Politik
Menschen Wissenschaft Politik Mystery Kriminalfälle Spiritualität Verschwörungen Technologie Ufologie Natur Umfragen Unterhaltung
weitere Rubriken
PhilosophieTräumeOrteEsoterikLiteraturAstronomieHelpdeskGruppenGamingFilmeMusikClashVerbesserungenAllmysteryEnglish
Diskussions-Übersichten
BesuchtTeilgenommenAlleNeueGeschlossenLesenswertSchlüsselwörter
Schiebe oft benutzte Tabs in die Navigationsleiste (zurücksetzen).

Reichsbürgerbewegung - für wie gefährlich haltet ihr sie?

6.069 Beiträge ▪ Schlüsselwörter: Psiram, Deutsches Reich, Reichsbürger ▪ Abonnieren: Feed E-Mail

Reichsbürgerbewegung - für wie gefährlich haltet ihr sie?

30.05.2025 um 14:12
Zitat von Peter13Peter13 schrieb:1970 Warschauer Verträge, ja das war genau das abschreiben der Ostdeutschen Gebiete.
Eigentlich waren die Gebiete 1945 "abgeschrieben". Denn in der Tat haben die Siegermächte die Ausdehnung "Deutschlands" einfach bestimmen können. Das sind - wie Du ja auch richtig sagst - die Folgen einer bedingungslosen Kapitulation. Der Sieger entscheidet. Der Verlierer wird da auch nicht großartig gefragt (in der Realität ist das meist anders, man möchte ja doch eine gewisse zukünftige Stabilität).

Aber Deine Schlussfolgerungen stimmen so nicht. Es gab eine "künstliche" Aufteilung - aber keine "künstlichen Gebilde". Jedenfalls sofern man davon absieht, dass jeder Staat ein "künstliches Gebilde" ist. Was auch sonst. Es ist von Menschen gemacht.

Durch den Krieg und durch die Niederlage - auch nicht durch die bedingungslose Kapitulation - ist das Deutsche Reich nicht untergegangen. Warum nicht? Nun, weil alle Beteiligten sich darüber einig waren, dass es so sein soll. Das hat sich dann dahingehend geäußert, dass die BRD weiterhin ihre Rechte und Pflichten aus dem Umstand das "Deutsche Reich" zu sein, wahrnehmen konnte und musste.
Bei der DDR war das anders. Die DDR war "neu" und hat die Schulden des Dritten Reichs quasi "geerbt". Die BRD hat die Schulden des Dritten Reichs nicht geerbt. Es waren die eigenen.
Zitat von Peter13Peter13 schrieb:Ich verstehe diese Sicht der Reichsbürger.
Aber warum? Sie ist in absolut jeder Hinsicht völkerrechtlich falsch. Es ist eine reine Phantasie jenseits der Realität, die durch rein gar nichts juristisch gestützt ist.
Zitat von Peter13Peter13 schrieb:Es gehört aber auch dazu, es war das deutsche Reich, welches einen Krieg begonnen hat, ungeheure Verbrechen begangen hat, und diesen Krieg verloren hat. Alle Folgen daraus führten zu der Teilung, Gebietsabtretungen und letztendlich zu dem was wir heute sind.
Genau. Und wenn man etwas flapsig ist, ist Deutschland - gemessen an diesen unsagbaren Dingen - echt glimpflich weggekommen.
Zitat von Peter13Peter13 schrieb:Es gibt das deutsche Reich nicht mehr. Auch nicht unter neuen Namen.
Doch. Genau das ist der Fall. Völkerrechtlich komplett unstreitig.
Zitat von Peter13Peter13 schrieb:Die Bundesrepublik ist der Rechtsnachfolger des ehemaligen deutschen Reich.
Das war zu einem gewissen Grad und Anteil höchstens die DDR.
Zitat von Peter13Peter13 schrieb:Das deutsche Volk (Reich) wurde besiegt, nicht befreit (1945).
Kann man sich über die Wortwahl streiten. Wenn man bedenkt, wer hinterher alles kein Nazi und gar im Widerstand gewesen ein will, war es wohl eher eine Befreiung sehr vieler Deutscher von sehr wenigen Nazis ...
Zitat von Peter13Peter13 schrieb:Als Befreiung kann man das erst später betrachten, als die Verbrechen und die Ausmaße offensichtlich waren.
Wie gesagt, das ist eine eher semantische Frage. Ich glaube nicht, dass es da eine scharfe Trennlinie gibt. Viele Deutsche sind sicherlich befreit wurden. Europa und die Welt wurde unzweifelhaft befreit. Viele sind aber auch besiegt wurden.
Das spielt aber für die Realität keine Rolle. Daraus ergeben sich keine juristischen Konsequenzen.
Zitat von Peter13Peter13 schrieb:die Reichsdeutschen nicht
Denen geht es um ganz was anderes. Die wollen König und Minister spielen und ihre Führerscheine wieder haben (flapsig formuliert).

