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Reichsbürgerbewegung - für wie gefährlich haltet ihr sie?

6.064 Beiträge ▪ Schlüsselwörter: Psiram, Deutsches Reich, Reichsbürger ▪ Abonnieren: Feed E-Mail

Reichsbürgerbewegung - für wie gefährlich haltet ihr sie?

gestern um 15:00
@azazeel

Das ist der entscheidende Punkt: Wie operationalisieren wir diese Idee von kultureller Gestaltung?
»Rituale, Zugehörigkeit, Narrative« – das sind starke Begriffe, aber ohne klare gesellschaftliche Praxis bleiben sie abstrakt.

Gerade autoritäre Bewegungen wie die Reichsbürger zeigen ja, wie erfolgreich diese Instrumente auf der Gegenseite genutzt werden:

  • Rituale: pseudoamtliche Urkunden, Fantasiapässe, Reichsverfassungen

  • Zugehörigkeit: exklusive Gruppenidentitäten, Feindbilder

  • Narrative: Der „Tiefe Staat“, die „versklavte BRD“, das „System“ als Unterdrücker


Die Reichsbürger haben also längst erkannt, wie man irrationale Bedürfnisse anspricht und bindet – wir sind da gerade oft zu rational, zu spröde, zu defensiv.
Wenn wir dem etwas entgegensetzen wollen, braucht es eben nicht mehr Aufklärung in Form von Fakten allein, sondern auch kulturelle Formen der Resonanz:

  • politische Bildung als Begegnung, nicht nur als Stoffvermittlung

  • demokratische Rituale, die Teilhabe emotional spürbar machen

  • Erzählungen, die Orientierung geben, ohne in Mythologie zu verfallen


Ein konkreter Ansatzpunkt wäre z. B. die Aufwertung lokaler Demokratiearbeit, in Schulen, Vereinen, kommunalen Projekten – nicht nur als Verwaltungsakt, sondern als Erlebnis gemeinsamer Gestaltung.

Wenn wir irrationalen Bewegungen begegnen wollen, brauchen wir mehr als Argumente – wir brauchen Formen, die berühren.


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Reichsbürgerbewegung - für wie gefährlich haltet ihr sie?

gestern um 15:07
@hidden
Das Gefühl, dass man »nur noch verteidigt, was man mal erreicht hat«, teile ich durchaus – gerade, wenn man miterlebt hat, wie brüchig scheinbar stabile Fortschritte plötzlich werden können.

Aber vielleicht ist genau darin auch eine realistische Form von Hoffnung begründet:
Dass Stabilität nicht selbstverständlich ist, sondern immer wieder kulturell neu begründet werden muss.
Es ist nicht unbedingt ein Rückschritt, wenn man feststellt, dass man nicht dauerhaft auf einem »Höhenweg« weiterwandert, sondern ständig mit Gegenkräften umgehen muss – von Regression über populistische Versuchung bis hin zu antidemokratischer Zersetzung, wie es die Reichsbürger repräsentieren.

Das Erschreckende ist, wie leicht kulturelle Sicherungen fallen, wenn man sie für selbstverständlich hält.
Das Ermutigende ist aber: Es gibt kollektive Erfahrung, Reflexionsfähigkeit, Widerstandskraft. Die muss nicht laut sein, aber sie wirkt.

Gerade wenn man keine jugendliche Illusion mehr pflegt, sondern mit »abgehärtetem Idealismus« weitermacht, ist das kein Pessimismus, sondern eine Form erwachsener Zivilcourage.


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Reichsbürgerbewegung - für wie gefährlich haltet ihr sie?

