen Aussagen über ihre "nicht" Sucht beim Thema Heroin, bringen mich dazu zu sagen, dass sie sich selbst belügt und eben auch andere - ergo ist das nichts was man von außen bewundern können sollte. Wenn das der Weg FÜR SIE allein ist, damit fertig zu werden, mit ihrer Vergangenheit und all dem Erlebten, dann bin ich die Letzte die sich dafür verurteilen würde. Es ist okay, für sie! Es ist okay sich selbst etwas vorzumachen wenn man sich damit schützt (jedenfalls für mich als außenstehende) - was nicht okay ist, dass dann in die Öffentlichkeit zu tragen und so zu tun, als wäre man auch dieser Sache Herrin und damit zu vermitteln "seht her, ihr müsst es nur alles wie ich machen mit dem Heroin und ich müsst nur einen starken Charakter haben auf dem Kinderstrich"
Das geht eben gar nicht! Und das tat sie in ihrem Buch, das tat sie in Interviews viele Jahre nach dem Buch. Ja selbst anschaffen ging sie als Erwachsene dann manchmal nur noch so zum Spaß, ohne das Geld wirklich je gebraucht zu haben - hatte sie erwähnt. Ohne vielleicht zu bedenken, das genau das ein Anzeichen dafür gewesen sein könnte, dass sie schwere psychische Schädigungen erlitten haben muss um so ein gestörtes Verhältnis zum Sexualleben im späteren Lebensverlauf gehabt zu haben. Aber so wird Christiane F. eben nicht präsentiert und so präsentiert sie sich selbst nicht. Sie feiert sich als Heldin und möchte wahrgenommen werden als eine, die ein aufregendes Leben hatte - zu den coolen gehörte... Nena zum Weltstar gemacht hat und und und.
Man hört in Interviews eben nicht "Ja ich bin in meiner Kotze eingeschlafen und wieder darin aufgewacht" - nein, man hört wie sie David Bowie traf und all die anderen coolen Socken und was das Heroin ihr überhaupt "ermöglicht" hätte.

Versteh mich nicht falsch - ich habe Mitgefühl mit jedem Suchtkranken (egal um welche Sucht es sich handelt) weil es innerlicher Terror sein muss, für etwas zu vorrangig zu Leben, desses Priorität wichtiger ist als alles andere, dessen Priorität ein gesundes Leben verhindert und dessen Priorität auch ein gesellschaftliches, aktives Leben verhindert. Mich berührt es dann erst recht, wenn ich weiss dass die Grundsteine dafür in der unschuldigen Kinderseele schlummern, wie Dämonen die man niemals los wird weil man von Kindheit an lernt mit ihnen zu leben! Würde mich das kalt lassen, wäre ich nicht in Ordnung.
Es lässt mich aber nicht kalt - und dennoch kann ich, unabhängig davon, Äußerungen von Christiane F. kacke finden und das sagen. Und Mitgefühl habe ich besonders für das Kind Christiane F.
Die Ü50 Christiane F. hingegen hatte viele MÖGLICHKEITEN sich ihrer Sucht zu entsagen- das haben andere Suchterkranke nicht, die müssen ganz anders zusehen wie sie zurecht kommen - und da finde ich es irgendwo vermessen, eine geheilte Vorzugaukeln, die trotzdem Heroin nimmt wann immer sie das möchte.

Ich hoffe ich konnte jetzt damit besser erklären wo mein Unverständnis begraben liegt.


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Christiane F./Wir Kinder vom Bahnhof Zoo: Realitätsgehalt

29.04.2021 um 10:12
@pharmi

Danke, dass du die Bedeutung des Begriffs "Junkie" hier eingebracht hast. Bis dahin habe ich nie genau darüber nachgedacht und ihn einfach nur im Sinne von "drogenabhängig" gesehen. Aber tatsächlich stammt das Wort ja von junk = Müll ab.
Natürlich erklärt sich damit von selbst, einen Menschen nicht als solchdn zu bezeichnen.