Aber ihre Sichtweise ist - unter keinen erdenklichen Auslegungen - ein mögliche und juristisch tragfähige Schlussfolgerung. Das ist alles ausgedacht. Es klingt nur in Teilen plausibel.


melden

Reichsbürgerbewegung - für wie gefährlich haltet ihr sie?

30.05.2025 um 14:23
Ich glaube ich schreibe sehr oft missverständlich.
Die Sicht der künstlichen Gebilde ist nicht meine, das ist die Sicht der Reichsbürger.


1x zitiertmelden

Reichsbürgerbewegung - für wie gefährlich haltet ihr sie?

30.05.2025 um 14:28
@Peter13
Aber irgendwie scheinst Du ja deren Position zu einem gewissen Grad nachvollziehbar oder verständlich zu finden?
Aber warum? Es ist halt alles falsch. Völlig. Und völlig unstreitig (abseits der Reichsbürgergehirne).

Auch dieser ganze Unfug von wegen kein Friedensvertrag und Geltung der Haager Landkriegsordnung, wie viele Federn der Bundesadler wo hat und was es da alles gibt. Das ist alles grundlegend falsch. Nicht im Ansatz vertretbar - und das will was heißen. In den Rechtswissenschaften ist quasi alles irgendwie vertretbar.


1x zitiertmelden

Reichsbürgerbewegung - für wie gefährlich haltet ihr sie?

30.05.2025 um 15:20
Zitat von Peter13Peter13 schrieb:Die Sicht der künstlichen Gebilde ist nicht meine, das ist die Sicht der Reichsbürger.
Hat halt keine Grundlage. Man kann dran glauben wie an die flache Erde, die Hohlerde, Chemtrails etc.
Substanziell ist es halt nüt.
Und da es ja rein auf Phantasiegebilde beruht ist eine Diskussion mit Reichsbürgern in der Regel verschwendete Lebenszeit. Sie wollen dran glauben, wiederholen das was immer kommt, was du ja teils aufgezählt hast und bezeichnen alles als Lüge was nicht ins Weltbild passt


melden

Reichsbürgerbewegung - für wie gefährlich haltet ihr sie?

30.05.2025 um 15:21
Zitat von CachalotCachalot schrieb:Es gibt das deutsche Reich nicht mehr. Auch nicht unter neuen Namen.
Die Bundesrepublik ist der Rechtsnachfolger des ehemaligen deutschen Reich
Genau das ist nicht der Fall. Die BRD ist nicht der Rechtsnachfolger, sie ist mit dem DR identisch.


melden

Reichsbürgerbewegung - für wie gefährlich haltet ihr sie?

30.05.2025 um 15:24
@behind_eyes
Ich denke du hast falsch zitiert. Guck nochmal nach.


melden

Reichsbürgerbewegung - für wie gefährlich haltet ihr sie?