gestern um 15:10
Zitat von hiddenhidden schrieb:Bei anderen Themen, die als überwundet galten bin ich über die Geschwindigkeit und Leichtigkeit der Änderungen überrascht.
Weil sie eben nicht überwunden waren, sondern nur ein bisschen abgedeckt.
Zitat von WurstsatenWurstsaten schrieb:aber ohne klare gesellschaftliche Praxis bleiben sie abstrakt.
Das ist doch, was ich zu sagen versuche. Die gesellschaftliche Praxis kann nur auf den Rahmenbedingungen fußen.
Zitat von WurstsatenWurstsaten schrieb:wie erfolgreich diese Instrumente auf der Gegenseite genutzt werden
Wollen wir denn diese Instrumente nutzen? Es sind ja durchweg Instrumente, die einem aufgeklärten Weltbild widersprechen. Bekämpfen wir also Feuer mit Feuer?
Zitat von WurstsatenWurstsaten schrieb:Ein konkreter Ansatzpunkt wäre z. B. die Aufwertung lokaler Demokratiearbeit, in Schulen, Vereinen, kommunalen Projekten – nicht nur als Verwaltungsakt, sondern als Erlebnis gemeinsamer Gestaltung.
Auch das ist noch zu unkonkret. Was stellst Du Dir (beispielhaft) darunter vor? Angenommen, Du könntest es entscheiden - was würdest Du ganz konkret (in einem kleinen Rahmen) machen?
Zitat von WurstsatenWurstsaten schrieb:Wenn wir irrationalen Bewegungen begegnen wollen, brauchen wir mehr als Argumente – wir brauchen Formen, die berühren.
Auch das ist zu abstrakt. Klingt gut - aber wie machst Du "trockene Materie" spannend?

Die Populisten haben das Problem nicht. Sie können sich etwas Spannendes einfach ausdenken. Aber die Realität ist oft mit Dingen belastet, die nicht schön sind. Oft gibt es keine guten Lösungen, sondern nur weniger schlechte. Oft ist eine "große" Lösung mit persönlichem Verzicht verbunden.
Die Populisten können das mit einem Federstrich alles umgehen.

Was würdest Du hier denn konkret tun, um die "manchmal unschöne Realität" gut zu vermitteln?


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Reichsbürgerbewegung - für wie gefährlich haltet ihr sie?

gestern um 15:14
@azazeel
Genau an dem Punkt wird es spannend – und schwierig zugleich.
Natürlich kann man dem Populismus nicht mit denselben Mitteln begegnen, ohne sich selbst zu korrumpieren.
Aber: Man kann die Mechanismen verstehen, ohne sie zu kopieren.
Das bedeutet: Emotionalität, Symbolik und Gemeinschaftserfahrung sind keine Erfindung der Rechten – sie sind kulturgeschichtliche Konstanten. Der Fehler der demokratischen Mitte war oft, sie den Extremisten zu überlassen.

Ein konkretes Beispiel für lokale Praxis?
Stärkung politischer Jugendbildung außerhalb des Unterrichts statt »Indianerspiele«.
Nicht durch Infoabende, sondern durch reale Beteiligung: etwa wenn Schüler*innen kommunale Prozesse mitgestalten dürfen – nicht nur im Planspiel, sondern bei echten Entscheidungen (z. B. Gestaltung eines öffentlichen Raums, Entwicklung eines Schulprojekts mit Budget, Einbindung in Jugendbeiräte).
Das wäre »Demokratie als Erfahrungsform«.
Oder: Öffentliche Debattenformate in Kooperation zwischen Schulen, Bürgerinitiativen und Stadtverwaltung, wo auch mal streitbar diskutiert wird – aber unter zivilisierten, klaren Bedingungen.

Es gibt diese Initiativen – nur eben oft unterfinanziert, unverbunden, belächelt.

Was fehlt, ist die kulturelle Aufwertung dieser Räume, nicht als Pflichtübung, sondern als Orte, in denen gesellschaftliche Gestaltung als sinnvoll erlebt wird – im Kontrast zur Ohnmachtserfahrung, auf der der Populismus gedeiht.


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Reichsbürgerbewegung - für wie gefährlich haltet ihr sie?

