@Splitter @Addy @Fusselkater Gestern, nach dem ich mein Tagwerk absolviert hatte - wollte ich mir noch Brot holen. ich hatte Hunger auf frisches, weiches Brot. Man brachte mir bei, so was bekommt man am leichtesten beim Bäcker.
Was ich im Laufe meiner " Ich habe ab sofort einen eigenen Haushalt und bin somit Selbstversorger"-Zeit ebenfalls gelernt habe ist die Tatsache, dass es nichts nervigeres gibt, als junge " Öko-Bio-Muttis" vom Typ " mein Mann verdient sehr gut, ich muss nicht arbeiten gehen, ich kann mein Kind richtig erziehen".
Wichtig für das was ich berichten möchte ist zu wissen, das sich der Ort in dem ich lebe intern mittlerweile in vier Ortsteile aufteilt: der alte Ortskern – geschichtlich das erste Mal so um 1382 erwähnt, die Siedlung – in der ich lebe, entstand nach dem WK2 – ist somit der zweitälteste Teil der Ortschaft. Die Vogelsiedlung. Ein Kapitel für sich – ein Ortsteil der entstand als ein Weltkonzern in der naheliegenden Stadt expandierte, und Wohnraum für seine Mitarbeiter und Führungskräfte brauchte. Damals, als dieses Ballungszentrum an Intelligenz und Arroganz erstand, hatte der Name .iemens noch etwas mehr „ Gewicht“ in den klischeegeprägten Köpfen von Materialisten und solche die es werden wollten.
Und – last but not least der neueste „ Ortsteil“ – benannt nach einem der reichsten und mächtigsten Bewohner des alten Ortskern, der vor ca. 20 Jahren mal eben so 40 Einfamilienhäuser unter dem Deckmantel des sozialen Wohnungsbaus in die grüne Wiese stellte. Das Klientel der Anwohner dort sind durchwegs hochgebildete, junge und erfolgreiche Menschen, teilweise mit mindestens einem Kind – und alle voll auf der Bio-Öko-Schiene tätig. Ein Moloch des Umweltschutzes, ein Gulag für jeden Mofafahrer der es wagt nach 19:00 Uhr die Spielstraßen dort auch nur im Schritttempo zu durchfahren. Wenn man zur richtigen Tageszeit zu Fuß dort unterwegs ist, hört man schon an den Kindernamen, das man die 5. Dimension erreicht hat:
„ Torben-Hendrik – fass das nicht an, das ist schmutzig – da wird man krank davon!“ schallt es aus dem mit einem Bambussichtschutz aus ökologischen Anbau verschleierten Grundstück zu rechten, „Vanessa-Mercedes Hohenstein – wie oft habe ich dir schon gesagt, du sollt deinen Bruder Hagen-Patrick nicht mit Sand bewerfen“ hallt es aus dem linken Grundstück, welches mit einem Palisadenzaun mit FSCE-Siegel von der Höhe des Eifelturms das Domizil von fremden Einblicken schützt.
Wie dem auch sei – worin sich alle Bewohner dieser Oase des bildungs-ökologischen Wahnsinns gleich sind, ist der Umstand das immer nur ein Teil des Ehepaares arbeitet, der andere kümmert sich um Haus und Kinder – und um die beiden PS-strotzenden SUVs – die prestigeträchtig unter dem Carport vor dem Haus stehen. Man ist umweltbewusst, lässt das Kfz stehen – fährt mit dem Rad oder mit dem Bus.
Nun sollte man denken, dass wenn man den ganzen Tag zu Hause ist, man doch etwas Zeit dafür aufbringen kann, sich in unserer medienüberfluteten Welt in aller Ruhe bei einer Tasse Feng Shui Tee über die Inhaltsstoffe der Lebensmittel zu informieren, die man beabsichtigt zu kaufen.
Diese Tätigkeit wird einem heut zu tage von nahezu jeden Lebensmittelhersteller erleichtert, diese legen meist kleine Flugblätter über ihre eigenen Produkte aus, auf denen auch ein „ Info-Link“ zu finden ist.
Natürlich nimmt man als Umwelt-Kreuzritter diesen „Flyer“ nicht mit, wer weiß denn schon aus welchen Raubbau das Holz stammt, aus dem das Papier für dieses kleinen Info-Zettelchen gemacht wurde, von den verwendeten Farben ganz zu schweigen, diese könnten ja ausgasen – und die mittels Biokieselerdenfilter absolut staub – und keimfreie Hausluft verseuchen.
Wie ich eingangs erwähnte, dachte ich bisher, dass junge Mütter mit ihren nachwuchsbeladenen Kinderwägen mit die „nervigsten“ Kunden an der Brottheke sind, die man sich vorstellen kann.
Doch gestern wurde ich eines besseren belehrt.
Ich hatte einen Kunden vor mir – der Kinderwagen mit den Ausmaßen eines Kleinlasters neben mir stand vorbildlich geparkt – nämlich mitten im Weg, so dass sich die nachfolgenden Kunden in einer völlig ungeordneten Formation um ihre tägliche Kohlehydratration anstellen mussten.
Ein Blick ins unterste Fach des Kinderwagens lies mich schlimmes erwarten. Als junger, umweltbewusster Vater verwendet man keine recycelfähigen Pappkartons, auch keine Stofftragetaschen, geschweige denn einen Rucksack, der ist ja nicht gut für die gesunde Körperhaltung.