30.05.2025 um 15:25
@Cachalot
Da hat die Zitafunktion wiedermal versagt, das Zitat ist natürlich von @Peter13
Danke fur den Hinweis.


melden

Reichsbürgerbewegung - für wie gefährlich haltet ihr sie?

30.05.2025 um 15:26
@behind_eyes
Aber du hast mich erwischt. Ich war voll am Grübeln wieso ich so nen Mist verzapft hatte.


melden

Reichsbürgerbewegung - für wie gefährlich haltet ihr sie?

30.05.2025 um 21:12
Zitat von azazeelazazeel schrieb:Auch dieser ganze Unfug von wegen kein Friedensvertrag und Geltung der Haager Landkriegsordnung, wie viele Federn der Bundesadler wo hat und was es da alles gibt. Das ist alles grundlegend falsch. Nicht im Ansatz vertretbar - und das will was heißen. In den Rechtswissenschaften ist quasi alles irgendwie vertretbar.
Das ist auch so ein irreführendes RB-Argument. Ich habe mich auch ohne Völkerrechtler zu sein als Laie und ex-Aluhut der auch RB-Thesen wahrnahm damit mal befasst und im Grunde mit einem Grund-Intellekt ein bisschen die Suchmaschine angeschmissen. Ist auch bestimmt wieder gut 10 Jahre+ her aber was ich noch in Erinnerung hab ist in a nutshell, also in einer Nussschale zusammengefasst:

Ein formeller Friedensvertrag der auch so heißt oder das Wort im Titel beinhalten müsste, ist gar nicht notwendig. Gemäß Völkerrecht(lern) kann ein Friedenszustand, also eine Beendigung des faktischen Kriegszustands auch über diverse andere Wege erfolgen. De-facto ist das passiert.

Wenn man bei z.B. "Google" den Suchbegriff: "kriegsende völkerrecht" eingibt erhält man sofort eine generative Antwort/Zusammenfassung. Sehr praktisch.


2x zitiertmelden

Reichsbürgerbewegung - für wie gefährlich haltet ihr sie?

30.05.2025 um 21:55
Zitat von WardenWarden schrieb:Ein formeller Friedensvertrag der auch so heißt oder das Wort im Titel beinhalten müsste, ist gar nicht notwendig.

Korrekt, deshalb ist ja auch der Zwei-plus-Vier-Vertrag eben jenes Äquivalent von dem die Reichsbürger fälschlicherweise behaupten einen Friedensvertrag würde es bis heute nicht geben. Alternatives Beispiel ist das Spiel um den Begriff "Verfassung" von dem Reichsbürger unterstellen die Bundesrepublik Deutschland habe gar keine Verfassung sondern "nur" ein Grundgesetz. Dabei wird verschwiegen/ausgelassen das eine Verfassung nicht den Begriff "Verfassung" zwingend im Titel oder Namen enthalten muss um als eine solche zu gelten und das die Gründe für die Namensgebung "Grundgesetz" andere waren. Die Liste an Beispielen könnte man noch beliebig lange fortsetzen - die ganzen Reichsbürger-Thesen sind und bleiben völliger Humbug!


1x zitiertmelden

Reichsbürgerbewegung - für wie gefährlich haltet ihr sie?

31.05.2025 um 01:08
Zitat von MauserMauser schrieb:Die Liste an Beispielen könnte man noch beliebig lange fortsetzen - die ganzen Reichsbürger-Thesen sind und bleiben völliger Humbug!
Korrekt.

Das Problem: Das sind relative bis absolute Rechtslaien, die eher "nach Gefühl" anfangen irgendwelche rechtsirrigen Thesen zu vertreten.
Oder Paragrafen/Artikel oder auch politische Äußerungen meist aus einem Kontext reißen bzw. eine andere Deutung zuweisen die nicht Teil der sogenannten "Herrschenden Meinung" (der Mehrheitsmeinung/dem Konsens im entsprechenden wissenschaftlichen Feld halt, für jene die das noch nie gehört haben) sind. Bzw. Mindermeinung abbilden.