gestern um 15:37
Zitat von WurstsatenWurstsaten schrieb:Natürlich kann man dem Populismus nicht mit denselben Mitteln begegnen, ohne sich selbst zu korrumpieren.
Eben. Und schon ist es vorbei mit der Waffengleichheit. Der "ehrliche Demokrat" hat einen systematischen Nachteil. Wie kann der kompensiert werden?
Zitat von WurstsatenWurstsaten schrieb:Das bedeutet: Emotionalität, Symbolik und Gemeinschaftserfahrung sind keine Erfindung der Rechten
Dann kommst Du auf den schmalen Grad des "Populismus zum guten Zweck". Die rationalbasierte Denkweise soll ja gerade verhindern, dass "die Guten" mit den selben Mitteln manipulieren und dann "die Bösen" werden. Dass man als Bürger merkt, ob man manipuliert wird oder nicht. Das ist ja die Idee der aufgeklärten Gesellschaft.
Ansonsten hängt es ja nur am Zufall, ob der bessere Populist eher gut oder schlecht ist. Nicht?
Zitat von WurstsatenWurstsaten schrieb:Es gibt diese Initiativen – nur eben oft unterfinanziert, unverbunden, belächelt.
Gut. Das verstehe ich und das trage ich mit. Mehr aktive Teilhabe an demokratischen Prozessen in Schulen. Gar keine Frage.
Das Problem bleibt aber bestehen. Wie motiviere ich die Leute, es "gut zu finden". Kleinere Klassen, mehr Lehrer, bessere Ausstattung und besser (psychologische) Ausbildung der Lehrer. Alles toll.
Zwei Probleme: Das muss man bezahlen. Also im ersten Schritt wird es erst mal teuer. Es muss also ein Reformer die Mehrheit davon überzeugen, dass das Loch im Geldbeutel was Tolles ist. Das gelingt aktuell weder beim Klimaschutz noch bei der Bildung oder der Infrastruktur. Wie kommst Du also zu mehr Geld in der Bildung?
Das zweite Problem ist, dass diese Dinge (so sinnvoll sie mittel- und langfristig sind), erst in vielen Jahren (Jahrzehnten) wirken. Was machen wir bis dahin? Und wie gelingt es, diesen "Masterplan" über die Jahrzehnte der kommenden Neuwahlen zu bewahren? Gegen all die Populisten, die jederzeit auf den Geldbeutel verweisen können?

Du hast natürlich recht, dass der Populismus (auch) auf der "Ohnmachtserfahrung" aufbaut. Aber auch auf der Nähe zum eigenen Geldbeutel. Wenn die Umsetzung der von Dir genannten Punkte nicht "vom Himmel" fällt - wie motiviere ich Menschen zu diesem ersten Schritt?

Schau Dir die Vereine an. Immer weniger (vor allem junge Menschen) empfinden diese Form der unmittelbaren sozialen Teilhabe als wünschenswert. Sie möchten lieber unverbindliche "Scheinbeziehungen", die oft auch nur virtuell sind.
Warum? Na weil es sie unmittelbar weniger kostet und die späteren Folgen nicht relevant für die Entscheidung sind.

Und warum bleiben die Älteren eher in den Vereinen? Weil sie so aufgewachsen sind. Weil ihre Sozialisierung aus einer Zeit stammt, in der der Verein die einzig sinnvolle Option der gesellschaftlichen Teilhabe war.

Dann erlebten wir die Pandemie und auch viele der Älteren - die eine Zeitlang gezwungen waren, diese erlernten Umstände auszusetzen - fanden in der Unverbindlichkeit der Virtualität und des "Postfaktischen" einen viel niederschwelligeren Ersatz.

Auch wenn Du es als fatalistisch bezeichnest, Menschen werden im Zweifel in der Mehrheit versuchen, ihren unmittelbaren Vorteil zu optimieren. Jede Umsetzung von "wir sollten mehr Geld in Bildung etc. stecken", wird erst diese Hürde überwinden müssen. Und jeder Populist, dem es nicht auf Inhalte ankommt, sondern nur auf Stimmen, wird hier gewinnen.

Wie bekommen wir das konkret in den Griff?


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Reichsbürgerbewegung - für wie gefährlich haltet ihr sie?

gestern um 15:52
@azazeel
Du beschreibst das Dilemma sehr präzise – und genau deshalb muss die Antwort nicht im „Widerlegen“ liegen, sondern im Reframing: Der ehrliche Demokrat wird immer einen strukturellen Nachteil haben, wenn er sich auf das Spielfeld des schnellen Vorteils und der Suggestion begibt. Aber das muss er nicht.
Drei mögliche Repliken auf dein zentrales Argument:


  1. Motivation durch Selbstwirksamkeit statt Moralpredigt
    Die demokratische Idee gewinnt nicht durch bessere Moral, sondern durch erlebbare Selbstwirksamkeit. Menschen investieren dort Zeit und Energie, wo sie merken: »Ich kann etwas bewegen.« Das kann lokal, klein, konkret beginnen – etwa wenn ein kommunales Projekt nicht als »Verwaltungsmaßnahme«, sondern als gestaltbares Vorhaben mit eigenen Stimmen erlebt wird.
    Selbst populistisch geprägte Bewegungen mobilisieren nicht nur über Ressentiment, sondern auch über das Gefühl, endlich gehört zu werden. Das kann – auf demokratischer Grundlage – zurückerobert werden.