Nein, man stopft seinen Tageseinkauf wahllos und ohne jedes System in das großzügige Staufach unter dem Kinderwagen – Traglast geschätzte 3 Kilo, was einer Notwindel, etwas zu trinken für den kleinen Pupser und eine halbe Apotheke inkl. Säuglings-Desinfektions-Pumpspray entsprechen dürfte.
Ein fataler Fehler des Konstrukteurs, der wohl sein Kundenklientel nicht kannte – eine Auslegung des einzig für den Kleinkindertransport gebauten Gefährts auf das zulässige Gesamtgewichts eines 7,5 to. Lkws wäre wohl besser gewesen....
Spannungsgeladen wie das 100 KV Überlandstromnetz, und wohl wissend, was mir nun bevor stand – erwartete ich den Dialog zwischen Papa „Ich bin Hausmann, und erfolgreich“ und der Bäckerei-Fachverkäuferin:
Ich verzichte auf diese Dinger hier >> „“ – sie nerven mich ebenso.
Guten Tag, was hätten Sie den gerne?
Sagen Sie mir bitte doch – das Roggenbrot – wie lange wurde das Gebacken?
Die Brote werden alle XY-Minuten lang gebacken – damit sie gleichmäßig braun werden
Das eine da oben ist aber deutlich dunkler als die anderen
Das kann mal vorkommen, hat aber keinen Einfluss auf die Qualität.
Aber es schmeckt anders als ein helleres
Wir haben auch hellere Roggenbrote hier
Die Mehrkornbrote – welche Körner sind da drin – die gleichen wie sie außen drauf sind?
Ja, sicher – Sesam, Dinkel, und balblablaalaablablabalaablabla
Dinkel verträgt meine Frau nicht
Der Sesam, auf dem Sesambrot – können sie mir sagen wo der angebaut wurde?
Nein, leider nicht – aber wir haben hier eine Info-Broschüre, da steht alles drin.
Die möchte ich nicht, dafür habe ich keine Zeit, ich muss mich ums Kind kümmern.
Geben sie mir bitte ein Mischbrot – geschnitten….aber nur wenn die Schneidemaschine auch wirklich sauber ist.
Wir schneiden nur Brot mit der Maschine
Aber es sind Krümel von anderen Broten drin – und wenn da Kümmel mit bei ist – haftet der an meinem Brot – und Kümmel verträgt meine Frau nicht!
Ich brauche auch noch Brötchen – das Mehl von den Dreikorn-Brötchen, wo fein wurde das gemahlen?
Das steht auch in der Broschüre drin
Die Broschüre nutzt mir nichts…
Gut, dann nehme ich vier Bio-Brötchen und eine Kräuterschnitte, aber nur wenn kein Kümmel und kein Dinkel drin ist.
Beides nicht drin.
Noch einen Wunsch?
Haben sie auch Weißbrot aus Frankreich?
Nein, alles unsere Backwaren werden hier in der Region hergestellt
Wo genau?
In …………Lohe.
Aber sie wissen nicht genau, was überall drin ist?
Dafür gibt es die Broschüre.
Für die habe ich keine Zeit.
Noch einen Wunsch?
Nein, danke.
Das macht 6,75.-
Nun folgte das übliche „ Ich hab´s passend“ Prozedere – der junge, erfolgreiche diplomierte Übervater mit auf die Stirn gebrannten Ökosiegel simmselste aus einen Geldbeutel mit geschätzten 45 Einzelfächern in aller Ruhe die einzelnen Centmünzen zusammen, nicht ganz ohne einen gewissen stolzen Gesichtsausdruck, schließlich wurde der lederne Kleingeldtresor so gehalten, das man seine 67 versch. Kunden – und Kreditkarten deutlich sehen konnte.
ich habs nicht passend, kann ich auch mit Karte zahlen?
Nein, leider nicht
Gut – dann gebe ich ihnen zehn Euro
Was denn sonst, außer Euro – die DM gibt es leider nicht mehr….
Nachdem er zunächst sein Wechselgeld, und dann die Geldbörse selbst in aller Ruhe verstaut hatte, deponierte er mit der Gelassenheit eine Schnittlauchzüchters seine soeben erstandenen Backwaren in der Niederflurladefläche seines Kinderwagens.
Hätte ich ein Gummiseil dabei gehabt, ich hätt´s im mit dem Zusatz „ Hier, für die Ladungssicherung“ geschenkt.
Im Anschluss daran schnappte er sich seinen Säuglings-Schwertarnsport und karrte diesen unter deutlich hörbarem Stöhnen Richtung Ausgang.
Wer Junkersuhren kennt weiß, dass es diese auch mit Stoppuhr-Funktion gibt. Ich trage so ein Teil, warum weiß ich selbst nicht –aber es ist hin und wieder nützlich. Das soeben geschilderte Prozedere dauerte sage und schreibe 11,23 Minuten!
Ein neuer Rekord in Sachen Wartezeit beim Brot holen.
Etwa 15 Minuten später war ich mit dem Motorrad auf dem Weg zu nem´ Kumpel, der kürzeste Weg zu ihm führte durch die Öko-Siedlung…..voller Freude sah ich dort am Straßenrand Papa Hausmann wieder, der gerade das Gepäckfach des Kinderwagen neu belud, weil ihm wohl Hälfte seiner Ladung beim Versuch den Bordstein mit seinem Schwertransport zu erklimmen rausgefallen ist.
Mit Ladungssicherung wäre das nicht passiert.
Akustisch untermalt wurde das ganze vom Plärren des keinen Windelterroristen im Kinderablagefach, und den rufen der Mütter nach Torben-Hendrik von rechts, und Vanessa-Mercedes von links.