Abstrakt und teilweise kann ich das pauschal nicht mal zwingend sofort allen verübeln. Wie gesagt, pauschal gemeint. Rechtswissenschaften, möge man sie auch entgegen etwa der Naturwissenschaften eher als ein soziales Konstrukt kritischer betrachten wenn man wollen würde, sind am Ende eben ein wissenschaftliches (Fach-)Feld. Grundsätzlich ist ohne Kontext- oder Fachwissen oder grundlegendes Wissen alles einem eher kryptisch, fremd, etc. Und man neigt abstrakt dann ggf. dazu auch rein fahrlässig als denn vorsätzlich, Fehlinterpretationen zu übernehmen. Einfach oft mangels besseren Wissens.

Das ist für mich kein Problem, wenn man Fehler dann einsieht. Ich hab auch kein Jurastudium, mich aber zumindest auf grundlegendem Level mal mit Recht usw. befasst. Hatte neulich auch etwas auf ner anderen Plattform falsch gedeutet (Begriffsabweichung und falsche Rechtsnorm als Grundlage vermutet für eine Straffolge). Ein offenkundiger Polizist (gem. Marker am Namen, war auf ner sozialen Plattform, nem Polizeiforum) hat mich sachlich korrigiert.
Weil der es in der spezifischen Frage noch eher wissen müsste (weil das die Polizei thematisch betroffen hat) und da jemand anderes mit Polizei-Marker es auch schrieb, konnte ich mir sicher sein, dass es wohl stimmt. Freundlich bedankt und Lerneffekt angenommen, simpel.

Allergisch werde ich, wenn absolute Laien dann aber meinen, es besser als fachlich (und nicht ableitbar ideologisch/anderweitig) argumentierende Experten zu meinen bzw. glauben, sie würden entgegen der Mehrheitsmeinung unangreifbar richtig liegen. Fachleute usw. können andere Ansichten zu gewissen Themen vertreten, das ist natürlich richtig, aber wenn eine Summe an Fachleuten sich aber einig ist, sollte man das zumindest dann als Standard oder fachlich anerkennen können, als wie viele Reichsbürger zu behaupten, alle lägen falsch, wären falsch informiert und nur man selbst und seine Pseudo-Clique hätte die Weisheit mit Löffeln gefressen.

Aber das sind vermutlich auch Leute die es besser als ein Großteil der Ärzte (Stichwort Esoterik/Alternative Medizin) wissen wollen und die meist in ihrer Betrachtung eh alles besser können als ... die da oben oder sonst wer.

Naja, irren ist menschlich.


2x zitiertmelden

Reichsbürgerbewegung - für wie gefährlich haltet ihr sie?

31.05.2025 um 18:06
Zitat von WardenWarden schrieb:Ein formeller Friedensvertrag der auch so heißt oder das Wort im Titel beinhalten müsste, ist gar nicht notwendig.
Genau. Es ist überhaupt kein schriftliches Werk notwendig. Und warum auch? Wenn ich ein Land angreife, herrscht Krieg. Ganz ohne Kriegserklärung. Wenn ich friedlich zusammen lebe, herrscht Frieden. Das ist im Rechtswesen die Normalität - wenn es einen Formzwang gibt, ist der benannt.
Zitat von WardenWarden schrieb:Abstrakt und teilweise kann ich das pauschal nicht mal zwingend sofort allen verübeln. Wie gesagt, pauschal gemeint. Rechtswissenschaften, möge man sie auch entgegen etwa der Naturwissenschaften eher als ein soziales Konstrukt kritischer betrachten wenn man wollen würde, sind am Ende eben ein wissenschaftliches (Fach-)Feld. Grundsätzlich ist ohne Kontext- oder Fachwissen oder grundlegendes Wissen alles einem eher kryptisch, fremd, etc. Und man neigt abstrakt dann ggf. dazu auch rein fahrlässig als denn vorsätzlich, Fehlinterpretationen zu übernehmen. Einfach oft mangels besseren Wissens.
Das möchte ich mal so unterschreiben.
Zitat von WardenWarden schrieb:Naja, irren ist menschlich.
Schön wäre es, wenn man bereit ist, einen Irrtum zu erkennen.


