Entwickelt sich Deutschland negativ als Wirtschaftsstandort?
03.05.2025 um 17:27Die Frage ist aber doch, ob man eventuelle Verschlechterungen kausal auf eine Wirtschaftsordnung zurückführen kann. Probleme im Wohnungs- und Medizinbereich könnten auch auf eine verfehlte Politik, z.B. Gesundheitspolitik, zurückzuführen sein. Oder anders gesagt: Würden wir diese Probleme lösen, indem wir die Wirtschaftsform umstellen? Wenn wir z.B. ein quantitatives Missverhältnis von bedürftigen Patienten einerseits und Ärzten, Praxen etc. andererseits haben – was könnte ein planwirtschaftlich-sozialistischer Staat tun, um Abhilfe zu schaffen? Kann er Ärzte backen? Kann er die Anzahl der Patienten mindern? Was ich sagen will: Du kannst nicht vom Vorhandensein bestimmter Missstände innerhalb einer Marktwirtschaft auf die Marktwirtschaft als Ursache der Missstände schließen.Optimist schrieb:Rationalheld schrieb:
...Fakt ist, dass du mit den Dingen, die du aufzählst (Wohnung, Essen, Bildung, Medizin), bislang in marktwirtschaftlichen Gesellschaften stets besser versorgt warst als in planwirtschaftlichen, und wir wissen auch, dass und warum dies kein Zufall ist. Begreift doch endlich, dass die Marktwirtschaft eine gute bzw. die beste Grundlage für einen starken Sozialstaat ist.
Bis vor wenigen Jahren hätte ich dir umfänglich Recht gegeben. Aber seit einiger Zeit kann ich das nicht mehr, denn bei uns geht nun auch alles bergab und sicher ist gar nichts mehr.
Fängt bei Wohnraum an und hört bei Ärzten auf. Und es droht alles noch schlimmer zu werden.
"bislang in marktwirtschaftlichen Gesellschaften stets besser versorgt warst" -- die Betonung liegt hier zunehmend auf dem "warst".
Sicher war auch früher nichts (und wird niemals etwas sein). Es ist früher einiges besser gelaufen, und die damalige Stabilität mag den Eindruck von Sicherheit erzeugt haben. Aber dass etwas funktioniert, z.B. ein Gesundheitssystem, ist von tausend dynamischen Faktoren abhängig, z.B. von demographischen Entwicklungen. Mit welcher Geschwindigkeit sich die Bevölkerungsstruktur Deutschlands in den letzten zehn Jahren verändert hat, war um 2010 nicht vorherzusehen. Im Gegenteil: Die Demographen haben 30 Jahre lang eine Schrumpfung vorhergesagt, und die Politik hat hierauf teilweise durch den Abbau von Strukturen reagiert (z.B. bei der Berechnung von benötigten Lehrern). Die Prognosen waren aber falsch. Und deshalb waren auch viele Maßnahmen falsch.Optimist schrieb:denn bei uns geht nun auch alles bergab und sicher ist gar nichts mehr.
Dieses Beispiel zeigt im Übrigen, warum Planwirtschaft nicht funktioniert: Es ist nicht möglich, die komplexen Dynamiken einer 85-Millionen-Gesellschaft zutreffend zu prognostizieren und auf dieser Basis (Wirtschafts-)Pläne aufzustellen und eine riesige Volkswirtschaft zentral zu steuern. Dezentrale Mechanismen, wie sie in einer demokratisch-pluralen, marktwirtschaftlichen Gesellschaft vorherrschen, können in der Regel eine schnellere und flexiblere Anpassung an Veränderungen leisten. Wenn hier falsch kalkuliert wird, gehen vielleicht ein paar Betriebe pleite – aber nicht gleich eine ganze Volkswirtschaft. Wenn du also möglichst geringe Risiken wünschst, solltest du nicht gerade auf planwirtschaftliche Konzepte setzen. Auch sozialistische Planer sind letztlich irrtumsanfällige Menschen.