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Christiane F./Wir Kinder vom Bahnhof Zoo: Realitätsgehalt

29.04.2021 um 15:23
Zitat von StreuselchenStreuselchen schrieb:Naja stop, nun vermischt du da was, was unfair gegenüber meiner Person ist. Über Arbeitslosigkeit habe ich mich hier mit keinem Wort ausgelassen und das ist auch nicht der Punkt. Weiter schreibe ich nicht umsonst "Suchtkrank".
Allein der Versuch, mich hier mit Arbeitslosbashern in eine Ecke drängen tu wollen ist etwas, was ich sonst mit Ignoranz strafe.
Ich habe es deswegen verwendet, da ich mich gut daran erinnern kann, dass du eben wie auch hier bei "Suchtkranken" ähnliche Interpretationsmuster oder Schlussfolgerungen angeführt hast. Habe ich hier schon mal ernsthaft jemanden "gebasht"? Ehrlich?
Ich schreibe eigentlich oft und gerne zu den Beiträgen etwas, die mich interessieren oder gewisse Sequenzen haben, die ich selber einigermaßen kenne. Wenn ich den Eindruck habe, die Distanz zwischen meiner und der anderen Meinung ist zu groß, dann lasse ich es in der Regel. Das Gefühl habe ich bei deinen Kommentaren meist nicht. Ich habe geschrieben, dass ich deine Interpretation von Christiane F. punktuell unterkühlt wahrnehme, nicht dass du empathielos wärst. Das glaube ich durchaus überhaupt nicht. Die öffentlche Wahrnehmung um Christiane F. oder anderen öffentlichen Personen ist nur mMn in der Regel etwas schief, da wir oft unsere eigenen Erwartungshaltungen hineininterpretieren, was ich wiederum gerade in diesem Fall unfair finde. Ob du dich dann auf meinen Beitrag einlässt oder nicht, ist alleine deine Entscheidung. Ich erwarte das nicht, habe ich dir auch schon mal geschrieben. Wenn doch, würde ich das irgendwie kenntlich machen.
Zitat von StreuselchenStreuselchen schrieb:Und das darf ich wohl?
Natürlich, aber du musst auch damit rechnen, dass jemand eine Rückmeldung gibt, die möglicheweise nicht in dein Konzept passt. Ignoranz bringt außer eigener Selbstüberschätzung bei gleichzeitiger Abwertung des anderen in der Kommunikation mMn gar nichts. Ich wollte dich weder abwerten noch bloßstellen! Das kannst du mir auch mal glauben.
Zitat von StreuselchenStreuselchen schrieb:Mir ist auch das Mitleid für die Fixerin und die erwachsene Christiane F. abgegangen.
Zitat von StreuselchenStreuselchen schrieb:Für das "in die Szene abrutschende" Kind ist es noch da, allerdings ist das lange her und Möglichkeiten, sich ein gutes, schönes Leben aufzubauen, hatte sie mehr als so manch anderer.
Belege sind hier wirklich schwierig, da wir alle unterschiedlich wahrnehmen. Bei mir ist nicht hängengeblieben, dass sie jemals Mitleid eingefordert hätte, eher das Gegenteil. Sie hatte öfter geäußert, dass sie nicht recht verstehen kann, warum Leute ihre Privatgeschichten interessant finden. Auch Mitleid wollte sie mMn nie von "uns" haben. Da es ist doch interessant oder auffällig, dass "wir" uns trotzdem dafür oder dagegen aussprechen... Sich ein "schönes, gutes Leben aufzubauen", so wie du es nennst, finde ich etwas naiv. Nachdem was alles vorgefallen ist, scheint das für mich unmöglich zu sein. Das Beste daraus zu machen, trifft es besser. Und das hat sie für mich auch getan.
Zitat von StreuselchenStreuselchen schrieb:Was soll das erwähnen dass da auch coole (Pädophile - sexuelle Missbraucher) Freier dabei waren, das erwähnen das alles nicht so schlimm war weil ja schließlich sie immer den Ton angegeben hätte?