1x zitiertmelden

Reichsbürgerbewegung - für wie gefährlich haltet ihr sie?

31.05.2025 um 18:38
Zitat von azazeelazazeel schrieb:Schön wäre es, wenn man bereit ist, einen Irrtum zu erkennen.
Wird bei von diesen Kreisen und Ideologien vornehmlich sich angesprochen fühlenden eher narzisstisch und/oder autoritär geprägten Charaktertypen nicht so schnell passieren.


2x zitiertmelden

Reichsbürgerbewegung - für wie gefährlich haltet ihr sie?

02.06.2025 um 08:49
Zitat von McPaneMcPane schrieb:Wird bei von diesen Kreisen und Ideologien vornehmlich sich angesprochen fühlenden eher narzisstisch und/oder autoritär geprägten Charaktertypen nicht so schnell passieren.
Ich sehe das Problem hier in der "Blasenbildung", die Leute werden schon so stark geprägt, dass sie dann schon mit einer sehr gefestigten Meinung auf die Realität treffen. Diejenigen, die das verbreiten und fördern, sind oft nicht blöd. Zumindest sind sie rhetorisch geschickt und wissen, wie man die scheinbar richtigen Fragen stellt.
Warum hat der Bundesadler mal sieben und mal sechs Federn. Warum gibt es eine Deutschland GmbH. Warum heißt es "Personal"-Ausweis, warum ist es "nur" ein Grundgesetz.
Wenn man sich mit so etwas nicht beschäftigt hat, klingt das alles erst mal überraschend plausibel. Und dann trifft das oft mit angespannten persönlichen Umständen zusammen. Überschuldung, Verlust der Fahrerlaubnis oder andere Auseinandersetzungen mit "denen da oben".
Und was man auch nicht vergessen darf: Es ist so absurd falsch und albern, dass man sich schlicht schämt, auf so etwas hereingefallen zu sein. Das kann also nicht wahr sein und die Verdrängung und auch Trotz setzen ein. Bei manchen bis hin zu einer Gewaltbereitschaft. Und das ist dann das Problem.


melden

Reichsbürgerbewegung - für wie gefährlich haltet ihr sie?

05.06.2025 um 20:27
@azazeel
Ich möchte einen Gedanken einbringen, der mir in der bisherigen Diskussion über das „Königreich Deutschland“ (KRD) und die Reichsbürgerideologie zu kurz kommt:

Der zentrale Treiber für die Anschlussfähigkeit an solche Ideologien ist meiner Meinung nach nicht primär Narzissmus oder autoritäre Persönlichkeitsstruktur, sondern: tiefgreifende Politikverdrossenheit.

Natürlich gibt es auch Menschen mit autoritären oder narzisstischen Zügen in diesen Kreisen, da stimme ich dem Zitat von McPane bis zu einem gewissen Grad zu:
Zitat von McPaneMcPane schrieb am 31.05.2025:Wird bei von diesen Kreisen und Ideologien vornehmlich sich angesprochen fühlenden eher narzisstisch und/oder autoritär geprägten Charaktertypen nicht so schnell passieren.
Aber ich halte das für nur einen Teilaspekt.
Viel relevanter finde ich: Diese Menschen fühlen sich politisch abgehängt, nicht mehr ernst genommen, oft über Jahre hinweg ignoriert oder entwertet – von Verwaltung, Medien, Justiz, manchmal auch im persönlichen Umfeld.
Sie erleben den Staat nicht als gestaltbare Demokratie, sondern als eine unnahbare, entkoppelte Bürokratie.