  2. Langfristigkeit durch kulturelle Bindung, nicht politische Dauerwellen
    Natürlich sind Bildungs- und Beteiligungsreformen ein Langstreckenlauf. Aber sie müssen nicht immer sofort wirken, sondern Vertrauen in langfristige Kulturveränderung schaffen – das heißt: nicht Wahlkampfkommunikation, sondern institutionelle Verankerung. Beispiel: Der Ausbau von Schulparlamenten, Bürgerhaushalten, offenen Jugendräten – weniger für den kurzfristigen Output, mehr für eine langfristige Sozialisation.

  3. Neue Rituale statt manipulative Symbolik
    Du sagst zurecht: Der Grat ist schmal zwischen emotionaler Mobilisierung und populistischer Manipulation.
    Aber warum sollten wir Formen wie Erzählung, Gemeinschaft, Identifikation gleich den Demagogen überlassen?
    Der Staat darf nicht zum Missionar werden – aber Demokratie darf kulturell spürbar sein, nicht nur als System, sondern als Erzählung: durch Räume, Rituale, Symbole, die Verbundenheit stiften. Ein Paradebeispiel ist das, was einst Gewerkschaften, Sportvereine, politische Bildungseinrichtungen leisteten. Diese Räume sind nicht verschwunden – sie wurden nur entwertet.
  4. [/ul]


    Kurz:
    Ja, der Demokrat hat keinen billigen Vorteil. Aber genau darin liegt auch seine Stärke – wenn er nicht wie ein Buchhalter argumentiert, sondern wie ein Gärtner handelt. Nicht auf schnellen Gewinn, sondern auf Kultivierung, Beziehung und tiefere Bindung setzt.
    Die einzige Waffe gegen den Populismus ist kein Gegennarrativ – sondern eine gelebte demokratische Kultur, in der Teilhabe kein Sonntagswort ist, sondern Alltag.

    Was die Kosten betrifft, man muss auch auf Ehrenamtliche setzen



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Reichsbürgerbewegung - für wie gefährlich haltet ihr sie?

gestern um 16:53
Ich fange mal hinten an:
Was die Kosten betrifft, man muss auch auf Ehrenamtliche setzen
Genau das wird immer weniger. Weil die Anreize sich verändern.
Zitat von WurstsatenWurstsaten schrieb:Menschen investieren dort Zeit und Energie, wo sie merken: »Ich kann etwas bewegen.«
Oder wo sie denken, sie könnten etwas bewegen. Das ist viel einfacher.
Aber wir sind wieder bei der Motivation. Warum macht die AfD ein Grillfest? Na, weil sie damit Wähler bekommt. Die Motivation der Grillfestbetreiber ist ja, dass sie eine kleine Partei groß machen. Ist das mal verflogen, wird auch bei der AfD keiner mehr groß grillen.
Zitat von WurstsatenWurstsaten schrieb:Der Ausbau von Schulparlamenten, Bürgerhaushalten, offenen Jugendräten – weniger für den kurzfristigen Output, mehr für eine langfristige Sozialisation.
Wie motiviert man Menschen, da mitzumachen? Die grundsätzlich interessierten sind ja nicht das Problem. Sondern diejenigen, die sich innerlich völlig von "Politik" verabschiedet haben. Deren politische Teilhabe nur im Meckern am Stammtisch (oder auf FB, Tiktok etc.) besteht. Weil meckern halt schön leicht ist und gut tut.
Zitat von WurstsatenWurstsaten schrieb:Diese Räume sind nicht verschwunden – sie wurden nur entwertet
Aber warum sind sie so viel kleiner geworden? Weil die Menschen bequemere Alternativen der sozialen Teilhabe gefunden haben. Wie würdest Du denn jemanden für einen Verein oder für ein Ehrenamt motivieren? Da würden Dir für eine Lösung sehr viele Vereinsvorstände und Bürgergruppen um den Hals fallen.