Meine Sicht ist anders. Ihre Selektion (Kindersitz...) der Freier ist nun mal ein positives Anzeichen, da sie versuchte, die Situationen so einzurichten, dass sie entsprechend mit einem geringeren Risiko für sie selbst behaftet und damit begehbarer waren. Für mich macht es einen Riesenunterschied ob ich mich einer Situation völlig willenlos aussetze oder eben ein gewisses Setting schaffe, ich versuche eine Situation so selbstbestimmt zu kontrollieren. Und ja, es war ihre beschissene Realität, trotzdem ist es völlig legitim und normal auch positive Verknüpfungen damit zu haben. Ich würde sogar soweit gehen zu sagen, dass diese "positiven" Momente/Erfahrungen aus ihrer Perspektive überlebenswichtig für sie waren. Das sagt nichts über Freier im Allgemeinen aus, das ist dann mMn wieder eine andere Baustelle. Das es aber pädophile Menschen gibt, die wiederum netter/cooler/sympathischer... als andere sein können, verwundert mich hingegen überhaupt nicht. Vielleicht fällt mir diese Trennung einfacher, da ich Pädophilie als psychische Erkrankung sehe, die ich als solche für mich aktzepieren muss. Nur dann kann kann man Löungskonzepte und Therapien schaffen, dass zB keine/eingeschränkte sexuelle Reizbarkeit und ein Umgang entsteht, der es Betroffenen (!) erlaubt, wieder am Alltag teilzunehmen, so dass keine jungen Menschen/Kinder darunter leiden müssen. Das ist selbstverständlich nur meine eigene Auffassung.
Zitat von StreuselchenStreuselchen schrieb:Die Chance darüber zu sprechen hat sie sich nicht erarbeitet - es war eine Zufallsbegenung vor Gericht, die Autoren und Christiane F. zusammenbrachte. Der mitsich bringende Geldsegen und der Ruhm im weiteren dann evtl der Grund warum sie überlebte, wo andere bereits den Drogentod erwartet hatten.
Ja, und andere lernen halbbetrunken zufällig jemanden auf der Toilette kennen, der als Produzent arbeitet und Interesse an einem hat. Dennoch hat sie es wohl geschafft, das Interesse aufrecht zu erhalten und gewisse Bereiche ihres Privatlebens so zu "verkaufen", dass es ein großer Erfog war. Das zweite Buch hat sie "mitgeschrieben", in den Interviews hat sie ebenso selbstmitgewirkt. Dazu verhalf ihr sicher auch ein gewisses, glamouröses Äußeres, welches sie oft selbstbewusst unterstrichen hat. Das kann man ihr mMn nicht unbedingt vorwerfen, ebenso nicht den Wunsch vieler, dass so ein Fame zwangsläufig zum totalen Ausstieg führen muss und sie letztlich als tolles Vorbild hätte fungieren können. So ist sie vllt viel authentischer für Leidensgenossen. Die Botschaft, dass eine Sucht nicht zwangsläufig zum totalen Aus führen muss, gerade auch dann, wenn man es nicht schafft davon zu lassen, halte ich für relevant. Vllt hat sie für sich ein "Maß" gefunden und möchte es einfach nicht mehr verteufeln, da ihr klar ist, dass die Sucht ein Bestandteil ihrer Persönlichkeit ist und bleiben wird. Vllt hat sie auch die Erfahrung gemacht, dass Pathologisierung eher das Gegenteil bei ihr bewirkt und vllt kommt sie so gerade aus dieser Suchtgeschicht besser raus, bzw besser damit klar.
Zitat von StreuselchenStreuselchen schrieb:ihr müsst es nur alles wie ich machen mit dem Heroin und ich müsst nur einen starken Charakter haben auf dem Kinderstrich"
Nein, ich sehe nicht diesen heroischen Vorbildcharakter nach allem, was ich von ihr mitbekommen habe. Vllt wünscht du dir das von ihr? Mag sein, dass du da über andere Dokumente verfügst... Ein "starker, stabiler Charakter" ist aber wahrscheinlich allgemein im Prostitutionsgewerbe dringend erforderlich. Selbstschutz, damit nichts zerbricht. Also, wenn dann schon selbstbewußt, Grenzen setzen, Kontrolle, eigene Selektion... Ich halte solche Sachen eher für überlebensnotwendig für Betroffene.