Und genau dort docken die Rattenfänger an.
Zitat von WardenWarden schrieb am 31.05.2025:Das Problem: Das sind relative bis absolute Rechtslaien, die eher "nach Gefühl" anfangen irgendwelche rechtsirrigen Thesen zu vertreten.
Oder Paragrafen/Artikel oder auch politische Äußerungen meist aus einem Kontext reißen bzw. eine andere Deutung zuweisen die nicht Teil der sogenannten "Herrschenden Meinung" (der Mehrheitsmeinung/dem Konsens im entsprechenden wissenschaftlichen Feld halt, für jene die das noch nie gehört haben) sind. Bzw. Mindermeinung abbilden.
Plötzlich gibt es Leute, die „Fragen stellen“, die sich „für die Wahrheit interessieren“ – rhetorisch geschickt, mit pseudojuristischem Vokabular und einer ordentlichen Portion Empörungslogik:
  • Warum steht da „Personal“ auf meinem Ausweis?
  • Warum spricht man von der „Deutschland GmbH“?
  • Warum ist das „Grundgesetz“ keine echte Verfassung?
  • Warum hat der Bundesadler mal sechs, mal sieben Federn?

Für Menschen ohne juristische oder politische Bildung klingt das oft plausibel – zumindest plausibler als die trockene, offizielle Erklärung.
Und wenn solche Fragen dann auf eine persönliche Krise treffen – Überschuldung, Verlust der Fahrerlaubnis, Ärger mit dem Jugendamt oder dem Finanzamt – dann wird aus Misstrauen schnell ein geschlossenes Weltbild.

Ich sehe das eigentliche Problem in der sozialen und kognitiven Blasenbildung, die in vielen alternativen Milieus stattfindet – z. B. im esoterischen Umfeld, in impfkritischen Gruppen, spirituellen Gemeinschaften oder durch Online-Radikalisierung.
Dort wird über Jahre hinweg ein Weltbild eingeübt, in dem der Staat grundsätzlich feindlich ist – ein Konstrukt „der anderen“.
Wenn diese Menschen dann mit Behörden oder staatlichen Strukturen in Konflikt geraten, wird das nicht als individuelles Problem verstanden, sondern als Bestätigung ihrer Weltsicht.

Ein zusätzlicher, psychologisch nicht zu unterschätzender Faktor ist die Scham, überhaupt auf diese Ideologie hereingefallen zu sein.
Denn von außen betrachtet ist das, was Reichsbürger glauben, oft absurd, falsch, lächerlich.
Aber genau diese Lächerlichkeit macht es für Betroffene so schwer, den Ausstieg zu finden.
Verdrängung setzt ein. Trotz. Abschottung.
Und in manchen Fällen: Gewaltbereitschaft.

Fazit:

Wer nur mit dem Finger auf die „Irren“ zeigt, verkennt die eigentlichen Dynamiken.
Was hier passiert, ist keine Massenpsychose, sondern das Ergebnis von Entfremdung, Identitätskrise und einer tiefen Ablehnung gegenüber einem Staat, der als fremd empfunden wird.

Und ja – Reichsbürger sind gefährlich.
Aber wenn man ernsthaft gegen sie vorgehen will, reicht es nicht, nur die Radikalen zu beobachten.
Man muss auch verstehen, wie sie werden konnten, was sie sind.
Und das beginnt mit einer unbequemen Wahrheit:

Unsere Demokratie erreicht viele Menschen nicht mehr – und sie tut zu wenig, um sie zurückzuholen.


1x zitiertmelden

Reichsbürgerbewegung - für wie gefährlich haltet ihr sie?

06.06.2025 um 09:07
Zitat von WurstsatenWurstsaten schrieb:sondern: tiefgreifende Politikverdrossenheit
Auch. Aber in meinen Augen nur eine Art Vorwand. Diese Leute interessieren sich im Grunde nicht für Politik. Sie sind uninformiert frustriert.
Zitat von WurstsatenWurstsaten schrieb:Sie erleben den Staat nicht als gestaltbare Demokratie, sondern als eine unnahbare, entkoppelte Bürokratie.
Das ist richtig. Aber es ist halt ein Gefühl. Und jetzt kann man sich darüber streiten, woher dieses Gefühl primär kommt. Von der Politik? Von den Medien? Von den Populisten?

