Warum reden wir nicht darüber?

@IvoryTower

Einige male kurz und dann 4-5 mal ca. 6-7 Monate merkwürdigerweise. Also ergibt schon das letzte
zweieinhalb Jahre. Die schlimme Phase der Krankheit dauerte ca. 10 Jahre, wovon ich wierum ca. drei Jahre eine Ausbildung gemacht habe, der Rest wäre dann 7 Jahre.
Besser geht es mir erst seit ich eine Medikamentenumstellung gemacht habe.
Die Nebenwirkungen der Medikamente haben nach meiner Einschätzung ca. 90% der Schmerzen verursacht, aber was zählt die eigene Meinung, wenn Eltern, Ärzte und Psychiater es anders sehen?
Die Aufenthalte waren insofern sinnlos, als das es mir nicht besser ging oder ich stabiler war, wie bei der Aufnahme. Immerhin habe ich es bis auf Adipösität ganz gut überlebt, ich habe nicht wie viele psychisch Kranke das Gefühl, das mein Gehirn ein Schwamm ist.
Aber ein Studium würde ich mir nicht mehr zutrauen, ich mag auch dies kognitiven Beschäftigunstherapien nicht, die da immer gespielt werden. "Ich nehme einen Koffer und packe eine Zahnbürste rein", "Ich packe eine Zahnbürste und ein Warzenschwein rein" und "...eine Eieruhr". Für mich die reinste Qual, ich glaube nicht, dass durch solche Spiele etwas verbessert wird.
Tagesstruktur hin und her, die Zielsetzung ist doch falsch, den Menschen wieder für das Arbeitsleben fit zu machen, es reicht doch, ihn für das Leben fit zu machen. Wenn es dem Menschen gut geht, dann arbeitet er auch gerne und gut. Zum Glück habe ich einen guten Psychiater, der hört auch mal meine VTs ab und tippt sie in den Computer. Das bedeutet für mich Intelligenz.

Ist dein Ava ein junger Fuchs, ein Disney-Fuchs oder eine Eigenkreation?

@IvoryTower
Es liegt daran, dass es in der Gesellschaft nich wirklich akzeptiert wird. In der Gesellschaft taugst du nur etwas, wenn du richtig funktionierst, keine psychischen Malessen hast. Deswegen ist es meist das Beste, man behält solche Dinge für sich oder redet nur mit Menschen darüber, zu denen man großes Vertrauen hat. Außerdem hat es auch etwas mit Eitelkeit zu tun, niemand will wirklich als psychisch krank gelten.

Yoshi schrieb:Außerdem hat es auch etwas mit Eitelkeit zu tun, niemand will wirklich als psychisch krank gelten.

Das stimmt, aber irgendwann war das bei mir persönlich genau umgekehrt. Es kotzt einen auf Dauer einfach an, als fauler Typ zu gelten, welchem alles scheißegal ist, obwohl man in Wirklichkeit unter Antriebslosigkeit und depressiven Phasen leidet.

Oder wenn man sich beispielsweise ritzt, dann ist so manch einem auch lieber, als psychisch krank zu gelten, als das irgendwelche Vollidioten sich über einen lustig machen, weil man angeblich überemotional wäre, Aufmerksamkeit bräuchte, ein Emo wäre etc.

@sanatorium
Ja, es ist schon blöd, wenn man in einer Gesellschaft, in der jeder so gut wie möglich funktionieren soll, sich immer hinter Masken verstecken muss, damit ja keiner merkt, dass es einem psychisch nicht gut geht. Das macht die Leute oft noch kränker, weil sie nie wirklich über ihre Probleme reden können. Wenn es mir wirklich sehr schlecht geht, sage ich selbst zu vertrauten Personen, dass es mir psychisch schlecht geht. Wir sind alle Menschen, und es ist normal, dass man nicht immer perfekt drauf ist...

@Yoshi
Schön gesprochen :)

Das ist auch u.a. einer der Gründe, warum ich irgendwann angefangen habe diese Gesellschaft zu verachten und zu hassen. Inzwischen ist mir ziemlich egal was Leute über mich denken, von daher kann ich auch gleich sagen das ich psychische Probleme habe. Ist mir lieber als als Assi gesehen zu werden, obwohl ich mich früher so gegeben habe und teilweise auch heute manchmal noch so gebe, um nicht als schwache Person gewertet zu werden. So kann man halt wenigstens sagen "Ist mir alles scheißegal" :D

@sanatorium
Ja, diese "Hassphase" habe ich auch durch, aber ich habe mich inzwischen damit abgefunden, und respektiere, wie die Menschen sind, denn sie können eh nichts dafür, wie sie sind. Die Gesellschaft hat sich so entwickelt, und ich akzeptiere es einfach. Ich verachte niemanden mehr, obwohl es mir oft schwer fällt, gewisse Dinge einfach hinzunehmen...