Zitat von StreuselchenStreuselchen schrieb:Das geht eben gar nicht! Und das tat sie in ihrem Buch, das tat sie in Interviews viele Jahre nach dem Buch. Ja selbst anschaffen ging sie als Erwachsene dann manchmal nur noch so zum Spaß, ohne das Geld wirklich je gebraucht zu haben - hatte sie erwähnt. Ohne vielleicht zu bedenken, das genau das ein Anzeichen dafür gewesen sein könnte, dass sie schwere psychische Schädigungen erlitten haben muss um so ein gestörtes Verhältnis zum Sexualleben im späteren Lebensverlauf gehabt zu haben.
Geht eben schon! ;) Wie gesagt, ich sehe ihre Selbstsicherheit als eine Ressource, die sich dann vllt nochmal beweisen wollte. Trotz allem! Psy. Erkrankungen haben in der Regel ihren Ursprung in der (frühen) Kindheit, deshalb würde ich eher von nachfolgenden Traumata sprechen. Ich verstehe deinen Punkt, vllt war es so, dass sie (negative) Aufmerksamkeit/Selbstbestätigung nochmal erzwingen wollte. Es ist halt nun mal ihr Lebensverlauf. Für meine Verhältnisse können aber auch Gauner und Ganoven aus ihrer Sicht stolz auf ihre Taten sein. Eigentlich fast alle, da sie ihre Taten genauso einschätzen, wie jeder andere Mensch seine "ehrliche" Arbeit auch entsprechend positiv bewertet. Selbst mancher Serienmörder wird wahrscheinlich seine "Erfolge" als ansprechend oder gar genial deuten... Das macht die Abneigung natürlich nicht geringer.
Zitat von StreuselchenStreuselchen schrieb:Aber so wird Christiane F. eben nicht präsentiert und so präsentiert sie sich selbst nicht.
Ich kann mir vorstellen, dass so ein völliger Bruch und die Offenlegung darüber, dass das eigene Leben bisher eine einzige Verfehlung war, (was für sie offensichtlich auch nicht den Tatsachen entspricht) nicht immer positiv verarbeitet werden kann. Wird so eine Art Kniefall nicht vielmehr von der Öffentlichkeit erwartet?
Zitat von StreuselchenStreuselchen schrieb:Sie feiert sich als Heldin und möchte wahrgenommen werden als eine, die ein aufregendes Leben hatte - zu den coolen gehörte... Nena zum Weltstar gemacht hat und und und.
Man hört in Interviews eben nicht "Ja ich bin in meiner Kotze eingeschlafen und wieder darin aufgewacht" - nein, man hört wie sie David Bowie traf und all die anderen coolen Socken und was das Heroin ihr überhaupt "ermöglicht" hätte.
Da klingt etwas Missgunst für mich mit. Warum kann sie sich nicht selbst feiern? Sie war doch auch irgendwie "cool", kannte enstprechende Ikonen, hatte neben all den Scheiss auch Spaß und Freude. Das hört sich für mich so an, als müsste sie ewig dafür büßen, um endlich Barmherzigkeit zu erfahren. Dazu kennt ihre "Eskapden" im Gegensatz zu vielen anderen Künstlern eigentlich fast jeder. Warum ihr daraus einen Strick drehen? Ich verstehe dich da nicht...
Zitat von StreuselchenStreuselchen schrieb:wie Dämonen die man niemals los wird weil man von Kindheit an lernt mit ihnen zu leben! Würde mich das kalt lassen, wäre ich nicht in Ordnung.
Ein starkes Bild. Ich habe schon davon geschrieben, dass es für mich eine durchaus gute Option ist, mit diesen Dämonen zu leben oder es zu lernen, sofern man sie nicht losbekommt.
Zitat von StreuselchenStreuselchen schrieb:Es lässt mich aber nicht kalt
Das merke ich und deswegen nehme ich mir gerne die Zeit dir ausführlich zu schreiben.
Zitat von StreuselchenStreuselchen schrieb:Die Ü50 Christiane F. hingegen hatte viele MÖGLICHKEITEN sich ihrer Sucht zu entsagen- das haben andere Suchterkranke nicht, die müssen ganz anders zusehen wie sie zurecht kommen - und da finde ich es irgendwo vermessen, eine geheilte Vorzugaukeln, die trotzdem Heroin nimmt wann immer sie das möchte.
Ja, das mag schon sehr widersprüchlich anmuten, dennoch haben auch andere Suchterkrankte die Möglichkeit, Hilfen in Anspruch zu nehmen. Ob die breite Öffentlichkeit, der Rummel ihr dabei nützlich waren, wer weiß das schon...