Im Übrigen stimme ich Deinen Ausführungen voll zu, bis auf:
Zitat von WurstsatenWurstsaten schrieb:Unsere Demokratie erreicht viele Menschen nicht mehr – und sie tut zu wenig, um sie zurückzuholen.
Was kann der Staat tun? In meinen Augen ist es aktuelle ein Problem der Politikfaulheit. Wie bindet man Menschen in Politik ein, die das nicht wollen?


1x zitiertmelden

Reichsbürgerbewegung - für wie gefährlich haltet ihr sie?

06.06.2025 um 18:25
Zitat von azazeelazazeel schrieb:Auch. Aber in meinen Augen nur eine Art Vorwand. Diese Leute interessieren sich im Grunde nicht für Politik. Sie sind uninformiert frustriert.
Ich sehe das etwas anders. Viele dieser Menschen sehen schlicht keine Selbstwirksamkeit mehr.
Sie erleben den Staat nicht als etwas, das mit ihrem Leben zu tun hat, sondern als etwas, das über sie hinweg entscheidet.
Das ist nicht unbedingt ideologisch begründet – oft ist es einfach die Folge von jahrelanger Enttäuschung und Erfahrung mit einem System, das als abgehoben und bürokratisch wahrgenommen wird.
Zitat von azazeelazazeel schrieb:Das ist richtig. Aber es ist halt ein Gefühl. Und jetzt kann man sich darüber streiten, woher dieses Gefühl primär kommt. Von der Politik? Von den Medien? Von den Populisten?
Dieses Gefühl kommt meiner Meinung nach nicht primär von Populisten – die nutzen es nur aus.
Der eigentliche Nährboden ist eine Politik, die zu oft in Symbolprojekten und verkürzten Narrativen denkt.
Beispiel: Das Heizungsgesetz. Inhaltlich sicher gut gemeint – aber nicht gut gemacht, kommunikativ katastrophal.
Wenn man Politik so gestaltet, dass man die Leute unterwegs verliert, braucht es oft gar keine Populisten mehr. Die Politik erledigt sich in den Köpfen vieler von selbst.
Zitat von azazeelazazeel schrieb:Was kann der Staat tun? In meinen Augen ist es aktuell ein Problem der Politikfaulheit. Wie bindet man Menschen in Politik ein, die das nicht wollen?
Man muss nicht jeden für ein Parteibuch oder einen Debattierclub gewinnen.
Aber gute Politik wirkt auch ohne Zustimmungspflicht.
Sie erklärt sich selbst – durch Wirkung, durch Nachvollziehbarkeit, durch eine Sprache, die nicht nur für Akademiker funktioniert.

Was es braucht, ist:
  • Verlässlichkeit statt Wankelmut,
  • Orientierung statt PR-Kampagnen,
  • Verantwortung statt Schuldzuweisungen.
  • Auch unangenehme Wahrheiten aussprechen

Und vor allem: weniger ideologische Lagerkämpfe, mehr Pragmatismus.
Wer das schafft, wird auch Menschen zurückgewinnen, die sich längst abgewendet haben.


2x zitiertmelden

Reichsbürgerbewegung - für wie gefährlich haltet ihr sie?

