lilit schrieb:ihrem Buch, wie die islamistische Politik aus einer Notwendigkeit heraus entstand und als Reaktion darauf, dass das Armutsproblem von den sozialen Eliten zu lange einfach beiseite geschoben wurde. Als es dann dem säkularen Autoritarismus nicht mehr gelang, für wirtschaftliches Wachstum zu sorgen, für gesellschaftliche Gerechtigkeit oder politische Rechte, wandten sich viele den islamistischen Bewegungen zu eher als Ausdruck einer Haltung gegen den Status quo denn als Stimme für den Islamismus.
Obwohl hier sicherlich ein Grundproblem aufgezeigt wird ,nämlich Armut und fehlende Bildung, berücksichtigt diese Analyse die religiöse Komponente zu wenig. Es ist ja nicht so ,dass der Islamismus erst durch Fehler der ägyptischen Regierungen erschaffen wurde.
Aus Wikipedia:
im Jahre 1928 von Hassan al-Banna zusammen mit sechs Arbeitern der Sueskanal-Gesellschaft in Ismailia als Reaktion auf den Zusammenbruch des Osmanischen Reiches und den britischen Kolonialismus in Ägypten gegründet. Ziel war die Verbreitung islamischer Moralvorstellungen und die Unterstützung wohltätiger Aktionen und sozialer Einrichtungen, aber auch die Befreiung des Landes von der fremden Okkupation sowie der Kampf gegen die britisch-westliche „Dekadenz“, die sich im Lande ihrer Meinung nach offenbarte
Wenn man auch mal den sogenannten Mahdi Aufstand berücksichtigt, der zwar im Sudan stattfand , dann ist klar ,dass der Islam schon lange Zeit als als der Weg propagiert wurde ,durch den allein arabische Staaten durch gottgefälliges Leben wieder Ansehen ,Wohlstand und Bedeutung erlangen könnten.
Wikipedia: Mahdi-AufstandDies war eine Vorstellung ,bei der die Gläubigen der islamischen Elite zur Macht in einem nach der Scharia ausgerichteten Staat verhelfen sollte.
Dann wird relativ klar ,dass dies keine neuzeitliche Entwicklung ist :
angenommen. Djamal ad-Din al-Afghani (1837/8-1897), rastloser Agitator gegen den europäischen Kolonialismus und für die Sache des Panislamismus, sowie Muhammad Abduh (1849-1905), ägyptischer Intellektueller, Exilant und späterer oberster Mufti von Ägypten, gründeten in der französischen Hauptstadt 1884 als Sprachrohr ihrer Ideen zur Reform des Islam die Zeitschrift al-Urwa al-Wuthqa (Das feste Band). Sie war zwar recht kurzlebig, doch waren in ihr bereits die Eckpunkte der Ideologie der Salafiya-Bewegung skizziert.
http://www.bpb.de/politik/extremismus/islamismus/36345/salafiya-bewegung?p=allLetztendlich ist dies eine Intellektuelle Deutung gewesen ,warum die muslimische Welt gegenüber dem Westen in Vergleich zu früher so viel an Einfluss verloren hat.
Das zentrale Leitthema aller islamischen Reformbemühungen konzentriert sich seither auf die Frage, weshalb die Muslime im Vergleich zum Westen so schwach und rückständig sind. Durch ein Abweichen vom wahren Islam sei diese Misere hervorgerufen worden, so die Antwort. Erst eine Rückbesinnung auf die Zeit der rechtschaffenden Altvorderen
man sieht ,eine brandaktuelle Problematik mit Wurzeln tief im neunzehnten Jahrhundert!
Einen Gegensatz zu dieser Ideologie bot Nasser
für die arabische Welt :
Nasser liest viel - im Gegensatz zu al-Banna nicht nur intensiv den Koran, sondern auch Autoren wie Mahatma Gandhi, Voltaire, Victor Hugo sowie Schriften seines ägyptischen Landsmannes Mustafa Kemal, eines national ausgerichteten Politikers. Nasser, stets frommer Muslim, sieht die Zukunft seines Landes nicht im politischen Islam, sondern in sozialistischen Entwürfen. Nasser wird Offizier, im Untergrund gründet er mit Gesinnungsgenossen das "Komitee der freien Offiziere".
http://www.sueddeutsche.de/politik/die-muslimbruderschaft-in-aegypten-wege-des-lichts-und-der-finsternis-1.1059311-2Endgültig gescheitert war dieser Entwurf mit der Niederlage der arabischen Staaten 1967, man wandte sich damit wieder verstärkt dem Gegenentwurf des Islamismus der Muslimbrüder zu.
Der Gegensatz zwischen dem säkularen und religiösen Regierungsentwurf ist also sehr alt. Da der säkulare versagte ,soll nun ein Gottestaat
Ägypten zu alter Bedeutung führen und die arabische Welt. Ein Entwurf ,der durch die Niederlagen in Afghanistan und Irak zusätzlich neuen Auftrieb bekam und durch das Modell des erfolgreichen Gottesstaates Iran.
Das Problem somit nur auf Arme und soziale Ungerechtigkeit zu verlagern greift daher zu kurz. Es geht auch um einen Machtanspruch und um Globale Bedeutung. Deswegen haben diese Bewegungen auch viele Anhänger in den Eliten. Das sie natürlich auch von verarmten Massen auf dem Land getragen wird ,ist klar ,aber das wurde Nassers Bewegung auch und eigentlich jede Revolution.