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Christiane F./Wir Kinder vom Bahnhof Zoo: Realitätsgehalt

29.04.2021 um 17:28
Zitat von Photographer73Photographer73 schrieb:Was mir beim lesen übel aufstieß, war diese totale Abgeklärtheit, mit der C.F. ihr Leben schilderte. Aber viel mehr noch das betonen ihrer Abgeklärtheit. Sie wußte wo es lang ging, sie machte dieses und jenes viel besser als ihre Freunde, sie bekam viel Geld quasi für nichts, für nen Blow-oder Handjob das Vielfache von dem, was die anderen bekamen, sie ist die Dominante, die sogar die Freier völlig im Griff hat usw. Sie ist die "Heldin" am Strich, während alle anderen im Dreck untergehen.

Die Abhängigkeit von H, der Leidensdruck, der Kinderstrich - all das ist furchtbar und soll nicht verharmlost werden. Sie war ein Kind, ein Teenager und das, was sie erleben mußte, wünscht man niemandem. Und dennoch schwingt in ihren Aussagen auch immer so etwas wie Stolz mit, so kam es mir vor, zumindest bis zu einem gewissen Punkt. Daß das einige Teenager anzieht und sie in ihr ein Idol sahen, kann ich mir heute sogar sehr gut vorstellen. Das Buch verharmlost nicht direkt, aber dennoch ist da etwas, was das ganze Elend irgendwie in den Hintergrund treten läßt, im Verhältnis zu all dem, was Christiane und ihre Clique erlebten. Freiheit, Rebellion, das Sound, der Kick...
Man darf meiner Meinung nach aber nicht vergessen, dass Christiane F. auch erst 16 Jahre alt war als sie die Interviews die die Grundlage für das Buch bilden gab. Sie war damals ja selbst noch ein Teenager und ein halbes Kind. Vielleicht wollte sie cool wirken, das fänd ich in dem Alter nicht ungewöhnlich. Vielleicht war das Erlebte für sie auch noch zu nah und sie hatte noch nicht ausreichend Gelegenheit sich damit kritisch auseinander zu setzen. Vielleicht hat sie sich auch gar nicht so sehr auf andere cool wirken wollen, sondern hat sich eher selbst belogen, in dem sie sich einredete das sie alles ganz easy im Griff hatte? Nicht jeder hat die Kraft sich einzugestehen, dass er schwerwiegende Probleme hat. Das wäre auch eine Möglichkeit.
Einige Jahre später und mit der Lebenserfahrung die ein Erwachsener hat, wäre ihre Erzählung vielleicht anders ausgefallen.


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Christiane F./Wir Kinder vom Bahnhof Zoo: Realitätsgehalt

30.04.2021 um 01:03
Zitat von DwarfDwarf schrieb:sondern hat sich eher selbst belogen, in dem sie sich einredete das sie alles ganz easy im Griff hatte? Nicht jeder hat die Kraft sich einzugestehen, dass er schwerwiegende Probleme hat. Das wäre auch eine Möglichkeit.
Genau. Ich denke, dieser Selbstbetrug ist ganz typische für Suchtkranke und quasi Teil der Sucht.
Man hat ja noch weitgehend alles unter Kontrolle und alles ist halb so schlimm und deshalb ist auch gar nicht so schlimm, wenn man sich noch eine Dosis gönnt.
Ich habe es selbst bei einem entfernten Bekannten gehört vor vielen Jahren.
Der nahm auch Heroin, aber alles ganz kontrolliert natürlich... Und auch als er immer mehr seiner Sachen verkaufte, war noch alles unter Kontrolle eigentlich. Und als er dann in einem Entzug war und diesen abbrach, wollte er einfach selbst aufhören usw...


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