06.06.2025 um 22:11
Zitat von WurstsatenWurstsaten schrieb:Sie erleben den Staat nicht als etwas, das mit ihrem Leben zu tun hat, sondern als etwas, das über sie hinweg entscheidet.
Das ist nicht unbedingt ideologisch begründet – oft ist es einfach die Folge von jahrelanger Enttäuschung und Erfahrung mit einem System, das als abgehoben und bürokratisch wahrgenommen wird.
Was finden die Reichsbürger attraktiv an einem alten Dt. Reich? Einen König oder Kaiser?
Zitat von WurstsatenWurstsaten schrieb:Was es braucht, ist:

Verlässlichkeit statt Wankelmut,
Orientierung statt PR-Kampagnen,
Verantwortung statt Schuldzuweisungen.
Auch unangenehme Wahrheiten aussprechen
Vielleicht ist es ein nostalgisch verklärter Blick auf ein stolzes Reich mit einem starken, aber gerechten väterlichen König, der sich nicht mit den aufgelisteten Taktiken und Lügen von konkurierenden Parteien in einem fortlaufenden Wahlkampf beschäftigen muß.
Erinnerungen an eine Zeit, die es nie gab?!?


1x zitiertmelden

Reichsbürgerbewegung - für wie gefährlich haltet ihr sie?

07.06.2025 um 11:19
Zitat von hiddenhidden schrieb:Vielleicht ist es ein nostalgisch verklärter Blick auf ein stolzes Reich mit einem starken, aber gerechten väterlichen König, der sich nicht mit den aufgelisteten Taktiken und Lügen von konkurierenden Parteien in einem fortlaufenden Wahlkampf beschäftigen muß.
Erinnerungen an eine Zeit, die es nie gab?!?
Das ist nachvollziehbar – und ich glaube, genau diese Vorstellung erklärt zu einem großen Teil, warum manche Menschen in Richtung Reichsbürgerszene oder Pseudomonarchie wie dem „Königreich Deutschland“ abdriften.

Aber: Die Dinge, die ich aufgezählt habe –
Verlässlichkeit, Orientierung, Verantwortung, Wahrhaftigkeit
sind ja gerade keine exklusiven Merkmale eines autoritären Systems. Im Gegenteil: Sie sind das, was eine gesunde Demokratie eigentlich leisten muss, wenn sie ernst genommen werden will.

Es geht also nicht darum, dass Demokratie das nicht kann – sondern dass sie es zu oft nicht mehr tut.

Wenn das politische System nur noch als Bühne für PR-getriebene Beliebigkeit, kurzfristige Taktik und parteiinterne Machtrangeleien wahrgenommen wird, dann wirkt der ganze Prozess irgendwann entleert.
Und dann entsteht dieser Wunsch nach einem „starken Vater“, der einfach sagt, wo es langgeht – am besten ohne Diskussion.

Aber genau hier liegt das Problem:
Ein autoritärer Herrscher „erspart“ uns keine Unsicherheiten – er macht sie uns nur unsichtbar, indem er die Mitsprache abschafft.
Das sieht kurzfristig stabil aus, ist aber auf lange Sicht viel gefährlicher.

Was wir stattdessen brauchen, ist nicht weniger Demokratie, sondern eine, die sich nicht selbst entkernt, indem sie sich im PR-Zirkus verliert.
Dann braucht es auch keine nostalgische Flucht in ein Kaiserreich, das so – wie du richtig sagst – nie wirklich existiert hat.


1x zitiertmelden

Reichsbürgerbewegung - für wie gefährlich haltet ihr sie?

07.06.2025 um 11:27
Ein starker Monarch als Garant für Frieden?
Das ist ein weit verbreiteter Irrglaube – und historisch einfach falsch.

Der Erste Weltkrieg war im Kern ein dynastischer Familienkrach.
Kaiser Wilhelm II. (Deutschland), Zar Nikolaus II. (Russland) und König Georg V. (Großbritannien) waren Cousins.
Trotz verwandtschaftlicher Bande, höfischer Diplomatie und jahrzehntelanger Thronkontinuität konnten sie den größten Krieg der bisherigen Menschheitsgeschichte nicht verhindern – oder wollten es nicht.

Wenn also jemand glaubt, Monarchie stehe für Ordnung, Stabilität oder Frieden, dann muss man ganz nüchtern sagen:
Die historischen Fakten sprechen dagegen.


melden