kaktuss schrieb:Naja letztendlich meint er damit dasjenige was außerhalb unserer Erfahrung und Erkenntnis liegt...
Denn die Erfahrung bei Kant ist immer schon durch die Bedingungen ihrer Möglichkeit (Verstand und Anschauungsformen) konstruiert...
Raum und Zeit sind nur Anschauungsformen unseres Gemüts und nicht Dinge an sich...
Begreif das D.a.s. doch als Seinsgrund, den wir nicht erfassen können, der jedoch feststeht (nach Kant).
kaktuss schrieb:Mir scheint diese Theorie, welche Raum und Zeit a priori in das Gemüt verlegt, ist haarsträubend...
Da bist du nun wahrlich nicht der einzige. Auf der anderen Seite hat gerade die moderne Physik uns gezeigt, wie verzerrt unsere subjektive, menschliche Vorstellung von Raum und Zeit ist. Evolutionär maßgeschneidert für ein Leben auf der Erde. Von daher bin ich da durchaus bei Kant.
kaktuss schrieb:So fern von jeglichem gesundem Menschenverstand, dass man Kant durchaus unterstellen könnte, er habe selbst nicht daran geglaubt
Naja, der gesunde Menschenverstand. Je mehr man sich mit der Wirklichkeit befasst, egal oh philosophisch oder physikalisch oder sonstwie, ich persönlich denke, dass uns überall die Grenzen des menschlichen Verstandes nur allzu deutlich vorgeführt werden. Für den Alltag ist das D.a.s. aber sicher nicht sonderlich nützlich.
kaktuss schrieb:Der transzendentale Idealismus, also die Trennung von Ding an sich und Erscheinung, deucht mir die Erkenntnis der Realität als unmöglich darzustellen.
Im Gegensatz zum von mir vertretenen Nihilismus nimmt es aber wenigstens eben diese Realität als gegeben an. Ich mache ja nicht mal das. Aber zurück zum Thema: du denkst also ob der idealistischen Einstellung Kants, sei sein kritisches Denken nicht wert als Teil der Aufklärung verstanden zu werden? Hab ich das nun richtig begriffen? Ist dir der Idealismus ein derartiger Graus?
kaktuss schrieb:Wenn wir nun aber unter Aufklärung die Einsicht in die tatsächlichen Ursachen von etwas verstehen...
Und das liegt des Pudels Kern. Die Aufklärung (zumindest damals) dreht sich nicht
primär um Einsichten in "tatsächliche" Ursachen. Es bliebe ohnehin höchst strittig, was denn nun "tatsächliche" Ursachen sind und was nicht. Ist das Phlogiston die tatsächliche Ursache von Wärme? Vermutlich nicht.
Woher nimmst du überhaupt die Sicherheit irgendwo etwas "tatsächlich wahres" festzustellen?
kaktuss schrieb:die Realität bleibt nach ihm fernab jeder Erkenntnismöglichkeit..
es gibt nun mal Grenzen der menschlichen Erkenntnis. Auch das zu erkennen und zu benennen ist Teil der Aufklärung, ist elementares Werkzeug zum Gebrauch des eigenen kritischen Verstandes.
kaktuss schrieb:dann fragt sich doch warum Kant mit einer Theorie daher kommt, welche grade diese Einsicht als unmöglich darstellt...
Weil du Realität als das was über den Menschen und ohne den Menschen stattfindet verstehen willst. Damit ist es doch umgekehrt, was uns Realität ist, ist erstmal das was wir ganz alltäglich erleben. Und das ist eben, ganz nach Kant, den Bedingungen unserer Wahrnehmung und unseres Denkens unterworfen.
Klar das wird dich nicht zufrieden stellen, da du - so ich dich richtig verstehe - nach "tatsächlich Wahrem" strebst. Hier bleibt es bei einem "tatsächlich wahr - nach menschlichen Maßstäben" im Besten Fall. Und damit immer revidierbar im Angesicht neuer Erfahrungen und Erkenntnisse, zumindest prinzipiell. Aber das scheint mir ein besseres Bild von unserem Wissensgewinn zu sein, der ja voller Irrtümer ist, denkst du nicht?
kaktuss schrieb:gerade dieser Umstand schafft nun wieder Platz für den Glauben
Oder für kritisches Denken. Kant ruft nicht dazu auf ihm unbedarft zu glauben, sondern selbst zu denken, kritisch zu denken. Das schließt seine eigenen Theorien natürlich ein.