Natürlich stimmt es, dass gelebte soziale Teilhabe sehr zu einem "Wir-Gefühl" beiträgt. Und sehr zu dem Wunsch, die Sache aktiv besser machen zu wollen.
Aber hier scheitern wir doch schon am ersten Schritt. Wir können die Leute ja kaum in diese Strukturen hinein prügeln. Und wie würdest Du sie motivieren ,dass sie es gerne machen? Ganz offensichtlich besteht dieses Bedürfnis gar nicht mehr so sehr.
Es gibt ja Gründe, warum die Leute da nicht mitmachen. Die Vereine sind doch nicht plötzlich für sich betrachtet unattraktiv geworden. Sie sind nur jetzt weniger attraktiv - weil verbindlicher - als eine lose und unverbindliche soziale Interaktion.


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Reichsbürgerbewegung - für wie gefährlich haltet ihr sie?

gestern um 19:14
Hat sich Fitzek nicht immer auf Artikel 146 des Grundgesetzes berufen? Das war doch mit der Wiedervereinigung 1990 hinfällig.


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Reichsbürgerbewegung - für wie gefährlich haltet ihr sie?

gestern um 20:01
Zitat von azazeelazazeel schrieb:Die Motivation der Grillfestbetreiber ist ja, dass sie eine kleine Partei groß machen. Ist das mal verflogen, wird auch bei der AfD keiner mehr groß grillen.
@azazeel
Das glaube ich noch nicht einmal.
Warum sollte es in der AFD nicht Köpfe geben, die das analysieren
und feststellen: egal wie groß wir sind, die Grillfeste auf den Dörfern
brauchen wir. (Sonst wächst was nach, das uns eines Tages verdrängen wird)


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Reichsbürgerbewegung - für wie gefährlich haltet ihr sie?

gestern um 21:49
@azazeel

Du beschreibst das Problem sehr treffend: Das Verschwinden des Ehrenamts ist kein Zufall, sondern Symptom eines kulturellen Wandels, der sich an Bequemlichkeit, Unverbindlichkeit und der Illusion von Einfluss orientiert. Die AfD-Grillfeste, TikTok-Rants und Stammtischwut wirken auf viele unmittelbarer als Sitzungen im Bezirksausschuss oder Vereinsarbeit am Wochenende. Warum? Weil sie schnell, emotional und scheinbar folgenwirksam sind.

Aber genau das ist der Punkt: Die Gegenbewegung darf nicht auf „Motivieren durch Moral“ setzen. Sondern muss neu denken, was Teilhabe im digitalen Zeitalter heißen kann.
Drei konkrete Vorschläge:

  1. Hybridisierung des Ehrenamts:
    Warum soll ehrenamtliches Engagement nicht stärker digital eingebunden sein – mit kleinteiligen, aber sichtbaren Aufgaben, die zeitlich flexibel sind und trotzdem Wirkung haben?
    Statt fünf Jahre im Vorstand: Zwei Stunden im Monat für ein konkretes Anliegen – mit sichtbarem Feedback. Das macht den Einstieg leichter.

  2. Narrative Umkehr: Vom Opfer zum Mitgestalter
    Viele erleben sich im politischen Diskurs nur noch als Opfer: der Umstände, der Eliten, des Systems. Erfolgserlebnisse in kleinen Beteiligungsformaten können dieses Gefühl umkehren. Aber dafür muss man das Framing ändern:
    Nicht »Hilf uns im Verein«, sondern »Gestalte deine Nachbarschaft mit – auf deine Weise«.

  3. Soziale Anerkennung sichtbar machen
    In einer Gesellschaft, in der Likes und Shares Währung sind, braucht Engagement auch Bühne und Wertschätzung. Warum nicht z. B. regionale oder kommunale Plattformen, die Ehrenamt sichtbarer machen – mit echten Geschichten, sozialen Belohnungen, klaren Rückmeldungen? Wer sich engagiert, muss auch wahrgenommen werden – nicht nur als »der Vereinsmeier«.

Fazit:
Du hast völlig recht: Die alten Formen allein reichen nicht mehr – und die Rationalität des Arguments ist keine Garantie für Engagement.
Aber der Weg kann nicht nur sein, über die Veränderung zu klagen. Sondern: Wir müssen Beteiligung in den Formen ermöglichen, die unsere Gegenwart versteht. Ohne uns dabei zu verkaufen. Das ist schwierig, aber es ist möglich. Und nötig.


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