@Yoshi
Das ist auch besser für einen.
Ich bin grade dabei, mich wieder von diesem Hass zu befreien.

Die Menschen sind eben wirklich nicht aus Boshaftigkeit so wie sie sind. Ich finde die allermeisten Menschen trotzdem höchst verachtenswert, so nach dem Motto "Unwissenheit schützt vor Strafe nicht", aber sie zu hassen und die eigene Lebensqualität einzuschränken ist es nicht wert. Außerdem will ich nicht irgendwann als Gewalttäter oder Mörder im Knast oder der Geschlossenen enden.

@sanatorium
Mein Freund, ich habe schon extrem viel Energie in Hass/Verachtung gesteckt, und sogar in Mordgedanken an Leute, auf die ich extrem sauer bin, weil sie "indirekt" meiner Gesundheit geschadet haben. Ich weiß z.B., dass der Arzt von damals nichts dafür kann, dass ich damals krank geworden bin, aber ich war dennoch sauer, vorallem wegen seinem ignoranten Verhalten, wobei er eigentlich dafür verantwortlich war, auf mich einzugehen. Aber wie du bereits sagtest, es bringt nichts, wenn man seine ganze Energie in Hass und Verachtung steckt, obwohl es verständlich ist, wenn man bedenkt, in was für einer kranken Gesellschaft wir eigentlich leben, in der täglich unschuldige Tiere und Menschen umgebracht werden. Aber ich weiß selbst, sie können nichts dafür, sie handeln so, wie es ihnen vorgegeben ist, und wenn jemand Hass/Verachtung hat, ist das auch in seiner Wahrnehmung vorgegeben. Aber ich habe mich inzwischen davon mehr oder weniger befreit, da ich keine Lust mehr hatte, jeden Tag meine Energie in Wut wegen kranken menschlichen Verhaltens zu stecken. Ich hoffe, dass wir dieses Geisterschiff "Erde" sehr bald geschaukelt bekommen.

@saba_key
Das tut mir leid, dass Du so oft in Kliniken warst und sie Dir nicht helfen konnten. :(
Aber es freut mich zu hören, dass es Dir nun besser geht.


Der Fuchs ist eine Eigenkreation. :vv:

@IvoryTower

Vielleicht hast du mal Lust, ne etwas grimmige Katze zu zeichnen :)

@saba_key
Klar kann ich machen. :) Kann aber nicht versprechen, dass sie gut wird; letztens sollte ich auch einen Pinguin malen und der hatte mehr Ähnlichkeit mit einem Wellensittich :D

@Yoshi
Immer wieder interessant zu sehen, dass es Menschen gibt, welchen es ähnlich erging oder ergeht. Und das auch noch aus den selben oder ähnlichen Gründen.

Yoshi schrieb:Ich hoffe, dass wir dieses Geisterschiff "Erde" sehr bald geschaukelt bekommen.

Jep, oder das es untergeht. :Y:

@IvoryTower

Gut, dann sage einfach: "Der Wellensittich hat noch Verbesserungspotenzial!" :D

@sanatorium
Ja, es ist kein Zeichen geistiger Gesundheit, gut an ein krankes System angepasst zu sein :)

@Yoshi
Eben :)

@saba_key
Genau :D

Psychiatrie .. Eingewiesen werden .. Psychisch krank sein .. Psychopharmaka nehmen - Diese Sätze sind leider noch nicht salon -und gesellschaftsfähig und so fällt es einem Betroffenen meist schwer, wenn er sich "outet", weil er denkt (und das so auch eintreffen kann), dass er anschließend von der Gesellschaft bzw. seinem Umfeld schief beäugt, komisch behandelt und im schlimmsten Fall ausgeschlossen wird.

Bevor ich über so etwas spreche, brauche ich eine gewisse Prise Vertrauen, dann bin ich aber auch offen. Das Problem ist, dass die Menschen psychische Erkrankungen nicht so fassen können wie körperliche oder Verletzungen am Körper, weil man eben nicht einfach drauf zeigen kann. Es ist schwer nachvollziehbar und wird oft mit Attributen wie Schwäche oder Dummheit gleichgesetzt.

Man muss aber auch anerkennen, dass sich in den letzten 100 Jahren sehr viel in der Forschung getan hat und die Toleranz sowie Akzeptanz und das Verständnis deutlich gestiegen sind.

@Aldaris
Sehr schöner Beitrag - danke Dir! :)

Man muss nicht.

@saba_key
Was muss man nicht?